Überstunden abbauen oder Urlaub wegen Arbeitsmangel?
In einem anderen Thread Rechtfertigt Arbeitsmangel eine Kündigung? schrieb ich von X, der Angst hat, dass er seine Arbeit verliert. Damit dies nicht so schnell passiert würden die Arbeiter ja auch Urlaub nehmen oder die Überstunden abbauen. Denkt ihr, dass man damit viel erreichen kann, wenn in einer schlechten Auftraglagenzeit die Arbeiter alle die Überstunden abbauen und Urlaub nehmen oder wäre das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, wie man so schön sagt?
Wie ist das, wenn der Arbeitgeber den Arbeitern unbezahlten Urlaub gibt, können die in der Zeit zum Arbeitsamt gehen und Unterstützung bekommen oder geht das nur bei Kurzarbeit?
Du fragst, ob das Arbeitsamt Unterstützung zahlt, wenn X unbezahlten Urlaub nimmt. Ich frage dich allen Ernstes, wie du dir das vorstellst? Es gibt Arbeitnehmer, die sich für längere Zeit beurlauben lassen, weil sie irgendetwas vorhaben, eine Segeltour oder eine längere Auslandsreise. Sollte da auch das Arbeitsamt einspringen? Krankenversichert ist X nur in den ersten vier Wochen. Danach muss er sich freiwillig weiter versichern.
Wenn X gekündigt wird aus betrieblichen Gründen, bekommt er Arbeitslosenunterstützung. Aber die bekommt er natürlich nicht, wenn er unbezahlten Urlaub nimmt.
Also wenn schon Überstunden gesammelt werden, ist das doch ein Zeichen, dass es immer mal Zeiten in dem Betrieb gibt, wo weniger Arbeit vorhanden ist. Kenne ich von der Baubranche und auch in der Landwirtschaft werden die Überstunden für den Winter gesammelt, damit die Angestellten eben nicht entlassen werden müssen.
Wenn nun X jetzt zu seinem Arbeitgeber geht und anbietet die Überstunden abzubauen, so wird dieser vermutlich nichts dagegen haben. Wobei unbezahlter Urlaub wohl eher unwahrscheinlich ist. Zumindest als Angebot vom Arbeitgeber. Denn es wird wohl kaum jemand so dumm sein und unbezahlt zu Hause zu bleiben, wenn doch auch bei Auftragsflaute der Arbeitgeber in der Pflicht ist.
Ich kenne es sowieso nur so, dass die Arbeitsverträge sogar diese Fälle regeln und natürlich auch der Arbeitgeber verlangen kann, dass gerade vorhandene Überstundenkonten (und zum Teil auch der Urlaub) dann abgebaut wird, wenn eben keine Arbeit vorhanden ist und die Angestellten nichts zu tun hätten. Anders natürlich beim "unbezahlten Urlaub". Denn hier würde der Arbeitgeber seiner vertraglichen Verpflichtung (ergibt sich auch aus dem Arbeitsvertrag) nicht nachkommen. Das funktioniert natürlich nur, wenn der Angestellte sich einverstanden erklärt. Das es dann aber Leistungen der Arbeitsagenturen gibt, wage ich zu bezweifeln. Insbesondere dann, wenn nicht klar ist, für wie lange dieser Zustand anhält.
Bei Arbeiten, die tatsächlich von der Jahreszeit abhängen (Bauarbeiter, Gärtner usw.) ist diese Ausstellung aber fest vorgesehen. Im Grunde haben die eine Einstellungsgarantie für das dann kommende Frühjahr und die können dann zur Arge gehen und wären noch nicht mal verpflichtet, sich nach anderen Tätigkeiten umzusehen.
Wenn der Arbeitnehmer ein festes Gehalt bekommt, ist es aus rein finanzieller Sicht für den Arbeitgeber doch vollkommen unerheblich, ob der Arbeitnehmer nun im Betrieb anwesend ist oder ob er Überstunden abfeiert, weil er dennoch sein Gehalt bekommt und mit dem Abfeiern der Überstunden oder mit dem Nehmen des Urlaubs nicht die Gehaltszahlung ausgesetzt wird. Es kann sicherlich aber für den Unternehmer hilfreich sein, wenn er Überstunden nicht ausbezahlen muss, weil diese mit Freizeit ausgeglichen werde, auch, wenn ich denke, dass das in einer Krisensituation für ein Unternehmen wirklich ein Tropfen auf dem heißen Stein sein dürfte.
Ich könnte mir ansonsten übrigens, neben dem, was meine Vorredner bereits ausgeführt haben, auch vorstellen, dass es eine Möglichkeit gäbe, mit dem Arbeitgeber auszuhandeln, dass ein Mitarbeiter für eine gewisse Dauer von seiner Arbeitsleistung freigestellt wird und dafür weniger Gehalt erhält. Was zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber genau vereinbart wird, sollte hauptsächlich Sache der beiden betroffenen Parteien sein, sofern die jeweilige Vereinbarung nicht gegen geltendes Recht verstößt. Wenn der Arbeitnehmer über einen gewissen Zeitraum zu Hause bleibt und nicht zur Arbeit geht, fallen ihm allerdings auch weniger eigene Kosten an, die er möglicherweise dem Arbeitgeber als für diese Dauer der Freistellung zu kürzen anbieten könnte, sodass dem Arbeitgeber weniger Kosten für Gehaltszahlungen entstehen würden, während der Arbeitnehmer nicht wirklich irgendwelche Abstriche hätte und auch sein Arbeitsverhältnis nicht verlieren würde.
Ob so etwas im Endeffekt allerdings aber auch Anwendung in der Praxis finden kann, bleibt dahingestellt, zumal sicherlich ausschlaggebend für Regelungen dieser Art sein dürfte, wie schlecht es dem Unternehmen wirklich geht und wie die Aussichten auf eine Verbesserung der finanziellen Situation sind, die dann bestenfalls auch von Dauer sein sollte. Ich denke aber nicht, dass ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber aus einer solchen finanziellen Krise heraushelfen kann, indem er auf eine Auszahlung seiner Überstunden verzichtet, indem er sie in Freizeit ausgleicht.
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