Steuersystem in Deutschland wirklich gerecht?
Findet ihr das Steuersystem in Deutschland wirklich gerecht? Findet ihr es gerecht, dass eine alleinstehende Person mehr Steuern zahlen muss als eine verheiratete Person, die Hauptverdiener ist? Findet ihr es richtig, dass verheiratete Personen einen Steuervorteil haben? Würdet ihr ein anderes Steuersystem besser halten? Wie sollte das Steuersystem in Deutschland eurer Meinung nach aussehen, damit es wirklich gerecht ist?
Ich finde es gerecht, dass Eheleute den Splittingvorteil haben, weil sie dem Staat ja die Verantwortung für den Ehepartner abnehmen. Normalerweise muss der Staat für diesen aufkommen, wenn er in finanzielle Not gerät, bei Verheirateten übernimmt der Ehepartner das. Deswegen soll der Splittingvorteil jetzt auch für homosexuelle Partnerschaften eingeführt werden, was ich richtig finde.
Ich finde allerdings, dass Alleinerziehende zu viele Steuern zahlen. Ich habe fast genauso viel gezahlt wie ein Alleinstehender, obwohl ich dem Staat ja die Verantwortung für die Kinder abnehme. Man sagt zwar immer, dass man dafür das Kindergeld bekommt, aber meiner Meinung nach ist das zu wenig. Ansonsten finde ich die Steuern insgesamt zu hoch.
Besonders wenn man viel verdient, zahlt man zu viel. Mein Schwager ist selbstständig, verdient gut und arbeitet mindestens 60 Stunden pro Woche ohne Urlaub und muss fast die Hälfte von dem, was er sich erarbeitet, dem Staat abgeben. Das finde ich nicht fair, er unterstützt im Prinzip zwei bis drei Hartz 4 Empfänger ganz alleine. Von seiner Rentenversicherung lebt ein Rentner. das heißt, eine einzige Person arbeitet für vier Leute.
Ich finde das Steuersystem wegen der Umverteilung von unten nach oben zutiefst ungerecht. Es kann doch nicht sein, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Wir bräuchten einen höheren Steuersatz und eine Vermögenssteuer. Außerdem hat der Fall Hoeneß gezeigt, wie löchrig das Abkommen mit der Schweiz war. Namen wurden nicht ausgetauscht oder Summen zugeordnet, sondern alles war auf Treu und Glauben ausgerichtet. Meiner Ansicht nach sollte der Ankauf von Steuer-CDs noch forciert werden, solange es kein ordentliches Abkommen mit der Schweiz gibt.
Außerdem sehr ich ein großes Problem mit den Sozialversicherungskosten. Es ist ein Unding, dass gerade Besserverdiener sich mit einigen hundert Euro von der Solidargemeinschaft freikaufen können, während dass System somit von schlechter Verdienenden finanziert wird. Schließlich wurde die ganze Infrastruktur vor allem durch Kassenbeiträge finanziert.
Außerdem sollte es endlich eine Finanztransaktionssteuer geben. Laut Wikipedia wurden die Banken in der Finanzkrise mit 6.400 Milliarden Euro unterstützt. Es ist gerade grotesk, wenn auch Banken mit staatlicher Unterstützung noch 500.000 Euro Boni auszahlen dürfen, während ein Schüler, der mit seinen Eltern in Hartz IV lebt, fast seinen gesamten Ferienlohn ans Amt abführen darf. Hier stimmen die Relationen einfach nicht mehr.
Juri1877 hat geschrieben:Ich finde das Steuersystem wegen der Umverteilung von unten nach oben zutiefst ungerecht. Es kann doch nicht sein, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.
Komisch, gerade in unserem Steuersystem wird aber massiv von oben nach unten umverteilt. Die Hauptsteuerlast tragen ja die Reichen und der gehobene Mittelstand. Ein paar Prozent unserer Bevölkerung trägt die Hälfte der Steuerlast, während gerade Geringverdiener nur wenig Steuern zahlen. Dafür dass da vielleicht zu wenig Lohn gezahlt wird und man deswegen nicht davon leben kann, ist ja schlussendlich eine ganze andere Baustelle, aber in meinen Augen sicherlich nicht dem Steuersystem geschuldet.
