Als Begleitung direkt angesprochen werden
Früher habe ich gern mal Freunde zu Behördenterminen begleitet, weil sie mich gefragt haben, ob ich ihnen eben zur Seite stehen könnte. Das war auch kein Problem, die Mitarbeiter der jeweiligen Behörden haben auch nichts dagegen gehabt, was natürlich auch den Freunden zu Gute kam. Allerdings, und das fand ich bei den meisten Begleitungen sehr merkwürdig, war es so, dass die Mitarbeiter immer mit mir gesprochen haben beziehungsweise sie zwar die Person, also meinen Freund oder meine Freundin, angesprochen haben, aber dann mich immer angeschaut haben und mit mir das Gespräch gesucht haben.
Beim ersten Mal dachte ich noch, es sei ein dummer Zufall gewesen, aber da es sich immer mehr gehäuft hat und es eben nicht nur einmal vorkam, war es schon etwas, was ich dann in Frage gestellt habe. Ich habe mich dann auch aufgrund dieser Erfahrungen geweigert, mitzukommen, wenn ich erneut gefragt wurde beziehungsweise bin ich dann nicht mit in das Besprechungszimmer gegangen, weil ich diese Situationen als sehr unangenehm empfunden habe.
Wurde ich hingegen begleitet und man ist mit mir in ein Besprechungszimmer gegangen, hat man auch zu mir den Kontakt gehalten. Zwar wurde die Begleitung auch je nach Thema integriert und angesprochen, aber die hauptsächliche Kommunikation fand definitiv mit mir statt und so sollte es letztendlich auch sein.
Sofern Ihr selbst schon einmal eine Person zu wichtigen Terminen begleitet habt, konntet Ihr auch feststellen, dass Ihr eher diejenigen seid, die angesprochen wurden oder andersherum? Wie verhält man sich dann am besten in einer solchen Situation? Wäre es besser gewesen, ich hätte mich aus der Situation gelöst und mich aus dem Raum verabschiedet?
Ich verstehe dein Problem gerade irgendwie nicht so ganz. Bestehen solche Gespräche mit der Begleitperson in der Regel nicht eher aus Smalltalk über völlig unwichtige Dinge, etc.? Ich finde es vollkommen normal, dass man auch als Begleitperson mit ins Gespräch eingebunden wird und nicht nur eben dort auf dem Stuhl sitzt und wartet, bis die zu begleitende Person fertig ist. Ich selbst werde zum Beispiel bei Arztbesuchen auch immer gleich mit ins Gespräch eingebaut, angefangen bei der Begrüßung, und, und, und..
Meist ist es dann ja wirklich nur Smalltalk und noch kein Arzt hat jetzt irgendwie ein Thema angesprochen, bei dem ich mich hätte unwohl gefühlt. Auch ist dies meiner Erfahrung nach nicht nur bei Arztbesuchen so, sondern generell wird man überall gleichermaßen behandelt, wenn man als Begleitperson mit kommt. Lediglich bei der Polizei wurde ich als Begleitperson einmal völlig ignoriert, als ich dort mit einem Freund war um eine Anzeige zu erstatten - Da ich hier aber auch eine völlig unbeteiligte Person war, war mir dies wiederum auch egal. Wenn man eben nicht mit ins Gespräch einbezogen werden möchte, muss man eben vor der Tür, im Wartezimmer oder sonst wo warten.
Nun ja, die Personen, die ich begleitet habe, hatten ein Anliegen. Aber das Anliegen wurde dann quasi mit mir besprochen. Jedes Mal wurde so getan, als befinde sich die Person, die eben Klärungsbedarf oder so hatte, gar nicht mit im Raum und ich wäre im Grunde der Sprecher für diese Person. Das ging teilweise so weit, dass der Mitarbeiter der Behörde mir sagte, was zu tun sei, damit die Person, die ich begleitet habe, jenes gelöst bekommt. Wäre ich jetzt die Person gewesen, die eben den Termin gehabt hätte, hätte ich es ja verstehen können, aber im Grunde wurde so getan, als sei ich die Person, die eben das Problem oder was auch immer hatte.
Ich kenne das Phänomen auch. Ich kann beides verstehen: zum einen, wenn man nur die betreffende Person anspricht und zum anderen auch, wenn man Blickkontakt zur Begleitperson sucht. In meinen Augen ist das einfach höflich. Wenn man keinen Blickkontakt zur Begleitperson hat, dann ignoriert man die Person ja und das ist dann doch schon unhöflich, finde ich. Allerdings sollte das in meinen Augen nicht Überhand nehmen. Manche sprechen dann wirklich nur mit der Begleitperson und nicht mehr mit der Person, um die es eigentlich geht.
