Lehrprobe - sollte man Fragen lassen?
Unser Rechtskundelehrer wurde heute während der Unterrichtsstunde vom Schulleiter und von seinem Betreuungslehrer beobachtet und schriftlich beurteilt. Man merkte ihm seine Nervosität gleich an, als er hereinkam. Es handelt sich um einen sehr jungen Lehrer, ich schätze ihn auf Ende 20, höchstens Anfang 30 und er ist eigentlich auch ganz nett und sympathisch. Deswegen wollte ihm eigentlich keiner aus der Klasse die Lehrprobe vermiesen und wir führten uns alle so anständig wie möglich auf, sprich gut mitarbeiten und nicht mit dem Nachbarn schwätzen.
Nun war aber unser Lehrer anscheinend wegen der Aufregung völlig verplant, am Anfang hatten wir eine Übungsaufgabe zu erledigen und bei der Verbesserung schrieb er dann etwas falsches auf die Folie, das einer aus der Klasse gleich danach bemängelte. Und schon merkte man, wie der Beurteiler hinter mir, ich sitze in der letzten Reihe, begann etwas auf seinen Zettel zu schreiben.
Es ging dann weiter mit ein paar Fragen zum Thema. Zum Beispiel fragte einer, was denn der Unterschied zwischen einem Miet- und einem Pachtvertrag sei oder wer eigentlich die Schulden übertragen bekommt, wenn einer sie vererbt bekommt und dann das Erbe aber ablehnt. Er hatte sich leider auf solche Fragen überhaupt nicht vorbereitet, ich muss aber schon sagen, dass man als Lehrer so etwas doch eigentlich hätte wissen müssen. Man merkte dem Lehrer dann auch an, dass er von den Fragen förmlich erschlagen war. Er stand dann vorne mit der Hand am Kinn und wenn er auf eine Frage keine Antwort wusste, fragte er erst einmal in die Klasse, was die wohl dazu meinten.
Und dann machte er das, was wohl am schlechtesten war. Er fragte den Beurteiler, ob der wohl eine Antwort auf die Frage hätte. Ich würde es mir als Lehrer nie erlauben die Beurteiler zu fragen, ich würde vielleicht sagen, ich würde mich zu hause nochmal darüber informieren, um zu beweisen, dass man Eigeninitiative ergreift, aber keinesfalls öffentlich zugeben, dass ich auf die Frage keine Antwort habe. Er fragte seinen Betreuungslehrer dann, ob er eine Antwort auf die Frage hätte. Dieser meinte nur "Natürlich kann ich die Frage beantworten" und begann uns alles zu erklären.
Wir wurden dann in kleine Gruppen eingeteilt und sollten verschiedene Rechtsfälle bearbeiten und beurteilen, ob ein Vertrag zustande kommen würde. Am Ende verbesserten wir dann wieder alles gemeinsam auf der Folie und der Lehrer verschrieb sich dabei sogar, sodass ihn wieder einmal ein Schüler verbessern musste mit der Frage "Heißt es nicht eigentlich...". Man merkte dem Lehrer die Nervosität an, er wurde immer unsicherer. Er begann zu schwitzen, stand die ganze Zeit vorne mit der Hand am Kinn in Grübelstellung und hielt erst einmal für ein paar Sekunden inne.
Am Ende schrieb er dann noch einen Stichpunkt auf die Folie und verlor mittendrin auf einmal den Faden. Er stand dann ungefähr eine Minute da wieder mit seiner Hand am Kinn und die Augen auf den Overhead Projektor gelenkt und betrachtete sein Geschriebenes. Anscheinend passte damit wieder irgendetwas nicht, zumindest brach er auf einmal ab und meinte, wir würden damit nächste Stunde weiter machen.
Die Lehrprobe war also ein wahres Disaster. Findet ihr, dass man sich bei einer Lehrprobe trotzdem so normal wie möglich verhalten sollte und seinen Lehrer auch das fragen sollte, was einen interessiert oder was man nicht verstanden hat? Oder meint ihr, dass man solche Fragen lieber für sich behalten sollte, weil die Gefahr besteht dem Lehrer seine Lehrprobe zu vermasseln? Wie hättet ihr euch verhalten, wenn ihr in meiner Klasse wärt bzw. wie verhaltet ihr euch immer in Schulstunden, wo eine Lehrprobe stattfindet?
