Sicherheitsvorschriften ignorieren - riskant oder normal?
Ich arbeite abends in einem Büro. Dort brauchen wir natürlich an sich keine Sicherheitskleidung. Allerdings haben wir einiges mit den Lieferanten und Lagerarbeitern zu tun und müssen auch mehrmals am Abend auf die Ladefläche bzw. durchs Lager laufen.
Für diese Wege haben wir Sicherheitsschuhe und Warnwesten bekommen mit der Anweisung, diese zu tragen sobald wir die Ladeflächen oder das Lager betreffen. Ich halte mich penibel daran und ziehe auch jedes Mal meine Schuhe um, weil ich Angst habe dass mir im Falle eines Unfalls sonst die Leistungen von der Berufsgenossenschaft gekürzt oder gar gestrichen werden.
Meine Kollegin sieht das total locker und rennt nachts in dunkler Kleidung quer über die Ladefläche. Es ist ja allein ihre Sache, ob sie sich an die Vorschriften hält oder nicht. Sie zieht mich immer damit auf dass ich mich zuerst umziehe und so "pingelig" bin.
Was meint Ihr? Übertreibe ich es damit, oder ist meine Kollegin vielleicht doch etwas zu sorglos?
Diese Vorschriften werden bestimmt nicht umsonst gemacht. Man sollte sie in jedem Fall beachten. Wie leicht kann es zu einem Arbeitsunfall kommen. Und wenn man dann keine Sicherheitskleidung trägt, wie angeordnet, dann ist man auch nicht versichert.
Ich arbeite auch zur Zeit in einer Firma, in der ich jeden Tag Sicherheitsschuhe tragen muss. An meinem ersten Tag, hat man mir morgens alles gezeigt. Da hatte ich meine Sicherheitsschuhe noch nicht an und ich durfte somit auch nichts anfassen. Ohne die Sicherheitsschuhe läuft dort gar nichts. Also sollte man die Kleidung besser tragen. Es ist doch auch kein großer Aufwand, sich eben die Schuhe anzuziehen und die Weste über zu ziehen.
Ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass du in diesem Falle übertreibst. Denn wenn es denn zu einem besonderen Vorfall kommt, dann bist du es ja wohl auf keinen Fall, der daran Schuld ist oder der in irgendwelche Probleme kommt, sondern eben höchstens deine Kollegin, die eben anscheinend auf diese Sicherheitsvorkehrungen einfach pfeift und ihnen nicht die besondere Beachtung schenkt. Aber sie soll meiner Meinung nach doch einfach tun, was sie nicht lassen kann und ich stimme dir da auch vollkommen zu, dass es einfach ihre Entscheidung ist, was sie denn tut und was sie eben nicht tut. Ich persönlich wäre da auch lieber penibel, als dass ich in irgendeine Gefahr laufen würde, aber das kann man sicherlich so gut wie immer aus zwei verschiedenen Blickwinkeln sehen, das ist natürlich auch jedem klar.
Ich denke, wenn es Sicherheitsvorschriften gibt und ihr sogar Warnwesten und Schuhe dafür gestellt bekommt, dann wird das auch seinen Sinn haben. Von daher glaube ich nicht, dass du zu pingelig bist und halte eher deine Kollegin für etwas leichtsinnig. Man glaubt ja selber nie, dass einem irgendwas passieren könnte, aber wenn es aber dann doch mal der Fall sein sollte, hilft kein Geschrei mehr, dann ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Natürlich kann man deine Kollegin nicht zwingen, die Sicherheitsvorschriften einzuhalten, es sei denn, die Geschäftsleitung bekommt das mal mit und macht Druck. Du solltest dich aber nicht beirren lassen und dich weiter so korrekt verhalten wie bisher. Schließlich ist es auch deine Gesundheit, die in Mitleidenschaft gezogen würde, wenn du auf deine Kollegin hörst und dann mal was passiert.
Ich bin kein übervorsichtiger Mensch, aber ich denke, bei manchen Dingen ist es so leicht zu vermeiden, dass etwas Schreckliches passiert. Warum dann ein unnötiges Risiko eingehen? Du machst das in meinen Augen schon ganz richtig.
Ich weiß nicht, was ich an deiner Stelle machen würde, wahrscheinlich wäre ich zu bequem die Schuhe jedes Mal anzuziehen und würde nur die Weste überhängen. Kommt drauf an wie dunkel das halt wirklich ist und ob man direkt mit anpackt oder nur zuguckt. Allgemein ist es bei uns so, dass bestimmte Vorschriften eher entspannt gesehen werden. Mein Kollege hat jetzt eine Brandschutzordnung geschrieben, die sollte sich jeder durchlesen. Aber dass er mal erklärt, wo die Feuerlöscher stehen und wie die funktionieren? Warum auch. Wir haben auch eine Brandschutztür, die gern aufsteht, weil man da dauernd durch muss. Die Tür ist schwer und man bekommt sie kaum auf.
Bei uns gibt es zwar auch entsprechende Vorschriften, aber die betreffen die Angestellten in der Verwaltung nicht und auch auf Nachfrage habe ich bisher noch keine Kleidung ausgehändigt bekommen. Das finde ich schade, obwohl ich durchaus weiß, dass auch bei einem Fehlverhalten eines Mitarbeiters in den seltensten Fällen Sanktionen gegenüber dem Mitarbeiter verhängt werden. Vielmehr geht es mir um meine eigene Unversehrtheit, die nach einem Unfall ja nicht unbedingt wieder hergestellt werden kann.
