Zu neugierige Lehrer - was tun?

vom 10.09.2012, 17:02 Uhr

Vor einigen Jahren ist mir mal was unerhörtes im Englischunterichts passiert. Zumindest fande ich das so. Wir sollten uns auf englisch vorstellen. Damit hatte ich ja keine Probleme. Weder was das englisch betraf, noch den Informationsgehalt. Dann sollten wir aber privater werden, über die Familiensituation reden und dergleichen. Ich muss dazu sagen: wenn ich jemanden was privates mitteilen will, dann wähle ich aus, wem und was ich ihm sage. Wir sollten das aber der ganzen Klasse vortragen.

Ich habe dann darauf hingewiesen, dass mir das zu persönlich ist und das ich das nicht beantworten will. Es geht niemanden was an und einen Lehrkörper schon mal gleich gar nicht. Nicht das es peinlich gewesen wäre - aber Lehrer erzählen einen ja auch nichts privates und mal unter uns: mich interessiert das auch gar nicht. Der Sinn dieser Übung war mir schon klar: wir sollten sicherlich Alltagsgespräche führen. Aber wenn ich jemanden kennenlerne, der nur englisch kann, quetsche ich den sicherlich nicht gleich aus und frage nach seinen Geschwistern, ob die Eltern geschieden sind und dergleichen. Und die Vokabeln für ein solches Gespräch saßen durchaus. Jedenfalls habe ich einen ordentlichschlechten Eindruck hinterlassen durch meine Weigerung.

Wie hättet ihr da reagiert und wieso sind Lehrer derart neugierig? Ich finde das nach wie vor unangebracht und würde immer wieder so handeln.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Ich würde mal vermuten, dass es gar nicht so gemeint war, dass ihr wirklich private Sachen erzählen sollt. Was du dann erzählst ist dir ja selbst überlassen. Wenn du jetzt nach dem Unterricht zu dem Lehrer gegangen wärest und dem deine Bedenken sagst, und einfach fragst ob es auch ok is einfach drum herum zu reden, oder dir irgendwas zu überlegen oder dergleichen, dann muss der Lehrer in dem Fall sein ok geben und dir entgegen kommen. Tut er das dann nicht, dann ist das wirklich eine Schweinerei.

Das du einen schlechten EIndruck hinterlassen hast, dann war es leider vermutlich auch nicht der beste Lehrer. Wenn man Bedenken wegen der Privatsphäre vernünftig äußert, dann sollte so etwas niemals von der Hand gewiesen werden, es kann schließlich keiner erwarten, dass du dein Familienleben vor der Klasse ausbreitest, das geht nicht und ein guter Lehrer hätte sofort eingelenkt und gesagt das ihr ja erzählen könnt wie ihr wollt hauptsache es geht um irgndwas mit Familie. Vielleicht nicht einmal eure Familie oder so, sondern schlichtweg eine Meinung zu Familie oder so. Da hätte es genügend Ausweichmöglichkeiten gegeben.

Nur was macht man gegen neugierige Lehrer. Also grundsätzlich ist es immer schwer, du bekommst deine Noten von dem Lehrer, trägst die Konsequenzen und kannst ja nur schwer nachweisen, wenn ein Lehrer dich ungerecht behandelt. Daher würde ich in aller Ruhe nachdem Unterricht hingehen, da kann dir der Lehrer oft besser zuhören und hat mehr Ohr für deine Bedenken. Wenn gar nichts geht und du wirklich zu so etwas gedrängt wirst und der Lehrer deine Bedenken einfach vom Tisch wischt, dann könntest du immernoch versuchen mit dem Rektor oder den Eltern zu reden, aber die meisten Lehrer sind doch für ruhig vorgebrachte Argumente zugänglich.

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Dagegen hilft eigentlich nur ein Gespräch. Du solltest diesen oder diese Lehrer aufsuchen und mal ganz vertraut darauf ansprechen, dass du so was nicht so gerne besprichst mit deinem "Erzieher". Schließlich gibt es auch so was, wie eine Privatsphäre. Die Lehrer sollten nur ihren Job nachgehen und euch etwas beibringen. Alles Privates hat sie nichts anzugehen - soweit man nicht selber mit der Sprache raus rückt.

