Deutsch für Immigranten am Arbeitsplatz ein Muss?

vom 18.09.2012, 15:26 Uhr

Ich habe letztens in der Zeitung gelesen, dass sich ein deutscher Arbeitnehmer bei der Geschäftsführung seiner Firma beschwert hat, weil sich die Russen in seiner Abteilung untereinander nur in ihrer Heimatsprache unterhalten haben. Anscheinend haben ihn die Russen ein mal zu viel blöd von der Seite angeschaut und anschließend etwas auf Russisch geredet, sodass der deutsche Arbeiter zu der Annahme kam, sie würden über ihn herziehen. Wenn er hinter ihrem Rücken über sie lästern würde, würden sie dies mitbekommen, aber sie könnten problemlos in seiner Anwesenheit über ihn lästern.

Ich finde es auf jeden Fall wichtig, dass eine ausländische Familie, die in Deutschland lebt, in der Lage ist, fließend Deutsch zu sprechen. Dass zwei Immigranten untereinander auch am Arbeitsplatz in ihrer Heimatsprache kommunizieren finde ich nicht schlimm, um genau zu sein sogar verständlich. Würde man als Deutscher zusammen mit seiner Familie auswandern, so würde man sich untereinander bestimmt auch im Ausland auf Deutsch verständigen, und zwar nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch in der Öffentlichkeit, zum Beispiel beim Einkaufen oder bei gemeinsamen Ausflügen.

Wie denkt ihr über dieses Thema? Erwartet ihr genau wie der deutsche Arbeitgeber, dass sich Immigranten am Arbeitsplatz in Gegenwart ihrer deutschen Kollegen auf Deutsch unterhalten? Könnt ihr nachvollziehen, dass er sich bei der Geschäftsleitung über seine russischen Arbeitskollegen beschwert hat? Würdet ihr euch mit eurer Familie zukünftig ausschließlich auf Englisch unterhalten, wenn ihr in die USA auswandern würdet?

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» Pointer » Beiträge: 1772 » Talkpoints: 20,77 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Du hast da schon eine gute Argumentation aufgebaut. Ich weiß selbst nicht genau, was ich davon halten soll. Zum einen ist es natürlich sehr einfach für die Eingewanderten, in ihrer Heimatsprache zu sprechen. Das sind sie gewohnt, die beherrschen sie und in der denken sie meist auch. Klar kann man dann verstehen,dass sie lieber in ihrer Muttersprache sprechen, vor allem, wenn sie sich diskriminiert fühlen, und es ist durchaus beleidigend, wenn sie schief angeguckt werden, nur weil sie eine Sprache nicht so gut beherrschen. Es ist ja nur natürlich, wir sprechen ja auch nicht alle perfekt Koreanisch, selbst, wenn wir nach Korea ziehen. Ein bisschen Nachsicht tut uns allen also mal ganz gut.

Auf der anderen Seite kann ich aber auch die Reaktion des Deutschen verstehen. Ich würde mir auch ein wenig ignoriert vorkommen, wenn man um mich herum plötzlich anfängt, sich in einer Sprache zu unterhalten, die ich selbst überhaupt nicht beherrsche. Da fühlt man sich ausgeschlossen und man kann ja in der Tat nicht sagen, was die so gerade bequatschen. Aber da dann gleich davon auszugehen, dass die einen hinter seinem Rücken nen blöden faulen Hund nennen, finde ich doch etwas verquer. Man muss ja nicht gleich davon ausgehen, die Zielscheibe zu sein.

Ich glaube, ich schwanke irgendwo dazwischen. Ich habe es ja selbst oft genug erlebt. Da ist man in einem fremden Land, dessen Sprache man vielleicht nicht perfekt beherrscht, und wenn einem dann ein Deutscher über den Weg läuft, freut man sich eben, wenn man auch mal flüssig reden kann und nicht gezwungen ist, irgendwelche halben Sätze herauszuquetschen. Mal von einem anderen Punkt abgesehen, es fühlt sich nämlich äußerst seltsam an, mit einem Deutschen in einer fremden Sprache zu reden, wenn man eben weiß, dass einem auch ein Deutscher gegenüber sitzt. Denn dann fallen einem besonders eigene Fehler schnell ins Auge (oder Ohr) und es wird einem unangenehm.