Juri1877 hat geschrieben:]Außerdem hat der Fall Hoeneß gezeigt, wie löchrig das Abkommen mit der Schweiz war.
Was aber nichts mit dem deutschen Steuersystem zu tun hat. Hoeneß hat ja nicht zu wenig Steuern gezahlt, weil er in Deutschland falsch versteuert wurde oder deutsche Schlupflöcher genutzt hat. Er hat ganz einfach Einnahmen verschwiegen und im Ausland erzielt. Dass hat aber nichts mit dem Steuersystem zu tun, dass ist ganz einfach illegal. Zudem kann man solchen Abkommen ja nur international schließen. Das kann man also nur bedingt dem deutschen Staat vorwerfen.
Juri1877 hat geschrieben:Es ist ein Unding, dass gerade Besserverdiener sich mit einigen hundert Euro von der Solidargemeinschaft freikaufen können, während dass System somit von schlechter Verdienenden finanziert wird. Schließlich wurde die ganze Infrastruktur vor allem durch Kassenbeiträge finanziert
Auch das musst du mir mal nochmal genauer erklären. Besserverdiener tragen den großteil des Lohnsteueraufkommens, während Niedrigverdiener dort fast gar nicht belastet werden. Ebenso müssen Besserverdiener sofern sie im gesetzlichen Versicherungssystem bleiben, oftmals die Höchstsätze in der Renten- und Krankenversicherung zahlen ohne dabei zum Beispiel in der Krankenversicherung einen Vorteil gegenüber einem Arbeitslosen zu erzielen, der gar nichts selber einzahlt.
Solltest du jetzt damit gemeint haben, dass Besserverdiener aus dem gesetzlichen System austreten können und sich zum Beispiel privat krankenversichern können oder statt in die gesetzliche Rentenversicherung in berufsständische Versorgungswerke einzaheln, bringt das ja auch nichts. Bei der Rentenversorgung bekommt man dann zum Beispiel keinen Cent aus dem staatlichen System (außer bei gewissen Sondernregelungen, die jeder nutzen kann) bzw. wird in der privaten Krankenversicherung gemäß seinem Risiko zu teilweise sehr hohen Beiträgen versichert ohne im Krankheitsfall die staatliche Versicherung in Anspruch zu nehmen.
Wenn sogar die OECD mehr Verteilung von oben nach unten anmahnt, muss man sich schon wirklich fragen, ob hier in Deutschland nicht doch einiges falsch läuft. Es ist Fakt, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden und dies kann niemand als gerecht empfinden.
Hier werden Strukturen geschaffen, die später von ganz anderen genutzt werden können, um hier im wahrsten Sinne des Wortes eine Bombenstimmung zu verbreiten.
Juri1877 hat geschrieben:Es ist Fakt, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden und dies kann niemand als gerecht empfinden.
Was aber nur bedingt am Steuersystem liegt, sondern einfach daran, dass Reiche in der Regel einfach besser bezahlte Berufe ausüben und zudem über Vermögen verfügen mit dem man noch nebenbei Geldgewinne erzielen kann, sei es über Anlagen an der Börse, Vermietung, Verpachtung oder andere Möglichkeiten.
Unser Steuersystem dagegen besteuert von Haus aus Reiche stärker als Arme. Das gilt sowohl für Lohnsteuern als auch für Sozialabgaben und das ganze nunmal wie es sich für einen Sozialstaat gehört ohne das dadurch gravierende Unterschiede bei den Leistungen entstehen.
