Hartz IV beziehende Menschen nun für Kinderbetreuung?

vom 21.07.2012, 18:26 Uhr

Ich habe letztens in den Nachrichten gehört das sich der Staat überlegt ob sie nun Menschen die Hartz IV beziehen in der Kinderbetreuung arbeiten lassen. Natürlich ist es eine gute Sache neue Arbeitsplätze zu schaffen und arbeitslosen Menschen aus Hartz IV raus zu helfen, jedoch ist mir nicht ganz klar wie dieses Vorhaben gelingen soll. Zum einen soll es wohl eher eine Maßnahme sein als ein Angebot was bedeutet das die Leute teilweise gar keine Lust daran haben diesen Job zu machen und zum anderen sind diese Leute nicht als Sozialpädagogische Assistenten oder Erzieher ausgebildet.

Ich selbst mache gerade die Ausbildung zur Erzieherin und war ein wenig geschockt darüber das ich eine 3-Jährige Ausbildung für einen Beruf mache der auch arbeitslosen Menschen ohne passende Ausbildung freigestellt werden soll, zumal ja die Rede davon ist das die Kinderbetreuung einen höheren Stellenwert bekommen soll. Unausgebildete Kräfte einzusetzen finde ich in diesem Zusammenhang sehr fahrig.

Habt ihr auch davon in den Nachrichten gehört? Wenn ja, was ist eure Meinung zu diesem Thema? Glaubt ihr diese Maßnahme wird durchgesetzt? Und wenn ja, wie wird sie funktionieren bzw. aussehen?

» yuuhi » Beiträge: 281 » Talkpoints: 2,41 » Auszeichnung für 100 Beiträge



In diesem Thread: Schlecker-Mitarbeiterinnen sollen nun in die Pflege gehen wurde so etwas auch schon angesprochen und ehrlich gesagt halte ich davon auch nichts. Erst gestern habe ich wieder darüber gelesen, dass tausende Erzieher fehlen sollen, aber bei uns kommt eine Stellenanzeige in die Zeitung, auf die sich dann mindestens fünfzig ErzieherInnen bewerben. Wo sollen die dann bitte schön fehlen?

Sicherlich werden die für den Job in Frage kommenden Bezieher von Arbeitslosengeld I und II geprüft und angeblich sollen sie auch ein vorheriges Praktikum durchlaufen, um die Eignung festzustellen. Aber ich denke, man sollte erst einmal die Erzieher und Sozialassistenten zusammenfassen, die gar nicht arbeiten oder etwas anderes ausüben. Denen sollte man erst einmal die Stellen unterbreiten, die angeblich zu besetzten sind und nicht in einem Hauruckverfahren Leute ausbilden, die vielleicht gar nicht in dem Bereich zurechtkommen.

Gezwungen wird ja niemand und auch die entsprechenden Voraussetzungen müssen schon gegeben sein, aber so wie Du sehe ich es auch sehr skeptisch und dazu noch mit einer gewissen Traurigkeit, weil ich gern auch wieder in einer Einrichtung arbeiten würde wollen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ich habe Pädagogik studiert und denke dass ich mich in der Materie Erziehung auskenne. Dieses Vorhaben halte ich für einen Skandal. Ein überforderter Erzieher kann so viel an einem Kind versauen, das kann man nicht genug betonen. In der Kita meiner Kinder war mal eine Kraft angestellt, die den Kindern heimlich Ohrfeigen gegeben hatte, weil sie sich nicht zu helfen wusste. So etwas ist ein Skandal und würde meiner Befürchtung nach weit häufiger bei schlecht ausgebildeten Erziehungskräften vorkommen.

Wenn man Arbeitslose sinnvoll beschäftigen kann, dann kann man sicherlich weit tauglichere Beschäftigungen finden. Allerdings sollte man sie nicht auf Kinder ansetzen. Wenn man den Mangel an qualifizierten Erziehern decken will, sollte man endlich mal die logische Konsequenz ziehen und diese total unterbezahlte Berufsgruppe so entlohnen, dass man von diesem Beruf auch leben kann. Dann würden sich weit mehr Menschen überlegen, als Erzieher arbeiten zu wollen und das Problem erledigt sich auf marktwirtschaftlichem Weg.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich habe letztens eine ehemalige Kollegin getroffen, die sich gern umschulen lassen würde. Eigentlich war Erzieherin damals ihr Wunschberuf, aber damals waren die Berufschancen schlecht. Nun hat sie eine kaufmännische Ausbildung, aber sie kommt nicht dauerhaft irgendwo unter. Das Arbeitsamt hat ihre Umschulungsidee abgelehnt, schließlich hätte sie ja eine ausreichende Ausbildung. Passende Jobangebote haben die Amtler für sie aber nicht. Mein Glaube hält sich daher in Grenzen.

Nebenbei bemerkt halte ich es nicht für sinnvoll jetzt Hinz und Kunz auf die Kinder loszulassen. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre arbeitslos und man würde mir vorschlagen mich tagtäglich um eine Horde Kinder zu kümmern, weiß ich nicht, wen man da am Ende eher einweisen müsste, die Kinder, mich oder die Politiker, die sich das ausdachten.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich empfinde es als empörend, dass Arbeitslose sozusagen nun in allen möglichen Branchen untergebracht werden sollen. Vor einiger Zeit wollte man ja auch Langzeitarbeitslose in der Pflege unterbringen. Ich halte absolut nichts von diesen Ideen. Arbeitslose in Arbeit bringen ist eine super Sache, aber man sollte dies den Fähigkeiten der jeweiligen Person entsprechend anpassen. Eine Person, die Kinder verabscheut, sollte nicht in die Kindererziehung eingebracht werden und eine Person, die kein Erbrochenes sehen kann, sollte nicht in die Pflege.

