Das Wörtchen "NICHT" nicht verwenden

vom 25.02.2012, 12:30 Uhr

Ich lese sehr viel über Kindererziehung und bin gerade an einem sehr bekannten und auch interessanten Buch „Babyjahre“. In diesem Buch höre ich nun schon wieder, dass man Kinder mit positiven Sätzen erziehen soll. Ich hatte dieses Thema auch während meinem Fachabitur in Psychologie sehr oft gehabt. Hierbei heißt es, dass Kinder bei dem Wort NICHT – eigentlich immer das Gegenteil machen.

Die Erklärung ist eigentlich ganz klar. Wenn man sich etwas NICHT vorstellen soll, stellt man sich dies natürlich automatisch vor und so ist es auch bei Kindern. Ich merke es bei meiner Tochter deutlich, wenn ich zu ihr sage; „NICHT IN DEN MUND“, steckt sie es sich natürlich direkt in den Mund und überhört das Wörtchen „Nicht“ einfach. Nun habe ich in den letzten Tagen vermehrt darauf geachtet, meine Antworten positiv zu formulieren und es hat tatsächlich geholfen. Nur fällt es mir sehr schwer, sämtliche Sätze mit Nicht positiv zu formulieren. Ich habe sonst zum Beispiel immer gesagt: Die Treppe gehst du nicht alleine hoch“, und schwups war sie auf der ersten Stufe. Nun habe ich die letzten Tage zu ihr gesagt: „Bleib bitte hier unten“ und darauf hin dreht sie sich um und kommt zu mir. Daran merke ich doch deutlich, dass dieses Umformulieren etwas bringt und meine Tochter das Nicht tatsächlich überhört und meine Nicht-Sätze als Aufforderung versteht.

Wie soll ich aber beispielsweise sagen, dass sie sich etwas nicht in den Mund stecken soll, wenn ich das Wörtchen „Nicht“ – nicht verwenden darf? Es ist für mich wirklich einleuchtend, dass Kinder das Wort „Nicht“ einfach überhören bzw. Probleme mit der Verknüpfung haben und sich gegenteilige Aspekte noch nicht vorstellen können. Allerdings frage ich mich ob das tatsächlich so sinnvoll ist und vor allem wie ich diese Bootschaften umformuliere. Desweiteren hatten wir damals in Psychologie auch das Thema der DU-Bootschaften wo es noch hieß, dass Kinder nicht mit DU angesprochen werden sollen. Bzw. sollte man negative Aspekte nicht in Du-Bootschaften bringen. Jetzt frage ich mich aber wirklich wie ich mit meinem Kinde sprechen soll?

Finde diese Aspekte irgendwo gut, aber dennoch teilweise übertrieben oder wie seht ihr das? Habt ihr denn eine Idee wie man Sätze umformulieren kann, damit das Wörtchen NICHT hinausfällt? Und wie habt ihr das gemacht? Habt ihr einfach ganz normal mit euren Kindern geredet, oder habt ihr auch irgendwelche bestimmten Aspekte genutzt um die Erziehung voranzuschreiten?

» Lara2011 » Beiträge: 1466 » Talkpoints: 0,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Aus der Erfahrung mit meinem Sohn kann ich sagen, dass das nur teilweise funktioniert. Zum Beispiel funktioniert "Bleib bitte auf dem Gehweg" besser als "Geh nicht auf die Straße". Bei der Sache mit dem in den Mund stecken von Dingen ist das aber was anderes. Er macht das trotz seiner 3,5 Jahre immer noch total gerne und ich denke, dass er es sehr wohl versteht, wenn ich ihm sage "Das gehört nicht in den Mund". Manchmal sage ich dann auch "Nimm das bitte aus dem Mund", aber das Ergebnis ist in beiden Fällen das gleiche. Er grinst nur frech und macht weiter, sodass ich dann erst schimpfen muss, bevor er es sein lässt.

Im großen und ganzen versuche ich schon, das Wort "nicht" möglichst wenig zu verwenden, zumindest eben bei Aufforderungen. Manchmal fällt mir in der jeweiligen Situation aber einfach kein anderer Satz ein.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Die Erklärung ist eigentlich ganz klar. Wenn man sich etwas NICHT vorstellen soll, stellt man sich dies natürlich automatisch vor und so ist es auch bei Kindern. Ich merke es bei meiner Tochter deutlich, wenn ich zu ihr sage; „NICHT IN DEN MUND“, steckt sie es sich natürlich direkt in den Mund und überhört das Wörtchen „Nicht“ einfach.