Wenn Arme nur durch Umverteilung reich werden und Reiche arm ohne das dem irgendeine eigene Leistung gegenübersteht, dann kann das jawohl auch niemand als gerecht empfinden. Niemand wird doch als ALG-II-Empfänger geboren. Dann muss man sich halt in der Schule mal ein bisschen anstrengen und man kann dann seinen Lebensunterhalt auch alleine bestreiten. Das Steuersystem finden doch sowieso immer nur diejenigen ungerecht, die kaum Steuern zahlen und das sagt doch alles.
Zudem kritisiert die OECD ja nur bedingt das Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich. Es wird ja mehr die Art der Besteuerung kritisiert. Statt Einkommen hätte man lieber Konsumgüter und Vermögen besteuert. Was das nun ändern soll versteh ich nicht so recht. Dem Reichen ist es doch egal ob er nun 40% Lohnsteuer zahlt oder für seinen neuen Fernsehen dann statt 19% eben 25% Mehrwertsteuer. Dafür bleibt ja viel mehr von seinem Lohn über. Derjenige der aber bisher nur kaum Lohnsteuern gezahlt hat, weil er nur knapp über der Freigrenze liegt, profitiert davon kaum, muss aber dafür voll eine Mehrwertsteuererhöhung mittragen.
Absolute Gerechtigkeit kann es nie geben, allein schon weil es unheimlich schwer ist, diese überhaupt zu definieren. In einer menschlichen Gesellschaft kann niemals jeder absolut gleichgestellt werden, allein weil jeder Mensch unterschiedliche Voraussetzungen, Interessen und Talente hat. Auf der anderen Seite braucht der Mensch Anreize, um höhere Leistung zu bringen.
Bisher gibt es in dieser Hinsicht keine bessere Gesellschaftsform als den Kapitalismus. Immerhin haben auch ärmere Deutsche die Möglichkeit, eine gute Ausbildung zu bekommen und erfolgreiche Unternehmen zu gründen. Das ist nur in wenigen anderen Ländern gleich gut oder besser.
Das ganze spiegelt sich im Steuersystem wider. Deshalb zahlen Menschen mit höherem Einkommen wesentlich mehr Steuern. Natürlich werden Großverdiener auch irgendwann versuchen, Schlupflöcher zu nutzen. Auch das liegt in der Natur des Menschen und das wird es daher immer geben. Trotzdem werden diese Leute immer noch wesentlich mehr Steuern bezahlen als hunderte Normalverdiener, solange sie in Deutschland leben.
Zum Thema Steuerklassen muss ich sagen, dass ich die jetzige Regelung für veraltet und als sehr ungerecht empfinde. Wieso muss ein Single mehr Steuer bezahlen als Ehepartner? Die übernehmen heutzutage nicht mehr automatisch eine höhere gesellschaftliche Verantwortung. Das tun sie erst, sobald Kinder ins Spiel kommen. Auf der anderen Seite gibt es viele allein erziehende Eltern, die höhere Steuer bezahlen müssen.
Von daher sollte man meiner Meinung nach die Steuerklassen komplett entfallen lassen und dafür das Kindergeld massiv erhöhen. Das wäre gerechter und würde nebenbei das Steuersystem noch erheblich vereinfachen.
Was allein schon vollkommen ungerecht am deutschen Steuersystem ist, dass man für einen vollkommen identischen Fall unterschiedlich hohe Steuern zahlt. Denn wie hoch die Steuerlast ausfällt, das hängt ganz stark von den eigenen Kenntnissen, dem Können des Steuerberaters und dem persönlichen Finanzbeamten ab. Das kann aber eigentlich überhaupt nicht sein.
Und abgesehen vom Steuersystem haben wir bei den Sozialversicherungen das riesige Problem, dass dort die Initiative der Menschen ganz stark ausgebremst wird. In anderen Ländern ist es zum Beispiel viel einfacher, sich selbstständig zu machen. Hier können viele das gar nicht finanzieren, obwohl sie so zwar nicht reich würden, aber sie hätten zumindest ihr Auskommen.
