Sozialer statt finanzieller Reichtum - immer noch der Trend?
Ich habe in den letzten Jahren schon den Eindruck gewonnen, dass finanzieller und materieller Reichtum mehr und mehr an Bedeutung gewinnt und es um soziale Kontakte vor allem dann geht, wenn sie einem auch irgendwie nützlich sein können. Dass sozialer Reichtum der finanziellen oder materiellen Habe grundlegend vorgezogen wird, würde ich deshalb so nicht sagen, auch, wenn ich das wirklich bedauere und mir persönlich ein gutes soziales Umfeld tatsächlich wichtiger als ist finanziell bestens dazustehen.
Das bedeutet nicht zwingend gleichzeitig, dass ich komplett auf eine finanzielle Absicherung verzichten will oder muss, denke ich, es geht mir bei der Betrachtung der Gesamtproblematik wirklich um den Begriff, der auch im Titel dieses Threads verwendet wurde, nämlich um den Trend. Und ich denke, dass mittlerweile klar geworden ist, dass doch ein großes Augenmerk darauf gelegt wird, in welcher Schicht sich jeder Einzelne befindet. Diese Geiz-ist-geil-Mentalität ist zwar einigen noch erhalten geblieben und man achtet vielleicht auch mehr auf seine Finanzen als noch zu DM-Zeiten, aber dennoch habe ich den Eindruck, dass man sowohl im Alltagsgeschehen als auch in den Medien immer wieder und vor allem immer mehr beobachten kann, dass der Trend dahingeht, zu zeigen, was man hat – und damit sind keine sozialen Kontakte gemeint, sondern eben der eigene Reichtum.
Ich finde auch, dass man immer wieder ganz gut mitbekommt, wie sehr sich verschiedene Personen aller möglicher Altersklassen aneinander messen. Da wird sich mit anderen und vor allem deren Status verglichen, es wird versucht, andere zu übertrumpfen oder wenigstens doch nachzuziehen. Soziale Kontakte werden vor allem gezielt aufgebaut, sofern man sich von ihnen einen Nutzen verspricht – jedenfalls kann ich das immer wieder entdecken.
Was mich selbst betrifft, so würde ich sagen, dass ich versuche, eine gesunde Einstellung zu dieser Fragestellung zu entwickeln bzw. zu behalten. Ich denke, dass ein soziales Umfeld im Sinne von Freunden so ziemlich das Wichtigste ist, weil damit ein Austausch verbunden ist, der mich fröhlich und glücklich, aber auch manchmal nachdenklich macht. Jeder meiner Freunde hat im Laufe der letzten Jahre oder Jahrzehnte einen erheblichen Beitrag zu meiner persönlichen Entwicklung geleistet, was ich von meinen finanziellen Errungenschaften nicht wirklich behaupten kann. Die mögen angenehm sein und es mag sich damit auch ein schönes und relativ sorgenfreies Leben führen lassen, ja. Dennoch kann es für mich die sozialen Kontakte, also mein persönliches Umfeld, nicht ansatzweise ersetzen und ich würde finanziellen Reichtum daher auch niemals über den sozialen stellen wollen.
Sicherlich gibt es viele Menschen, die das ähnlich sehen und ich denke, allein die Beantwortung der Frage, wohin denn der Trend nun wirklich geht, sagt eben nicht gleichzeitig aus, dass es keinen mehr gibt, der sozialen Reichtum wirklich dem finanziellen unterordnet. Dennoch habe ich den Eindruck, dass sich die entsprechende Priorisierung des finanziellen Reichtums in der Gesellschaft immer mehr dahingehend verschiebt, dass soziale Kontakte vor allem als Werkzeug benutzt werden, um den finanziellen Reichtum zu vergrößern und die eigene Position und den eigenen Status zu stärken und zu verbessern. Das bedeutet nicht, dass die Gesellschaft grundsätzlich dazu tendiert, nur noch soziale Kontakte dieser Art aufzubauen und zu erhalten, der Begriff „Trend“ sagt ja nur aus, wie sich das Verhältnis der freiwilligen sozialen Kontakte und der gesellschaftlichen Verpflichtungen darstellt.
Ich gehöre jetzt noch eher zu den jüngeren Generationen und habe daher keine großen Erfahrungswerte, die ich zum Vergleich anführen könnte, aber sofern ich das beurteilen kann, würde ich schon sagen, dass in meinem Umfeld der soziale Reichtum mit dem finanziellen auf einer Ebene steht, genaugenommen wird da in meinen Augen eigentlich nicht großartig unterschieden, der Status selbst setzt sich aus diesen ganzen Punkten zusammen und der soziale Reichtum spielt hier genauso eine große Rolle, wie der finanzielle. So sehe ich das zumindest.
Der soziale Reichtum wird beispielsweise durch soziale Netzwerke wie Facebook, MySpace und Co. gefördert, unter sozialem Reichtum versteht man heute oftmals nicht mehr, dass man gute und enge Freunde hat, die einem immer zur Seite stehen, man versteht darunter, dass man möglichst viele Freunde hat und diese auch auf Facebook sammelt, so dass hier eine möglichst große Anzahl an Freunden in der Freundschaftsliste erscheint. Das ist natürlich nur zur Präsentation nach Außen, denn in Wirklichkeit kennen die meisten Facebooknutzer einen Großteil der Personen in ihrer Freundesliste nicht einmal persönlich. Dennoch sammeln heute alle möglichst viele Freunde und geben damit gerne an, dass ist meiner Ansicht nach definitiv ein Zeichen dafür, dass der vermeintliche soziale Reichtum bei uns eine große Rolle spielt.
Der finanzielle Reichtum steht dem aber in keiner Weise nach, denn nie zuvor hat man mehr Menschen auf den Straßen gesehen, die ihre Handys, Mp3 Player und bei gutem Wetter auch ihre Laptops und Tablets präsentieren. Diese Dinge sind doch heute zu wichtigen Statussymbolen geworden, wer hat denn heute kein Handy? Autos und Kleidung ebenso, ich denke schon, dass die älteren Generationen es nicht gewohnt sind, dass Markenkleidung einen so hohen Stellenwert im Leben der Jugendlichen inne hat, wie das heute der Fall ist und es war früher sicherlich auch nicht normal, dass Schüler an Schulen von anderen gemobbt und erniedrigt werden, weil sie sich keine teuren elektronischen Geräte oder Designerkleidung leisten können.
Mit ausschweifenden Urlauben, seltenen Haustieren oder teurer Einrichtung wird heute ebenso geprallt und nicht einer gibt sein Geld lieber für Markensachen aus, als sich was für schlechtere Zeiten beiseite zu legen. Insofern würde ich jetzt nicht sagen, dass der soziale Reichtum heute einen besseren Stellenwert inne hat, als der finanzielle, meiner Ansicht nach sind beide heute sehr wichtig und werden von der heutigen Gesellschaft intensiv ausgelebt, beispielsweise angestrebt. Das ist eben ein wichtiges Merkmal unserer Konsumgesellschaft, wir wollen immer mehr und mehr, ganz egal ob wir das wirklich brauchen oder nicht.
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