Kinder intoleranter und konservativer als die Eltern
Oft ist es so, dass die jüngere Generation manchen Dingen gegenüber offener eingestellt ist. Die meisten jüngeren Leute stören sich nicht daran, wenn ein Paar uneheliche Kinder hat. Viele akzeptieren Schwule und Lesben und sehen sie nicht als abnorm an. Es gibt viele Themen, über die jüngere Leute oftmals offener sprechen können als die ältere Generation. Damit will ich auf keinen Fall sagen, dass es bei den Leuten, die nun die 60 lange überschritten haben, nur verstockte und erzkonservative Menschen gibt. Das ist natürlich nicht der Fall. Aber im Schnitt sind jüngere Leute doch häufig etwas offener und toleranter.
Es gibt natürlich auch junge Leute, die sehr konservativ sind. Häufig werden sie durch ihr Elternhaus geprägt, so dass die Verwunderung eigentlich nicht so groß ist, wenn das Kind dann auch ähnliche Meinungen wie die Eltern vertritt. Ich habe zum Beispiel auch einen flüchtigen Bekannten, der zwar bisexuelle Neigungen hat, diesen aber niemals nachgeben würde, weil er der Meinung ist, dass es nicht natürlich und damit auch nicht richtig wäre. Er stammt aus einem sehr religiösen Elternhaus und ist selbst auch sehr religiös und insgesamt etwas konservativer eingestellt.
Seltener trifft man auch auf Menschen, die eigentlich aus einem sehr offenen und toleranten Elternhaus stammen, die aber selbst sehr konservativ eingestellt sind und vielleicht nicht einmal die offene Haltung ihrer Eltern nachvollziehen können. Solche Leute trifft man nun nicht sehr häufig, aber in Einzelfällen habe ich das schon erlebt und ich wundere mich darüber eigentlich ein bisschen. Könnt ihr das gut nachvollziehen, dass die Kinder insgesamt altmodischer eingestellt sind als die Eltern? Woher kommt diese Überzeugung? Wodurch werden diese Menschen geprägt, wenn es im Elternhaus eher offen und sehr tolerant zuging?
Ich persönlich habe noch nie jemanden kennengelernt der konservativer eingestellt ist als seine Eltern. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass es einige Negativbeispiele gibt, wo die Eltern es mit dem „locker sein“ ein bisschen übertreiben und dadurch die Einstellung ihrer Kinder beeinflussen. Als Beispiel würde mir Alkohol einfallen – ein Vater trinkt öfter einen über den Durst und wird aggressiv, laut oder blamiert sein Kind vor seinen Freunden. Folglich entwickelt das Kind eine Abneigung gegenüber Alkohol beziehungsweise betrunkenen Leuten. Als Außenstehender kann man so etwas vielleicht nicht nachvollziehen und denkt, dass diese Person konservativ eingestellt ist. So könnte ich es mir erklären.
Dass ein Mensch seine bisexuellen Neigungen nicht auslebt, hat vermutlich ganz andere Gründe. Hemmungen? Angst vor Reaktionen der Gesellschaft? Wenn man schon zugibt, dass man bisexuell veranlagt ist, glaub ich nicht, dass man sehr konservativ ist. Dann würde man das vermutlich eher abstreiten.
Es ist die Frage, was man unter konservativ, offen und tolerant versteht. Intoleranter und weniger offen ist die ältere Generation in meinen Augen nicht. Die Jugend empfindet das manchmal nur so, weil man als älterer Mensch schon so manche Dinge mitgemacht hat und vielleicht besser einschätzen kann, welche Handlungen zu welchen Ergebnissen führen. Wenn eine Mutter ihre sechzehnjährige Tochter ermahnt, dass sie im Winter nicht bauchfrei herumlaufen soll, dann empfindet die jüngere Generation das vielleicht als konservativ, aber die Mutter weiß, wie unangenehm und lang andauernd eine Blasenentzündung ist, weil sie in ihrer Jugend auch so herumgelaufen ist, aber auch das Korrektiv in ihren Eltern hatte. Als Eltern muss man die Rolle des Widerparts einnehmen, ob man will oder nicht und wird vielleicht deshalb als konservativ eingeschätzt.
Gerade die Leute ab Sechzig sind doch die 68-iger Generation, die mit freier Liebe, Pille und Kommunen aufgewachsen ist. Wenn ich meine Jugend rückwirkend betrachte, dann waren wir promiskuitiver als die heutige Generation, worauf ich aber nicht stolz bin. In meinen Augen achtet die Jugend wieder mehr auf Treue als die ältere Generation.
Abgesehen davon, glaube ich, dass die Eltern gar nicht so einen großen Einfluss auf die Kinder haben, wie immer angenommen wird. Die Peergroup ist wesentlich wichtiger. Es gibt Jugendliche, die trinken, weil ihr Vater trinkt, und solche, die nicht trinken, weil ihr Vater trinkt. Als Beispiel nenne ich immer meine Mutter, die gerne spazieren gegangen ist, weil sie das auf den Fluchten im Krieg so gewohnt war, und meine Schwiegermutter, die freiwillig keinen Schritt geht, weil sie im Krieg auf der Flucht war.
Ich sehe auch nicht, dass Menschen, die die Sechzig überschritten haben, Schwulen gegenüber intoleranter sind als Jugendliche. Manche Jugendliche reden sich gewisse Dinge auch ein. Aber es gibt solche und solche, sowohl bei der Jugend als auch bei den Alten. Gerade, was uneheliche Kinder betrifft, sind die ganz alten Frauen doch die, die ihre Kinder oft unehelich großgezogen haben. Es gab eine einzige kurze, prüde Epoche, das waren die fünfziger und frühen sechziger Jahre.
