Darf Özil sich bei Tor gegen Türkei freuen

vom 20.06.2012, 12:21 Uhr

Ich weiß, dass Türkei leider bei der EM nicht dabei ist und Deutschland deswegen nicht auf die Türkei treffen wird. Trotzdem mache ich öfters Gedanken darüber, ob Özil sich freuen würde, wenn er ein Tor gegen die Türkei machen würde. Özil ist halb Deutscher und halb Türke, hat sich aber für die deutsche Nationalmannschaft entschieden. Diese Entscheidung verstehe ich und bin keine von denen, der sagt, dass er sein Land verraten hätte oder so.

Ich denke jedoch, dass wenn Özil ein Tor gegen die Türkei schießen würde, dass es eine Sache des Respekts ist, dass er sich nicht freuen wird. Es ist eine ethische Frage und ich hoffe, dass Özil sich nicht freuen wird. Was sagt ihr dazu? Seid ihr gleicher Meinung wie ich?

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» petertreter » Beiträge: 1437 » Talkpoints: -2,03 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke, wenn er ein solches Tor irgendwann mal schießen sollte und gegen die Türkei antritt, sollte er sich auch freuen dürfen. Es ist immerhin seine Leistung und es hat ja nichts damit zu tun das er gegen das Land und seine Wurzeln wäre. Eine sportliche Leistung, wie ein Tor, sollte auch honoriert werden und man muss sicher nicht seine Gefühle zurückhalten, nur weil man mit dem anderen Land auch verwurzelt ist. Im Fußball treffen zwar spielerische Gegner aufeinander, jedoch ist man privat doch immer noch tolerant und kann sich somit auch freuen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


22 Millionäre laufen einem Lederball hinterher und du redest tatsächlich von Ethik. Es ist ja nicht so, dass die Gegner Hohn und Spott über sich auskippen, wenn der eine dem anderen den Ball in das Eckige pfeffert. Warum sollte sich da nicht jemand freuen dürfen, egal wer. Soll ich mich als Zuschauer denn auch nicht freuen dürfen, weil da ein Kongolese für uns spielt? Ja ich weiß, erschreckenderweise haben manche "Fans" tatsächlich manchmal wirklich ein ernsthaftes Problem mit so etwas, aber 10% Doofe hat halt jede Gesellschaft. Und einen falsch verstandenen Nationalismus gibt es auch überall. Häufig korrelieren diese Bereiche, behaupte ich jetzt mal so.

Zusammenfassend: Nein, ich sehe da kein Problem drin, wenn Özil den Türken einen Ball reinpfeffert und danach ein Freudentänzchen macht. Ich akzeptiere doch auch, dass z. B. ein (deutscher) bayerischer Spieler uns im (deutschen) Gladbach das Leder ins Tor knallt. Was will man machen? Der Bayer hat halt den deutschen Pass.

Mich erinnert diese Diskussion ein bisschen an einen etwa 10-12-jährigen, männlichen Stadionbesucher im deutschen Trikot beim Spiel gegen die Dänen. Da steht dieser Rotzlöffel bei der Nationalhymne, ganz groß, die Hand auf dem Herz und ganz betulich das Liedlein trällernd, ein feierlicher Moment voller Würde und Respekt. Und dann? Kaum merkt er, dass die Kamera ihn erfasst hat, war es das mit der Würde des Augenblicks. Er macht den Max und hampelt und winkt - vollkommen respektlos. Also: Wir wollen mal nicht zu hohe Maßstäbe an die Moral von Spielern und Zuschauern stellen. Es ist ein Spiel und eine dreckige Geldmaschine, nicht mehr und nicht weniger. Der Rest ist Legende.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Dieses Gespräch haben wir neulich noch bei der Arbeit geführt. Es war ja auch bei einer EM oder WM mal so, dass Lukas Podolski gegen Polen ein Tor geschossen hat und sich auch nicht wirklich freuen konnte. Dabei ist es ja das Gleiche. Ich sehe es auf der einen Seite ja ein, dass es ein Tor gegen sein Heimatland wäre und er sich nicht so euphorisch freut, wie es bei einem anderen Tor der Fall wäre.

