Kritik verlangen, aber dann nicht annehmen wollen

vom 08.08.2012, 15:47 Uhr

In einer Diskussion mit einer Bekannten, die sehr wechsellaunig ist, gab es mal wieder Auseinandersetzungen, die etwas heftiger geworden sind. Diese Auseinandersetzung beruhte wieder einmal darauf, dass meine Bekannte zwar eigentlich Kritik hören will, wenn mit ihr wieder einmal alle Pferde durchgehen, aber letztendlich fühlte sie sich im Grunde nur angegriffen. Es ist sicher nicht leicht, Kritik anzunehmen, aber bei ihr ist eigentlich jedes Wort, was sich nicht wohltuend für sie abhebt, eine versteckte und unangenehme Kritik.

Inzwischen habe ich auch gar keine Lust mehr, mich mit ihr auseinanderzusetzen und Kritik in irgendeiner Art und Weise auszuüben. Sie nimmt sie ja doch nicht an, obwohl sie mich immer wieder fragt, ob jenes und dieses so und so sei und ob sie da etwas anders machen kann. Die Bekanntschaft hat sowieso unter ihren Wechsellaunen gelitten und das sieht im Grunde so aus, dass ich mich zurückziehe. Je mehr ich mich zurückziehe, desto mehr kommt sie wieder auf mich zu. Aber dennoch kann ich sie nicht mehr wirklich ernst nehmen und sie auch nicht mehr freundlich und höflich behandeln.

Kennt Ihr auch solche Leute, die eigentlich möchten, dass man Kritik übt und wenn man es tut, ist man letztendlich sowieso nur derjenige, der Blödsinn erzählt? Wie geht Ihr damit um? Ist Euch eine solche Person überhaupt noch eine Bekanntschaft wert, weil man ja nicht nur so etwas als Basis für eine Bekanntschaft oder Freundschaft sieht?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich denke, dass auch ich solche Leute kenne, die keine Kritik vertragen können, aber spontan würde mir jetzt niemand direktes einfallen, bei dem ich sagen kann, dass die und die Person keine Kritik verträgt, aber immer wieder welche zu hören bekommen möchte. Jedenfalls nicht aus meinem engeren Freundeskreis.

In meiner Klasse ist aber ein Junge, der immer der Beste sein möchte und denkt, dass er das auch ist, obwohl das nicht der Fall ist. Zusätzlich neben der Schule geht er noch in das Theater und spielt da auch bei verschiedenen kleinen Stücken mit. Dadurch betont er aber immer die Worte schrecklich und man möchte ihm immer gar nicht zuhören, da er ersten so laut redet, was schon fast an schreien grenzt, und dann eben auch noch die Wörter richtig falsch betont. Also spricht er so, wie wir normalerweise nicht sprechen. Sicherlich mag das im Theater ja ganz gut ankommen und da muss das vielleicht auch so, ich kenne mich damit ja nicht aus, aber in der Schule und wenn er Vorträge hält, dann ist das einfach nur extrem nervig und es ist richtig anstrengend ihm zuhören zu müssen.

Wenn man ihm dann sagt, dass er bitte leiser oder "normal" sprechen soll, dann ist er immer gleich eingeschnappt und sagt, dass das gar nicht so ist und meckert nur rum und ist bockig wie ein kleines Kind, wie immer, wenn er mal nicht Recht hat. Das macht es dann doch sehr anstrengend, vor allem dann, wenn man ihm nach Vorträgen oder bei irgendwelchen Proben in der Schule sagen soll, was noch besser geht und so weiter.

Ich denke, dass es gar keinen Sinn hat, wenn man Kritik an diesen Leuten übt. Die nehmen die Kritik ja eh nicht an und ich denke, dass man sich das dann eigentlich auch sparen kann. Die Kritik ist ja nichts schlechtes, sie ist dazu da, um einer Person zu zeigen, was man schon gut gemacht hat und was man beim nächsten Mal noch besser machen kann. Sie ist eigentlich eine sehr gute Hilfe und ich denke, dass man auch nur wirklich weiterkommen kann, wenn man auch ab und zu Kritik mal annimmt und sie nicht immer abweist. Wenn man das macht, dann bleibt man immer auf demselben Niveau.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich kenne auch so eine Frau. Die Frau verträgt keinerlei Kritik, fragt aber auch immer direkt nach und will diese auch hören und fordert diese sogar ein. Das beste Beispiel ist hier immer das Einkaufen neuer Sachen. Sie ist nicht gerade schlank und daher kann sie eben nicht alles anziehen. Sie fragt mich immer, wie es ihr steht, und sagt aber auch immer dazu, dass ich ehrlich sein soll und ruhig sagen kann, wenn sie dick darin aussieht. Sage ich dann Sätze wie: "Das sieht jetzt aber nicht so gut an dir aus", oder "Das ist aber unvorteilhaft geschnitten", ist sie mir sofort böse und fängt einen langen Streit an und brüllt sogar im Laden noch herum.