Das hatte ich auch schon und ich habe dann unverblümt darauf aufmerksam gemacht, dass es da nicht um mich geht, sondern um die andere Person und das man sich doch mit ihr unterhalten soll und auch, dass diese Person auf die gestellten Fragen antworten wird, und nicht ich. Und anders herum hatte ich es auch schon. Da war man der Meinung, dass man sich nur mit meinen Eltern unterhalten müsste, obwohl es damals um mich ging und da habe ich auch etwas gesagt.
Aber hin und wieder Blickkontakt mit der Begleitperson finde ich absolut in Ordnung und auch angebracht. Außer man will sich von demjenigen halt distanzieren. Ich saß auch schon als "Zuschauer" in Gesprächen dabei und da hat man nicht den Blickkontakt gesucht zu mir. Das war mir in dem Fall auch ganz recht, weil ich den Dialog dann zwischen den Personen beobachten konnte. Die beiden haben sich nicht gestört gefühlt und mich als Zuschauer akzeptiert und das war in Ordnung so. Man muss eben schauen, wie es passt und wie es angebracht ist.
Schlimm finde ich es immer, wenn man Kinder vollkommen ausgrenzt, auch wenn es um die geht und sich grundsätzlich nur mit den Eltern unterhält. Das geht in meinen Augen wirklich gar nicht. Zumindest dann nicht, wenn die Kinder durchaus schon verstehen, dass es um sie geht. Bei Säuglingen und sehr jungen Kindern ist das natürlich was anderes.
Das kenne ich auch, wenn ich zu Ämter musste, um etwas zu erledigen. Wenn ich nicht genau wusste, wohin ich da muss, habe ich einfach meine Mutter gefragt, ob sie mit mir mitkommen kann, und sich mit mir dort hinsetzen kann. Denn meistens ist es ja auch so, dass die Beamten einen immer zutexten, sodass man sich selber nur die Hälfte merken kann.
Also habe ich bei wichtigen Dingen immer gerne jemanden an meiner Seite. Als ich dann zusammen mit meiner Mutter in dem Büro saß, fing der Sachbearbeiter auch immer an, eher mit meiner Mutter zu sprechen, als mit mir. Es ging doch eigentlich um mich, aber irgendwie kam es mir so vor, als ob ihm das nicht so klar war. Der meiste Blickkontakt ging immer zu meiner Mutter hin, und das obwohl ich schon volljährig war.
Auch noch vor kurzer Zeit, ist es mir wieder passiert. Zwar hätte ich den Gang zum Amt auch alleine erledigen können, doch da meine Mutter und ich noch danach einkaufen wollten, kam sie einfach mit. Und inzwischen bin ich 26 Jahre alt, und wieder wurde überwiegend mit meiner Mutter gesprochen. Ich fand das schon sehr komisch. Das hab ich dann auch meiner Mutter gesagt, als wir draußen waren. Sie meinte dazu einfach nur, dass man sie einfach nett findet, aber eher aus Scherz.
Ich kann es auch nicht ganz verstehen, wieso das so ist. Es ist ja schon richtig, dass man mit der Begleitperson auch ein wenig Blickkontakt hält, und sich nicht starr auf den eigentlichen Kunden richtet. Das hat für mich etwas mit Höflichkeit zu tun.. Doch wenn ich dann selber nicht wirklich beachtet werde, denke ich immer, dass die Leute vielleicht denken, dass ich keine Ahnung von gar nichts habe. Irgendwo ist mir das daher auch ein wenig unangenehm. Daher erledige ich solche Gänge lieber selber.
Ich begleite nicht so viele Leute zu Ämtern. Einmal habe ich eine Nachbarin begleitet, die nicht so gut Deutsch konnte. Da fand ich es eigentlich auch angebracht, dass der Sachbearbeiter zu mir sprach und ich habe dann auf Französisch übersetzt, weil der Sachbearbeiter kein Französisch.
Meine Kinder habe ich zu Arztbesuchen begleitet. Hier war es eigentlich genau umgekehrt. ich wollte immer erzählen, was meine Kinder für Beschwerden haben. Aber immer hat der Arzt mich freundlich unterbrochen und gemeint, dass meine Kinder doch selber reden können und hat dann nur noch mit ihnen gesprochen und mich eigentlich gar nicht beachtet.
