Was ist der Kick am Bergsteigen?
In letzter Zeit habt ihr das wahrscheinlich alle mitgekriegt, dass es immer wieder durch die Medien geht, wie Menschen beim Bergsteigen verunglücken. Manchmal geschieht das, obwohl diese Personen durchaus erfahren sind und eigentlich wissen, welche Gefahren auf sie lauern können und manchmal sind es auch einfach Laien, die vermutlich nicht die Gefahren genau einschätzen können und sich aufgrund dessen wahrscheinlich einfach überschätzen.
Heute stand schon wieder ein Artikel in der Zeitung, in dem berichtet wird, dass schon wieder zwei Menschen verunglückt sind. Und zwar sind der Spanier und die Polin am Mont Blanc erfroren aufgefunden worden und das in 4400 Metern Höhe, sie hatten also schon ein ordentliches Stück Weg hinter sich, als sie von einem heftigen Sturm überrascht worden sind. Offensichtlich ist die achtköpfige Truppe nicht erfahren genug gewesen und hat dem Wetter zunächst keine größere Beachtung geschenkt, was dann für zwei der acht Mitglieder offensichtlich fatal geendet hat.
Nur wenige Tage zuvor hatte es ja am Mont Blanc auch schon neun Tote gegeben und trotzdem ist die Gruppe das Wagnis eingegangen und hat sich in diese luftige Höhe gewagt. Könnt ihr das verstehen, warum Menschen sich trotz der ganz präsenten und unmittelbaren Gefahr in eine solche Situation begeben? Die Gefahr ist ja nicht völlig abstrakt und es gibt sage ich mal jedes Jahr einige wenige Tote, sondern die Menschen laufen ja sozusagen genau da lang, wo noch am Donnerstag Menschen von einer Lawine in den Tod gerissen worden und trotzdem gehen sie das Risiko ein.
Könnt ihr euch erklären, warum die Menschen trotz aller Warnungen den Berg erklimmen wollen? Reinhold Messner hatte sich in einem Interview vor einigen Tagen oder Wochen dazu geäußert und gemeint, dass beispielsweise der Mount Everest eben kein Berg für Einsteiger sei und von vielen Menschen als touristisches Programm angesehen wird und nicht als anstrengende Expedition. Meint ihr, dass viele Menschen mit der Gefahr zu unvorsichtig umgehen, weil ihr Hauptaugenmerk darauf liegt, einfach einen schönen Urlaub zu verbringen?
Seroy hat geschrieben:Könnt ihr euch erklären, warum die Menschen trotz aller Warnungen den Berg erklimmen wollen? Reinhold Messner hatte sich in einem Interview vor einigen Tagen oder Wochen dazu geäußert und gemeint, dass beispielsweise der Mount Everest eben kein Berg für Einsteiger sei und von vielen Menschen als touristisches Programm angesehen wird und nicht als anstrengende Expedition. Meint ihr, dass viele Menschen mit der Gefahr zu unvorsichtig umgehen, weil ihr Hauptaugenmerk darauf liegt, einfach einen schönen Urlaub zu verbringen?
Es ist halt so, dass der Berg ruft. Berge üben einen Reiz auf Menschen aus. Sehe ich einen, will ich hoch. Und ist es kein leichter Berg, dann umso eher. Natürlich gehen viele Menschen mit den Gefahren der Natur zu sorglos um. Die heutige Zeit, in der man alles und das noch gleich haben kann, bringt es mit sich, dass Menschen meinen, auch alles zu können und jede Situation zu beherrschen. Man sieht es doch jeden Tag in den Medien, dann kann ich das auch. Es gibt heute so gut wie keine unbekannten Ziele mehr und jeder Depp kann sich eine Ausrüstung leihen oder kaufen und los ziehen. Ich habe mit Hilfe von GPS und Internet auch schon Touren mit 4x4-Fahrzeugen gemacht, die ich früher nie gewagt hätte. Aber heute kriegt man über das Internet wirklich eine Menge geheime Schleichwege raus und das macht den Weg zum Abenteuer eben leichter.