Ich finde solche Leute immer unangenehm und man kann es dann eben einfach nicht recht machen. In meinem Fall sage ich schon gar nicht mehr die Wahrheit und lasse sie einfach entscheiden, was sie kaufen will. Sie will ja doch nicht meine Meinung hören.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich kenne auch so eine Person und habe zuerst versucht, offen, aber sehr sehr freundlich zu kritisieren und dazu gleich im nächsten Atemzug Hilfe anzubieten. Zudem habe ich auch nach Kritik über mich gefragt, sodass es eigentlich ausgeglichen war und jeder mal freundlich sein Fett wegbekommen hat.

Das hat bei ihr leider nicht ganz so gut funktioniert, sodass mir das irgendwann egal war und ihr hart meine Meinung gesagt habe. Ich habe ihr immer noch Hilfe angeboten und gesagt, wenn sie sich angegriffen gefühlt hat und irgendwie böse auf mich wurde: "Du hast gefragt." Das war nicht wirklich fördernd für ein angenehmes Miteinander und so haben wir erst einmal nichts mehr gemeinsam gemacht.

Inzwischen verstehen wir uns wieder ganz gut. Mit Kritik kann sie immer noch nicht um, aber sie versucht im Moment, sich zu bessern und schafft das meiner Meinung nach auch ganz gut. Ich denke aber nicht, dass ich diesen "Sinneswandel" bewirkt habe. :D

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» Fluffeltuch » Beiträge: 797 » Talkpoints: 3,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich bin ein Mensch, der eigentlich keine Kritik vertragen kann, allerdings gehört es dazu und mir ist es wichtig, dass ich auch mit Kritik umgehen kann. Niemand kann sein ganzes Leben lang vor Kritik wegrennen, spätestens im späteren Berufsleben muss ich damit auch zurecht kommen. Ich möchte auch, dass meine Freunde ehrlich zu mir sind und mir ihre Meinung sagen, denn ich möchte mich auch mitteilen und ehrlich zu anderen Menschen sein. Wenn ich Kritik bekomme muss man jedoch verstehen, dass ich meine Zeit brauche um dies zu realisieren oder um die ganze Situation erstmal sacken zu lassen. Leider tendiere ich dazu, dass ich Kritik immer persönlich nehme.

Ich habe aufgehört herumzubrüllen und bleibe bei Kritik erstmal stumm, vielleicht mache ich mir auch zu viele Gedanken um mich, egal ob es um mein Aussehen oder um mein Verhalten geht. Jedoch brauche ich tatsächlich meine Zeit, um das ganze zu verarbeiten.

Immerhin habe ich mich gebessert und ich hoffe, dass die Menschen mich nicht mit Samthandschuhen anfassen oder von mir genervt sind. Den Personen, die mich schon etwas länger kennen, ist meine Besserung schon aufgefallen. Das macht mich wirklich glücklich.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ja, solche Menschen kenne ich wohl auch, allerdings nicht sonderlich viele. Diejenigen, die Kritik wünschen, sie dann aber nicht vertragen, nehmen die Kritik wohl insgesamt ziemlich persönlich und fassen das, was ihnen ganz sachlich gesagt wird, direkt emotional auf, weswegen sie sich eben angegriffen fühlen, ohne, dass sie angegriffen wurden. Das kann schon ziemlich nach hinten losgehen und es ist vor allem, wie ich finde, wirklich unglaublich schwierig, dann noch zu erklären und dieser Person auch wirklich glaubhaft zu machen, dass diese Kritik doch gar keine persönliche, sondern eine konstruktive war.

Übrigens mag ich selbst auch keine persönliche Kritik, und wenn mir jemand sagt, dass irgendetwas an meinem Wesen blöd ist, dann nehme ich mir das sehr zu Herzen. Ich bin auch wohl selbst eher jemand, der viele negative Eigenschaften an einem Menschen akzeptieren kann, ohne darüber ständig reden zu müssen, dass diese Eigenschaften eben ungünstig sind und derjenige vielleicht mal an sich arbeiten sollte, weil ich für mich sagen kann, dass ich einen Menschen dann besonders gerne mag, wenn irgendetwas an ihm eben in besonderem Maße auffallend gut ist. Ich kann einen Menschen durchaus auch mit seinen persönlichen Fehlern akzeptieren, ohne diesen einen größeren Raum zu geben. Und ich kritisiere sicherlich auch nur die „Fehler“, die sich auf unsere zwischenmenschliche Beziehung auswirken und immer wieder meine persönlichen Grenzen angreifen. Meistens stellt sich in solchen Gesprächen allerdings heraus, dass eine Kompromisslösung gesucht werden muss und auch gefunden werden kann und beide Seiten an sich arbeiten und aufeinander zugehen. Insofern ist eine persönliche Kritik leider nicht immer vermeidbar, auch, wenn ich versuche, ihr auszuweichen, weil ich generell lieber akzeptieren will, statt zu kritisieren.