Auch als ich meinen sechzehnjährigen Sohn zum Einwohnermeldeamt begleitet habe, um einen Personalausweis und einen Reisepass zu beantworten, hat die Sachbearbeiterin mich abgewürgt und nur mit meinem Sohn gesprochen, obwohl ich für den Reisepass auch unterschreiben musste. Vielleicht habe ich ihr zu dominant gewirkt. Die andere Situation, wie du sie schilderst kenne ich nicht.
Ich kenne das sehr gut, da ich aufgrund meiner Sehbehinderung bei den meisten Gängen zum Arzt oder zu einem Amt eine Begleitperson mitnehmen muss, allein schon aus Gründen der Orientierung, weil ich ohne eine sehende Begleitung völlig aufgeschmissen wäre und keine Chance hätte, alleine herauszufinden, wohin ich eigentlich muss. Jedenfalls habe ich dann eben oft meine Mutter oder eine Freundin mitgenommen, je nachdem, wer eben gerade Zeit für diese Tätigkeit hatte, und weil diese Person eben sowieso schon dabei war, habe ich mir auch nichts dabei gedacht, wenn ich sie mit ins Behandlungszimmer oder in den Besprechungsraum genommen habe, erstens hat sie mich ja ohnehin ins Zimmer begleitet, um mir einen Stuhl zu zeigen, und zweitens hätte ich auch niemanden vor die Tür scheuchen wollen, der sich extra wegen mir auf das besagte Amt bequemt hat.
Jedenfalls war es dann durchaus üblich, dass der jeweilige Sachbearbeiter mit meiner Begleitperson sprach und sie fragte, was denn mein Anliegen sei; die Erklärung der nächsten Schritte bekam ebenfalls meine Begleitperson zu hören. Ich denke hier allerdings, dass es sich nicht unbedingt um Bösartigkeit oder Absicht handelt, vielmehr vermute ich, dass viele Menschen trotz mehrjähriger Tätigkeit mit Menschenkontakt im Bezug auf Behinderungen noch recht unbeholfen sind und diese Unbeholfenheit übergehen wollen, indem sie das Wort lieber an die Begleitperson richten. Wie spreche ich eine blinde Frau an? Wie merkt sie, dass ich sie anspreche? Kann ich ihr selbst sagen, dass sie ein Formular ausfüllen muss? Wie macht sie das überhaupt? Und kann sie bei mir überhaupt selbst etwas unterschreiben? Viele dieser Fragen ließen sich mit ein wenig Nachdenken beantworten, Andere würden sich klären, würde man sich bei mir danach erkundigen, ich denke aber, dass viele Menschen im ersten Moment überrumpelt sind und dann rein instinktiv lieber den für sie einfacheren Weg wählen.
Allerdings ist mir das immer sehr unangenehm, wenn man nicht mit mir direkt spricht und ich habe inzwischen auch einige Methoden gefunden, das zu umgehen. Eine davon ist, dass ich die betreffende Person überdeutlich auf ihr Verhalten aufmerksam mache. Wenn ein Sachbearbeiter meine Begleitperson fragt: „Hat sie einen Personalausweis dabei“, dann antworte ich inzwischen lächelnd: „ja, hat sie, und sprechen kann sie auch“, und reiche den Ausweis über den Tisch. Das mag dreist wirken, aber ich bin eine volljährige Frau und verdiene auch eine entsprechende Behandlung, außerdem habe ich mich über solcherlei Situationen schon zu oft geärgert und möchte das einfach nicht mehr hinnehmen. Eine andere Möglichkeit ist es dann natürlich auch, dass die Begleitperson bei der eigentlichen Besprechung gar nicht mehr zugegen ist, das handhabe ich vor allem bei Begleitungen so, die meine Situation diesbezüglich kennen und denen ich das verständlich erklären kann.
Sind denn die Personen, die du irgendwohin begleitest behindert, dass sie nicht für selbst sprechen können? Oder nehmen die Behördenmitarbeiter das an, weil sie eine Begleitperson mitbringen? Das ist schon eine Art Diskriminierung, wenn die Hauptpersonen nicht gefragt oder beachtet werden. Wenn du angesprochen wirst statt der Person, um die es geht, würde ich das doch sagen, dass sie bitte Frau X oder Herrn Y selbst fragen möchten, da du nur Begleitung wärst.
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