Aber auf der anderen Seite sehe ich es auch so, dass er sich entschieden hat, für Deutschland zu spielen und deshalb auch ein Recht hat, sich bei einem Tor zu freuen. Außerdem finde ich es unfair den Teamkameraden gegenüber, die sich mit dem Torschützen freuen möchten, was nicht wirklich möglich ist, wenn der Torschütze mit hängenden Schultern vor dem Tor steht.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Darf beziehungsweise durfte Lukas Podolski sich freuen, als er gegen die Polen getroffen hat? Immerhin ist dies auch sein Geburtsland und ja, er durfte. Warum sollte sich ein Özil da nicht freuen, wenn er es schafft, ein Gegentor zu erzielen? Immerhin geht es um eine sportliche Leistung und wenn man nicht gewillt ist, diese zu leisten, wenn man die Möglichkeit dazu hat, sollte man kein Profisportler sein, oder?

Daher ist es absolut legitim, wenn sich ein Mesut Özil bei einem Spiel gegen die Türkei über ein selbst erzieltes Tor und gegebenenfalls über einen Sieg freut. Ich denke, dies stand auch zur Debatte, als es darum ging, ob er nun für die deutsche oder für die türkische Nationalmannschaft spielen möchte und um die Staatsangehörigkeit.

Ich kann verstehen, wenn die Freude ansonsten groß ist und bei einem Tor oder Sieg gegen das Geburts- oder gegen das Herkunftsland eher etwas verhalten ist, sich aber nicht zu freuen fände ich irgendwie auch unangemessen, da die Staatsangehörigkeit nun einmal selbst ausgesucht wurde.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Mesut Özil ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Er hat sich entschieden, auch in diesem Land als Fußballprofi mit deutscher Staatsangehörigkeit zu leben. Er ist nicht der einzige Mensch mit Ursprungswurzeln, die in ein anderes Land reichen, der sich für ein Leben in Deutschland entschieden hat. Dabei spielt es keine Rolle, wo seine Familie wohnt oder herkommt. Diese Entscheidung sollte jeder – sowohl in Deutschland und in diesem Falle der Türkei – akzeptieren.

Es gibt viele türkische Fans von Özil, die stolz auf ihn sind und sich freuen, dass er seinen Traum verwirklichen konnte und es als super Fußballprofi geschafft hat. Aber leider gibt es ebenfalls solche türkischen Fußballzuschauer, die ihm den Erfolg missgönnen und ihn auspfeifen. Das dürften keine wahren Fußballliebhaber sein, sondern nur ganz armselige Menschen, die neidisch auf seinen Erfolg sind und es ihm nicht gönnen, dass er – in aller Bescheidenheit – ganz oben ist. Hätten diese Menschen jemals die Wahl gehabt wie Özil, hätten sie die gleiche Entscheidung getroffen.

Auch in Deutschland gibt es Menschen, die nicht akzeptieren wollen, dass Mesut Özil als „Deutscher“ ein deutscher Fußballprofi ist und sehr beliebt. Deutschland ist Einwanderungsland. Entscheidet sich jemand für die deutsche Staatsangehörigkeit, gehört er als Deutscher zur Bundesrepublik. Das sollte jeder akzeptieren. Dagegen nun eine rassistische Hetzkampagne zu veranstalten und noch anonym im Internet, ist billig und primitiv und sollte nicht hingenommen werden.

petertreter, ich bin nicht deiner Meinung, dass Özil halb Deutscher und halb Türke ist. Özil ist Deutscher mit türkischen Wurzeln. Egal, ob er nun ein Tor gegen ein Land geschossen hätte, das zufällig die Türkei hätte sein können, würde er sich über einen Treffer immer freuen, dazu ist er Profi. Es ist seine Aufgabe, Tore zu erzielen, egal gegen wen. Ich selbst freue mich immer, wenn Özil mitspielt, egal wer der Gegner ist.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Man darf sich auch in so einer Situation natürlich freuen. Es wird sicher niemand absichtlich verlieren wollen, nur weil er gegen sein Herkunftsland antreten muss und ganz sicher wird jeder Spieler auch in so einem Spiel die Torchancen nutzen, die sich ihm bieten. Und dass man sich dann auch freut, ist doch ganz klar. Viele tragen ihre Freude dann aus Respekt eben nicht so nach außen und brechen nicht in Jubelstürme aus. Wenn ich mich richtig erinnere, hat entweder Lukas Podolski oder Miro Klose, genau weiß ich es nicht mehr, irgendwann schon mal gegen Polen getroffenen und sich dann eben mit dem Jubeln etwas zurückgehalten, was ich absolut okay finde.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



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