Eine konstruktive Kritik ist wiederum etwas, das ich echt gerne annehme, weil diese grundsätzlich einen Lösungsweg beinhaltet und vor allem vieles erleichtern soll, insbesondere mir selbst als demjenigen, der hier kritisiert wird. Konstruktive Kritik zu üben, finde ich ebenfalls nicht schwer, weil ich damit niemanden persönlich angreife und auch der Meinung bin, nicht das Risiko einzugehen, mit dieser Form der Kritik irgendjemandem persönlich zu nahe zu treten, denn das will ich tatsächlich nicht. Ich finde auch, dass es mir nicht wirklich zusteht, irgendjemanden in seinem Wesen zu kritisieren, nur, weil ich damit vielleicht hier und da oder gar Phasenweise und von meiner eigenen Stimmung abhängig ein Problem habe. Damit setze ich mich doch über den anderen, den ich kritisiere, hinweg und ich finde, dass das nicht wirklich etwas mit einer Gleichberechtigung zu tun hat. Bei der konstruktiven Kritik ist das eben anders, denn sie soll nichts weiter sein als ein Feststellen, dass der andere sich mit irgendetwas leichter tun könnte, wenn er es so und so machen würde, wobei ich ihm mit meiner Kritik durchaus hilfreich sein kann.

Wenn ich nun also jemanden kritisiere, möglicherweise auch wirklich mal persönlich, weil ich sein Verhalten einfach grundlegend falsch finde und sich das auf unsere zwischenmenschliche Beziehung auswirkt, sodass ich aussprechen muss, was mich stört, und wenn ich dann merke, dass derjenige diese Kritik einfach nur ab schmettert, weil er damit nicht umgehen kann, dann ist das für mich direkt ein Zeichen dafür, dass hier eine weitere Charakterschwäche vorhanden ist. Dass einen persönliche Kritik nicht kalt lässt, ist wohl klar und vermutlich empfinden die meisten Menschen eine persönliche Kritik auch als etwas wirklich Negatives, das sie kränkt, aber dennoch sollte man wohl wenigstens versuchen, über den Dingen zu stehen und sich wenigstens die Position des andern anzuhören. Das mag mal besser und mal schlechter gelingen, aber es sollte wenigstens versucht werden, wie ich meine.

Kann ich nun feststellen, dass von mir kritisierte Menschen das so gar nicht können und direkt beleidigt sind, sodass sich aus dem Üben der Kritik, die ausdrücklich erbeten wurde, in der Folge wieder ein weiteres Problem ergibt, dann kann das durchaus dazu führen, dass ich mich irgendwann von dieser Person distanziere, weil sie mir zu kompliziert ist und ich einfach keine Lust habe, mich ständig zu streiten, nur, weil ich etwas tue, das ausdrücklich erbeten wurde und für den Verlauf dieser Beziehung außerdem enorm wichtig ist.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Also wenn man mich fragt, dann sind diese Menschen eigentlich gar nicht auf konstruktive Kritik aus, sondern sie wollen einfach nur hören, was sie alles toll gemacht haben und sind dann gereizt, wenn sie nicht genau das zu hören bekommen, was sie sich vorher vorgestellt haben. Von vorne herein weiß ich bei einigen Leuten schon, was ich zu sagen habe, wenn sie mich nach Kritik fragen. Und weil ich keine Lust auf große Diskussionen oder sogar Streitigkeiten habe, rede ich ihnen in diesem Fall ganz einfach nach dem Mund, auch wenn ich das eigentlich nicht so gerne mache.

Ich gehe also ziemlich schlecht mit diesen Menschen um, denn ich bin in einer solchen Situation nicht ehrlich, sondern erfülle die an mich gestellten Erwartungen. Und das nur, weil ich zu bequem bin um eine Konfrontation zu begehen. Ich mag es aber gar nicht, wenn man kritisiert wird und danach beleidigt oder gar sauer ist. Das regt mich selber so sehr auf, dass ich solche Menschen dazu gar nicht erst provozieren möchte.

» Anky » Beiträge: 579 » Talkpoints: 4,27 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich kenne solche Menschen auch und muss sagen, dass ich solche Leute überhaupt nicht verstehe und mir auch denke, dass es ein bisschen unlogisch ist. Ich finde es zwar gut, dass sie Kritik wollen und auch danach fragen, allerdings wollen sie danach diese Kritik gar nicht annehmen und sprechen dauernd dagegen. So etwas nervt mich sehr und ich probiere bei solchen Leuten immer ruhig zu bleiben. Allerdings funktioniert das manchmal nicht, da es mich einfach nur nervt und diese Leute auch nichts lernen wollen.

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» petertreter » Beiträge: 1437 » Talkpoints: -2,03 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Also eine sehr gute Freundin von mir ist eben auch so, dass sie immer Kritik wünscht und eben einen auch nach der Meinung fragt, wo sie dann aber selber bei manchen Sachen schon weiß, dass es einfach total daneben von ihr war. Am Anfang habe ich ihr immer meine ehrliche Meinung gesagt und sie dann eben auch kritisiert, allerdings hat sie dann immer angefangen dagegen zu reden und eben so getan, als wäre ich total im Unrecht (was ich aber auch objektiv betrachtet absolut nicht war - und das weiß sie auch). So ging das dann einige Male und irgendwann habe ich dann auch wirklich nur noch gefragt, ob ich ehrlich sein soll oder eben nicht. Und jenachdem wie sie dann antwortet, so verhalte ich mich auch dann.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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