Also bei mir ist es ja noch nicht all zu lange her, da bin ich auf die Realschule gegangen und gehe momentan noch ein paar Wochen auf eine kaufmännische Berufsschule. In der Zeit in der Realschule kam es schon des öfteren vor, dass bei einem Lehrer, der wie du auch sagtest, noch nicht so alt also eingespielt ist, jemand zuschaut und ihn dann bewertet.
Auch Studenten wurden häufig bei uns im Unterricht eingesetzt. Dort lief das in etwa wie folgt ab: Die Studenten saßen am Anfang eigentlich nur hinten in der letzten Reihe und konnten den Unterricht verfolgen. Dies finde ich sehr gut, da sie sich hier von den etwas erfahreneren Lehrern und Kollegen etwas abschauen können und lernen, in der Praxis einen Unterricht zu planen, ihn wiederzugeben und natürlich auch auf Fragen aus der Klasse einzugehen.
Nach circa 3- 4 Monaten (das variierte immer sehr, von Lehrer zu Lehrer) konnten die Studenten schon einen eigenen Unterricht in unserer Klasse machen. Es saß allerdings bei den ersten paar Mal noch ein weiterer Lehrer hinten im Zimmer und schrieb mit, was besser gemacht werden kann und besprach diese Punkte am Ende der Stunde mit dem Referenten. Auch hier lernten die Referenten, Fragen zu akzeptieren und auch korrekt zu beantworten.
Zu dem Punkt, ob man jetzt in dem Fall, dass ein Prüfer hinten in der Klasse sitzt und alles genau notiert, kann ich dir sagen, dass ich es nicht schlimm finden würde, wenn der Referent eine Frage nicht beantworten kann und so jemanden fragt, der es weiß. Allerdings wäre hier sicher die elegantere Variante gewesen, wenn er gesagt hätte, dass er bis zum nächsten Mal noch einmal nachließt und so der Klasse später von seinen Ergebnissen berichtet.
Schüler sollten meiner Meinung nach immer Fragen stellen dürfen, auch wenn ein wichtiger Prüfer im Zimmer sitzt. Die anderen Fehler, die dem Lehrer unterlaufen sind, sind sicherlich auf seine Nervosität zurückzuführen. Dies lässt sich glaub ich in solch Situationen wirklich schwer in den Griff bekommen. Also heißt es üben, üben und nochmals üben, denn je öfter man der Situation ausgesetzt ist, desto sicherer und weniger nervös fühlt man sich.
Also ich würde allen Schülern dazu raten, den Unterricht ganz normal mitzumachen und auch einmal Fragen zu stellen. Denn diese gehören einfach zu einem Unterricht dazu. Der Lehrer hat davon nichts, wenn der Unterricht eigentlich immer ganz anders abläuft und in der Prüfung traut sich keiner mehr was sagen.
Wenn ich daran denke, dass ich in ein paar Jahren auch mal eine Lehrprobe vor mir habe, dann bin ich wohl eher dafür, dass man den Lehrer nicht noch zusätzlich verunsichert. Wenn man sich mal überlebt, was da für ein Druck auf einem liegt, der beim Lehrberuf wahrscheinlich unglaublich groß ist, da man direkt mal fünf Jahre in den Sand gesetzt hat, wenn man sein Referendariat nicht ordentlich schafft, dann kann man schon verstehen, wie aufgeregt man da eigentlich sein muss. Wenn ich nun an der Stelle des Lehrers gewesen wäre, dann hätte ich wohl auch gesagt, dass ich Zuhause noch einmal nachschaue, da ich das gerade nicht so erklären kann. Ich hatte nun nie dieses Fach, daher weiß ich auch nicht, ob ihr da Sachen gefragt habt, die man eigentlich wissen müsste. Als Lehrer ist man nun auch nicht Gott und man weiß einfach nicht alles, auch wenn man eben eine relativ gute Allgemeinbildung haben sollte. Deshalb fände ich das kein Desaster dann zu erklären, dass ich das Zuhause noch einmal anschaue. Oder vielleicht sich einfach so raus zu reden, dass man dazu nächste Stunde noch eine kleine Übung hat, wo sich die Frage von selbst beantwortet. Das würde zu mindestens etwas souveräner wirken, aber in dem Moment fällt das wohl keinem ein.
