Wieso bleiben Seelsorger anonym?
Hilfe suchende Menschen können sich schon seit vielen Jahren bei der Telefonseelsorge und bei anderen, ähnlichen, Organisationen beraten lassen, wenn sie Rat brauchen. Mittlerweile hat sich wohl deutschlandweit schon ein ganzes Hilfsnetzwerk aufgebaut, mit Zweigstellen in allen möglichen Regionen. Es gibt auch verschiedene, nahezu "konkurrierende" Hilfswerke. Es gibt katholische, evangelische, muslimische, nur bekennend atheistische habe ich komischerweise noch nicht gesehen. Auch auf bestimmte Personengruppen geht man mit einzelnen Hilfswerken ein, beispielsweise auf Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden, auf Kinder, Behinderte, Homosexuelle oder auch Ausländerinnen und Ausländer. Wie ihr also seht: Hilfsorganisationen, die eine Seelsorge anbieten, gibt es etliche.
Die Seelsorge an sich findet im persönlichen Gespräch statt, oder aber auch telefonisch oder heutzutage auch per Chat oder E-Mail. Bei den persönlichen Gesprächen ist es nicht zu umgehen, dass man einander sieht, aber bei den Beratungen per E-Mail, Chat oder Telefon heißt es, dass Berater und Ratsuchender anonym bleiben sollen.
Beim Ratsuchenden kann ich es ja noch verstehen. Einige Leute schämen sich sicher ihrer Probleme, selbst, wenn dazu kein Anlass besteht, oder aber, sie haben Angst, dass jemand bestimmte Probleme mit ihrer realen Person in Verbindung bringen könnte. Wenn jemand eine schwere Krankheit hat, möchte er vielleicht nicht, dass durch irgendwelche Umwege der Chef oder das gesamte Umfeld davon erfährt. Daher finde ich es auch gut, dass der Ratsuchende anonym bleiben darf, wenn er möchte.
Wieso aber bleibt der Berater anonym? Nur, weil gleiches Recht für alle Beteiligten gelten soll, oder was gibt es sonst für Gründe? Eigentlich sollte ein Berater doch mit seinem Namen hinter seinen Ratschlägen stehen können, oder? Es käme mir jedenfalls irgendwie suspekt vor, wenn jemand nur anonym Ratschläge geben möchte. Dann würde ich mich schon fragen, wieso er sich nicht traut, die Tipps offen bekannt zu geben. Und es gibt ja eben auch Seelsorger, die nicht anonym bleiben. Wieso aber bleiben es viele bei vielen verschiedenen Seelsorge-Einrichtungen, wenn es um eine Beratung per Telefon, E-Mail oder Chat geht? Was hat das genau für einen Zweck?
Mein erster Gedanke hierbei war zunächst, dass das eigentlich besser ist. Du weißt nicht, was die Menschen für Probleme haben und wie sie sich anderen Personen gegenüber verhalten. Es kann doch sein, dass man bei einem zu persönlichem Verhältnis dann auch irgendwie "abhängig" davon wird und die andere Person eben auch im normalen Leben mit den Problemen konfrontiert, wenn man den Namen und noch andere Dinge kennt. Ich stelle mir das irgendwie auch so vor, wie es beispielsweise bei Kurpatienten ist, dass sie sich häufiger in ihre Psychologen dort verlieben, da sie dort einfach Hilfe bekommen und ihr Leben wieder auf die Reihe kriegen. Und das wäre dann ja eigentlich gleich das nächste Fiasko. Man kann sich natürlich auch verlieben, wenn man den Namen der anderen Person nicht kennt. Aber ich denke, dass man dadurch auch für das normale Leben neben der Seelensorge geschützter ist und halte das für sinnvoller.
Das geht aber noch weiter. Natürlich kann man sagen, dass jemand immer hinter seinen Ratschlägen stehen sollte und das tun solche Leute sicherlich auch. Allerdings ist es eben auch bestimmt so, dass man dort manchmal Dinge gesagt bekommt, die sich in der Realität nicht perfekt umsetzen lassen und wenn dann etwas schlimmes passiert und die hilfebedürftige Person unzufrieden ist, weiß man ja auch nicht, wie diese darauf reagiert und eventuell sucht diese dann die Schuld im Berater und wer weiß, was dann passiert.
Ich finde es also irgendwie besser, wenn man da anonym bleibt. Ich wusste auch gar nicht, dass es überhaupt solche Beratungsstellen auch persönlich gibt, ich kannte das bisher nur über das Telefon und das finde ich auch gut so.
Seelsorger bleiben ja nicht immer anonym. Es gibt ja zum Beispiel kirchliche Seelsorger, die man auch persönlich aufsuchen kann. Meine Mutter hat mal einige Jahre ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge gearbeitet. Das war natürlich auch anonym. Sie wurde damals in mehreren Wochenendkursen geschult, wie man mit welchen Anrufen und Anrufern umgehen muss und vor allem welche Hilfen man einleiten kann bzw. in extrem fällen sogar muss.
Ich finde, dass Seelsorger dazu da sind, Menschen in Not und schweren Krisensituationen zu helfen. Das funktioniert am Anfang denke ich am besten anonym. Wenn sich zum Beispiel jemand aus welchen Gründen auch immer das Leben nehmen möchte, es dann aber doch noch schafft, zum Beispiel die Telefonseelsorge anzurufen, dann kann jemand, den man nicht kennt doch sehr gut Hilfe leisten, da er neutral urteilt.