» Draggy » Beiträge: 105 » Talkpoints: 1,83 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich glaube auch nicht so wirklich, dass da deine Lehrperson seine oder ihre persönliche Neugierde befriedigen wollte. Man möchte als Lehrperson seine Schülerinnen und Schüler irgendwie zum Reden bringen und man möchte sie auch motivieren, indem man ihnen nicht die trockensten Themen auferlegt. Andererseits erwartet man als Lehrer oder als Lehrerin auch nicht, dass die Schülerinnen und Schüler einem in diesen Momenten wirklich die Wahrheit erzählen. Man möchte sie einfach zum Sprechen bringen und das mit Themen, die auch die anderen Mitschüler interessieren, damit diese nicht komplett abschalten. Und wenn es sich um private Dinge handelt, dann werden die Mitschüler ja auch ein wenig wach und passen gut auf. Das ist ein Trick, den man auch in anderen Fächern gerne benutzt. Man fragt ja auch zum Beispiel im Biologieunterricht oft, wer schon einmal im Urlaub ein bestimmtes Tier gesehen hat, wo das dann gewesen ist und zu welcher Jahreszeit man dort gewesen ist.

Ich als angehende Lehrperson finde es aber auch vollkommen in Ordnung, wenn man als Schüler reagiert wie du und dann eben sich weigert, persönliche Details preiszugeben. Das muss ja auch überhaupt nicht sein, aber es fällt vielen Schülerinnen und Schülern leichter, über persönliche Sachen zu reden, als über entferntere Themen. Denn bei persönlichen Angelegenheiten muss man oft nicht so sehr überlegen, was man gerade sagen möchte. Auch nicht, wenn man darüber in einer Fremdsprache spricht, es fällt einem eben leichter. Unangebracht finde ich dieses Vorgehen der Lehrer nicht, genau so wenig wie deine Reaktion.

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ich frage mich, wie die Lehrerin diese Aufforderung, doch etwas mehr von sich zu erzählen, formuliert hat. Hat sie den Schülern weitgehend überlassen, was diese erzählen wollen, oder hat sie konkrete Hinweise gegeben? Hat sie direkt nach der familiären Situation, den Eltern, eventuellen Geschwistern und vielleicht nach den Tätigkeiten der anderen Familienmitgliedern gefragt? Das fände ich ein bisschen ungewöhnlich, aber auch nicht so schlimm. Denkbar ist natürlich auch, dass die Schüler einfach nur aufgefordert wurden, doch ein bisschen mehr über sich und ihre Familie zu erzählen. Das ist nicht schlimm, wie ich finde.

Ich glaube auch nicht, dass die Lehrerin hier zu neugierig war. Was ist so schlimm daran, wenn ein Lehrer oder sonst jemand nach der Familie eines Schülers fragt, wenn mit diesen Fragen eine konkrete Übungssituation verbunden ist. Ich glaube nicht, dass es den Schülern schadet, wenn sie ein bisschen über ihre Familie und allgemein über ihr Leben außerhalb der Schule erzählen. Wenn eine Lehrerin die Schüler dann bittet, Gespräche mit persönlichem Bezug zu führen anstatt die Texte aus den Lehrbüchern herunterzubeten, ist das doch eigentlich positiv zu betrachten.

Ich habe kein Problem mit solchen Fragen. Nun kann man natürlich damit argumentieren, dass man, selbst wenn man nichts zu verbergen hat, nicht jeden über seine Lebenssituation in Kenntnis setzen muss. Ich bin aber wirklich der Meinung, dass es nicht schlimm ist, wenn man private Dinge von sich erzählt. Daran ist nichts schlimmes und letztendlich können die anderen Personen mit den Informationen, die sie in einem solchen Gespräch erhalten, doch auch nichts anfangen. Ich glaube, dass man sich da zu wichtig nimmt, wenn man als Durchschnittsbürger das Gefühl hat, es gäbe irgendwelche wichtigen Informationen, die man nur an ganz enge Freunde oder vielleicht auch an niemanden herausgeben kann.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wenn dir wirklich die Intention des Lehrers klar war, dann hättest du doch die Kommunikation fortsetzen können und davon erzählen können, dass dein Bruder an der Marsmission arbeitet und dein Vater in dritter Ehe mit deiner Stiefmutter lebt. Es ging dem Lehrer ja ganz offensichtlich gar nicht wirklich um die "persönlichen" Lebensumstände, welche in dem Zusammenhang noch nicht mal schützenswert gewesen wären. Das hier im Unterricht der "Lebensbezug" gesucht wird, ist nicht der Neugier des Lehrers geschuldet, sondern vielmehr seinem Bemühen, es den Schülerinnen und Schülern möglichst einfach zu machen. Denn das eigene Lebensumfeld kennt ein jeder noch am besten und man muss sich nicht durch ein Buch quälen, um eine gemeinsame Basis für eine Unterhaltung zu haben.

