Sind gesellschaftsscheue Menschen schlecht?
Ich habe in meinem Freundeskreis ein Mädchen (ich nenne sie mal M.), dass sich jetzt mit den Jahren immer mehr als sehr gesellschaftsscheu entpuppt. Sind wir mit den anderen Freunden weg oder auf einer Kursfahrt, bleibt sie oft allein im Zimmer, geht nie in eine Disco oder feiern und meidet auch anderweitige zusammentreffen mit der Gruppe, wenn es nicht mehr um schulische Sachen geht. Wird sie auf Geburtstage eingeladen, bleibt sie auch oft nur kurz und geht, wenn es ausgelassener wird oder kommt erst gar nicht, wenn sie weiß, dass getanzt wird. Als Kind fällt das oft nicht so sehr auf, aber wenn man als Jugendlicher anfängt auszugehen, fällt das schon auf. Nun fangen einige meiner Freundinnen zunehmend an, sie zu kritisieren. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich im Grunde nicht anders bin, auch ich bin ein absoluter Partymuffel und genieße es lieber, einige Stunden allein oder mit meinem Freund zu sein, als mit den anderen zu trinken und zu plaudern. Leider wird das bei M. nicht so akzeptiert, wie das bei mir der Fall ist.
Als M. nicht in die Disco gehen wollte, griff eine Freundin sofort auf, dass M. solo sei und warf ihr an den Kopf, dass sie auch nicht so eine Freundin haben wollte, wie M., wenn sie ein Mann wäre. Wollte M. später nicht mit den anderen Klassenkameraden und Lehrern zusammensitzen und reden, wurde sie als langweilig und öde beschimpft und bekam ein ''Gehst du überhaupt mal irgendwohin?'' an den Kopf geworfen, als sie dann spät abends zurück aufs Zimmer kamen, wurde M. aufgeweckt und abermals damit konfrontiert, was sie denn tolles verpasst hätte. Auch als M. den Tanzkurs nicht machen wollte und nicht auf der Stufenparty erschienen ist, wurde sie ausgelacht und beschimpft und so langsam finde ich das wirklich nicht mehr in Ordnung. Inzwischen ist es so, dass M. nicht zu der Geburtstagsparty einer Freundin kommen wollte und daraufhin hat diese ihr gedroht, sie wolle nichts mehr mit ihr zu tun haben.
Viele Menschen meinen, sie könnten durch solche Beschimpfungen und Konfrontationen scheue Menschen dazu bewegen, sich doch noch unter andere Menschen zu mischen und daran Spaß zu machen, ausgelassen zu feiern zu tanzen und zu plaudern. Und manchmal funktioniert das ja auch, wenn es sich um wirklich nur scheue Menschen handelt, aber irgendwie wollen viele es einfach nicht verstehen, dass es auch andere gibt, die am saufen und feiern einfach keinen Spaß haben und lieber für sich sein wollen. Ich erlebe immer wieder, dass gesellschaftsscheue Menschen heute gerne als minderwertig betrachtet und abgestoßen werden, eben weil sie lieber für sich sind. Ich komme bislang sehr gut damit zurecht, finde es aber absolut asozial, dass M. jetzt die Freundschaft gekündigt werden soll, bloß weil sie nicht feiern gehen möchte. Wie geht ihr mit solchen Menschen um, findet ihr ein solches Benehmen schlecht? Würdet ihr sogar ähnlich reagieren, wenn eine Freundin nicht zu eurer Geburtstagsfete kommen wollen würde?
Gesellschaftsscheue Menschen sind in keinster Weise schlecht! Ich finde es nur sehr traurig, dass es Menschen gibt, die das nicht akzeptieren wollen oder können! Jeder Mensch ist anders und mir kommt es auch oft so vor, dass man mehr anerkannt wird, je mehr man unternimmt.
Ich habe einen Sohn, der nun knapp zwei Jahre alt ist. Seitdem er etwa 4 Monate alt ist gehen wir wöchentlich zu einem Babytreffen mit drei weiteren Kindern. Er kennt die anderen drei Kinder nun also wirklich sehr gut. Trotzdem findet er noch immer keinen Gefallen an diesen Treffen. Er mag es einfach nicht. Es ist ihm zuviel Trubel. Derzeit sind es zwar wie gesagt "nur" diese Babytreffen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es später bei irgendwelchen Partys und dergleichen auch so sein wird.
Mir ist natürlich klar, dass sich das noch ändern kann, aber nach derzeitigem Stand ist mein Sohn auch alles andere als ein Gesellschaftsmensch. Wobei er vor allem mehrere Menschen nicht mag. Wenn nur ein Kind da ist, spielt er sich durchaus gerne mit dem Kind. Sobald jedoch zwei oder mehrere da sind, ist er nicht mehr von meiner Schoß zu bekommen und er zieht sich total zurück.
Aber auch ich durfte ähnliches erleben. Ich habe auch einen Freundeskreis die alle keine Kinder haben. Als mein Sohn noch ganz klein war, ging es noch recht leicht, dass ich zu Grillabenden oder dergleichen auch gekommen bin. Er hat noch überall geschlafen und so konnte ich auch noch bei vielen Aktivitäten mitmachen. Mit den Monaten habe ich aber immer mehr bemerkt, dass er eben sehr ruhige Tage zu Hause braucht.
