Bücher, die den Leser sprach- oder ahnungslos zurücklassen

vom 03.02.2012, 14:00 Uhr

Bei Büchern kann ein offenes Ende durchaus nett sein, aber darum geht es weniger. Ich habe kürzlich binnen weniger Tage einen Roman durchgelesen, der zunächst relativ unspannend, um nicht zu sagen, langweilig, war. Erst in der Mitte oder zum Ende hin war es spannend und ich habe im Grunde auch auf die Auflösung der Geschichte gewartet, die jedoch nicht kam und nicht kam und nicht kam. Im Grunde weiß ich auch nicht, was die Autorin nun eigentlich sagen wollte oder ob sie sich überhaupt etwas bei der Geschichte gedacht hatte, denn gute Unterhaltung war das Buch letztendlich auch nicht.

Mir ist so etwas aber schon des öfteren passiert, dass ich ein Buch gelesen hatte, von dem ich hinterher sprachlos oder ahnungslos gewesen bin. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, da das Buch in irgendeiner Weise mich ja angesprochen hatte und ich es daher ja auch zu Ende gelesen habe/ es nicht wieder weggelegt hatte. Eine gewisse Enttäuschung war dann auch schon zu spüren und es ist auch schon so, dass mich diese Bücher ein wenig grübeln lassen und mich nicht so befriedigt ein Buch abschließen lassen.

Die Erklärung ist vielleicht etwas unzureichend, finde aber keine anderen Worte dafür. Zwar kommt dieses Phänomen bei mir nun nicht so oft vor, also, dass mich ein Buch nicht kalt lässt, obwohl es andererseits auch wiederum erst während des Lesens seinen Reiz oder seine Spannung entfaltet, mich das Ende oder auch der Verlauf eher enttäuscht beziehungsweise mich sprachlos eben zurücklässt. Für eine gewöhnliche Weile beschäftigt mich das Buch auch noch weiterhin, weil irgendetwas daran nicht rund oder stimmig genug gewesen ist.

Da sich hier ja doch einige Leseratten tummeln, wollte ich gern mal wissen, ob Ihr ein solches Gefühl beim Lesen oder beim Beendigen eines Buches auch mal habt und wie Ihr damit umgeht. Sind Bücher immer so geschrieben und haben diesen Ausgang, dass Ihr eben keine Fragen mehr habt und auch stets genau wisst, was der Autor mit seinem Werk eigentlich sagen wollte. Wenn es Euch vielleicht hin und wieder auch so geht, wie mir, was tut Ihr dagegen oder lasst Ihr den Eindruck einfach so auf sich beruhen?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Spontan fallen mir nur zwei Bücher ein, die mich "unbefriedigt" zurückgelassen haben und ich mich anschließend gedanklich mit dem Ende beschäftigt habe.

Zu einem war das "Der Proceß" von Kafka, den ich allerdings nicht ganz freiwillig gelesen habe. :wink: Für eine Schullektüre fand ich ihn dennoch verhältnismäßig gut, wenn ich an manch andere Lektüre zurückdenke. Vermutlich werden ihn hier viele kennen, aber für die, die es nicht tun, kommt hier eine kurze Zusammenfassung: Es geht um einen Prokurist namens Josef K., welcher an seinem dreißigsten Geburtstag verhaftet wird. Er ist angeklagt, aber das Gericht und überhaupt der ganze Prozess entsprechen keinem alltäglichen Gericht. Man erfährt nicht einmal, wieso er überhaupt angeklagt wurde, sondern nur, dass es nicht gut um den Prozess stehe. Am Ende wird K. sogar hingerichtet und der Leser (oder zumindest ich) bleibt völlig baff und verständnislos zurück. Beim Zuklappen des Buches schoss mir zu allererst der Gedanke: "hä?" durch den Kopf. Das habe ich als sehr unbefriedigend empfunden und auch die zahlreichen Deutungsansätze sagten mir nicht wirklich zu.

Beim "Proceß" habe ich es einfach dabei belassen und mich mit dem Gedanken getröstet, dass es sich nur um ein Fragment handelt und es sich in meinen Augen auch gar nicht zum Interpretieren eignet. Außerdem war Kafka ohnehin eine seltsame Person und dementsprechend seltsam fielen auch seine Werke aus.