Ich sage also, es ist nur respektvoll und angemessen, in einem fremden Land (und auch, wenn man in ein Land immigriert, das ist einem in dem Falle dann auch irgendwie fremd, in dem Sinne, als dass es nicht das Heimatland ist) die Landessprache zu sprechen. Man muss da aber auch einen gewissen Freiraum einräumen, besonders in der Freizeit ist es nur legitim, sich mit einem Freund in der eigenen Muttersprache zu unterhalten. Am Arbeitsplatz würde ich aber sagen, gehört das eigentlich nicht hin, außer vielleicht in die Kaffeepause. Ansonsten müsste man da eigentlich ein professionelleres Verhalten an den Tag legen und zumindest probieren, die Landessprache zu sprechen, die man dafür ja eigentlich gut genug können sollte, schließlich wurde man ja eingestellt und nicht nur in ein stilles, einsames Kämmerlein, also wurden Sprachkenntnisse vorausgesetzt.

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» Askyneedsclouds » Beiträge: 221 » Talkpoints: 58,10 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich bin mit meiner Familie aus einem nicht-deutschsprachigen Land hierher gezogen. Von daher kann ich ehrlich sagen, dass ich zu Hause nicht ausschließlich Deutsch mit meinen Eltern spreche. Mit der Zeit haben sich allerdings immer mehr deutsche Wörter in die Sprache mit reingeschlichen, sodass wir jetzt ziemlichen Mischmasch miteinander reden. Sprich in einem Satz haben wir zum Beispiel vier deutsche Wörter und drei nicht deutsche. Für Außenstehende hört sich das ziemlich lustig an, für mich ist das relativ normal geworden.

Ich bezweifle, dass sich die meisten mit ihrer Familie in der jeweiligen Landessprache unterhalten würden, wenn sie auswandern sollten. Solange man noch deutsch denkt, ist es ziemlich anstrengend sich in einer anderen Sprache unterhalten zu müssen. Guter Wille hin oder her, aber in den ersten Jahren ist es einfach nicht möglich.

Dass sich hier Russen, Türken, Rumänen, Tschechen, Chinesen in ihrer eigenen Sprache untereinander unterhalten, ist völlig verständlich. Jeder, der was anderes behauptet, hat wahrscheinlich noch nie in einem anderen, fremden Land gelebt und hat deshalb leicht reden. Das bedeutet aber nicht, dass man die deutsche Sprache nicht lernen braucht. Das finde ich nämlich selbstverständlich, auch wenn es nicht perfekt sein muss. Schließlich wird kein Deutscher, der nach China oder Russland auswandert, diese Sprachen jemals perfekt beherrschen - auch nach vielen Jahren nicht.

Solange man also den Arbeitgeber und seine deutschen Kollegen versteht, sehe ich kein Problem. Auch, dass man sich untereinander während der Arbeit auf Russisch unterhält, finde ich ziemlich normal. Da braucht sich keiner ausgeschlossen zu fühlen. Wenn man mitreden will, fragt man einfach, worum es geht. Die meisten sind wirklich so nett und übersetzten dann, wenn es nicht unbedingt etwas Privates ist. Dass man gleich zum Vorgesetzten rennt und sich beschwert, finde ich ehrlich gesagt übertrieben. Man könnte wirklich zuerst auf die Leute zugehen und sie kennenlernen, bevor man vorzeitig urteilt. Mit so einer unfairen Aktion schießt man sich nur ins eigene Bein und macht sich nur unnötig Feinde.

