Vorstellungsgespräch und andere Bewerbungen
Meine Cousine arbeitet zurzeit in ungekündigter Stellung, möchte sich aber gerne beruflich umorientieren. Deshalb hat sie sich nun auf diverse Stellenangebote beworben. Nun hat sie eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch, zu dem sie natürlich hingehen wird. Allerdings hat sie auf die Bewerbung bei ihrem Wunscharbeitgeber noch keine Reaktion auf die Bewerbung.
Sie möchte aus ihrem jetzigen Arbeitsverhältnis unbedingt raus. Allerdings hat sie, weil ja bisher ungekündigt, noch Spielraum. Sie weiß aber nicht, was sie nun machen soll, wenn sie bei dem Vorstellungsgespräch eine Zusage bekommen würde. Denn sie würde eben gerne lieber bei einem anderen Arbeitgeber arbeiten. Wäre aber halt ungeschickt, wenn der sie ablehnen würde. Deshalb würde sie halt gerne abwarten.
Wie stellt man das nun am geschicktesten an? Man kann ja schlecht im Vorstellungsgespräch sagen, man hat sich auch noch wo anders beworben hat und die andere Stelle lieber möchte. Wie würdet ihr handeln? Wie lange kann man sich Bedenkzeit erbitten?
Als erstes sollte sie das Vorstellungsgespräch wahr nehmen. Ein Vorstellungsgespräch ist ja noch keine Zusage und das gilt für beide Seiten. Sie muss, wenn die Firma sie einstellen will, nicht gleich den Vertrag unterschreiben, sondern kann ihn auch mit nach Hause nehmen, um ihn dort vorzulesen.
Wenn sie dann das andere Gespräch bei der Wunschfirma hat, kann sie sich immer noch entscheiden. Dieses sollte aber dann schon in den nächsten ein bis zwei Wochen statt finden, denn kein Arbeitgeber wartet gern auf eine Zusage. Bei dem Gespräch muss sie nicht erwähnen, dass sie noch andere Firmen angeschrieben hat.
Erst wenn es zu einer Zusage kommen sollte, kann sie dem Betrieb mitteilen, dass sie sich doch anders entschieden hat und dann kann sie bei der Wunschfirma anfangen. Das setzt natürlich voraus, dass sie in der anderen Firma auch ein Gespräch hat und auch angenommen wird.
Fugasi hat geschrieben:Sie weiß aber nicht, was sie nun machen soll, wenn sie bei dem Vorstellungsgespräch eine Zusage bekommen würde.
Das wäre aber die absolute Ausnahme. Selbst in kleineren Unternehmen habe ich das bisher noch nie erlebt, es war eher so, dass der Vertreter des Arbeitgebers meinte, man würde sich in einigen Tagen melden. Das war auch dann der Fall, wenn es keine Mitbewerber gab.
Fugasi hat geschrieben:Man kann ja schlecht im Vorstellungsgespräch sagen, man hat sich auch noch wo anders beworben hat und die andere Stelle lieber möchte.
Man kann und sollte sicher auch sagen, dass man sich bei anderen Unternehmen ebenfalls beworben hat. Und so kann man dann eben auch begründen, dass man sich nicht sofort entscheiden kann und möchte sondern erst die Gespräche mit den anderen Arbeitgebern abwarten will. Natürlich sollte man nicht sagen, dass man in einem anderen Unternehmen lieber arbeiten würde - klar das geht nach hinten los.
Das "Problem" ist ja sicher nichts, was nur deine Cousine hat. Hier könnte man im Grunde von einem Luxusproblem sprechen. Aber es ist dennoch real und für sie sicher von Bedeutung. Zunächst muss sie aber die einzelnen Punkte schon auch "sortieren", um hier eine gewisse Bodenhaftung nicht zu verlieren.