Es waren doch die heute über Sechzigjährigen, die sich für die Straffreiheit bei Abtreibungen in bestimmten Fälle und für die Rechte der Schwulen eingesetzt haben.
Ericson hat in seinem epigenetischen Modell einige Krisen aufgelistet, die ein Kind im Laufe seines Lebens überwinden muss und diese Phasen sind auch viel diskutiert worden, wurden umgewandelt, abgeändert und kritisiert. Es gibt daher unter anderem auch Pädagogen, die sagen, dass Kinder eine gewisse Strenge während der Erziehung brauchen, weil diese Strenge sie ''lenkt''. Hat das Kind dies nicht, kann es zu einer Orientierungslosigkeit kommen und dies wiederum führt dann auch dazu, dass das Kind nach Haltpunkten sucht, es sucht sich eigene Grenzen, wenn die Eltern ihm keine vorgeben.
Dies ist zum einen sehr auf die laissez-faire Erziehung bezogen, also eine Erziehung, bei der die Eltern eher hintergründig agieren, nicht autoritär auftreten und das Kind mehr oder weniger machen lassen was es will. Auch kann man es aber auf eine starke Toleranz übertragen. Wächst das Kind beispielsweise in einer Umgebung auf, in der an sich Homosexualität oder dominantes Auftreten von Frauen verpönt ist und die eigenen Eltern stehen dem und auch vielem anderen Dominant gegenüber, so kann es sein, dass das Kind bei Gleichaltrigen auf Missachtung stößt und versucht sich anzupassen.
Schlägt ein Kind also nicht nach seinen Eltern, kann das Gründe haben, wie diese, dass Kind versucht also ein geregelteres Leben zu führen, als seine Eltern, weil es die Lebensweise seiner Eltern als schrankenlos ansieht und sie daher kritisiert oder aber, dass Kind kommt mit der gegenseitigen Meinung der Gesellschaft nicht klar. Kinder müssen ein starkes Selbstbewusstsein ja auch erst entwickeln und wenn dies nicht gegeben ist und es schon früh damit konfrontiert wird, dass die eigenen Eltern etwas befürworten, was ein Großteil der Gesellschaft nicht befürwortet, so kann es sein, dass es das Verhalten der Eltern als falsch ansieht.
Die Schule, Kindergarten und Freunde spielen dabei auch eine große Rolle, weil sicherlich hier auch gemobbt worden ist, wenn die Eltern eines Kindes sehr tolerant gegenüber einigen Themen waren. Vor einigen Jahrzehnten hatte man es beispielsweise sicherlich nicht leicht, wenn man in der Familie ein schwules Pärchen hatte und dies akzeptiert worden ist. Möchte man dann nicht als Außenseiter dastehen und hat auch noch nicht die nötige Reife und das Selbstbewusstsein sich der Gesellschaft zu widersetzen, so kann es sein, dass dann Kinder die Meinungen ihrer Eltern nicht übernehmen, sondern ihnen widersprechen und sich dann der Gesellschaft fügen.
Ich selbst würde meinen, dass ich einen ähnlichen Fall auch bei mir im Freundeskreis habe, nämlich handelt es sich hier um meine Freundin und ihre Mutter. Die Mutter ist alleinerziehend und arbeitslos und hatte seit einigen Jahren auch keinen festen Freund mehr, sondern nur kurze Freundschaften, in denen es hauptsächlich um Sex geht. Sie sieht das Thema auch sehr locker und glaubt nicht an die große Liebe. Meiner Freundin geht es in dieser Hinsicht aber ganz anders, denn sie sieht das Verhalten ihrer Mutter als unmöglich an und findet, dass man Sex nur innerhalb einer festen Beziehung haben darf.
Sie hat eben einfach das Bild der großen Liebe im Kopf und glaubt nicht daran, dass Sex ohne Liebe möglich ist. Auch geht es so weit, dass sie Angst hat ihre Mutter könnte als minderwertig angesehen werden, von Nachbarn und Freunden, die über ihre kurzzeitigen Freundschaften Bescheid wissen. Wenn man mich fragt, sind das einfach nur kurzlebige, gescheiterte Beziehungsversuche und nichts schlimmes, heute ist das eigentlich normal, aber meiner Freundin geht es da anders und sie sieht das um einiges strenger, als ihre Mutter. Ich denke, dass sie da von öffentlichen Medien und ähnlichem auch sehr beeinflusst worden ist.
Manchmal ist es so, wenn man sich mit seinen Eltern nicht gut versteht oder mit irgendwas, was sie getan haben, nicht einverstanden ist. Dann will man sich vielleicht möglichst radikal von ihnen abgrenzen und das kann auch dazu führen, dass man eben konservativer ist, als die eigenen Eltern. Das ist ja schon recht radikal und fällt der Umwelt auf. Dann sagt garantiert auch niemand: du bist ja wie deine Eltern. Möglichweise war nämlich genau das die Absicht, die dahinter gesteckt hat.
Es kann aber noch mehr Gründe geben. Man kann schlicht und ergreifend zum Beispiel auch zur Religion finden, während die Eltern zum Beispiel Atheisten waren. Wenn man streng gläubig ist, kann es auch sein, dass man konservativer ist, dass bringen verschiedene Glaubensrichtungen unter Umständen mit sich. Also so verwunderlich ist es vielleicht gar nicht. Aber ich muss zustimmen: es ist mit Sicherheit doch recht selten.
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