Viele Türken fühlen sich in Deutschland nicht heimisch

vom 18.08.2012, 16:49 Uhr

Die größte Ausländergruppe in Deutschland sind die Türken. Die Mehrheit von ihnen empfindet Deutschland nicht als Heimat. So möchten 45 Prozent von ihnen zurück in die Türkei. 62 Prozent der Türken sind am liebsten mit ihresgleichen zusammen. Und mehr als 50 Prozent der hier ansässigen Türken wünschen sich mehr Moscheen. Diese Ergebnisse einer Umfrage stellte das Meinungsinstitut Info jetzt in Berlin vor.

1.000 Menschen im gesamten Bundesgebiet mit türkischem Migrationshintergrund wurden befragt. 39 Prozent dieser Menschen leben über dreißig Jahre in der Bundesrepublik. Trotzdem sehen nur 15 Prozent Deutschland als Heimat an. 2009 waren es noch mehr, nämlich 21 Prozent. Als Grund sagten viele, den Ruhestand genießen zu wollen und das bessere Wetter in der Türkei. 10 Prozent gaben jedoch an, dass sie mit den Deutschen und allgemein Deutschland nicht zurecht kommen. Die Türken von 30 bis 49 Jahren hegen die meisten Rückkehrabsichten.

Die Mehrheit der Türken, die in Deutschland sesshaft sind, finden es auch heute noch richtig, in die Bundesrepublik gekommen zu sein. Sie sind auch weiterhin der Überzeugung, dass es hier möglich ist, es zu etwas zu bringen, wenn man die deutsche Sprache beherrscht. Zugenommen hat der Wunsch und der Integrationswille, zur deutschen Gesellschaft ohne Abstriche dazuzugehören.

Könntet ihr euch vorstellen, auch den Wunsch zu haben, wieder in die ehemalige Heimat zu ziehen, wenn ihr schon über dreißig Jahre irgendwo im Ausland leben würdet? Während man sich Freunde geschaffen hat und sich etwas aufgebaut hat und dann plötzlich alles verlassen und wieder zurückziehen, in die alte Heimat, kommt man sich doch dort auch fremd vor, oder?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Es mag sich einmal mehr ziemlich blöd anhören, aber ich finde, dass jeder, der sich hier in Deutschland nicht wohl oder gar nicht heimisch fühlt, gehen sollte. Ich würde ja auch nicht in Deutschland bleiben, wenn es mir nicht gefällt.

Generell könnte ich mir schon vorstellen, in ein anderes Land zu ziehen und dann, nach wie vielen Jahren auch immer, wieder zurück in meine alte Heimat zu gehen. Es wird seine Gründe gehabt haben, warum ich damals weggegangen bin, aber wenn diese sich verändert haben oder ich einfach eingesehen habe, dass die Entscheidung der Auswanderung falsch gewesen ist, dann würde ich sie rückgängig machen. Auch, wenn sich vieles in meiner alten Heimat verändert haben wird und ich dort vielleicht niemanden mehr kenne - zu der Zeit, als ich ausgewandert bin, hätte ich schließlich auch noch niemanden in meinem neuen Zuhause gekannt. Deshalb ist dies für mich kein Argument, welches gegen eine Rückwanderung sprechen würde.

Am Anfang wird man sich vielleicht noch ein wenig fremd fühlen in seiner neuen alten Heimat, aber man kann sich wieder einleben. Ich kann mir sogar vorstellen, dass nicht jeder sich fremd fühlen wird und das so manch einer sich sogar wieder viel wohler fühlen wird als damals in dem Land, in welches man ausgewandert ist. Und das natürlich ganz besonders, wenn man sich in diesem Land explizit unwohl gefühlt hat.

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich empfinde diese Umfragen als sehr spekulativ und halte die Zahlen für Blödsinn. Ebenso kann man in einer Fußgängerzone eine Umfrage bei 100 Leuten vornehmen und diese so geschickt manipulieren, dass genau das gewünschte Ergebnis herauskommt.

Interessant sind auch die Umfragen bei Deutschen, demnach sind 60 Prozent unzufrieden mit dem Land und würden lieber auswandern. Auch hier richtet sich das Ergebnis immer nach der aktuellen wirtschaftlichen Lage, den sozialen Gruppen und wie gut die Fragesteller sind. Letztlich gibt es bereits vor der Umfrage ein festes Ergebnis.

