Absolutes Gehör - Wer hat es?

Ich habe vor einiger Zeit mal einen Film gesehen, glaube ein Krimi, und da führte die Aufklärung über das sogenannte ''absolute Gehör'' des Täters. Ich wusste erst gar nicht, was dies bedeutet, also schaute ich im Internet nach:

Das absolute Gehör ermöglicht den Personen jeden Ton in seiner Tonlage zu bestimmen, die Intervalle auseinander zu halten und zu erkennen, ob ein bestimmter Ton in einem Stück wirklich in die musikalische Folge passt.

Ich finde es bemerkenswert, dass so etwas überhaupt möglich ist. Ich finde schon krass, wenn Leute einen Ton an sich bestimmen können, aber so so stark auszuweiten ist echt klasse. Da ich persönlich noch keinen getroffen habe und ich selbst davon weit, weit weg bin, wollte ich hier einmal wissen, ob jemand unter uns ist, der ein solches ''absolutes Gehör'' hat? Wie habt ihr es herausgefunden? Kann einem ein Arzt das sagen? Wie geht man damit um? Ist es schwer jemandem zu lauschen, der, zum Beispiel nicht perfekt Klavier spielt, oder schlecht singen kann? Sagt ihr das vorher? Ist es allgemein für euch eine positive Eigenschaft, oder eher negativ? Kann man es vielleicht sogar ignorieren?

Nun, ich denke, man sollte da einige Dinge auseinander halten. Spielt jemand beispielsweise nicht perfekt Klavier, dann ist es vor allem die Erfahrung, Fehler darin zu erkennen. Beispielsweise, wenn man viele Jahre selbst Musik gemacht hat, Unterricht gibt usw. Es fällt dann eben leichter, kleine Fehler zu erkennen, während für den Laien die Musik eher vor sich hin dudelt. So etwas muss nicht einmal etwas mit einem "perfekten Gehör" zu tun haben.

Ich selbst kann jedenfalls nicht von mir behaupten, eine derartige Begabung zu haben. Allerdings kann ich durchaus vorstellen, dass es soetwas gibt, finde es jedenfalls sehr interessant. Vielleicht findet sich hier ja noch jemand, der tatsächlich solch ein Talent besitzt, das würde mich jedenfalls auch interessieren.

Ich kenne zwei Personen, die das absolute Gehör haben. Da ist einmal unser früherer Musiklehrer. Er hat uns einmal erzählt, dass er es hat. Andererseits hat es mein Neffe. Mein Neffe studiert Musik und hat es zufällig herausgefunden. Man kann es ja leicht testen. Wenn man Töne erkennt, ohne dass man einen Vergleichston hören muss, hat man eben das absolute Gehör.

Ich sehe es aber nicht als Eigenschaft, die irgendeinen besonderen Einfluss auf das Leben hat. Die Leute, die diese Begabung haben, sind völlig normal. Es gibt ja auch Leute, die mit den Ohren wackeln können. Da mache ich mir doch auch keine Gedanken, ob das eine positive oder negative Eigenschaft ist und ob diese Fähigkeit das Leben beeinflusst.

Man kann auch sehr musikalisch sein, ohne das absolute Gehör zu besitzen. Auch solche Leute erkennen den kleinsten Fehler in Musikstücken oder Gesängen. Darin liegt der Unterschied nicht. Ich bin leider sehr unmusikalisch, mir kann man alles vorsingen und ich kann sehr schlecht beurteilen, ob es gut oder schlecht ist. Ich kann zwar sagen, ob es mir gefällt, aber mehr auch nicht.

Man muss kein absolutes Gehör haben, um einen Ton bestimmten zu können. Wenn man sich beispielsweise für ein Musikstudium entscheidet, muss man dort auch diese ''Notendiktate'' machen oder aber, es wird einem ein Stück vorgespielt und man spielt es nach. Dennoch haben viele Musikstudenten kein absolutes Gehör, denn man kann einen Ton auch bestimmten, wenn man einen Bezugston hat, dazu reicht dann einfach ein ausreichend geschultes Gehör. Spielt jemand beispielsweise ein Instrument, liebt klassische Musik und interessiert sich auch für das komponieren, würde er mit großer Wahrscheinlichkeit auch erkennen, um welchen Ton es sich handelt, wenn man ihm als ''Bezugspunkt'' eben einen anderen Ton vorspielt, man erkennt das Intervall. Dafür ist das absolute Gehör nicht zwingend notwendig, das absolute Gehör hat jedoch auch die Besonderheit, dass man eben keinen Bezugston braucht und direkt beim erklingen eines Tones sagen kann, um welchen es sich handelt.

Ich selbst habe ein solches absolutes Gehör. Die ''Faustregel'' ist, dass man ein absolutes Gehör leicht entwickeln kann, wenn man vor dem 6. Lebensjahr beginnt, Instrumente zu spielen und sich auch intensiv beschäftigt. Damit ist also nicht gemeint, dass ein Kind ein bisschen Blockflöte pustet und danach ab und an auf einer Gitarre klimpert. Ich selbst habe schon mit 4 angefangen und kann heute diverse Streichinstrumente, Orgel und einiges andere, was ich aber eben nicht perfekt beherrsche. Man merkt sehr schnell, wenn man ein absolutes Gehör hat, man merkt es im Orchester und im Unterricht, es gibt natürlich auch bestimmte Tests. Die Hörtest fallen bei mir auch überdurchschnittlich gut aus, aber das ist bei vielen musikalischen Menschen so, auch wenn diese kein absolutes Gehör haben.

Man unterscheidet sich mit einem absoluten Gehör nicht großartig von anderen Menschen, man hört eben genauer und differenzierter und ist eher in der Lage, den harmonischen Verlauf eines Stückes zu analysieren. Natürlich hört man, wenn jemand unrein spielt oder singt, aber es ist Unsinn, dass man das mit einem absoluten Gehör eher könnte. Spielt ein Kind zur Übung irgendein Stück und verspielt sich, erkennen die Eltern das auch sofort, obwohl sie unmusikalisch sind, Dissonanzen bedürfen keines absoluten Gehörs! Dadurch das ich mich aber eben so viel mit klassischer Musik beschäftige, ist mir die populäre Musik langweilig, heißt also, ich kann kein Radio oder sonst was hören, ich finde es total öde, es ist anspruchslos, alles klingt gleich und wiederholt sich.

Ich finde aber nicht, dass es großartig interessant ist, ein absolutes Gehör zu haben. Es gibt wohl Tests die man machen kann und die dann den Bewerbungsunterlagen an Universitäten beigelegt eine bessere Chance ermöglichen, aber das war es wohl schon. Beim komponieren kann es praktisch sein, muss es aber nicht, denn hier geht es auch generell um das ganze harmonische Gerüst und Bezugstöne sind vorhanden, so dass auch Personen ohne absolutes Gehör komponieren können. Abgesehen davon soll es übrigens auch Erwachsenen möglich sein, noch ''nachträglich'' ein absolutes Gehör zu erlangen, nämlich wenn sie erblinden.