Warum lieber Abiturienten als Mittelschüler?

vom 26.05.2012, 09:43 Uhr

Ich habe gerade mein Abitur beendet, fange ab September eine Ausbildung an und nach dieser will ich mich vom Beruf aus direkt weiterbilden, ein Studium absolvieren oder ähnliches. Doch in letzter Zeit habe ich mir oft die Frage gestellt, wozu man das Abitur für seine späteren Bildungsweg braucht. Ja, man brauch es um studieren zu können. Aber warum?

Ich habe viele Sachen gelernt, bei denen ich zu 100% weiß, dass ich sie nie wieder gebrauchen werde. Wobei ich von vielen Mittelschulen höre, dass sie auch Hauswirtschaftlehre haben und somit zum Beispiel Kochen lernen. Ich als Abiturient lerne Stochastisch und vieles unnützes Wissen. Doch wozu das alles?

Warum nehmen Ausbilder lieber Abiturienten als Mittelschüler? Gilt da das Klischee, dass Abiturienten gehorsamer sind oder liegt es doch an dem Altersunterschied? Also das Abiturienten schon 18 Jahre sind und eventuell auch Nachtschichten ablegen können.

» JessICan » Beiträge: 22 » Talkpoints: 11,22 »



Es geht denke ich mal darum, dass man als Abiturient mehr bereit ist zu tun. Ich meine man lernt sehr viel, geht länger zur Schule und zeigt daher mehr Bereitschaft. Für manche Studienfächer braucht man auch Stochastik. Ich gehe davon aus, das man so Sachen wie kochen eh schon lernt und das in der Schule eher nebensächlich sein sollte. In einer Mittelschule, wird eben weniger von einem verlangt, man wird nicht so belastet. Als Abiturient, kannst du dir mit guten Noten ja aussuchen, was du machen möchtest. Es gibt viele interessante Studienrichtungen oder auch Ausbildungen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Da hast du schon recht, aber heutzutage ist es leicht an ein Gymnasium zu kommen, von daher stimmen die Kliesches, dass Abiturienten gebildeter, gehorsamer und verständlicher sind schon lange nicht mehr.

Ich habe viele Leute in meiner Klasse, bei dennen ich mir nicht ganz sicher bin, wie sie die Schule geschafft haben. Und eben sowas macht mich nachdenklich. Oft werden lieber schlechte Abiturienten, als gute Mittelschüler genommen.

» JessICan » Beiträge: 22 » Talkpoints: 11,22 »



Man will damit frühzeitig Nachwuchs für die Firma gewinnen. Denn wer mit Abitur kommt, eine Ausbildung absolviert und sich dann auch in diesem Bereich noch weiterbilden will, ist ein Gewinn für ein Unternehmen. Denn auf der einen Seite kennen diese Mitarbeiter ihren Beruf von Grund auf und kommen nicht als gelernte Theoretiker vom Studium. Und wer entsprechend vom Arbeitgeber beruflich gefördert wird, verlässt den Betrieb eben auch weniger.

Wobei ich auch der Meinung bin, dass ein umfassendes Abitur für viele Abiturienten eben auch unnütz ist. Deswegen waren zu Beginn meiner Ausbildungszeit in der ehemaligen DDR die Leute gern gesehen, welche Ausbildung und Abitur parallel gemacht haben. Wir hatten dann drei Jahre unsere Ausbildung und damit ein Jahr länger als die normalen Lehrlinge. Aber wir haben auch nicht alle Abiturfächer gehabt.