Das zweite Buch, was mich sprachlos zurückgelassen hat, war "vom Winde verweht". Ich habe es verschlungen und mich augenblicklich in die Geschichte und die Charaktere verliebt. Scarlett und Rhett sind das absolute Traumpaar, vor allem, wenn man zusätzlich den Film gesehen hat. Als er sie am Ende verlässt und Scarlett fassungslos zurückbleibt, fühle ich mich jedes Mal genauso fassungslos wie sie. Das hat mich furchtbar geärgert und ich konnte dieses relativ offene Ende einfach nicht akzeptieren. Zum Glück gibt es noch eine Fortsetzung namens "Scarlett". Auf diesen Roman bin ich durch Zufall gestoßen und auch wenn er qualitativ nicht an das Original herankommt, hat mich das Happy End richtig glücklich gemacht und damit konnte ich die Sache endlich ruhen lassen.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich habe bisher auch schon das eine oder andere Buch dabei gehabt, nach dem ich mich so gefühlt habe, wie du es ganz treffend beschrieben hast. Ich erinnere mich auch gar nicht mehr an die genauen Titel, es waren sicherlich ein zwei Bücher aus der Bücherei dabei und wir hatten in der Schule auch mal eine Lektüre, bei der es mir ähnlich ging. An sich waren das auch alles Bücher, die zumindest zum Beginn meine Interesse nicht sonderlich geweckt haben, einige davon schon, aber es waren keine Bücher, von denen ich behauptet hätte, dass sie mich ''gefesselt'' hätten und im Nachhinein würde ich vielleicht sogar so weit gehen zu behaupten, dass das Lesen dieser Bücher Zeitverschwendung gewesen ist.

Im Grunde war es immer das gleiche, man begann das Lesen dieses Buches und es kamen unterschiedliche ungelöste Situationen auf, Verbrechen, Morde, geheime Beziehungsverpflechtungen, irgendwelche ungelösten wissenschaftlichen Probleme oder so etwas in der Art. Der Leser las es und fand es spannend, so ging es mir zumindest. Ich war mir dann eigentlich auch sicher, dass das Geheimnis im Laufe des Buches gelöst werden würde, aber das war eben leider nicht der Fall und das war das Problem an der Sache, weil das Hauptthema, das spannendste was es an dem Buch zu lesen gab, nicht aufgelöst wurde und zum Ende hin vielleicht sogar in den Hintergrund trat!

Wie das sein konnte, habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden, vielleicht fehlte dem Autor die Idee wie er das Problem auflösen sollte oder aber er wollte zum Ende hin eine Spannung erzeugen, die den Leser dazu brachte weitere Werke von ihm zu lesen, ich weiß es nicht, aber spannend fand ich das ganz und gar nicht und ich würde sogar sagen, dass ich zum Ende des Buches hin einfach unbefriedigt war, dass Buch mir nicht gefallen hat und ich auch nicht das Bedürfnis hatte, andere Werke des Autoren zu lesen. In der Schule ist das ganze dann natürlich wieder aufs Äußerste ausdiskutiert worden und das ende des Liedes war stets, dass das Buch doch langweilig gewesen wäre, hätte man das Geheimnis aufgelöst und dass das eben nicht sein dürfe, weil die Leser nun so zum Nachdenken bewegt werden. Ich habe aber besseres zu tun, als über ein erfundenes Problem in einem Buch zu philosophieren und so kommt es eben, dass ich solche Bücher nicht mag und Bücher teilweise sogar weg lege, wenn sie sich im Laufe des Lesens in diese Richtung entwickeln.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Also ich muss sagen, es kann ein Buch schon zu etwas sehr Besonderem machen, wenn es ein offenes Ende hat. Das ist auf jeden Fall ein Stilmittel, mit dem man sich Beachtung verschafft und mitunter finde ich das sogar auch sehr gut. Bei Filmen ist es ja dasselbe, ich bin an sich ein Fan von offenen Enden. Ich überlege bloß gerade hin und her nach einem geeigneten Beispiel. EIn Film mit einem tollen offenen Ende ist für mich "Inception". Da dreht sich der Kreisel und man fragt sich, na, fällt er oder dreht er weiter, träumt er oder ist es endlich alles Realität?

Das letzte Buch mit einem offenen Ende war bei mir, jetzt fällt es mir ein, "Das Koma". Darin ging es eben um jemandem, der im Koma liegt und man erfährt bis zum Schluss nicht, was die ganzen abgerissenen Fetzen an Geschichte zu bedeuten haben. Man weiß nicht, ob derjenige am Ende aufgewacht ist, ob er weiterhin im Koma bleibt oder ob er gar gestorben ist. Das Buch ist dünn, aber es ist ziemlich düster und am Ende hat mir der Kopf gepocht, weil ich irgendwie nicht weiterwusste. Ich wusste gar nicht, was ich dazu sagen sollte und was überhaupt alles sollte. Ich kann nicht mal sagen, ob es ein gutes oder schlechtes Buch ist, es ist jedenfalls das blanke Koma. Bah.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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