Wo ist für euch Schluss mit künstlerischer Freiheit?

vom 26.09.2012, 19:03 Uhr

Im Moment ist ja zum Beispiel der für islam-feindliche Mohammed-Film in aller Munde, den ich mir zugegeben, selbst noch nicht angesehen habe und es glaube ich auch nicht tun werde, weil es mich einfach nicht interessiert. Aber da dieser Film weltweit für sehr viel Aufsehen, Empörung und Ärger gesorgt hat, ist er glaube ich ein ganz gutes Beispiel für die künstlerische Freiheit und eben auch für die Grenzen der künstlerischen Freiheit.

Die Kunstfreiheit ist meines Wissens sogar im deutschen Grundgesetz fest verankert und sorgt dafür, dass sich jeder künstlerisch frei äußern und auslassen darf. Nun werden ja manche Lieder, Filme, etc. dennoch indiziert und nicht für den freien Verkauf freigegeben. Hier ist die künstlerische Freiheit wiederum auch schon in gewissem Maße eingeschränkt. Wenn ich jetzt an Songtexte mancher "Gangster-Rapper" denke, die im Laufe der vergangenen Jahre ihren Mist verzapft haben, finde ich dies auch vollkommen legitim - Künstlerische Freiheit hört für mich dort auf, wo die Freiheiten anderer eingeschränkt werden, Menschen diskriminiert werden und dergleichen. So etwas gehört meiner Meinung nach einfach nicht in eine emanzipierte, weltoffene Gesellschaft.

Am Beispiel des Mohammed-Films kann man dies wieder sehr gut ausmachen - Aber wie seht ihr dies in diesem Fall und viel mehr noch - Wie seht ihr es im allgemeinen? Wo hört für euch die künstlerische Freiheit auf? Hört sie für euch überhaupt irgendwo auf? Darf man sich als Künstler zu allem kritisch äußern, auch wenn es andere Volksgruppierungen, Ethnien, Religionen, etc. bloßstellt? Wie sollte man so etwas eurer Meinung nach unterbinden?

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich sehe das ganz genauso - meine Freiheit, egal welcher Art, endet genau da, wo die Freiheit von anderen beginnt. Ich sehe es schon als Missbrauch von Freiheit an, wenn man diese benutzt um gezielt Hass, Intoleranz, Rassismus und so weiter zu verbreiten. Ich habe jetzt diesen Mohammed Film nicht gesehen und kann deshalb den Inhalt nicht beurteilen, aber in dem Fall scheint es doch so zu sein, dass es nicht in erster Linie um die Kunst geht sondern um eine politische Aussage unter dem Deckmantel der Kunst.

Die Unterbindung von solchen Auswüchsen finde ich aber schwierig, weil jede Einschränkung der Freiheit Tür und Tor für Missbrauch öffnet und dann ist die Frage, was eigentlich überhaupt als Kunst bezeichnet werden kann und was nicht, ja auch längst nicht geklärt. Wünschenswert und wahrscheinlich völlig utopisch wäre einfach mehr gesunder Menschenverstand auf allen Seiten. Als Künstler sollte man sich überlegen, was man öffentlich präsentiert und was für Folgen das haben kann und als Mensch, der dieser "Kunst" ausgesetzt ist sollte man ihr einfach so wenig Aufmerksamkeit wie möglich schenken. Denn Kunst lebt ja von Aufmerksamkeit.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich stimme euch zu: künstlerische Freiheit endet dort, wo sie anderen Lebewesen weh tut oder sie empfindlich verletzt - ob körperlich oder seelisch. Sich kritisch mit bestimmten Themen auseinander zu setzen sollte erlaubt sein, allerdings in einem sachlichen Maße. Dafür gehört für mich, niemanden zu kategorisieren, zu beleidigen oder sich über ihn lächerlich zu machen. Selbstverständlich ist die körperliche Unversehrtheit und das Einhalten gesetzlicher Regelungen. Wenn man jemanden bloßstellt, hat das nichts mehr mit Kunst, sondern mit Provokation zu tun. Beides hängt irgendwo zusammen, denn ohne Aufmerksamkeit kann Kunst nicht wirken, allerdings denke ich, dass positive Aufmerksamkeit hier mehr bringt.

Wer Provokation oder Unsachlichkeit braucht, um seine Kunst berühmt zu machen, hat meiner Meinung nach ein Problem mit Respekt vor anderen Menschen und deren Sicht- und Lebensweisen. Es ist klar, dass man mit kritischen Äußerungen auch Unverständnis und vielleicht auch Aggressionen hervorruft. Aber ich denke, dass man das Ausmaß dessen bei der Präsentation seines Kunstwerks recht gut steuern kann.

Dass sich nach Bekanntwerden des Mohammed-Films Demonstrationen und Gewaltakte entwickeln würden, war abzusehen. Und ich denke, es wurde bewusst hingenommen bzw. war beabsichtigt, dass die Situation nun so eskaliert. Es wird nun gesagt, dass die Aufführung des Films nicht verboten wird, weil man sich Menschen, die gewaltbereit und gegen die Meinungsfreiheit sind, nicht unterwerfen will. Frei nach dem Motto "Jetzt erst recht!". Ich finde das falsch. Es hat nichts damit zu tun, dass man vor Jemandem "kuscht", sondern damit, dass man mit seiner Kunst bewusst andere Menschen verletzt. Da sollte man dann auch den Mut haben, sich zurückzuziehen, um nicht noch mehr Schaden anzurichten.

In dem Fall zeigt sich ganz deutlich, dass manche Menschen ihre Art, gewisse Dinge auszulegen nutzen, um gewollt Ausschreitungen zu provozieren. Da ist für mich ganz klar die Grenze der künstlerischen Freiheit erreicht. Auch im Falle anderer Kunstwerke oder Aufführungen werden gewollt Grenzen des guten Geschmacks überschritten, jedoch nicht auf eine Art und Weise, die andere Menschen verletzt. Das kann neue Sichtweisen für bestimmte Situationen oder Verhaltensweisen hervorbringen. Für mich ist Kunst etwas, das gefällt, etwas, dass zum nachdenken anregt, mich etwas auch aus anderer Perspektive sehen lässt. Und zwar nicht provokativ oder unterschwellig aggressiv, sondern auf eine Art und Weise, die Interesse weckt. Die Tatsache, dass in einigen Ländern künstlerische Freiheit und Meinungsfreiheit herrscht, sollte nicht so weit ausgereizt werden, um andere Menschen schlecht zu machen und dies hinter der Bezeichnung "Kunst" zu verstecken.

» TheDutchess » Beiträge: 537 » Talkpoints: 0,67 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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