Natürlich geht mein Sohn über alles und so habe ich viele dieser Aktivitäten zurückgeschraubt. Der Freundeskreis konnte damit eigentlich gar nicht umgehen. Da sie keine Kinder haben konnten sie es auch in keinster Weise nachvollziehen und ich gelte nun bei ihnen wohl auch als gesellschaftsscheuer Mensch. Ich kann es nicht ändern.
Mein Sohn hat eine ausgeprägte Neurodermitis. Durch den Juckreiz schläft er seit einem Jahr kaum länger als 30 bis 45 Minuten. Das geht irgendwann einmal an die Grundsubstanz, das kann ich dir sagen. Lust auf Partys und dergleichen habe ich derzeit wirklich nicht! Trotzdem fühle ich mich glücklich, aber genau das kann dieser Freundeskreis nicht verstehen. Mittlerweile ist es übrigens so, dass sie sich auch immer seltender melden.
Es gibt eben Situationen wo man nicht ständig im Gesellschafttrubel sein möchte und es gibt eben auch Menschen, die das von grundauf nicht mögen. Mein Sohn gehört auch offensichtlich dazu. Gestern erst war wieder so ein Babytreffen. Es war sogar bei uns zu Hause, da geht es durch den Heimvorteil noch etwas besser. Gestern ging es jedoch ziemlich turbulent zu. Die drei anderen Kinder sind durch die Wohnung gedüst und sind herumgetobt. Mein Sohn ist nur auf meiner Schoß gesessen. Teilweise hatte es zwar den Anschein, dass es ihm gefällt, aber ich habe gestern schon bemerkt, dass es ihm einfach zuviel war.
In der Nacht wurde dann die Rechnung präsentiert. Er hat kaum bis gar nicht geschlafen und seine Haut ist regelrecht aufgeblüht! Heute waren wir dann am Vormittag auch noch einkaufen. Er war total launisch. So reagiert er immer, wenn er überfordert ist. Nun habe ich einen ganz gemütlichen Nachmittag eingelegt und es wird langsam besser. Er braucht einfach Zeiten, wo er alleine zu Hause spielen kann. Da braucht und will er nicht einmal großartige Animation von mir, da will er einfach nur seine Ruhe haben, die ich ihm auch gebe.
Viele können sich das aber nicht vorstellen. Ich war vor der Geburt meines Sohnes auch ein sehr aktiver Mensch und ich konnte mir Menschen die gerne so viel zu Hause sind auch nicht wirklich vorstellen. Mein Sohn zeigt mir, dass es aber durchaus eben solche Menschen gibt. Wirklich wohl fühlt er sich nur zu Hause.
So sind eben die Menschen unterschiedlich. Ich kenne auch genügend Kinder die sich nur ungern alleine spielen und immer irgendeine Animation brauchen. Die sind später wohl auch eher Gesellschaftsmenschen, aber es gibt eben auch Menschen, die anders sind und das sollte man respektieren.
Ich finde das Verhalten von dieser "gesellschaftsscheuen" (finde das Wort irgendwie nicht so gut, offensichtlich stört sie sich ja gar nicht nur an der Gesellschaft, sondern auch an den Aktivitäten) Person nicht schlimm, da es ja eine eigene Entscheidung ist und ob jemand nun seine Wochenenden in der Disco verbringt oder zu Hause Bücher liest ist mir da ehrlich gesagt auch egal, muss doch jeder selbst entscheiden.
Aber vermutlich liegt das Ausgrenzen und Beschimpfen einfach im Alter. Bei pubertierenden Teenagern ist es nun mal uncool, wenn man etwas anders macht als die Mehrheit der Gruppe und da werden diejenigen, die anders sind auch schon mal ausgegrenzt oder beschimpft. Das wird dann wohl weniger werden, wenn die Pubertät vorbei geht und man dann etwas erwachsener an die Sache ran geht.
Ich hätte niemals eine Freundschaft gekündigt, weil jemand nicht zu meiner Party kommen mag. Das ist doch schon eine ziemlich kindische Entscheidung, die zeigt, dass da jemand gar nicht weiß, was eine Freundschaft überhaupt ist. M hätte sich ja auch eine Ausrede einfallen lassen können oder plötzlich krank werden können, da würde doch auch keiner was sagen.
Ich finde es auch nicht in Ordnung, dass direkt Drohungen ausgesprochen werden, dass M. die Freundschaft gekündigt werden soll, nur weil sie nicht gerne auf Feiern geht und sich dort einfach nicht wohlfühlt. Ich bin auch lieber alleine zu Hause, als zu feiern und in die Disco zu gehen. Zum Glück wird das aber von meinen Freunden akzeptiert und niemand will mich ändern oder zu etwas zwingen, was ich nicht möchte.
Wenn jemand aus meinem Freundeskreis nicht zu meiner Geburtstagsfeier kommen möchte, weil diese Feiern demjenigen keinen Spaß machen, hätte ich dafür Verständnis. Sicher kann man dann sagen, dass man es schade findet und die Person gerne dabei hätte, aber ich würde aus diesem Grund nie jemandem die Freundschaft kündigen. Das sorgt doch eher dafür, dass die Person sich noch weiter zurück zieht.
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