Körperwelten - Tote beim Sexakt

vom 06.05.2009, 18:02 Uhr

Geht Gunther von Hagens mit der Ausstellung zu weit?

Umfrage endete am 16.05.2009, 18:02
Ja, er geht entschieden zu weit.
13
41%
Nein, ist doch in Ordnung.
19
59%
 
Abstimmungen insgesamt : 32

Mal abgesehen davon, wie von Hagens seine Arrangements erklärt - Warum nicht? Dass es tote Menschen sind sieht man nicht, es pappt schließlich nirgendwo ein Schild drauf: Leiche!

Hier geht es also nicht um irgendwelche nekrophilen Inszenierungen, sondern einfach nur um ein anderes Schaubild. Ob ich nun zwei aufblasbare Puppen kopulieren lasse und das unter der Kunstfreiheit locker durchgeht oder eben zwei plastinierte Menschen miteinander in Szene setze läuft auf`s gleich raus wenn man es mal objektiv vergleicht und den künstlerischen Sinn begreift (was eben nur die wenigsten können). Und die Plastinate von von Hagens haben schon lange keinen rein bildenden Anspruch mehr, zumindest nicht die, die durch die Weltgeschichte reisen.

Hier herrscht schon lange ein Mischmasch aus Bildung, Kunst und Entertainment vor, mit verstärktem Fokus auf den letzten beiden Punkten - und klar das man vor allem die letzten Punkte nicht 10 Jahre lang immer mit der gleichen Ausstellung bedienen kann ohne etwas Neues zu bringen. Das ist wie ein Künstler, der mit einem Bild um die Welt reist ohne etwas Neues zu schaffen.

Und je provokanter etwas ausfällt (ob nun von Hagens oder Joseph Beuys), desto mehr Aufmerksamkeit bekommt man natürlich auch und desto mehr steht das eigene Werk im Mittelpunkt - für den Künstler selber im Grunde immer positiv.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Aber mensch Leute! Wie bereits abgestumpft und von Medien und Gesellschaft auf Schaulust und Ekel getrimmt muss man sein, diese "Skupturen" mit Gegenständen zu vergleichen!? Man kann doch, egal wie "unecht" oder aufwendig präpariert diese Austellungsstücke aussehen, nicht vergessen, dass es trotzdem tote Menschen sind, die dort ausgestellt sind. Es waren doch trotzdem einmal lebendige Menschen und das ist es nunmal, was zählt.

Wenn die Ausstellung künstlich hergestellte anorganische Skulpturen zeigen würde, die nur die Anatomie des Menschen - auch wenn dann trotzdem auf eine ziemlich skurile Weise - darstellen würden, dann wäre es ja kein Problem, dann gäbe es für mich zumindest keinen Grund der Diskussion. Dann wäre es einfach nur Geschmackssache, ob einem diese Schau gefällt oder nicht.

Es gibt Kunst, die mit dem menschlichen Körper entstehen und dargestellt werden kann. Jedoch sind diese dann ja noch am Leben und könnten sich an der Kunst beteiligen. Sprich, diese junge Frau hatte sicherlich keiner gefragt, ob sie sich und ihr Kind in solch einer Pose für die Allgemeinheit offenbaren und so für die "Ewigkeit" erhalten werden will.

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» MaisterLammpe » Beiträge: 99 » Talkpoints: 1,08 »


MaisterLammpe hat geschrieben:Wie bereits abgestumpft und von Medien und Gesellschaft auf Schaulust und Ekel getrimmt muss man sein, diese "Skupturen" mit Gegenständen zu vergleichen!?

Weil es nun einmal nur Skulpturen sind! Es handelt sich hier um Kunstobjekte, die im Rahmen der Ausstellung gezeigt werden. Hier kann man sich natürlich gerne als Moralapostel aufspielen, das ändert nichts am Status Quo.

MaisterLammpe hat geschrieben:Jedoch sind diese dann ja noch am Leben und könnten sich an der Kunst beteiligen. Sprich, diese junge Frau hatte sicherlich keiner gefragt, ob sie sich und ihr Kind in solch einer Pose für die Allgemeinheit offenbaren und so für die "Ewigkeit" erhalten werden will.