Das Fatale an den Bergen ist nun aber, dass sie eben manchmal nicht mehr beherrschbar und berechenbar sind und dass man manchmal Risiken eingeht, obwohl man sich dessen nicht bewusst ist, oder man hält sie für beherrschbar. Die meisten Unfälle in den Bergen passieren mit Ausländern und in großen Höhen, also ist da wohl eine Menge Unkenntnis in Sachen Berg und Wetter im Spiel, ebenso wie die fehlende Erfahrung mit der Höhe.
Man muss sich nur mal anschauen, was sich da schon in niedrigen Höhen abspielt, wie sich Menschen dort verhalten. Ich war vor ca. 3 Jahren mal auf einer kurzen Wanderung in einem Nationalpark in den USA. Ziel war "Angels Landing" im Zion NP, eine sehr spezielle Felsnase über einem Tal. Die letzten ca. 400 Meter sind ziemlich steil, es gibt viele Stellen mit Haken und Stahlketten. Vor allem geht es links und rechts mehrere hundert Meter wirklich senkrecht runter und man geht unmittelbar dort lang. Der Fels pappt ganz gut, aber ist teilweise durch Sand glatt. Ich bin eine Gemse in den Bergen, aber hier muss man schon sehr, sehr vorsichtig sein. Es ist nicht wirklich schwierig und ich habe auch nur 20 Minuten gebraucht, aber es ist durchaus gefährlich und man sollte schwindelfrei sein. Hier mal ein paar Eindrücke:
Und was machen einige Zeitgenossen? Man sieht es vielleicht nicht so ganz leicht, aber die sind tatsächlich mit Badelatschen da hoch gekraxelt.
Entsprechend purzeln da auch immer wieder Leute runter. So ist das eben mit den Menschen und den Bergen.
@Richtlinie2: Danke für die schönen Fotos, im Zion Nationalpark war ich auch schon, allerdings nicht auf so eindrucksvolle Art und Weise wie du und wenn ich mich dazu entschieden hätte, dann sicher nicht in Badelatschen. Da haben wir ja auch gleich einmal einen guten Grund, warum solche Unfälle passieren. Es zeigt eben, wie der Berg oft unterschätzt wird. Ich persönlich liebe die Berge auch über alles! Gerade in Studienzeiten hatte ich eine Freundin, mit der ich gemeinsam angefangen habe Klettersteige zu begehen. Wir waren beide noch blutige Anfänger und eigentlich waren wir beide nicht risikofreudig und vorsichtig. Dennoch ist es uns einmal "passiert", dass wir scheinbar eine falsche Route eingeschlagen haben.
Als wird das bemerkt haben, waren wir allerdings schon mitten in einer Felswand. Zunächst dachten wir eben, dass es noch eine Klettersteigtour ist und wir hatten eben auch ein Klettersteigset mit und wir wunderten uns auch am Anfang noch, dass es doch eigentlich gar kein so schwerer Steig sein sollte und so weiter. Aber wir gingen eben weiter, wie zwei Katzen, weil hinauf geht es ja immer leichter als hinunter. In der Mitte der Felswand merkten wir eben erst, dass wir an einer Kletterwand sind und nicht an einem Klettersteig. Man hätte also eine andere Ausrüstung benötigt. Und wie haben wir naiven Neulinge reagiert? Wir haben die Lage leider nicht richtig eingeschätzt. Wir dachten uns, dass es hinauf ja eh halbwegs gut geht und wir wussten auch, dass es oben auf diesem Berg dann einen Weg gibt wo man gefahrlos wieder hinunter kommen kann.
Also kletterten wir zwei weiter um dann fast ganz oben zu erkennen, dass es da prinzipiell in der Tat einen Weg ins Tal geben würde, allerdings trennte uns eine tiefe Schlucht von diesem Weg. Wir sind da also mehr oder weniger so eine große Felskuppel wie auf Foto 2 von Richtlinie2 hinaufgeklettert. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie wir zwei da oben gesessen sind und nicht mehr wirklich weiter wussten. Handy hat damals da oben nicht funktioniert, sonst hätten wir definitiv um Hilfe gerufen. Dabei waren wir übrigens nicht einmal im Hochgebirge. Also blieb uns mehr oder weniger nichts anderes übrig als irgendwie wieder hinunter zu kommen. Ich weiß noch, dass ich mir bei jedem Schritt überlegt habe, wie ich darauf reagieren muss, wenn meine Freundin oder eben ich nun doch abrutschen werden.