Wer also, wie wir damals eher in Richtung technische Berufe wollte, hat eben das technische Abitur gemacht. Da waren dann Kunst, Musik und Biologie nicht mehr dabei. Und entsprechend war das eben für andere Berufe auch abgespeckt. Es gab aber auch das umfassende Abitur. Das war für Diejenigen sinnvoll, die zwar studieren, aber dies auch erst nach dem Abitur entscheiden wollten.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Das hat mehrere Gründe. Man kann davon ausgehen, dass Abiturienten in den zwei Jahren wo sie länger Schule hatten auch mehr gelernt haben. Und einiges davon wird eben wirklich gebraucht. Weiterhin ist es so, dass Abiturienten einfach älter sind, wenn sie von der Schule kommen und da kann man dann auch erwarten, dass sie etwas reifer sind und den Ernst des Lebens beziehungsweise der Arbeitswelt eher verstehen.

Einige Ausbildungen sind auch einfach so anpruchsvoll, dass man da ein bestimmtes Grundwissen und einen bestimmten Intelekt braucht. Das heißt nicht, dass Hauptschüler oder Regelschüler dumm sein müssen, aber meistens ist es doch so, dass sie dann faul waren, sonst hätten sie eben aufs Gymnasium gehen können.

Sicherlich will man bei einigen Ausbildungen in einigen Unternehmen sich die Option wirklich offen halten, dass man den Neuen dann noch ein berufsbegleitendes Studium nach der Ausbilung anbietet und das geht natürlich dann nur, wenn derjenige auch Abitur gemacht hat. Bei einigen Ausbildungen dürfte es aber auch ein Nachteil sein, weil viele die Ausbilung vielleicht nur nutzen, um Wartesemester zu sammeln und dann sind sie weg, obwohl man schon mit ihnen gerechnet hat. Da ist man dann aber selber Schuld, wenn man nur Abiturienten nimmt, obwohl nur ein Regelschulabschluss verlangt wird.

Meine Mutter hat damals auch immer gesagt: was man hat, hat man und man weiß nie, wozu man es braucht. Man kann sich mit einem Abitur einfach viel mehr Türen offen halten und das kann wirklich viel Wert sein. Und in Ausbildungen kommt man eben auch viel besser rein, als wenn man kein Abitur hat. Deswegen würde ich auch jedem raten Abitur zu machen, auch wenn er vielleicht gar nicht vor hat, zu studieren.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Was nun nützliches und was unnützes Wissen ist hängt doch davon ab, was man später beruflich machen will. Was würde es dir zum Beispiel bringen, wenn du Kochen kannst und wenn dein Job dann später darin besteht Straßen zu planen? Und gerade zum Fach Hauswirtschaft habe ich hier halt auch schon Sachen gelesen, bei denen ich mich gefragt habe, ob es da überhaupt einen Lehrplan gibt. Denn Pülverchen anrühren hat für mich nichts mit Kochen zu tun und um das zu lernen braucht man auch keinen speziellen Unterricht zu besuchen, da muss man einfach nur die Anleitung auf dem Päckchen lesen.

Generell denke ich auch, dass man gerade als Schüler oft vorschnell über die Nützlichkeit von dem urteilt, was man da lernen muss. Als Schülerin habe ich Stochastik mit Sicherheit auch irgendwann mal als völlig unnötig bezeichnet, weil ich Mathematik immer langweilig fand und das Fach eigentlich nur akzeptiert habe, weil es die Grundlage für die Naturwissenschaften geliefert hat.

Man kann aber nicht in die Zukunft schauen und von daher verbietet sich eine "100%" Aussage schon mal von vorne herein. Und dann gibt es einfach auch viele Dinge, die zur Allgemeinbildung gehören. Ich habe beruflich nun zum Beispiel nichts mit Musik zu tun, von daher ist das Wissen, wer eine bestimmte Oper komponiert hat natürlich erst mal unnötig und ich könnte mich fragen, warum ich so etwas mal lernen musste. Aber wie sieht es aus, wenn ich zu einem Geschäftsessen gehe und dort auf einen wichtigen Geschäftspartner treffe, der ein ausgesprochener Opernliebhaber ist? Würde ich dann nicht in einem Gespräch mit meinem "unnötigen" Wissen einen guten Eindruck hinterlassen, der sich vielleicht positiv auf meinen Job auswirken würde?