Wenn man etwas nicht verstanden hat, dann sollte man das schon sagen, so lange es eben irgendwie zum Thema gehört. Etwas abgesehen vom Thema würde ich nun nicht fragen, weil ich auch niemandem Schwierigkeiten machen wollen würde. Ob das nun so katastrophal war, wie du es denn da beschreibst, ist sicherlich schwer zu sagen. Die Prüfer wissen doch eben auch, dass man in solchen Situationen sehr aufgeregt ist und meistens merkt man aber den Unterschied zwischen nervösen Blackouts und einfacher InsKompetenz, daher muss es unter Umständen in der Beurteilung gar nicht allzu schlecht für euren Referendar ausgegangen sein und er bekommt auch noch einmal eine neue Chance sich zu beweisen.
iCandy hat geschrieben:Die Lehrprobe war also ein wahres Disaster. Findet ihr, dass man sich bei einer Lehrprobe trotzdem so normal wie möglich verhalten sollte und seinen Lehrer auch das fragen sollte, was einen interessiert oder was man nicht verstanden hat? Oder meint ihr, dass man solche Fragen lieber für sich behalten sollte, weil die Gefahr besteht dem Lehrer seine Lehrprobe zu vermasseln? Wie hättet ihr euch verhalten, wenn ihr in meiner Klasse wärt bzw. wie verhaltet ihr euch immer in Schulstunden, wo eine Lehrprobe stattfindet?
Ich denke, dass man sich während einer Lehrprobe genau so verhalten sollte, wie man es auch tut, wenn keine Lehrprobe ist. Die Beurteiler sollen ja ein realistisches Bild des Unterrichts bekommen, wenn ich das richtig verstehe und das geht nur, wenn man sich auch normal verhält. Die Beurteiler wollten sicherlich sehen, wie sich der Lehrer verhält, auch wenn die Schüler etwas fragen und sie möchten sehen, ob er die Klasse im Griff hat und Inhalte vermitteln kann. Das kann man ihnen nur zeigen, indem der Unterricht so verläuft, wie er üblicherweise verläuft. Auch wenn man den Lehrer mag und ihm nichts böses will, was ich durchaus verstehen kann, dürfen Fragen nicht unterbleiben, wenn man etwas nicht versteht und wenn der Lehrer etwas falsch macht während des Unterrichts, dann muss man ihm das auch sagen.
Ich finde es aber richtig, dass ihr das schwätzen mit dem Nachbarn unterlassen habt und euch auch so ordentlich benommen habt. Es wäre schon schade gewesen, wenn deshalb die Unterrichtsstunde komisch gelaufen wäre. Der Lehrer soll schon die Gelegenheit bekommen zu zeigen, wie er den Unterricht gestaltet, wie er auf Fragen reagiert und solche Dinge. Aber auch er ist nur ein Mensch und kann mal nervös sein, ich finde das nicht schlimm, auch nicht, wenn dann Fehler passieren. Diese kann man ja relativ schnell wieder richtig stellen und die Angelegenheit sollte erledigt sein, das wird auch dem Beurteiler klar sein, denke ich zumindest.
Ich kann es dir aus der anderen Sicht beantworten. Denn als Dozentin in der Erwachsenenbildung hat man auch manchmal solche Überprüfungen, wo eben morgens dann Leute von der Agentur für Arbeit im Raum stehen und sich den Unterricht anschauen wollen. Ich selbst habe das bisher einmal gehabt und war froh, das sich meine Kursteilnehmer so verhalten haben, wie ich sie sonst auch kenne.
Das Unterrichtskonzept, welches wir in diesem Kurs damals praktizierten, hatte zwar den Prüfern nicht so gepasst. Aber im anschließendem Gespräch mit der Sozialpädagogin des Unternehmens und mir, wurde dann erklärt, warum da einiges anders lief, wie man es sonst kennt. Die Erfolge des Kurses waren ja nicht von der Hand zu weisen.
