Arbeitskollegin in Behindertenwerkstatt nun selber behindert
LittelSister, ich denke, dass du in deinem Beitrag einige sehr gute Argumente eingebracht hast, die ich bislang gar nicht so bedacht habe. Natürlich ist so eine Entscheidung durchaus auch für die anderen Behinderten in der Werkstatt durchaus ausschlaggebend. Vorher war die Dame Betreuerin, nun ist sie auf einmal auf einer ganz anderen Ebene. Wie da die anderen Behinderten darauf reagieren würden, müsste man abwarten.
Ich kenne mich in diesem Bereich zu wenig aus, um das professionell einschätzen zu können. Ich kann nur von meinem Gefühl ausgehen und somit kann ich natürlich vollkommen verkehrt liegen. Bei den meisten denke ich nicht, dass sie eine Art "Schadensfreude" oder wie auch immer verspüren würden. Ich denke, sie wären sogar sehr betroffen. Dann gibt es aber auch einige, die eben auch schwer geistig behindert sind. Da müsste man sich natürlich auch die Frage stellen, inwiefern die dann die Unterscheidung machen können. Kann hier natürlich keiner beantworten, das ist mir auch klar, aber ich denke, dass das eben durchaus ein Denkansatzpunkt sein sollte.
Ich persönlich schwanke selber ein wenig herum. Ich kenne natürlich besprochene Dame nicht persönlich, somit sehe ich es natürlich auch aus einem anderen Blickwinkel. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es sehr schwer werden wird, hier eine Abgrenzung zu finden. Für alle Beteiligten. Und das fängt schon bei Kleinigkeiten an. Viele Schränke oder wie auch immer, sind für die Behinderten ja tabu. Wäre dann für besagte Dame ja natürlich auch so. Das ist ja nur ein Beispiel, welches sich aber natürlich ergänzen und erweitern lässt.
Ich meinte keine Schadenfreude. Man fühlt sich als Mensch, der nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht, leicht als Außenseiter. Gerade Fachpersonal wirkt immer ein wenig nach heile Welt. Oder so wie man selbst gerne wäre. Man selbst fühlt sich schlecht, weil man nicht ist, wie es von einem erwartet wird. Es wirkt beruhigend, wenn Menschen, die an sich ja als gesund wirken, eben auch betroffen sein können. Mit Schadenfreude hat das weniger was zu tun. Es gibt irgendwie auch Sicherheit. Allerdings gerade im psychiatrischen Rahmen kann es auch verunsichern.
Ich kann nur für mich sprechen und somit für den psychiatrischen Rahmen. Mir würde es total schwer fallen, wenn nun jemand vertrautes als Patient neben mir sitzen würde. Ich könnte einmal ganz schlecht trennen, dass die Person nun kein Ansprechpartner mehr ist. Beziehungsweise würde ich das Leben als Patient auch anders und länger kennen. Und ja es macht einen Unterschied, ob man als Betroffener in dem Leben lebt oder als Person, die in irgendeiner Form behandelt oder betreut. Somit wäre ich eventuell in der Lage, der ehemaligen Bezugsperson was zu erklären. Was auf der einen Seite sicherlich stärkt, aber auch schwächt.
Aus meinem ehemaligem Berufsleben kann ich zu den Schränken nur sagen, dass das generell eine schwierige Sache ist. Ich war ja generell in verschiedenen Betrieben tätig. In einem ging ich bis vor wenigen Jahren an sich ein und aus. Bis der Betrieb schloss, sonst wäre das heute noch so. Aber es fiel mir oft schwer, mich halt nicht einfach zu bedienen, obwohl ich wusste, wo alles steht. Also mir nicht ein Stück Wurst abzuschneiden oder eine Tee zu machen. Wenn man aber nun als Patientin an den Arbeitsplatz zurück kehrt und der Sache (vielleicht) geistig auch nicht mehr so folgen kann, ist das sicherlich nochmals schwerer.
Für einen Menschen in der Situation wie deine "Kollegin", wäre es sicherlich auf der einen Seite wichtig, dass sie in vertraute Umgebung kommt. Aber es wirft in meinen Augen auch genauso viele Probleme auf. Nicht nur für sie, sondern für alle Beteiligten.
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