» si-mone » Beiträge: 69 » Talkpoints: 17,91 »



Ob die Umfrage nun wirklich aussagekräftig ist, kann man wohl nicht sagen. Es heißt ja immer so schön, dass man keiner Statistik trauen soll, die man nicht selber gefälscht hat und ich denke, dass da auch wieder etwas dran sind. Da ich aber auch einige Ausländer kenne, die sich in Deutschland nicht wirklich wohl fühlen und die lieber wieder in ihre Heimat zurückkehren würden, kann ich mir schon vorstellen, dass es eben auch vielen so ergeht.

Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen überhaupt auszuwandern, aber wenn, denke ich eben schon, dass ich meine Heimat sehr schnell vermissen würde, aber wenn ich mich dann eben irgendwo richtig eingelebt habe und sesshaft geworden bin, dann würde ich auf jeden Fall nicht mehr zurückgehen. Und wenn es mir eben nicht gefällt, gehe ich schnell zurück und bleibe nicht ewig dort und jammere, dass es mir doch nicht gefällt.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Wir befinden uns in Europa gerade in einer Phase, in der der Nationalismus wieder aufkeimt und das mühsam erarbeitete Pflänzchen der Integration gerade wieder vor die Wand gefahren wird. Und in ein solches Umfeld passt dann natürlich auch irgendwie diese Umfrage.

Mich wundert das Ergebnis der Umfrage nicht. Ich weiß auch nicht, was am Ergebnis nun gut oder schlecht sein soll. Letztlich haben nur, ich betone "nur", 10 Prozent angegeben, mit den Deutschen und Deutschland nicht zurecht zu kommen. Das heißt doch auch, 90 Prozent kommen hier irgendwie klar. Und das, obwohl es für Türken im Besonderen in Deutschland leider nicht leicht ist. Daran sind Türken und Deutsche gleichermaßen beteiligt. Dass viele wegen Bindungen zu Verwandten, wegen des Wetters, der günstigen Preise, aus religiösen Gründen und weil es eben letztlich auch so nah ist, gerne in die Türkei zurück wollen, finde ich völlig legitim und verständlich. Klar kann man mit der entsprechenden Absicht aus dem Ergebnis "einen Strick für die hier lebenden Türken drehen" und von "nicht deren Heimat" faseln, aber man kann das eben auch deutlich neutraler und positiv sehen.

Ob ich nach 30 Jahren in der Ferne wieder in die Heimat zurück will? Für mich ist das schon mit dem Heimatbegriff so eine Sache. Für mich ist Heimat grundsätzlich da, wo ich mich wohl fühle - also nicht notwendigerweise da, wo ich geboren bin - aber es ist natürlich auch etwas mehr, als das. Es ist ein Gefühl, was sich schwer beschreiben lässt. Ich habe das bisher in sehr erstaunlicher Weise nur in einem Land erlebt und das ist Südafrika. Von dem Moment an, wo ich dieses Land vor Jahren mal betreten habe, fühle ich mich jedes Mal so, als käme ich "in die Heimat zurück". Ich habe mich sofort "zu Hause" gefühlt und jedes Jahr, wo ich nicht dorthin fliege oder wo ich denke, dass man sich das vielleicht von heute auf morgen nicht mehr leisten kann und nie mehr dorthin kommt, empfinde ich eine extrem tiefe Traurigkeit. Und das ist auch ein Punkt, wo ich mich frage, ob ich das nicht bereuen müsste, mich nicht in diese Richtung bewegt zu haben. Wenn es also irgendwas wie ein "früheres Leben", "Geistwesen", "Parallelwelten" oder ähnlichen Schnikschnack gibt, dann muss ich Südafrikaner gewesen sein. Erstaunlicherweise habe ich dieses Gefühl für kein anderes Land - nun gut, ich war nun auch noch nicht überall auf der Welt.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Würde man diese Umfrage auch auf andere Ausländer in Deutschland anwenden, dann würde man sicherlich ähnliche Ergebnisse erzielen. Meine Eltern kommen beispielsweise auch nicht aus Deutschland und wir haben auch viele Freunde und Verwandte, die nicht deutsch sind, sondern es später zugezogen sind. Mein Onkel selbst, wird bald in Rente gehen und er ist jetzt auch wieder nach über 30 Jahren in Deutschland in sein Heimatland zurückgezogen, meine Freundin ist ebenfalls nicht Deutsche und ihre Eltern haben sich bereits jetzt ein Haus in ihrem Heimatland ausgesucht und werden nach ihrem Studium dort hin ziehen. Auch sonst kenne ich so einigen Ausländer, die einfach wieder das Bedürfnis haben, in ihre Heimatland zurückzukehren.