Ehrlich gesagt wundert mich das schon ein wenig, denn Kinder sind ab einen gewissen Alter doch durchaus in der Lage, ein „Nicht“ zu verstehen, wir Erwachsenen können dies ja allemal. Vielleicht ist es einfach so, dass Kindern dem Gesagten auch nicht so viel Aufmerksamkeit entgegen bringen und dann nur „Treppe“ oder „Straße“ hören, ohne wirklich den Sinn des Satzes richtig zu verstehen. Würde man hingegen den Satz in eine positive Formulierung umformen, dann stehen andere Wörter im Vordergrund, so dass sich das Kind dann auch so verhält, wie man es sich wünscht oder zumindest häufiger das gewünschte Verhalten zeigt.

Andererseits entspricht es ja unserem Sprachgebrauch, auch Sätze im Negativ zu formulieren und wie soll ein Kind denn wirklich lernen, was bestimmte Wörter bedeuten, wenn die Eltern zum besseren Verständnis alle Sätze umstellen. Die restlichen Personen, mit denen das Kind im Leben konfrontiert ist, werden das nämlich nicht machen und schon sind Probleme vorprogrammiert.

Den zweiten Tipp, ein Kind nicht mit „Du“ anzusprechen, finde ich erst recht merkwürdig. Wie soll man es denn sonst machen? Durch welches Wort soll man denn das „Du“ ersetzen? Ich finde, man sollte einem Kind schon auch das Erlernen eines normalen Sprachgebrauchs und dessen Bedeutungen ermöglichen und nicht alles explizit angeblich kindgerecht umformulieren. Wenn Anweisungen nicht befolgt werden, bleibt ja auch immer noch die Möglichkeit, dem Kind etwa mit einem deutlichen Nein das wegzunehmen, was es sich gerade in den Mund stecken will.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 25.02.2012, 13:41, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Klar, Kinder AB einem gewissen Alter können das. Aber kleine Kinder können tatsächlich mit dem Wort "Nicht" noch nicht viel anfangen. Ich habe auch schon vermehrt gelesen, dass man die Sätze positiv formulieren soll und auch ich kann bestätigen, dass es durchaus was bringt, wenn man sich danach richtet. Allerdings finde ich es auch unheimlich schwer, Sätze positiv zu formulieren. Ich denke man neigt generell dazu, Sätze eher negativ auszudrücken. Und wenn man erst ewig darüber nachdenkt, wie man am besten formulieren kann, dass das Kind sich das Brot nicht in den Mund steckt (als Beispiel), dann ist es unter Umständen in der Zeit schon zu spät.

Kinder filtern sich eben die Schlagwörter heraus und die sind in dem Fall Mund und Brot. Sie schlussfolgern dann automatisch, dass sie das Brot in den Mund stecken sollen. In dem Fall könnte man natürlich formulieren: Lass das Brot bitte auf dem Tisch. Schlagwörter wären hier: Brot und Tisch und somit ist dann auch alles klar. Im Prinzip muss man das nur so formulieren, dass man dem Kind sagt, was es tun soll und nicht, was es nicht tun soll. Das kannst du dir als Eselsbrücke ja merken. Wenn man das eine Weile übt, dann geht das auch schnell ins Blut über.

Und das DU-"Problem kann man auch relativ einfach lösen. Man kann das Kind doch direkt ansprechen, zum Beispiel: Anna, bleibe bitte hier stehen. Anna begreift relativ schnell, dass sie mit Anna gemeint ist und so versteht sie auch, dass sie gemeint ist und sie stehen bleiben soll. Ich bin sowieso für direkte Ansprachen. Und das Du kann man auch gut vermeiden. Statt einem "Kannst du mir mal das Brötchen geben?" kann man doch einfach sagen: "Anna, gib mir mal bitte das Brötchen" Das ist dann zwar keine Frage mehr, aber die finde ich in dem Falle sowieso unangebracht, da es eigentlich ohnehin keine Frage, sondern vielmehr eine höfliche Aufforderung ist.