Zu blöd, dass die "Beteiligten" dieser Ausstellung vorher ihr Einverständnis dazu gegeben haben oder deren Angehörige. Menschen, die sich zu wissenschaftlichen Zwecken nach dem Tod zur Verfügung stellen, egal ob als Schnippelmaterial für angehende Mediziner oder eben für von Hagens machen das aus freien Willem.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Was ist denn das für eine Argumentation? Sicherlich haben die Leute vorher ihr Einverständnis gegeben, dass man ihre Körper nach ihrem Tode verwenden kann. Aber mir geht es um das WIE, verstehst du das nicht? :roll:

Es geht mir nicht darum, dass die Körper an sich ausgestellt werden, das ist ja vollkommen ok und wie gesagt eine Sache des Geschmacks, ob man sich so etwas ansehen möchte oder nicht. Aber du willst mir doch nicht allen Ernstes erklären, dass du die wissenschaftliche Ausstellung der Körper gleichsetzt mit der auf Unterhaltung ausgerichteten Zurschaustellung. Wenn diese Frau sich dazu nochmal äußern könnte oder irgendein anderes Ausstellungsstück, dass zur perfiden Schocklust der Zuschauer in einer Pose dargestellt wird, die jeden Rest menschlichen Respekts und Selbstachtung in den Wind wehen lässt, würden sie sicherlich nicht wollen, SO für die Menschheit erhalten zu werden.

Und zum Thema der Kunst und der reinen Ansicht dieser Meschen als reiner Gegenstand: Dann wäre es nach deiner Ansicht also auch ok, da ja alle diese Menschen ihr achso uneingeschränktes Einverständis gegeben haben, das von dir offensichtlich als Freifahrtschein für die Auslebung anscheinend künstlerischer Phantasien ausgelegt wird, wenn man deren Haut abziehen würde und vielleicht eine Ausstellung mit Tischlampen machen würde? Oder vielleicht Teppiche aus deren Haar? Oder Ketten aus deren Zähnen?

Nein, nein, ich meine das ernst! Es gibt ja bestimmt Menschen, die das als Kunst ansehen würden. Ist es deswegen dann also in Ordnung? Egal, ob sie ihr Einverständnis gegeben haben, dass sie auch für Ausstellungen etc. ihre Körper zur Verfügung stellen, aber deswegen kann doch die Art, als was man die Körper ansieht doch nicht in Abhängigkeit zu deren Verwendung stehen! Oder würdest du, wenn die Körper stramm und grade in Vitrinen ausgestellt werden, diese als "Kunst" ansehen und nicht eher als menschliche Körper?

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» MaisterLammpe » Beiträge: 99 » Talkpoints: 1,08 »



Die Menschen die sich von Hagens "zur Verfügung" stellen machen dies in der Regel mit der Gewissheit, was nach ihrem Tod mit ihnen passiert. Klar, dass man ihnen nicht auf die Nase bindet: "So und so werden sie in Szene gesetzt!", das wäre vielleicht etwas zu pietätlos gegenüber einem Lebenden, aber die Richtung ist klar.

Wo soll diese "Zurschaustellung" der Frau denn respektlos sein? Das sehe ich nicht so, das ist dein Empfinden und jeder wird es anders sehen. Klar gehen da auch viele Voyeuristen hin, dass lässt sich niemals ausschließen. Trotzdem habe ich bisher erlebt, dass das Publikum immer sehr deutlich gemischt ist - von Schulklassen über Studis und eben Menschen mit einem echten Interesse bis hin zu reinen Schock- und Ekelgeilen. Ich würde mal aufhören, hier alle Besucher über einen Kamm zu scheren und jedem zu unterstellen, er geht da nur hin aufgrund persönlicher Geilheit auf eklige und schockende Szenen.