Ein weiterer Bereich in dem Seelsorger tätig werden ist ja auch nach schweren Unfällen und Katastrophen, hier stellt man den Betroffenen immer einen Seelsorger zur Seite, der einem Helfen soll, den ersten Schock zu überstehen und vor allem den Weg zu weitergehender und professioneller Hilfe zu finden. Die Seelsorger selbst bleiben natürlich anonym aber warum sollten sie auch in der Öffentlichkeit stehen? Ein Seelsorger ist eine Person, die schnell und unbürokratisch anderen Menschen hilft und dazu muss man nicht bekannt sein.
Zumindest am Anfang muss man sich nicht kennen, ich denke aber, wenn man mit einem Seelsorger länger zusammenarbeitet, lernt man sich auch kennen und ich denke, dass eben daraus auch schon Freundschaften zwischen Seelsorger und Hilfesuchendem entstanden sind.
Wawa666 hat geschrieben:nur bekennend atheistische habe ich komischerweise noch nicht gesehen
Das ist dann nicht komisch, wenn du dir einfach mal Gedanken über die jeweiligen Trägervereine machst und dann noch den Brückenschlag dahingehend machst, welche zahlungskräftige Organisation wohl die "bekennenden Atheisten" vertreten würde, so dass ein solcher Dienst auch bezahlt werden könnte.
Die Telefonseelsorger (eben noch nicht mal immer Profis sondern auch sehr oft Laien!) bleiben bei ihrer Arbeit natürlich auch zum Selbstschutz anonym. Deren Arbeit soll sich lediglich auf die Telefonate beschränken. Geben diese selbst zu viel am Telefon preis, besteht die Gefahr, dass ein "Klient" die Hilfe überstrapaziert und versucht, auch jenseits des Telefons mit "seinem Berater oder seiner Beraterin" in Kontakt zu kommen. Das muss nicht, kann aber verheerende Folgen mit sich bringen. Wozu dieses Risiko eingehen? Und dann noch der Aspekt, dass zur Lösung des Problems (sofern das die Zielsetzung ist, was es aber sowieso eher nie ist!) der Name der beratenden Person gar keine Rolle spielt.
Wirkliche "Seelsorger", die dann in einem persönlichen und direkten Gespräch helfen sollen und können, sind dann schon namentlich bekannt. Und dies sind dann auch Profis, bei denen es auch Sinn macht, eine persönliche Beziehung zum "Klienten" oder Ratsuchenden aufzubauen. Einfach, weil diese dann auch die Zeit haben, sich um diese Belange zu kümmern. Sofern es überhaupt so weit kommen sollte.
Ich denke mal, dass es für einen Berater sehr wichtig ist, Distanz zu wahren und sich nicht zu sehr emotional in die Probleme der Anrufer zu verwickeln. Da kann Anonymität helfen oder man kann einfach in eine andere Rolle schlüpfen. Auf der anderen Seite kletten sich Ratsuchende gern an ihrem potentiellen Helfer fest, der selbige aber vielleicht dann nicht als Facebookkontakte, Brieffreunde, private Anrufer oder persönliche Besucher vor der Haustür haben möchte.
Grundsätzlich ist die Anonymität wichtig für beide Parteien sowohl für den so genannten Seelsorger als auch für den nach Hilfe suchenden Personen. Die Gründe für die Anonymität auf der Seite der Hilfesuchenden ist denke ich klar und ersichtlich und muss nicht mehr erläutert werden.
Die Gründe für die Anonymität der Seelsorger kann ich nur erraten, aber ich denke so ganz falsch würde ich nicht liegen. Zum einen ist es vielleicht auch einfacher für die Hilfesuchenden, wenn beide anonym sind und oftmals sind Seelsorger nicht mit professionellen Psychologen zu verwechseln. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass diese Telefonseelsorger seltenerweise Fachmänner oder Fachfrauen sind, sondern einfach unbeteiligte Helfer. Es gibt einige gewisse Grundregeln die diese Damen und Herren lernen und ansonsten agieren sie einfach nur menschlich. Solche Menschen wollen sicher nicht Mal eben aufgesucht werden, sodass die Anonymität auch der eigenen Sicherheit dient. Häufig haben früher die Menschen ihren Namen genannt, die Hilfe suchende Person schrieb diesen auf, um in Zukunft weiterhin zu der Person Kontakt aufnehmen zu können und der z.B brutale Ex-Freund flippte völlig aus. Dies hat somit auch etwas mit eigener Sicherheit zu tun.
Weiterhin würde der Name der am gegenüber hängenden Person auch nicht weiter helfen, denn mittlerweile sind die Chancen einfach gering, die selbe Person öfters erreichen zu können und somit sind die Türen für andere Seelsorger auch geöffnet. Womöglich könnte es auch sein, dass es etwas mit Datenschutz zu tun hat, denn man weiß ja schließlich auch auf gar keinen Fall, wer wirklich auf der anderen Seite sitzt und angeblich Hilfe sucht. Somit ist es schon eine gute Sache, dass keine Namen genannt werden müssen, dennoch machen dies viele Menschen!
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-179816.html
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung 1081mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Rubbelfeld · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Schöne Blatt Pflanze für die Wohnung
- Palmen für die Wohnung 3015mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Dreddi · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen für die Wohnung
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun? 1864mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: helgak62 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Was kann man gegen eine tropfende Birkenfeige tun?
- Verträgt Banane chemisches Anti Insekten Mittel? 1358mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Wawa666 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Verträgt Banane chemisches Anti Insekten Mittel?