Daher empfinde ich es als richtig, wenn sich Schüler, egal wie alt sie sind, so verhalten, als wenn eben niemand hinten sitzt und den Unterricht beobachtet. Das euer Lehrer sich das ganze vermasselt hat, zeigt eigentlich nur, das er selbst noch einige Defizite hat, die er schnellstens beseitigen muss. Und ich finde es mehr als peinlich seinen Betreuungslehrer dann direkt im Unterricht um Rat zu fragen.
sodass ihn wieder einmal ein Schüler verbessern musste mit der Frage "Heißt es nicht eigentlich..."
Eigentlich finde ich das recht gemein, den Lehrer so vorzuführen, in dem man ihm noch ein paar Zusatzfragen stellt und ihn vor seinem Beurteiler verbessert und damit in Verlegenheit bringt, obwohl doch zu erkennen war, dass er schon unter seiner Nervosität litt.
Die Beurteiler wollten sicherlich sehen, wie sich der Lehrer verhält, auch wenn die Schüler etwas fragen und sie möchten sehen, ob er die Klasse im Griff hat und Inhalte vermitteln kann.
Der Lehrer verhält sich ja aber normalerweise – wenn er nicht gerade beurteilt wird – anders und ich finde es einfach unangemessen und gemein, einen nervösen Menschen noch mehr unter Druck zu setzen, indem man ihn mit Fragen löchert. Dass er dadurch total aus dem Konzept kam, sieht man ja daran, dass er den Betreuer gefragt hat. Als ich noch zur Schule ging, wurden wir instruiert, und in solchen Situationen besonders nett zu verhalten und den Referendariaten nicht unnötig Schwierigkeiten zu bereiten. Das fand ich auch richtig so.
Ich schätze, dass die meisten Schüler in solchen Situationen sich durchaus bewusst sind, dass da viel auf dem Spiel steht, meines Wissens nach ist es ja so, dass die angehenden Lehrer diese Prüfung auch nur zweimal machen dürfen und wenn sie beide Male durchfallen, dann war es das mit dem Lehrberuf. Es ist also klar, dass sowohl der Lehrer verdammt aufgeregt ist, wie in gewisser Weise auch die Klasse. Dennoch wäre ich hier sehr vorsichtig, weil es leider nicht immer Vorteile hat, wenn man in solchen Prüfungen acht auf den Lehrer gibt. In vielen Fällen fällt das den Prüfern, die schließlich in vielen Fällen auch selbst Lehrer sind, auf, weil sie selbst unterrichten und sich daher mehr oder weniger ein Bild von der jeweiligen Altersklasse machen können und sich denken können, was diese Schüler wohl wissen und was nicht. Und wenn dann irgendwelche schwierigen Begriffe kommen und keiner fragt, dann ist das schon ein bisschen verdächtig und die Prüfer könnten vermuten, dass der Lehrer die Schüler möglicherweise darauf hingewiesen hat, sich dezent zu verhalten, so dass für ihn keine Probleme entstehen, falls er solche Fragen eben nicht beantworten kann.
Als Schüler würde ich mir überleben, ob die Frage die ich habe eine normale ist oder ob es damit Schwierigkeiten geben könnte. Wenn es sich um eine einfache Frage handelt, dann würde ich diese einfach stellen, das ist immerhin auch Zeit, die da verstreicht und für den Lehrer gibt das sicherlich auch einen Pluspunkt, wenn er eine Frage gut beantwortet. Aber wenn es sich um eine Frage handelt, die schon eher fachspezifisches Wissen erfordert und wo ich mir eben nicht sicher bin, ob der Lehrer die Antwort darauf weiß, dann würde ich das zurückstellen. An sich sollten die Lehrer auf solche Situationen auch vorbereitet sein und wissen, wie man sich in solchen Situationen verhält. Weiß man die Antwort nicht, dann wäre es erstens angebracht die Klasse zu fragen und wenn diese die Frage auch nicht beantworten kann, dann würde ich sagen, dass man das selbst zu Hause nachschaut oder es der Klasse als Hausaufgabe aufgeben oder so ähnlich. Auf jeden Fall sollte man deswegen nicht in Schweiß ausbrechen müssen, sowas kommt eben durchaus mal vor.
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