Ganz langsam und zugegebener Weise auch mit einer ordentlichen Portion Glück und einigen Schutzengelbegleitern oder so haben wir es wieder hinunter geschafft. Eigentlich hätte man die Wand eben mit einem Seil gehen müssen, wir hatten jedoch nur ein Klettersteigset mit und konnten uns nur kurze Abschnitte sichern. Der Rest war mehr als nur bedenklich. Und das ist uns wie gesagt nicht im Hochgebirge passiert und wir waren auch alles andere als Risikofreudig. Ganz im Gegenteil, wir haben uns ordentlich in die Hosen gemacht vor echter Angst!
Das hätte leicht schief gehen können und schon wären wir ebenfalls Teil dieser traurigen Statistik gewesen. Zum Glück ist uns das nie wieder passiert. Wir waren danach aber auch immer extrem vorsichtig und hier ist der Punkt: Wir waren leider erst DANACH besonders vorsichtig. Davor auch, aber scheinbar eben nicht ausreichend genug. Und so geht es denke ich auch vielen Touristen. Die einen landen unwillkürlich in falschen Kletterwänden oder eben Gebirgsteilen, die anderen sind einfach waghalsig und suchen bewusst das Abenteuer.
Also in 4000 Meter Höhe verirrt man sich nicht so mal eben. Da klettert man bewusst hin, aber dennoch unterschätzen da viele eben die Gefahr, auch eben vom Wetter. Richtlinie2 hat diesen Bereich denke ich schon sehr gut geschildert. Und so kommt es eben immer wieder zu dramatischen Unfällen, die man aber übrigens nicht nur in den Bergen findet! Erst gestern habe ich einen Bericht gesehen, dass heuer wieder viele Touristen im Meer in Mallorca ertrunken sind, obwohl der ganze Strand abgesperrt war und Warnschilder da waren und die rote Flagge gehisst war. Die Urlauber dort wurden befragt warum sie da trotz all diesen Warnhinweisen ihre Kinder spielen lassen und viele gaben als Antwort, dass sie eh aufpassen und vorsichtig sind. Ja, das denken sich eben wohl leider viele. Und das kann dann eben leider auch immer wieder schief gehen, sowohl in den Bergen, als auch im Meer als auch sonst wo.
Aus eigener Erfahrung kann ich da leider nicht sprechen, da ich unter Höhenangst leide, aber mein Vater ist schon mal auf einen Berg gestiegen damals im Urlaub mit einem Bergführer. Er wollte nicht nur die tolle Aussicht genießen, die einen wohl für die ganzen Strapazen des Aufstiegs entschädigt, sondern für ihn war es einfach eine Herausforderung die er sich stellen wollte und ein Traum den er verwirklichen wollte und er war wirklich froh und stolz, dass er das damals auch gemacht und vor allem geschafft hat. Er schwärmt heute noch davon, wie schwer der Aufstieg war und wie anstrengend, aber dann leuchten seine Augen, wenn er weiter davon erzählt, wie dann die Aussicht und die tolle, herrliche Natur da oben war.
Richtlinie2: Danke für die wundervollen Fotos. Beim Betrachten wird einem einerseits mulmig zumute, aber andererseits ist es einfach auch richtig atemberaubend. Da versteht man dann schon ein wenig besser, warum Menschen sich vom Bergsteigen so faszinieren lassen.
Vielleicht bin ich auch einfach ein wenig abgeschreckt davon, dass in letzter Zeit Bergsteigen eigentlich nur negative Schlagzeilen gemacht hat. Außerdem bin ich wahrscheinlich viel zu unerfahren, um so ein Bergmassiv zu erklimmen. Ich würde vielleicht jetzt nicht gerade mit Flip Flops oder ähnlich schlechtem Schuhwerk da hochkraxeln, aber von Professionalität beim Aufstieg wäre ich auch deutlich mehr als meilenweit entfernt.
