Dickes + farbiges Weinglas beeinflusst den Geschmack?

Ich habe neulich in einem Geschäft für Geaschenkartikel eine Kundin gesehen, die unbedingt sehr dünne Weingläser haben wollte. Die normalen Weingläser, die fast jeder im Haushalt hat, wären zu dick. Angeblich würde der Geschmack des Weins verfälscht werden. Deswegen sucht sie sehr dünne Gläser. Beeinflusst die dicke eines Weinglases wirklich den Geschmack des Weins? Wenn ich in Weingebieten ein Glas Wein trinke, dann bekommt man auch meist normal dicke Gläser. Meist sogar diese Römergläser.

Die Verkäuferin zeigte ihr dann sehr dünne Gläser, die aber farbig waren. Es waren 6 Gläser die je eine andere Farbe hatten. Die Farben gefielen ihr zwar, aber sie meinte, ob die Verkäuferin denn noch nie was davon gehört hat, dass auch die farbigen Gläser den Geschmack beeinflussen würden. Selbst farbige Weinglasfüße würden den Geschmack beeinflussen.

Was ist dran an dieser Aussage dieser Kundin? Beeinflussen farbige oder dicke Gläser wirklich den Geschmack des Weines? Warum gibt es dann in Weingebieten wie Rhein und Mosel oft dicke Gläser, die auch oft grün sind?

Es ist natürlich Quatsch, dass "dicke" Gläser oder farbige Gläser den Geschmack beeinflussen würden. Es ist vollkommen egal, ob dicke oder dünne, bunte oder durchsichtige Gläser: der Inhalt bleibt davon unberührt. Jedenfalls dann, wenn es sich um saubere Trinkgefäße handelt. Denn eine Staubschicht, als Beispiel, würde den Geschmack in jedem Fall (negativ) beeinflussen. Im Grunde ist auch das Trinken von Wein aus Plastikbechern oder Bierkrügen denkbar, ohne das der Geschmack darunter leiden würde.

Was aber bei so einer Frage zu berücksichtigen wäre, ist das unterschiedliche Wahrnehmen des "Geschmackserlebnisses". Hier lässt sich der Mensch nämlich täuschen und man hat schon das Gefühl, dass Wein aus Kaffeetassen getrunken einfach nicht gleichzusetzen ist, mit dem trinken von Wein aus hochwertigen Weingläsern. Auch können Weinexperten einwenden, dass der Wein in einem "Kelch" mehr Luft zum atmen hat, was dem Geschmack auch zugute käme. Das aber würde ich auf Grund der kürze der Verweilzeit von Wein im Glas als vernachlässigbar sehen.

Ich halte es auch für Aberglauben, dass der Geschmack des Weins von der Dicke des Glases beeinflusst würde. Bei solchen Traditionen geht es eher darum, dass Weintrinker oft nicht einfach nur Wein trinken, sondern das Erlebnis richtig zelebrieren wollen. Und dazu gehören typischerweise diese hauchdünnen Gläser.

Der Hintergrund für diese Sitte ist, dass ganz dünnwandiges Glas früher, als noch alles in Handarbeit hergestellt wurde, schwer zu produzieren und entsprechend teuer war. Man hatte dann also etwas ganz edles in der Hand und konnte Reichtum demonstrieren, indem man den Gästen den Wein in hauchdünnen Gläsern vorsetzt.

Und irgendwann wurde dann offenbar daraus das Märchen, der Wein würde in dünnen Gläsern besser schmecken. Was aber, da Glas keine Stoffe an den Wein abgibt, kompletter Unsinn ist - mal ganz abgesehen davon, dass bei einem solchen hypothetischen Stoffaustausch ohnehin nur die Oberfläche, die mit dem Wein in Berührung ist, beteiligt wäre.

Allerdings, bei Plastik muss ich widersprechen: Plastik schmeckt man leider, da Plastik wirklich Stoffe an Flüssigkeiten abgeben kann. Wasser aus Plastikflaschen schmeckt deutlich anders als Wasser aus Glasflaschen, und auch chemisch lassen sich Rückstände nachweisen, wenn ein Getränk in Plastik aufbewahrt wurde. Den Wein aus einem Plastikbecher zu trinken hielte ich somit für keine gute Idee. Plastik hat ja sogar einen Geruch, der das Geschmackserlebnis ebenfalls stören kann, Nase und Gaumen arbeiten ja bekanntlich Hand in Hand, sozusagen.