Zunächst ist es ihr also wichtig, vom bisherigen Arbeitgeber weg zu kommen. Das ist also die Basis, von der auszugehen ist. Das würde bedeuten, dass der Job bei dem Unternehmen für welches Sie eine Einladung hat, grundsätzlich in Frage kommen würde und wenn das die einzige Alternative wäre, würde sie da hingehen. Einfach nur, um vom alten Job loszukommen. Das ist bzgl. der Entscheidung deshalb wichtig, weil sie dann ja in keinem Fall ein "Risiko" eingeht bzw. am Ende eine Fehlentscheidung treffen kann. Aber so weit ist man ja noch nicht.
Vorher muss ja klar sein, dass so eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch keine Zusage zu einem Job bzw. ein Vorlegen eines unterschriftsreifen Arbeitsvertrags ist. Vorher müssen ja zahlreiche Punkte geklärt werden. Und auch der Arbeitgeber will erst überzeugt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass sie vom alten Job los kommen will, muss sie also natürlich zu dem Vorstellungsgespräch gehen und (unvoreingenommen hinsichtlich des vermeintlichen Wunscharbeitgebers) ihr Bestes geben. Dazu gehört eben auch, die eigenen Vorstellungen zu formulieren und auch einzubringen. Wenn dann der Arbeitgeber gewillt ist, sie einzustellen, wird in den folgenden Tagen entweder ein weiteres Gespräch folgen, oder aber man schickt ihr den Arbeitsvertrag zu. Bevor so was unterschrieben wird, sind ein paar Tage Bedenkzeit immer möglich! Auch hinsichtlich der Kündigungszeit ist es ja so, dass "schnelle" Entscheidungen niemand erwarten kann.
Wenn dann in der Zwischenzeit der "Wunscharbeitgeber" sich meldet, dann kann die Cousine auch bei dem vorsprechen und ähnlich weit gehen. Sofern sich das hier aber zeitlich so weit zieht, dass sie das erste Angebot nicht zeitlich mehr "strecken" kann, sollte sie dieses - sofern es ihr zusagt - annehmen. Wenn dann tatsächlich der Wunscharbeitgeber auch einen Vertrag zukommen lässt, muss die Cousine in den sauren Apfel beißen, und das erste Angebot wieder absagen. Das ist sicher kein wirklich feiner Zug. Aber darauf kommt es in so einer Situation nicht an. Immerhin hätte das Ganze auch während der Probezeit passieren können und so was ist demnach ein ganz gewöhnlicher Vorgang in der Arbeitswelt. Hier muss sie von sich aus also keine zusätzliche Bedenkzeit erbitten, sondern kann sich dem gewöhnlichen/natürlichen Gang der Dinge ergeben.
Ich hatte einmal eine Stelle angenommen und eine Woche danach kurzfristig die Zusage für eine bessere Stelle bekommen. Es war kein Problem, den schon unterschriebenen Vertrag für die erste Stelle wieder aufzulösen. Es war mir zwar höchst peinlich, aber der Arbeitnehmer kann ja nicht viel machen, weil in der Probezeit im Normalfall eh eine beidseitige zweiwöchige Kündigungsfrist gilt. Ich würde den Job also auf jeden Fall annehmen und abwartet, ob sich etwas Besseres bietet.
Oft wird man direkt auch gefragt, ob man sich noch woanders beworben hat und das sollte man natürlich ordnungsgemäß beantworten. Allerdings muss ich sagen, dass ich nicht sagen würde, dass man lieber woanders arbeiten würde und das das hier dann quasi nur eine Notlösung darstellt. Mal ganz ehrlich, da brauch man auch nicht zum Bewerbungsgespräch gehen, das kann man sich dann komplett sparen.
Ich würde auch auf jeden Fall erst einmal zum Bewerbungsgespräch gehen und abwarten. Es ist ja nicht gesagt, dass man die Stelle dann auch wirklich bekommt, oder? Und wenn doch, dann vergeht bis dahin auch noch mal Zeit und vielleicht meldet sich der Wunscharbeitgeber bis dahin und es läuft in der Zeit vielleicht sogar schon das Bewerbungsgespräch. Nicht hinzugehen halte ich nicht für schlau, schließlich kann es durchaus auch passieren, dass sich der Wunscharbeitgeber gar nicht meldet.