Ich denke, dass das auch gar nichts damit zu tun hat, dass einem Deutschland nicht sympathisch wäre oder so, es liegt nun mal einfach daran, dass man dort geboren und aufgewachsen ist und dann empfindet man Deutschland natürlich nicht als die eigentliche Heimat, egal wie lange man hier lebt. Ich kann das nachvollziehen und weiß, dass diese Personen dann einfach immer der inneren Drang haben, zurückzukehren. Mein Onkel kommt beispielsweise aus einer Gegend, die nicht einmal sonderlich schön ist, in Sachen Umweltverschmutzung und Hygiene ist man dort lange noch nicht so weit, wie hier in Deutschland, aber er verzichtet auf diesen Komfort, einfach weil dies seine Heimat ist und es ihn zurückzieht.

Das viele Türken mit ihresgleichen zusammen sind, hat wahrscheinlich mehrere Gründe. Zum einen herrscht in der Türkei auch einfach eine andere Mentalität und diese werden die Türken hier in Deutschland eben nicht wiederfinden. Andererseits aber ist wohl auch schon statistisch bewiesen worden, dass viele Türken nicht dazu bereit sind, die Deutsche Sprache wirklich zu erlernen, selbst Türken die schon viele Jahre hier in Deutschland sind, können manchmal kein richtiges Deutsch. Dass diese sich dann eher unter sich aufhalten, anstatt unter den Deutschen, wo die Kommunikation ein Problem wäre, ist dann wohl klar. Das mit den Moscheen ist wieder eine andere Sache, es gibt sicherlich auch Deutsche, die sich eine Kirche in der Türkei wünschen, aber keine bekommen.

Wenn jetzt 1000 Leute befragt worden sind und 39 Prozent sind schon länger hier in Deutschland, stammen aber ursprünglich aus der Türkei, dann bedeutet das zwangsläufig, dass die restlichen 61 Prozent der Türken hier geboren worden sind oder eben nur seit wenigen Jahren hier sind. Die 15 Prozent werden sich dann sicherlich eher auf die Türken beschränken, die hier geboren und aufgewachsen worden sind, wenn man aus der Türkei kommt, hat man selbstverständlich auch wieder Sehnsucht dahin zurückzukehren, dass ist aber nicht nur bei den Türken der Fall.

Das sich sogar 10% der Türken hier gar nicht wohl fühlen, kann ich ehrlich gesagt auch gut nachvollziehen. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass häufig Vorurteile gegen die Türken entstehen. Dies liegt mitunter auch daran, dass beispielsweise oftmals die Integration verweigert wird (schlechte Deutschkenntnisse etc.) aber auch daran, dass der Prozentsatz an Türken in den deutschen Hauptschulen explodiert, wohingegen sich am Gymnasium kaum jemand findet. Türken werden gerne als ''asozial'' abgestempelt, was natürlich dazu führt, dass sich viele unwohl fühlen.

An sich kann ich mir aber auch vorstellen, dass ich wider ''nach Hause'' zurück wollte, selbst wenn ich lange Zeit hier gelebt habe. Bei den Türken hieß es ja eben auch, dass diese lieber in Gesellschaft ihresgleichen sind und eher weniger Zeit mit deutschen Kontakten verbringen, dass bedeutet dann doch zwangsläufig auch, dass mit der Rückkehr nach Türkei keine großen Verluste zu verzeichnen sind. Ich selbst würde mich mich mit meinem Heimatland auch eher verbunden fühlen, selbst wenn ich schon lange im Ausland lebe.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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