Bezug zum Trainer (bei Kursen)

vom 02.06.2012, 06:51 Uhr

Vor meiner Karenz habe ich in einem privaten Bildungsinstitut zum einen als Persönlichkeitstrainer für schwer erziehbare Jugendliche, zum anderen als Trainer für Migranten gearbeitet. Bei den Kursen war es durchaus so, dass es generell eher locker zu ging, vor allem bei den Ausländern. Wir waren alle per "Du", weil es in dem Institut dort so üblich war und das hat mich auch nie gestört. Ganz im Gegenteil. In der Schule als Lehrer wäre mir das zwar nicht recht gewesen, aber in dem Institut hat es sehr gut gepasst. Es waren ja auch durchaus Kurse, wo eben auch ein wenig ein "persönliches Verhältnis" notwendig war.

In dem Institut war es auch üblich, dass ich meine Telefonnummer am Kursbeginn den Kursteilnehmern gegeben habe, oder eben geben musste. Das war mir zwar nicht so recht, aber zum Glück ist es nie zu einem Problem geworden. Die Telefonnummer war insofern notwendig, als dass ich eben die Kursleiterin war und wenn jemand krank wurde oder dergleichen, dann wurde ich angerufen. Es gab zwar auch ein Sekretariat, aber in der Regel sollten sich die Kursteilnehmer eben direkt bei mir melden. So hatten die Kursteilnehmer eben auch meine private Telefonnummer, da ich leider kein berufliches eigenes Handy gehabt habe. Heute würde ich das ehrlich gesagt anders machen und mir ein eigenes Handy zulegen, aber vor der Karenz war das nun eben so. Jedenfalls hatten die Kursteilnehmer eben auch meine private Telefonnummer.

Nun habe ich unlängst eine Bekannte getroffen, die auch Teilnehmerin bei ähnlichen Kursen war. Sie berichtete mir, dass sie total enttäuscht ist, weil die Kursleiterin während dem Kurs total freundlich war und sie jederzeit für sie da war und sie hat eben auch ihre Telefonnummer hergegeben und so sie waren auch per "Du" und so weiter. Jedenfalls ist sie total enttäuscht, dass sich die Kursleiterin nach dem Kurs nie wieder bei ihr gemeldet hat. Sie hat die Kursleiterin dann scheinbar auch einmal auf der Straße getroffen und sie wollte mir ihr einen Kaffee trinken gehen, aber die Kursleiterin hat abgelehnt. Darüber war sie dann scheinbar persönlich gekränkt und verärgert. So in etwa in die Richtung ging es.

Ich habe dann versucht ihr meine Sichtweise zu erklären, aber irgendwie war sie glaube ich weiterhin von der Trainerin enttäuscht. Wenn ich frühere Schüler von mir irgendwo treffe, dann freue ich mich meistens sogar wirklich. Das ist nicht vorgetäuscht. Ich plaudere auch gerne ein wenig, erkundige mich, wie es ihnen geht und dieses Interesse ist auch ernst gemeint. Allerdings gibt es bei mir Grenzen. Auf einen Kaffee bin ich mit meinen Schülern auch noch nicht gegangen. Mit der Zeit kommen einfach derart viele Schüler zusammen, dass ich nun nicht wirklich mit allen "befreundet" sein kann. So hat es nämlich meine Bekannte gesehen. Sie hat gemeint, dass sie geglaubt hat, dass die Trainerin sie nun als "Freundin" oder so sieht, weil sie ja im Kurs so freundlich war.

Einige Migranten kamen einmal auf die Idee, dass sie mich anrufen könnten um mich zu fragen, ob ich ihren Kindern nicht Nachhilfe geben könnte. Da ich ja so nett bin, natürlich kostenlos, das versteht sich. Auch hier habe ich ehrlich gesagt abgelehnt. Meine Zeit ist auch beschränkt. Ich gebe gerne im privaten Umfeld kostenlos Nachhilfe, aber bei Kindern von Kursteilnehmern ist da bei mir eine Grenze erreicht, wo ich dann eine kostenlose Hilfe ablehne. Habt ihr auch schon diverse Kurse besucht und wie war euer "Bezug" zum Trainer? Was würdet ihr euch vom Trainer nach Kursende "erwarten"?