Tja, die Kunst ist eben frei - und das soll sie auch sein! Denn ein Ziel der Kunst ist eben Diskussionen wie diese anzustoßen und mal jemanden zum Nachdenken, positiv wie negativ zu bewegen. Und ja, was Du aufzählst wäre für mich auch in Ordnung! Mir ist schon klar, wohin dieses Beispiel hinführen soll (-> KZ), aber man sollte zwischen Menschen die das aus persönlichen Beweggründen und denen, die damit eine Aussage machen wollen die zum Diskutieren einladen soll (eben als Anspielung darauf und das Hinterfragen) unterscheiden. Denn wie gesagt: Künstler verfolgen mit ihren Werken, so diskussionswürdig sie seien mögen, immer eine konkrete Absicht, andere irgendwie zu berühren.

Wenn man Plastinate wie an Universitäten nur als Ausstellungsstücke benutzt (eben stramm in Vitrinen stellen oder wie auf Schautafeln) ist das auch etwas völlig anderes als diese in Posen zu setzen, die eine Aussage haben, egal was man von dieser hält.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Gunther von Hagens zeigt in seinen Ausstellungen das, was sich Tausende von Menschen Tag für Tag im TV anschauen, nur handelt es sich dabei um eine andere Form.

Die Menschen die dort ausgestellt werden haben ihr ok gegeben. Warum regen sich so viele über etwas auf das den Kreislauf des Lebens zeigen soll, nicht jedoch über die Alltäglichen nackten Abildungen auf Plakaten und Zeitungen die mehr zeigen als verhüllen und meist für nichts nutze sind.

Das er dabei Geld verdient, ok. Wer kann den heute schon ohne leben. Jeder geht einem Job nach und er hat nun eben diesen. Beklemmend ist es schon etwas, zeigt es doch ganz klar was von einem bleibt wenn nichts mehr ist. Und das denke ich stört die Massen ungemein.

» SumselBiene » Beiträge: 2 » Talkpoints: 0,44 »


Ich habe mir die Ausstellung damals in Leipzig im Kohlrabizirkus angesehen und ich muss sagen, dass ich die zwei Menschen super fand! Klar, die ganze Ausstellung ist fraglich, das Ausstellen von toten Menschen, aber wenn man mal davon absieht, dann gehört ein Sex habendes Paar ja nun mehr dazu als einiges andere. Das macht uns schließlich alle aus.

Ich fand es schon sehr beeindruckend dargestellt und ich fand es hochinteressant, ich habe es mir genaustens angesehen und mich dabei auch nicht geschämt. Wieso auch.

Tatsache ist, dass ich mich niemals ausstellen lassen würde. Das ausliegende Nervensystem hält mich davon ab, das sah albern aus. Ich möchte nicht als albernes Nervensystem mit Augen in einem Glaskasten liegen und jedesmal, wenn einer den Kasten anrempelt, wackelt mein Nervenköpfchen hin und her und guckt dabei blöd aus der Wäsche. Die Gefahr wäre mir zu hoch, mal sowas zu werden.

Nein, aber ich würde meine Angehörigen da auch nicht sehen wollen. Wenn andere das machen, ist das toll, ich sehe es mir gerne an, aber ich möchte niemanden dahinter "versteckt" wissen. Was die Sex-Position betrifft hätte ich auch Angst, dass ich mich in so einer Pose mit einem eigentlichen Vollidioten, den ich im ganzen Leben niemals angerührt oder auch nur angesehen hätte, begeben müsste. Das wäre ein bitteres Ende für mich.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich sehe das Ganze nicht so eng. Man kann von Gunther von Hagens halten, was man möchte, aber in diesem Fall sehe ich wirklich kein Problem. Die Menschen, die sich für die Plastination zur Verfügung stellen, tun das aus freien Stücken. Wer Gunther von Hagens kennt, weiß auch, dass die Präparate nicht in der anatomischen Normalstellung dargestellt werden. Die Menschen stellen sich also freiwillig zur Verfügung und daher sehe ich keinen ethischen Konflikt.