Jetzt hier ernsthaft auf eine unangebrachte Neugier des Lehrers zu schließen, ist jedenfalls definitiv zu weit gehend. Und wenn "das Problem" der Privatsphäre nicht irgendwie umschifft werden kann (z.B. durch eine erfundene Biographie), dann ist so ein Verweis auf sein "Aussageverweigerungsrecht" eher als eine Verweigerung an der Teilnahme am Unterricht zu sehen. Was entsprechend mit Noten zu würdigen ist.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Man muss ja nicht die Wahrheit erzählen und es ging auch sicherlich eher um den generellen Gebrauch von englischen Vokabeln. Man ist sich ja eigentlich sicher, was man so im Deutschen erzählen würde, wenn man von seiner Familie spricht und deswegen würde ich davon ausgehen, dass er nur wollte, dass man eben weiß was man sagen will und dann nur noch die passenden Übersetzungen haben muss.

Du hättest ja auch einfach etwas erfinden können, da es nur um die Benutzung der Sprache ging. Ich würde mich einem Lehrer auch nicht so verwehren und wenn er da drauf besteht, kann man doch einfach Sinnfreies sagen.

Ich denke nicht, dass der Lehrer sich wirklich für die Familienverhältnisse seiner Schüler interessiert, denn genauso wie du hat er sicherlich kein privates Interesse. Es ist aber seine Aufgabe euch das irgendwie begreiflich und anschaulich zu gestalten und deswegen würde ich da nicht meine Note riskieren. In meinen Augen warst du mit deiner Reaktion im Unrecht. Was er genau wollte, kann man aber nur in einem Gespräch klären.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich wundere mich ein wenig über die verhärteten Fronten zwischen Dir und dem Lehrer. Klar möchte man als Lehrer ein bisschen was über die Schüler wissen. Es macht doch keinen Spaß, anonyme Personen zu unterrichten. Für einen Lehrer ist es durchaus hilfreich zu wissen, dass sich zum Beispiel in dem einen Elternhaus die Eltern frisch getrennt haben. Dann kann man auf das betreffende Kind etwas Rücksicht nehmen und es mit Nachsicht behandeln. Das kommt doch auch dem Schüler zu Gute!

Wenn dir das vor einigen Jahren passiert ist, wäre interessant zu wissen, wie alt du damals warst. Im Bereich der Grundschule also etwa bis zur fünften Klasse würde ich so ein Gespräch als Lehrer auch völlig unverkrampft mit meinen Schülern führen. Wenn die Schüler aber schon in der Pubertät sind, wäre ich da auch vorsichtiger. Da schämen sich die Jugendlich oft für die normalsten Dinge.

Ansonsten muss ich sagen, wussten wir immer recht viel über die Lehrer, mit denen wir gut auskamen. Wir wussten über deren Beziehungsstatus bescheid, über ihre Hobbys, den Wohnort und wo sie den Urlaub verbracht haben. Mancher hat uns auch recht private Dinge von zu Hause erzählt, wie zum Beispiel die Lebensgefährtin herein gelegt wurde. Es gab immer einige Schüler, die das spannend fanden. Ich fand auch, dass das die Lehrer irgendwie menschlicher gemacht hat. Deine Ansicht, dass man eigentlich gar nichts über seine Lehrer wissen will, das kann ich so nicht nachvollziehen.

Ich wundere mich nur, warum du damit so ein Problem hattest, obwohl du schreibst, dass Scham nicht der Grund dafür war. Warum soll man nicht ganz harmlose Dinge aus dem Nähkästchen plaudern? Ich hatte damit als Schüler kein Problem, aber ich hatte da auch nichts, wofür ich mich hätte schämen müssen.

An deiner Stelle hätte ich nicht die Arbeit total verweigert. Das mögen Lehrer nämlich nicht so gerne. Ich hätte es wie derpunkt schreibt gemacht. Ich hätte auch eine Story erzählt die so gewagt ist, dass sie ganz offensichtlich erfunden ist. Ich finde die Idee mit der Marsmission von derpunkt toll. Deine Mutter hätte ja beispielsweise als Jury-Mitglied bei den Dieter Bohlen arbeiten können. Deine Schwester wäre ein international gefragtes Topmodel und dein Bruder studiert schon mit dreizehn in Harvard Physik. Dann kann der Lehrer sich nicht mal beschweren, dass du ihn an der Nase herum geführt hast und ihn in einem falschen Glauben gelassen hast. Aber du hast zumindest mit gearbeitet. Der Knackpunkt ist ja, dass prinzipiell alle Schüler behaupten, dass sie die Aufgabe mit links bewältigen. Nur behaupten kann das jeder, als Lehrer will man auch Beweise sehen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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