Auch wenn die Niederlande ein Steuerparadies für Konzerne sind, lohnt sich ein Blick über die Grenze. Dort macht man seine Steuererklärung sozusagen wirklich auf dem Bierdeckel. Und eine "Luxussteuer" gibt es durch die Zulassungssteuer bei Autos, allerdings kommt man sogar auf dem Land notfalls auch ohne aus. Außerdem bleiben Kleinwagen bezahlbar. Und falls man sich selbstständig machen möchte, dann sind die Sozialversicherungen tragbar und brechen dem Gründer nicht sofort das Genick. Es geht deutlich angenehmer als hier im Land.
cooper75 hat geschrieben:Was allein schon vollkommen ungerecht am deutschen Steuersystem ist, dass man für einen vollkommen identischen Fall unterschiedlich hohe Steuern zahlt. Denn wie hoch die Steuerlast ausfällt, das hängt ganz stark von den eigenen Kenntnissen, dem Können des Steuerberaters und dem persönlichen Finanzbeamten ab. Das kann aber eigentlich überhaupt nicht sein.
Was kann denn nun das Steuersystem für menschliche Inkompetenz? Für den gleichen Steuerfall fallen da auch immer die gleichen Steuern an. Wenn dagegen der Steuerberater keine Ahnung hat, was du hättest absetzen können, dann sollte er vielleicht einfach einen anderen Beruf ausüben. Wenn der Autofahrer Gas und Bremse verwechselt, dann ist doch auch nicht der Autobauer Schuld daran.
Sicherlich mag es richtig sein, dass das deutsche Steuersystem in vielen Punkten zu kompliziert ist. Das liegt aber eben auch daran, dass man versucht hat, soviele Ausnahmefälle wie möglich zu berücksichtigen und irgendwo auf jeden einzugehen, statt stärker zu pauschalisieren. Nichts desto trotz kann man aber die Durchschnittssteuererklärung auch selber machen.
Klehmchen, es mag ja sein, dass für den gleichen Steuerfall immer die gleichen Steuern anfallen. Nur werden verschiedene Steuerpflichtige, die so einen gleichen Fall darstellen, niemals einen Steuerbescheid in gleicher Höhe bekommen.
Ich finde es reichlich merkwürdig, wenn du über Steuerberater meckerst. Es geht um das, was bei gleichen Angaben von verschiedenen Finanzbeamten errechnet wird. Das unterscheidet sich oft erheblich. Aber wenn es das Finanzamt nicht weiß, wer soll es dann wissen? Ständig klagen zu müssen, kann kein vernünftiger Weg sein.
Oder ein ganz aktueller Fall im eigenen Umfeld. Nach einem Umzug in eine andere Stadt meldet ein Ehepartner seine langjährige, freiberufliche Tätigkeit beim neuen zuständigen Finanzamt an. Er macht alles genau wie bisher auch, es handelt sich um ein Einzelunternehmen. Einige Wochen später meldet der andere Ehepartner eine ähnlich gelagerte freiberufliche Tätigkeit neu an. Der zuständige Finanzbeamte teilt nun dem Ehepaar wieder einige Wochen später eine Steuernummer zu. Das Paar hat aber weder einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und vorgelegt, noch möchte das Paar als GbR behandelt werden und auftreten. Der zuständige Finanzbeamte sagt, er sehe sie nicht als GbR an, aber mit einer Nummer ist es doch schließlich einfacher.
Oder nimm die freien Berufe. Ich habe mich vor Jahren mit dem damalig zuständigen Finanzamt stark gestritten, damit meine Tätigkeit als freier Beruf und nicht als Gewerbe eingestuft wird. Andere Kollegen werden mal als freier Beruf und mal als Gewerbe eingestuft, das kommt ganz auf das jeweils zuständige Finanzamt an. Letztere stehen dann deutlich schlechter da, schließlich müssen sie die Buchführungspflicht erfüllen, Gewerbesteuer zahlen und Beiträge an die IHK abführen. Gleichbehandlung und Steuergerechtigkeit sieht aber anders aus.
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