Wenn man Arbeitslose sinnvoll in Arbeit bringen möchte, dann sollte man vielleicht toleranter im Bereich Umschulung sein und den Arbeitslosen mehr Weiterbildungsmöglichkeiten liefern. Ich sehe es äußerst kritisch ungelernte Arbeitslose in den Sozial- und Gesundheitsbereich ohne passende Ausbildung loszulassen. Die Kräfte müssen zwar erst angelernt werden, aber ich bezweifle, dass das wirklich gut geht. Meiner Meinung nach sollte man sowieso zuerst einmal die ausgelernten Fachkräfte unterbringen, damit der sogenannte Fachkräftemangel abgedeckt wird. Ich kenne zum Beispiel mindestens zehn Erzieher, die arbeitslos sind und keine Stelle bekommen.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Das ist doch keine neue Sache mehr. Schon während der Zeit im Kindergarten meiner Töchter war dort eine Frau, welche Hartz IV bekam und die Erzieher bei ihrer Arbeit unterstütze. Sie war ja nie allein in der Gruppe und der Gruppenschlüssel kann dadurch eben auch angehoben werden, so dass die Einrichtung am Ende auch mehr Kinder aufnehmen kann.

Genauso wie es Stellen gibt, wo Hartz IV Empfänger in Schulbussen mitfahren. Sie sorgen dafür, dass die Kinder alle auf ihrem Platz bleiben und es auch beim Ein- oder Aussteigen kein Gedränge gibt. Aufgaben, welche sonst der Busfahrer mit machen musste und dann eben entlastet wurde. Damit konnten sich die Fahrer halt wieder komplett auf den Straßenverkehr konzentrieren.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Wenn in zwei Monaten beschlossen werden sollte, dass es in Deutschland nur noch Ampeln geben sollte, die alle Pink sind und man sagt, die Änderung muss bis Dezember 2013 durch geführt werden- wisst ihr was dann passieren wird? Im Mai 2013 wird man fest stellen, da sind eine Millionen Ampeln die ausgetauscht werden müssen. Dann stellt man fest, dass es gar nicht genügend Personal gibt, diese Aufgabe umzusetzen. Spätestens im August wird man dann panisch, dass man die Gesetzesänderung nicht umsetzen kann. Spätestens ab September kommt dann der Vorschlag, es gibt ja so viele Hartz 4 Bezieher, die könnten den Job doch übernehmen. Das wird dann erst mal intern diskutiert, dann geht es an die Presse und ganz Deutschland jammert wieder mal. Ein mal weil es zu wenig Jobs gibt und dann darüber, dass es zu viele Hartz 4 Empfänger gibt. Wenn man damit durch ist, dann wird diskutiert, ob es nicht die öffentliche Sicherheit gefährdet, wenn man branchenfremde mit solch wichtigen Arbeiten betraut.

Klar ist das nun ein wenig übertrieben. Aber sehen wir doch den Punkt, dass es zurzeit scheinbar zu wenig Erzieher gibt, mal aus ein anderen Sicht. Es wurde irgendwann beschlossen, dass ein Kind mit 2 Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz hat. Irgendwann merkte man, dass ist in der Zeit nicht zu schaffen. Dann wurde diskutiert, ob man die sogenannte Herdprämie bezahlt, für jedes Kind, das einen Rechtsanspruch hat. Somit hoffte man auf die Chance, die Kosten geringer zu halten. Mittlerweile versucht man verzweifelt Plätze für alle Kinder zu schaffen, die einen Rechtsanspruch haben. Was aber mit zu wenig Personal nicht geht. Mal davon abgesehen, dass auch die Räumlichkeiten dafür nicht vorhanden sind.

Sorry, aber ich kann nicht verstehen, warum solche Dinge beschlossen werden, bevor man prüft, ob man genug Personal und Platz hat. Hätte man das gemacht, hätte es die Diskussionen um die Herdprämie nicht gegeben und würde es auch so Diskussionen wie hier nicht geben. Beziehungsweise man entschied darüber ja nicht heute und morgen musste die Änderungen umgesetzt sein. Hätte man den Zeitrahmen großzügiger angesetzt, auch dann würde es solche Diskussionen nicht geben.

Ähnlich sieht es mit dem regelmäßigem Ansinnen aus, man kann ja alle Hartz 4 Bezieher mal zu Pflegekräften machen. Klar besteht Bedarf. Das aber nicht erst seit heute. Es würden sich sicherlich auch mehr Menschen für einen Beruf im Pflegebereich entscheiden, wenn nicht die Arbeitsbedingungen teilweise wirklich so schlecht wären.

Generell ist es aber so, dass die sogenannten Ein- Euro- Jobs nicht die regulären Arbeitsplätze kosten dürfen. Was aber bereits vielerorts gemacht wird. Da wird in städtischen Betrieben Personal gekündigt und die Stellen in Ein- Euro- Stellen umgewandelt. Genau das versucht man ja hier nun auch wieder. Bevor die Leute weiter ohne Job auf Staatskosten leben, sollen sie Stellen ersetzen, auf die ausgebildete Menschen gehören.

Klar werden in Kindergärten und ähnliches auch Stellen besetzt, für die man nicht zwingend eine Ausbildung braucht. Ob nun als Fahrer des Schulbusses oder als Küchenhilfe. Aber kann man diese Stellen nicht auch Sozialversicherungspflichtig vergeben und damit die Menschen aus dem Leistungsbezug heraus bringen? Ich kenne mehrere Leute die Jobs in dem Bereich hatten. Die dort sehr zufrieden waren und einiges dafür getan haben. Ein- Euro- Jobs werden aber nicht auf Dauer vergeben. Ergebnis ist ein ständiger Personalwechsel.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



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