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich habe einmal einen solchen "Kurs" in Rahmen der Berufsvorbereitung besucht und dort war es schon so, dass ebenfalls vieles auf einer persönlichen Ebene ablief und man sich auch gegenseitig geduzt hatte. Manchmal dachte ich, dass es mir persönlich als Teilnehmerin eines solchen Kurses zu weit ginge und selbst, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, mich privat bei den Dozenten oder wie ich sie auch immer benennen sollte, so hätte ich es nicht getan. Ich erwartete auch nicht, dass man sich danach zusammensetzt und selbst, wenn man sich zufällig trifft, erwartete ich auch nicht, dass man unbedingt einen Kaffee gemeinsam trinkt oder auch nur ein längeres Gespräch bestreitet.

Wie Du schon sagtest, ist es einfach eine ganze Menge an Schülern oder Teilnehmern, die man da zu Gesicht bekommt. Und irgendwann einmal muss man ja auch eine Grenze ziehen. Ich könnte mir zum Beispiel auch nur schwer vorstellen, etwas Privates mit einer Mutter oder einem Vater zu tun zu haben, deren/ dessen Kinder ich betreut habe/ betreue. So etwas sehe ich teils als schwierig an, falls mal Konflikte auftreten, die mit der Betreuung zu tun haben. Da bin ich dann doch noch etwas distanziert, und auch, wenn ich es schade finde, zu manchen Personen keinen Kontakt mehr zu haben, frage ich mich, ob es nicht doch so besser gewesen ist.

Ich kann mich auch noch an eine Lehrerin erinnern, die mir ebenfalls ihre Privatnummer gegeben hat und mit der ich mich recht gut verstanden habe. Diese Lehrerin habe ich auch einmal nach der Schulzeit telefonisch gesprochen und ich hätte mir schon vorstellen können, da weiterhin in Kontakt zu bleiben. Aber auch hier habe ich dann doch Abstand genommen, weil ich nicht weiß, ob man diese Nähe wirklich zulassen kann/ könnte, auch, wenn es sich eben um eine ehemalige Lehrkraft handelt. Sprich, ich habe mich von mir aus immer distanziert und auch, wenn ich es in Einzelfällen schade fand, so war es doch teils eben die richtige Entscheidung.

Erwartungen habe ich wie gesagt eigentlich keine gehabt, das einzige war, nur nicht ignoriert zu werden, wenn man sich zufällig auf der Straße trifft. Dass die Erinnerungen mit der Zeit verblassen, versteht sich ja von selbst, aber kurz nach einem Ende eines Kurses dann die Person nicht mehr zu kennen, die man betreut hat, finde ich dann schon etwas merkwürdig.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Das ist eine reale Gefahr, wenn es bei Kursen zu "familiär" zugeht. Sofern dann der Kursleiter oder die Kursleiterin praktisch ausgesprochen Freundlich ist, wird dies gleich als persönliche Sympathiebekundung und Freundschaftserklärung fehl gedeutet. Ohne das es auffällt, dass diese Kursleiterin oder der Kursleiter praktisch zu allen das gleich-gute Verhältnis hat. Schlimm wäre dies dann, wenn hier sogar die Hoffnung auf mehr als Freundschaft erweckt werden würde. Das ist im Grund so, wie wenn man sich besonders geehrt fühlen würde, wenn eine Bedienung im Lokal mit einem "flirtet" und auf lockere Sprüche eingeht. Wer dann nicht merkt, dass das nur Teil vom bezahlten Job und praktisch nur eine Rolle ist, der wird sich später persönlich abgewiesen fühlen.

Ich selbst würde zu keinem Zeitpunkt erwarten, mit dem Trainer oder der Trainerin nach Kursende noch in Kontakt zu bleiben. Auf die Idee, eines Tages bei einer zufälligen Begegnung nach einem gemeinsamen Kaffee zu fragen, wäre ich auch niemals gekommen. Das wäre mir sogar - wenn ich darüber nachdenke - fast schon zu peinlich, weil sogar ich merken würde, dass dies ein "aufdrängen" wäre. Wie sollte ich von der Kursleiterin (sei sie auch noch so attraktiv und nett zu mit) erwarten, dass sie tatsächlich einzelne Namen und Personen losgelöst vom Kurs noch zuordnen kann, wenn ich mir selbst noch nicht mal die Namen der anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer habe merken können. Aber gerade zu denen hätte man eher eine (Freundschafts-)Beziehung aufbauen können, weil die Voraussetzung eher die gleiche war. Kursteilnehmer sind ja in der Regel freiwillig an dem Ort des Kurses. Der Leiter oder die Leiterin wird dafür bezahlt!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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