In einer solchen Situation war ich auch erst noch vor kurzen. Ich habe viele Bewerbungen geschrieben, dich kaum die Chance bekommen, mich in einem persönlichen Vorstellungsgespräch vorzustellen. Doch dann kamen direkt 2 Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch, innerhalb 2 Tagen hintereinander. Der ersten Stelle habe ich natürlich direkt zugesagt, dass ich die Einladung zum Vorstellungsgespräch annehme. Bei der zweiten Stelle, hatte dann auch ich ein eher ungutes Gefühl, da ich eben nicht genau wusste, welche Stelle wohl die bessere sein wird, und was ich bei der ersten Stelle sagen soll, wenn mir der Job angeboten wird.
Nun bin ich also zuerst zu der ersten Stelle hin gefahren. Die Firma hat mir schon zugesagt, sowie auch die möglichen neuen Kollegen. Und wie es so ist, wurde mir auch noch genau an dem Tag, der Job angeboten. Jedoch musste ich da einfach sagen, dass ich in 2 Tagen noch ein weiteres Vorstellungsgespräch habe, dass ich auch gerne wahrnehmen möchte. Auch ich habe mir im Vorhinein schon viele Gedanken gemacht, wie ich es am besten sagen soll. Doch ich finde, dass man es einfach so sagen muss, wie es nun mal ist. Denn die andere Stelle machte auch einen sehr guten Eindruck. Zudem wäre da mein Arbeitsplatz auch in meinem Wohnort, was der andere Job nicht gewesen wäre. Der Abteilungsleiter sagte mir darauf, dass es kein Problem wäre, und sie mir die Zeit gerne geben werden. Sobald ich mich entschieden habe, solle ich mich einfach melden.
Und das habe ich dann auch gemacht. Ich habe dann doch die zweite Stelle genommen, wo ich auch nun sehr glücklich bin. Ich finde, dass ich mich da schon korrekt verhalten habe, und auch nicht zu dreist war. Vorher habe ich auch schon mit Freunden gesprochen, die in der Personalabteilung tätig sind. Diese meinten auch, dass die Wahrheit einfach besser ankommt, und man sicherlich einem die Zeit lässt. So ein neuer Job sollte einfach gut überlegt sein. Daher würde ich einfach sagen, dass man ehrlich sagen sollte, dass man noch auf eine Antwort einer Firma wartet, bei der man sich beworben hat. Ich denke, dass da nur die wenigstens Firmen es einem krumm nehmen werden.
Erst einmal denke ich, dass ein Arbeitgeber weiß, dass man heute ja nicht nur eine Bewerbung schreibt und dann schaut, wie es sich mit dieser verläuft. Das Dilemma ist also eigentlich ein alltägliches und dennoch würde ich mich eher bedeckt halten, wenn es darum geht, andere Bewerbungen zu benennen. Wenn man danach gefragt wird, sollte man grundsätzlich schon ehrlich sein und sich dazu äußern. Wird man nicht gefragt, würde ich dazu auch gar nichts sagen, sondern mir grundsätzlich eben durchaus Bedenkzeit geben lassen, weil man heutzutage ja generell keine überstürzten Zusagen machen sollte.
Ob die Cousine auch zu diesem anderen Vorstellungsgespräch eingeladen wird, steht ja in den Sternen. Ich frage mich aber ehrlich gesagt, wenn sie sich sowieso nur für einen Arbeitgeber letztendlich entschieden hat, warum sie noch andere Bewerbungen geschrieben hat. Dann hätte sie doch die Möglichkeit gehabt, sich zunächst beim Wunscharbeitgeber zu bewerben und dann später bei einem anderen Arbeitgeber, wenn es dort nicht klappen würde. Denn, wie ich es verstanden habe, ist es ja nicht so, dass sie zwangsläufig auf der Straße steht, sondern sie schon in der komfortablen Lage ist, auch ein wenig zu sondieren, selbst, wenn sie aus dem jetzigen Betrieb weg möchte.
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