Kindersicherung im Auto Freiheitsberaubung?

vom 27.06.2012, 17:55 Uhr

Ich arbeite derzeit in einer Behindertenwerkstatt. Vor einiger Zeit gab es von der Werkstatt aus einen Ausflug mit werkstatteigenen Kleinbussen. Ein Teil der Behinderten wohn im Behindertenwohnheim und wird eben auch täglich mit diesen Bussen vom Heim in die Werkstatt geführt. Alle, die in dieser Werkstatt arbeiten sind geistig behindert, viele auch körperlich. Eine Dame ist in erster Linie geistig behindert, hat aber nur wenige körperliche Einschränkungen.

Allerdings hat diese Dame in Bussen manchmal so ihre Probleme. Sie bekommt da manchmal Panikattacken und will sofort und gleich aus dem Bus raus. Die Betreuer setzen sie schon bewusst in die hintere Reihe, wo eben nicht gleich die Tür ist. Dennoch kann sich diese Dame problemlos selber abschnallen. Eine Betreuerin erzählte mir, dass es vor einiger Zeit einen ziemlich heftigen Vorfall gegeben hat. Sie waren gerade auf der Autobahn unterwegs und besagte Dame hat wieder einen Panikanfall bekommen. Sie hat sich abgeschnallt und ist in die vordere Reihe geklettert und wollte unbedingt die Autotüre öffnen. Die anderen Behinderten konnten sie zum Glück zurückhalten, bis die Betreuerin an der nächsten Rastmöglichkeit stehen bleiben konnte.

Ich fragte die Betreuerin daraufhin, warm man im Kleinbuss bei den Türen nicht die Kindersicherung einschalten könne und die Betreuerin meinte, dass sie das aus rechtlichen Gründen nicht dürfen, weil das aus rechtlicher Sicht eine Freiheitsberaubung ist. Ich war darüber total erstaunt. Natürlich wären die Behinderten dann hinten mehr oder weniger eingesperrt, aber immerhin sind ja auch geistig behinderte Passagiere anwesend und man würde die Kindersicherung nicht ohne Begründung aktivieren. Aber selbst wenn es eben solche Panikattacken gibt, dürfe man das eben scheinbar nicht.

Ich bin da schon durchaus sehr erstaunt. Natürlich kann so eine Kindersicherung ihre Nachteile haben, vor allem bei einem Unfall, aber dennoch denke ich, dass es Situationen gibt, wo es durchaus gerechtfertigt ist. Ist so eine Kindersicherung dann bei Kindern auch eine Freiheitsberaubung? Die oben angesprochene Dame ist ja wie gesagt geistig behindert, wohnt aus diesem Grund auch im Wohnhaus und ist durch ihre Behinderung auch unmündig.

Habt ihr bei euch im Auto die Kindersicherung bei den hinteren Türen eingeschaltet? Ich habe das schon gemacht. Mein Sohn ist im Auto zwar prinzipiell sehr brav und tobt nicht herum und natürlich habe ich ihm auch gesagt, dass er die Türgriffe nicht öffnen darf, aber dennoch hat er einmal während der Fahrt versucht aus Neugierde die Tür zu öffnen. Wie gesagt habe ich die Kindersicherung und demnach ist auch nichts passiert, aber ich war eben froh, dass ich die Kindersicherung eingeschaltet habe.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Bis zu einem gewissen Alter, ich glaube so um die vier Jahre, waren bei uns die Kindersicherungen immer aktiv. Es geht um die Sicherheit der Kinder und diese probieren doch immer gern alles aus, was sich irgendwie bewegen lässt. Da man geistig behinderte Menschen auch mit Kindern vergleichen kann, würde ich da auch eher an deren Sicherheit denken.

Es ist ja nicht so, dass sie entführt werden sollen und man sie mit aktiver Kindersicherung an der Flucht hindern will. Aber wenn es per Gesetz so vorgeschrieben ist, dann sollte man sich vielleicht mit den Angehörigen zusammen setzen. Diesen wird doch auch die Sicherheit der Leute wichtig sein und man kann es schriftlich festlegen, ob sie der Nutzung der Kindersicherung zustimmen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


An unseren Autos ist die Kindersicherung an den hinteren Türen grundsätzlich aktiviert. Der Große weiss mittlerweile, dass man die Tür aufbekommt, wenn man das Fenster öffnet und von aussen am Türgriff zieht. Dieser Zeitraum würde aber hoffentlich ausreichen, um ihn zu stoppen, bzw. das Fahrzeug anzuhalten.

Bei Erwachsenen Menschen ist es aber in der Tat ein Problem, diese durch Sicherungseinrichtungen an Türen, welcher Art auch immer, "einzusperren". Schließlich sind es freie Menschen, auch wenn sie eine Behinderung haben. Solange sie nicht per richterlicher Anordnung "weggeschlossen" gehören (man entschuldige meine lapsige Wortwahl), darf man das dann eben auch nicht tun.

Als meine Mutter in einem Alten- und Pflegeheim gearbeitet hat, kam auch oft die Diskussion auf, warum man die Eingangstüren denn nicht verschließt. Es gab öfter groß angelegte Suchaktionen, wenn eine geistig verwirrte Person auf einmal verschwunden war. Selbst die Pflegekräfte hatten nicht das Recht, sie am Verlassen des Hauses zu hindern, geschweige denn hinterherzulaufen und sie zurück in das Gebäude zu bringen, wenn die Personen das nicht wollten. Das zwischenzeitlich angebrachte Zahlenschloß wurde ziemlich schnell wieder deaktiviert, weil es behördlich untersagt wurde, die Leute "einzusperren".

» Squeeky » Beiträge: 2792 » Talkpoints: 6,18 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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