Und auch das müssen Kinder lernen. Formuliere ich nämlich eine Frage, dann kann "Anna" auch mit "Nein" antworten, theoretisch. Wird sie aber wohl kaum machen und stattdessen wird sie mir das Brötchen natürlich geben. Eine Entscheidungsfreiheit hat sie hier im Grunde wirklich nicht, auch wenn es so aussieht. Was wäre nämlich, wenn Anna wirklich "nein! sagt?

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Ich finde es sehr wichtig, dass man auf bestimmte Worte verzichtet. Dazu gehört auch das Wort "Nicht". Dies konnte ich am eigenen Leib schon sehr gut erkennen, da ich unseren Sohn versuche, das selbständige Essen beizubringen. Dabei stellte sich heraus, dass mein Sohn ganz besonders eine Tätigkeit machte, wenn ich es ihm vorher mit den Worten "Nicht" verboten hatte.

Dazu ein kleines Beispiel: Der Sohn nimmt immer zu große Stücke in den Mund. Nicht so gut angebracht wäre es z.B., wenn man immer wieder sagt, dass er es nicht machen soll. Dies kann ein kleines Kind noch gar nicht unterscheiden. Dann muss man sich eben überlegen, wie man etwas umformulieren kann und z.B. sagen. dass man die Stücke erst kleinschneiden sollte, bevor man sie in den Mund nimmt. Dies versteht ein Kind gleich im Längen viel besser und das Lernen geht deutlich schneller voran.

» kowalski6 » Beiträge: 3399 » Talkpoints: 154,43 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Man kann eigentlich alles positiv formulieren und ich habe das auch einmal eine Zeit lang ausprobiert, als ich auf meinen Psychotrip war. Statt zu sagen: "Das darfst du nicht in den Mund nehmen." , kann man sagen: " Das ist ein Spielzeug (oder was auch immer), das man in die Hand nimmt.". Oder statt: " Diese Beeren darfst du nicht essen." kann man sagen: "Diese Beeren machen ganz schlimme Bauschmerzen, die müssen am Strauch hängen bleiben." Eigentlich fällt mir nichts ein, was man nicht ohne das Wort "Nicht" formulieren könnte. Meine Kinder, die da aber schon ein bisschen älter waren, haben gefragt, warum ich auf einmal so komisch rede. Aber wenn die Kinder größer sind, sollte man das Wort "Nicht" benutzen. Es macht ja einen Sinn, dass es das Wort gibt.

Das Wort "Nein" sollte man aber benutzen, allerdings nicht inflationär. Man kann durchaus sagen, dass irgendetwas "Bäh" oder "Nein" ist. Das verstehen die Kinder schon richtig. Wenn ein Kind nicht in den Flaschenrückgabe-Automaten oder sonst eine Maschine greifen soll, muss man schon laut und bestimmt "Nein" sagen und dazu die Erklärung, dass der Automat weh tut. "Greife nicht in die Maschine." würde ein kleines Kind tatsächlich nicht verstehen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich finde es ebenfalls ziemlich schwierig, viele Sätze so umzuformulieren, dass das Wort "nicht" eben ersetzt wird. Bestimmte Situationen, die immer wieder eintreffen könnten, kann man zum Teil voraus planen und entsprechend eine Umformulierung gestalten beziehungsweise vorbereiten. Bei Dingen, die spontan auftreten, sollte man vielleicht dann eben ein kurzes "Nein!" verwenden und sich da nicht erst Gedanken darum machen, wie man es denn nun richtig sagen würde. Dazu geht zu viel Zeit ins Land.

Die Thematisierung der Sprache und des Verständnisses hatten wir auch in der Ausbildung gehabt und dazu gehörte auch das Wort "Nicht", ich würde aber wie gesagt dann zumindest ein kurzes, bestimmtes "Nein" verwenden, wenn kein Gegensatz in einer positiven Umformulierung vorbereitet ist und auch nicht einfällt. Dieses "Nein" verstehen Kinder auch sehr gut, allerdings sollte man es auch gezielt einsetzen, damit es eben recht selten fällt und die Kinder keine negativen Verbindungen mit dem Wort "Nein" verknüpfen. Aber das hat wiederum schon anlupa sehr schön formuliert.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



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