Sex ist auch nur ein Bestandteil des Lebens und ich finde es albern, daraus immer wieder ein Tabuthema zu stricken. Aus diesem Grund finde ich es überhaupt nicht schlimm, wenn Gunther von Hagens ein Paar beim Sex darstellt. Die Tatsache, dass es sich um zwei Leichen handelt, ist kein Grund, sich darüber aufzuregen. Von Hagens hat alle möglichen Lebensbereiche mit seinen Präparaten abgedeckt, sich ausgerechnet über die Darstellung von Sex aufzuregen, erscheint mir grotesk.

Ob jemand überhaupt solche Plastinate von verstorbenen Menschen anfertigen muss, ist eine andere Frage. Ich halte nicht so viel von der Arbeit von Gunther von Hagens. Interessant sind die Präparate sicher und ich finde auch die Plastinationstechnik bemerkenswert. Aber im Grunde genommen braucht das breite Publikum diese Präparate nicht und die meisten schauen sich das nicht aus medizinischem Interesse an, sondern aus Sensationslust. Da passt ein Präparat mit Sex-Bezug natürlich noch besser ins Konzept.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich muss zugeben, dass ich bei dem Thema irgendwie zweigeteilt in meiner Meinung bin, aber doch zu der negativen Richtung tendiere. Einerseits ist es ganz klar „Kunst“ und die Menschen haben, wie erwähnt, ihre Zustimmung dazu gegeben. Andererseits ist es hier doch so, dass der wirtschaftliche Nutzen für Herrn von Hagens einfach einen viel höheren Stellenwert zu genießen scheint als Bildung, Kunst oder Wissenschaft.

Ich finde es ja hochinteressant, wenn es um die Darstellung der Anatomie an sich geht. Man sieht die Muskeln, Sehen, Adern und Knochen, aus denen unser Bewegungsapparat besteht, im Detail und in Wirklichkeit, was ein einzigartiges Erlebnis sein kann. Das ist aber nicht für alle Menschen geeignet. Für mich stünde der wissenschaftliche Aspekt im Vordergrund, und dieser ist hier, meiner Ansicht nach, nicht gegeben. Zumindest nicht bei der fraglichen Ausstellung, die die sexuelle Pose zweier Toter zeigt.

Ich weiß, dass Künstler nicht ohne Geld leben können, sondern sich auch ihr tägliches Brot verdienen müssen, doch diese ganze Sache ist, wie ich finde, schon immer auf die Sensationgier der Massen ausgerichtet gewesen. Man braucht etwas noch nie da gewesenes, um Aufsehen zu erregen und teilweise auch perverses, um die Massen bei der Stange zu halten. Ich halte es nach dem Grundsatz „Jedem das seine“ und wenn die „Spender“ damit einverstanden waren, ausgestellt zu werden, dann ist es ihre Sache, aber ich persönlich werde diese Ausstellungen nicht besuchen. Ich kann mich nun nicht wirklich dafür erwärmen, Leichen - denn das sind diese „Ausstellungsstücke“ nun mal - anzuschauen, bei denen das Hauptaugenmerk auf der Befriedigung von Neugier und Sensationlust zu liegen scheint.

Wenn diese Leichen nicht wirklich aussehen wie welche - Wo liegt dann der Sinn, das es unbedingt Leichen sind und keine Skulpturen? Ein Punkt ist die realistische Darstellungsweise, das ist ganz klar ein Vorteil, weshalb man Leichen nimmt. Ich finde es jedoch teilweise ekelhaft, vor allem, wenn mit Themen wie Sex („Sex sells“) versucht, wird das Geschäft anzukurbeln. (Was bringt es eigentlich, die Leichen beim Sex darzustellen? Sex ist ein sehr lebendiger Prozess, das wäre in MRT-Aufnahmen viel interessanter, wie ich finde!)

Wie gesagt, meine Meinung ist nicht ganz eindeutig, da ich es ja befürworte, wenn es darum geht, etwas über die Anatomie des menschlichen Körpers zu lernen. Vom Bereich der Kunst her gesehen kann ich nichts mit Körperwelten anfangen.

» Lily » Beiträge: 173 » Talkpoints: 43,13 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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