» Märie » Beiträge: 459 » Talkpoints: 15,45 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Also das Thema ist sehr schwer zu beantworten, ohne das einer in die jeweilige falsche Richtung geschoben wird. Ich denke jedoch, dass man sowohl in der Schule, auf der Arbeit oder sonstigen Institutionen schon perfekt deutsch verstehen sollte und sprechen sollte. Das ein Dialekt vorhanden ist, darum geht es beim besten Willen nicht, aber die jeweiligen Personen sollen sich verständlich ausdrücken können und auch alles verständlicherweise verstehen können.

Somit verstehe ich den Arbeitgeber auf ganzer Linie. Die Russen haben dort deutsch zu sprechen oder sich separat irgendwo hin zu begeben, um auf ihrer Sprache zu sprechen, damit erst gar keine Missverständnisse wie Lästern zustande kommen kann. Auf der Arbeit selber sollte jedoch Deutsch gesprochen werden, denn dies hat für mich weiterhin auch etwas mit Höflichkeit und Anstand zu tun, wenn ich dort auf der Sprache spreche, wie alle andere auch!

Das selbe gilt auch für die Schule, denn dadurch entstehen auch sehr häufig die kleinen Gruppen, die unter sich bleiben wollen. Es obliegt nicht immer nur den deutschen auf andere zu zu gehen, sondern muss sowohl in Schule als auch auf der Arbeit auch von anderen kommen, die nun ein Mal nicht aus diesem Lande sind. Doch da liegt für mich das Problem, denn 70% wollen dies gar nicht, sondern wollen privat, schulisch und am besten arbeitstechnisch immer mit ihres gleichen bleiben. Das ist natürlich verständlich, weil die Menschen untereinander sich über ihre Heimat unterhalten können und auf ihre Heimatsprache, aber wer hier lebt, muss sich ein Stück weit auch anpassen. Was zu Hause oder unter Freunden gesprochen wird, dass ist etwas ganz anderes.

Somit bin ich auf jeden Fall dafür, dass Deutsch sowohl auf der Arbeit, in der Schule und auch auf Ämtern gesprochen wird. Kein Übersetzer oder sonst etwas sollte dort vorhanden sein, denn das ist für mich ein No-Go. Die Sprache muss man schon beherrschen, wenn man hier wohnt.

» Glasreinigerin » Beiträge: 1008 » Talkpoints: 0,10 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Beim Arbeitgeber meines Partners ist es fast das Gleiche, dort wird sich oftmals auf der Muttersprache unterhalten. Nicht der Sprache Mächtige haben schon einige Probleme und manchmal auch ein ungutes Gefühl. So wurde nun verabredet, dass jeder Deutsch dort zu sprechen hat und ich kenne es auch von den Schulen her so, dass man untereinander die Sprache zu sprechen hat, mit der man auch im Grunde überwiegend unterrichtet wird. Ich finde die Regelung an sich auch gut und wichtig, auch in Aussicht auf die Zukunft. Leider haben ja nicht gerade wenige Kinder mit ausländischen Wurzeln ja Probleme, sich auf der Sprache des Landes zu äußern, in dem sie aufwachsen. Ich kann es zum Beispiel daher auch nicht verstehen, wenn man einfach so in ein Land zieht, wie es auch deutsche Auswanderer tun, ohne auch nur Grundkenntnisse zu kennen.

Dass man sich besser auf der Muttersprache verständigen kann, vor allem mit anderen Personen mit gleichen Wurzeln, kann ich absolut nachvollziehen. Es ist auch wichtig, dass die Sprache aufrecht erhalten wird, aber das dann doch bitte, wenn man nur unter sich ist oder aber in der Freizeit. Alles andere wäre wirklich den anderen Personen gegenüber unfair und man fühlt sich recht schnell ausgeschlossen. Das muss ja auch nicht wirklich sein.

Ich hoffe, dass es nun nicht falsch aufgefasst wird, denn ich möchte niemanden etwas Böses und vor allem niemanden seine Muttersprache "verbieten".

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


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