Außerdem kommt es gar nicht unbedingt darauf an was man lernt sondern wie man lernt. Bei mir war es so, dass wir erst in der Oberstufe damit angefangen haben während des Unterrichts mitzuschreiben. Vorher hat man von der Tafel abgeschrieben oder Sachen diktiert bekommen und in der Oberstufe musste man dann eben lernen sich auf das Gesagte zu konzentrieren und die wichtigsten Punkte schriftlich zusammen zu fassen. Wenn man das mal kann hat man im Studium oder in der Ausbildung einen großen Vorteil und zwar in jedem Unterrichtsfach.

Aber um zu deiner Frage zurück zu kommen - ich denke schon, dass das Alter eine gewisse Rolle spielt. Es gibt natürlich Berufe, in denen wegen der Arbeitszeiten lieber volljährige Auszubildende genommen werden, aber älteren Personen unterstellt man ja auch mehr Reife. Ich weiß nun nicht, ob das ein Klischee ist oder nicht, aber du hast jetzt zum Beispiel klare Vorstellungen für deinen Ausbildungsweg und die hat jemand mit 16 vielleicht noch nicht. Die Gefahr, dass der 16 jährige die Ausbildung abbricht, weil er doch was anderes machen will, wird wahrscheinlich als höher eingeschätzt.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


JessICan hat geschrieben:Ich als Abiturient lerne Stochastisch und vieles unnützes Wissen. Doch wozu das alles?


Stochastik meinst du wohl. :wink:

Es ist vielleicht unnütz für dich, aber viele, wenn nicht sogar ein Großteil der Abiturienten, gehen direkt nach dem Abitur studieren, so etwa auch ich. Und ob man es glaubt oder nicht, aber in einigen Studienfächern wird eben auch Stochastik benötigt, auch später für den Beruf. Das Abitur ist somit gewisserweise dein ''Freischein'' für die Uni (natürlich kommt einem mitunter noch der NC in die Quere), man beweist hiermit, dass man nicht nur den Alltag gut meistern kann (Kochen auf der Mittelschule? Das ist für mich definitiv etwas was man im Alltag eigentlich können sollte und nicht erst in der Schule lernt), sondern auf vielen Gebieten begabt ist und auch in der Lage ist später wissenschaftlich zu arbeiten. Deswegen das Abitur.

Weswegen nun viele Ausbildungsbetriebe lieber zu Abiturienten greifen weiß ich nicht genau, man kann natürlich sagen, dass sie sich die besten aus dem Pott aussuchen oder nicht? Wieso sollte ich einen Hauptschüler oder Realschüler einstellen, der vielleicht schlechter, langsamer und schwieriger lernt, eventuell auch weniger Lernbereit ist, als ein Gymnasiast, wenn ich einen Abiturienten haben kann?

Ich kenne aber auch Betriebe, die gezielt eher Bewerber niedriger Bildungsniveaus einstellen, ein Bauer in unserer Nähe etwa. Er selbst, so wie auch seine Kinder haben alle Abitur und studiert, aber wenn er Mitarbeiter für sein Unternehmen und den Hof selbst sucht, stellt er fast nur Hauptschüler ein. Begründung: er hatte zwar auch schon Abiturienten, diese langweilen sich aber viel zu schnell in diesem Beruf.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Stochastik würde ich nicht als unnützes Wissen bezeichnen, Stochastik brauchst du mittlerweile in fast jedem Studiengang. Auch in vielen Ausbildungsberufen musst du Daten sammeln und auswerten können.

