Kinderleine - In den USA ein Verkaufsschlager

Etwas neues sind diese Leinen ja nun wirklich nicht. Ich kenne sie noch aus meiner eigenen frühen Kindheit. Allerdings nicht durch eigenen Gebrauch, da meine Mutter so etwas nie besessen hat. Ganz selten kam uns aber beim Spazierengehen ein Kind an der Leine entgegen, was ich immer recht seltsam fand, deswegen kann ich mich wohl noch so gut daran erinnern.

Heute, wo ich selbst Mutter bin, besitze ich selbst so eine Leine. Ein wohl gut gemeintes Geschenk von Bekannten, zusammen mit einigem an gebrauchter Kleidung. Benutzt habe ich die Leine allerdings kein einziges Mal. Man sieht sowas hierzulande eigentlich gar nicht mehr. Ich kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahren auch nur einziges Mal jemanden gesehen zu haben, der so eine Leine benutzt.

Wahrscheinlich würde man ziemlich doof angeglotzt werden, wenn man so ein Ding benutzen würde. Ich muss allerdings sagen, dass ich durchaus einen gewissen Sinn darin sehe. Nur sollte dieser selbstverständlich nicht sein, das Kind hinter sich her zu zerren oder gar über den Boden zu schleifen. Für 1-2-jährige, die sich nicht gerne an die Hand nehmen lassen, kann so eine Leine aber durchaus ihren Zweck erfüllen. Ich würde sie wohl, wenn überhaupt, nur an Straßen mit viel Verkehr einsetzen. So kann das Kind nicht auf die Straße laufen und man hat auch kein dauerndes Geschrei, wenn es nicht an die Hand will.

Ich habe auch schon Kinder mit solchen Brustgeschirren aus Leder gesehen. Es sieht, weil es eben wirklich nicht oft vorkommt, seltsam aus und wirkt befremdlich. Ich finde es in den meisten Fällen auch völlig übertrieben sein Kind anzuleinen. Auch wenn es gut gemeint ist und das Kind schützen soll. Bei der ersten Begegnung mit so einem Kindergeschirr, war ich auch ziemlich verwirrt. Es ist nicht so, dass ich die Leine für das Kind als etwas erniedrigendes gesehen habe, aber es passte einfach nicht in mein Bild davon wie man mit seinem Kind spazieren geht. Auch ich habe da direkt den Vergleich mit dem angeleinten Hund gezogen. Schließlich kennt man Leine und Geschirr eher aus der Haustierhaltung.

Bei einem normalen Spaziergang ohne große Menschenmengen, so wie ich es eben leider auch schon gesehen habe, sollte es nicht nötig sein sein Kind anzuleinen. In entspannter Umgebung ist es ja wohl das Mindeste sein Kind auch ohne Leine unter Kontrolle zu haben. Manch einer muss es sich aber scheinbar auch da so einfach wie möglich machen und verlässt sich dann auf solche Hilfsmittel statt vernünftig auf sein Kind aufzupassen. Zu oft sieht man Mütter, die ihre Sprößlinge nicht im Blick haben, weil sie sich mit jemandem unterhalten, in Zeitschriften stöbern oder vor sich hinträumen. Da sollte man eher sein eigenes Verhalten ändern anstatt sich auf die Kinderleine zu verlassen. Mitten in der Stadt sieht ein angeleintes Kind für mich zwar genauso dämlich aus aber da sehe ich den Sinn dahinter. Es gibt eben Mütter, die sich lieber nicht auf deren Erziehung verlassen und auf Nummer Sicher gehen wollen.

Im Sommer habe ich eine andere Variante des angeleinten Kindes gesehen. Ich weiß nicht ob es das so auch zu kaufen gibt oder die Mutter sich ihre eigene etwas harmlosere Lösung gebastelt hat. Wir sind in einem Freizeitpark gewesen in dem, mitten in der Ferienzeit, stellenweise ein riesen Gedrängel geherrscht hat. Inmitten sah ich dann eine Mutter, die ihr Kind an so einer elastischen, geringelten "Leine" dran hatte. Am Ende der Leine ist ein kleiner Karabinerhaken gewesen, den sie ihrem Sohn einfach hinten an die Hosenschlaufe drangemacht hat. Als die Beiden einige Schritte von der Attraktion und somit auch von der Menschenmenge weg gewesen sind, hat sie ihn auch direkt ausgeklinkt und er lief wieder frei neben ihr her.

Da fand ich die zusätzliche Sicherung gar nicht so verkehrt. Denn gerade da kann auch ein an der Hand geführtes Kind, selbst wenn man sich noch so sehr darauf konzentriert abhanden kommen. Und leider gibt es auch noch Menschen, die nichts Gutes im Schilde führen. Ob die von so einer Leine abgeschreckt werden, wage ich zwar zu bezweifeln aber diese verschafft einem im dichten Gedrängel die paar Sekunden, die selbst aufmerksame Mütter manchmal benötigen um bestimmte Situationen zu durchblicken. Ich könnte mir dennoch nicht vorstellen mal selber ein Kind mit Hilfe einer Leine zu sichern. Auch kenne ich niemanden, der je zu solchen Mitteln gegriffen hat. Wenn meine Neffen in den Park, zum Schwimmen oder sonst wohin wollen, wo eben viel los ist, geht eben noch jemand mit um ein Auge auf die Kinder zu haben. Gerade im Schwimmbad kann man mit verschieden alten Kindern kaum alleine zurecht kommen. Und wenn doch ist es oft nicht für alle Anwesenden ein entspannter Tag.

Ich habe den Bericht auch gesehen und war schockiert. Ich kann nicht verstehen, wie man sein eigenes Kind anleinen kann. Wenn man klare Regeln aufstellt und auf das Kind ordentlich aufpasst, kann eigentlich nichts schief ghen.

Ich selber kenne das nur aus den Spielgruppen und ich muss sagen, es macht dort auch Sinn! Wenn ich mit 10 oder mehr Kleinkindern, die keine Gefahr kennen nach draußen auf die Straße gehe, ist es sogar ein Vorteil und vermindert erheblich den Risikofaktor, dass eines oder mehrere Kinder auf der Straße landen und womöglich angefahren werden.

Selber habe ich auch eher ein hyperaktives Kind, dadurch, dass ich aber nur ein Kind habe, kann ich mich ja auf dieses im Normalfall gut konzentrieren und es reicht eine feste Handhaltung oder eben ab und an einmal ein Hinweis, wie es im Leben funktioniert oder eben nicht. Aber ich musste gerade schmunzeln, weil schon viele Menschen scherzhaft zu mir gesagt haben, ich sollte mein Kind an die Leine nehmen.

Leine brauche ich aber persönlich keine. Als menschenunwürdig würde ich es aber trotzdem nur sehen, wenn das Kind durch die Leine eben in den Freiheiten, die ihm nutzen, eingeschränkt wird. Bewahrt es dieses Hilfsmittel vor Schaden, wie zum Beispiel eben im Straßenverkehr, finde ich so eine Leine durchaus gerechtfertigt. Ein Gurt im Auto ist doch dasselbe. Da kann man doch auch nicht einfach sagen, das ist menschenunwürdig, freiheitsberaubend usw. Es macht einfach, wie gesagt, in gewissen Situationen Sinn.