Am besten fängt man wahrscheinlich mit etwas deutlich kleinerem an. Seid ihr eigentlich alleine beim Bergsteigen oder macht ihr das mit Freunden oder einer Gruppe? Alleine wäre die Gefahr ja nochmal um einiges größer. Andererseits können einem natürlich auch Freunde wenig helfen, wenn man so eine senkrechte Klippe wie von deinem Bild hinabstürzt.
Seroy hat geschrieben:Richtlinie2: Danke für die wundervollen Fotos. Beim Betrachten wird einem einerseits mulmig zumute, aber andererseits ist es einfach auch richtig atemberaubend.
Na wenn es gefällt. Hier noch zwei mehr, die ein wenig die Steilheit und ein Problem zeigen. Das Problem sind die zu vielen Leute dort. Ich habe beim Abstieg ewig warten müssen, weil v. a. Frauen mehr auf dem Hintern runterrutschen, als laufen. Und leider gibt es keine Ausweichmöglichkeiten. Und du siehst, da latschen Hinz & Kunz hoch, entsprechend passiert da auch genug.
Seroy hat geschrieben:Außerdem bin ich wahrscheinlich viel zu unerfahren, um so ein Bergmassiv zu erklimmen.[...]aber von Professionalität beim Aufstieg wäre ich auch deutlich mehr als meilenweit entfernt.
Massiv würde ich das nun wirklich nicht nennen. Diese Steinformation namens Angels Landing ist vielleicht gerade mal 400 Meter hoch, die Gesamthöhe ist ca. 1780 Meter, die Wanderung hin und zurück sind gerade mal 8 km.
Das einzige Problem an dieser Wanderung (mehr ist das nicht), die letzten 20 Minuten diesen Grat rauf, erfordern ziemliche Schwindelfreiheit und Trittsicherheit. Ersteres habe ich nicht, aber ich kann mich konzentrieren und zusammenreißen, Trittsicherheit habe ich eher wie eine Gemse.
Seroy hat geschrieben: Seid ihr eigentlich alleine beim Bergsteigen oder macht ihr das mit Freunden oder einer Gruppe?
Ich bin kein "Bergsteiger", ich wandere nur. Das zwar von Kindesbeinen an, aber Klettern am Seil finde ich doof und für freies Klettern ist mir mein Leben zu lieb. Außerdem bin ich nicht komplett schwindelfrei. Das höchste der Gefühle war für mich mal der Mindelheimer Klettersteig, den ich vollkommen unbedarft am Ende einer Wanderwoche im Allgäu mit einem Freund gegangen bin. Keine Seile, keine Klettergurte, keine Helme dabei. Seitdem weiß ich, ich bin nicht schwindelfrei und seitdem habe ich da auch einen Knacks weg. Auf diesem Steig gibt es eine kleine Eisenleiter von ca. 5 Meter Länge zwischen zwei Felsspitzen. Wir hatten so die Hosen voll, wir sind vor Schiss pfeifend über diese Leiter auf Knien gekrochen. Ich bin doch so eine Sissy.
Wenn ich in die Berge gehe, dann mit Begleitung. Mit meiner Frau wird das aber nur eine Wanderung und so eine Sache wie Angels Landing, das geht mit ihr nicht. Da muss sie dann halt warten. Es wäre unverantwortlich, sie auf so etwas raufzuprügeln. Der letzte "Berg", den ich mal vollkommen alleine erklommen habe, das war ein unbekannter Hügel in Namibia. Wir wohnten unten auf der Ranch Koiimasis und das war der Hausberg, den ich einfach quer raufgesprintet bin. Ein paar Mal habe ich mich verstiegen, es gibt da keine Wege, dafür waren da auch noch nicht viele oben. Die Aussicht oben war fantastisch (Link zum Bild: Dann die Lupe anklicken, dann ins Bild klicken, ist ca. 5 MB groß ). Dort ist man absolut einsam. Mir gefällt so etwas. Für mich ist dieser Wüstenteil einer der schönsten Plätze, die ich auf dieser Welt gesehen habe.
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