Ich denke, dass viele Firmen lieber Abiturienten nehmen, weil diese in der Schule besser gelernt haben, selbstständig zu arbeiten und zu denken. Wenn ich eine Firma hätte, würde ich mir die Bewerber aber unabhängig vom Schulabschluss genau anschauen und würde eventuell einen Realschüler mit gutem Abschluss einem Abiturienten mit schlechten Noten vorziehen. Aber bei der Einstellung benutzen große Firmen die von dir anscheinend nicht besonders geliebte Stochastik. Es gibt einfach mehr selbstständig denkende Abiturienten mit breitem Allgemeinwissen als Mittelschüler mit diesen Eigenschaften. Da bei den großen Firmen oft Hunderte von Bewerbungen eingehen und man nicht die Zeit hat, alle persönlich einzuladen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man einen Fehlgriff macht, bei den Abiturienten kleiner, vor allen Dingen, wenn diese gute Noten haben.

Ich glaube aber, dass es auch Betriebe gibt, die lieber Mittelschüler nehmen, da diese vielleicht weniger kritisch sind (ist aber nur eine Vermutung und ein Vorurteil von mir).

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Es stimmt natürlich nicht, dass ein Abiturient nur unnützes Wissen lernt. Allgemeinbildung ist nie unnütz. Außerdem wird bis zum Abitur auch das Lernen gelernt, und das ist viel wichtiger als das konkrete Wissen. Es ermöglicht nämlich, sich schneller neues Wissen aneignen. Und das ist in allen Berufen sehr wertvoll. Und genau deshalb werden auch in vielen Firmen bevorzugt Abiturienten eingestellt.

Dazu kommt natürlich, dass ein Abiturient aufgrund des Altersunterschiedes schon viel reifer ist. Früher, mit 9 Jahre bis zum Abitur und Wehrdienst/Zivildienst, waren die Abiturienten sogar erst 20, als sie auf den Arbeitsmarkt kamen. Das macht gegenüber eines 16-Jährigen einen gewaltigen Unterschied. Mit dem kurzem Abitur und Einstieg direkt nach der Schule sind die meisten erst 18; da ist der Unterschied nicht mehr so extrem.

Allerdings hat es für die Betriebe auch Nachteile, wenn sie Abiturienten einstellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese nach einer normalen Ausbildung "mehr" wollen und sich dann doch für ein Studium entscheiden, ist relativ groß. Somit kann es sein, dass man viel Arbeit in die Ausbildung steckt, der Auszubildende aber dann gar nicht in diesem Beruf arbeiten möchte. Allerdings gibt es diese Tendenzen auch bei sehr guten Realschülern. Diese haben ja auch die Möglichkeit, nach einer Ausbildung das Fachabitur nachzuholen, und das wird auch gerne genutzt, wenn der gelernte Beruf keine ausreichende Perspektive bietet.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 27.05.2012, 11:26, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich würde das gar nicht unbedingt so verallgemeinern. Es kommt doch auf den Betrieb, den Ausbilder und den Ausbildungsberuf an. Es gibt Berufe, in denen hauswirtschaftliche Kenntnisse weitaus wichtiger sind, als mathematische Berechnungen. Aber ich denke, dass jeder in seiner Laufbahn Dinge lernt, die für ihn selbst keinen Nutzen haben. Auch an Haupt- oder Sonderschulen lernen Schüler Sachen, die sie in ihrem späteren Beruf nicht benötigen.

Volljährig waren auch schon im letzten Jahrtausend in meiner Berufsschulklasse gleich zu Beginn meiner Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau die meisten Schüler. Ich glaube wir waren drei oder vier, die jünger waren. Abitur hatte trotzdem nur einer und einer Fachabi.

Gehorsamkeit ist für mich der falsche Begriff. Ein Hund sollte gehorsam sein, aber kein Auszubildener. Selbstständigkeit ist wichtig. Und wer Abitur gemacht hat, hat sich währenddessen mehr Lerninhalte selbst erarbeitet, als ein Hauptschüler. Auch sind Ausdrucksfähigkeit und Rechtschreibung oft besser, was in vielen Berufen notwendig ist.

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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