Ob ich diese Kleidung auch jedes Mal anlegen würde, das weiß ich nicht. Eine Jacke oder Weste würde ich sicher immer anlegen. Allerdings habe ich bei Schuhen eher Bedenken. Denn es gibt schon einmal Tage, an denen ich ungeplant ca. alle 15 Minuten in das Lager und die Produktion gehen muss. Wenn ich dann noch jedes Mal das Schuhwerk wechseln müsste, würde ich entweder ganz darauf verzichten oder aber eben die Sicherheitsschuhe tragen - obwohl Schuhe der Klasse S3 nicht wirklich leicht und luftig sind.
Bei uns werden die Sicherheitsvorschriften sehr genau genommen und es gibt dazu auch einige Weiterbildungen im Jahr. Ich finde das ehrlich gesagt auch ganz gut, weil es eben dem eigenem Schutz und den von anderen dient und das kann nie schlecht sein. Wir bemühen uns deswegen auch stets, sie genau zu befolgen. Schutzkleidung kann sicherlich mal ganz lästig sein und besonders an Tagen, wo es ganz warm ist. Wenn ich mir aber überlege, was passieren kann, wenn ich diese nicht trage, dann nehme ich das Schwitzen doch ehrlich gesagt lieber zweimal in Kauf.
Und ich ziehe auch dreimal lieber Handschuhe an, wenn mich das schützt, als wenn ich dann sonst den Schaden habe. Sicherlich kann auch das lästig sein und in der Bewegung einschränkend sein, aber die Konsequenzen sind auch hier um Welten schlimmer. Ich kann es da immer gar nicht verstehen, wie Menschen sich und andere der Gefahr freiwillig aussetzen können. Und wenn der schlimmste Fall dann eintritt sagen sie, dass das ja so unwahrscheinlich war. Dabei war ihnen trotz allem vorher klar, was passieren kann.
Sicherheitsvorschriften sind dazu da, einem zu schützen und nicht sich darüber zu beschweren, dass andere sich penibel an diese halten. Dies mag ja jahrelang gut gehen, aber irgendwann passiert dann dich etwas und dann wird genau hinterfragt, ob man denn nun alle Sicherheitsvorschriften eingehalten hat. Das fängt bei der Schutzkleidung an und hört bei dem Verhalten anderer gegenüber auf.
Alle Sicherheitsvorschriften haben meist auch einen Sinn und ich würde auch sofort Warnweste und reflektierende Kleidung tragen, damit andere mich auch sehr schnell erkennen können. Im Straßenverkehr macht man ja auch nicht einfach das Licht bei Dunkelheit aus, weil es so viel Strom verbraucht.
Ich kann dir nur dringend empfehlen die Sicherheitsvorschriften zu beachten und dich von deinen Kollegen nicht negativ beeinflussen zu lassen. Es ist eben nicht egal und jedem selbst überlassen ob er die Arbeitsschutzvorschriften einhält oder nicht.
Es gibt ein Arbeitsschutzgesetz und dort ist im §15 (Pflichten der Beschäftigten) geregelt dass die Arbeitnehmer verpflichtet sind entsprechend den Unterweisungen und den Anweisungen des Chefs zu handeln. Es besteht die Pflicht dass sie für ihre eigene Gesundheit und natürlich auch die Sicherheit selbst Sorge tragen müssen. Darin eingeschlossen ist auch die Pflicht nichts zu unternehmen was andere bei ihrer Arbeit gefährden könnte. Weiterhin ist die persönliche Schutzausrüstung entsprechend den Bestimmungen zu verwenden.
Das bedeutet, wenn du deine Warnkleidung nicht trägst und es zu einem Unfall kommt weil der Kollege dich nicht sieht dann wirst du unter Umständen zur Verantwortung gezogen. Das heißt aber nicht dass du nicht versichert bist. Die Konsequenzen können betriebsinterne disziplinarische Maßnahmen sein wie eine Abmahnung oder eine Kündigung oder Schadenersatz wenn dabei noch wertvolle Güter zerstört werden, weiterhin handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten mit zum Teil recht hohen Geldbußen. Wenn du Pech hast dann interessiert sich auch der Staatsanwalt für dich. Es handelt sich um eine Straftat wenn es zu einem tödlichen Unfall kommt weil beispielsweise der Staplerfahrer mit seinem Fahrzeug umgekippt und tödlich einklemmt wurde oder beim Ausweichen ein Unbeteiligter vom Fahrzeug tödlich erfasst wurde. Selbst relativ banale Verletzungen werden als Körperverletzung geahndet.
Vielleicht noch einmal kurz zu den eventuellen finanziellen Folgen. Die Berufsgenossenschaft ist der Träger der Unfallversicherung und jeder Betrieb muss dort Mitglied sein. Sie bezahlt bei Unfällen die Schäden und übernimmt auch die Kosten für die Rehabilitation. Bei einer Mitschuld wird sicherlich noch geprüft ob die Kosten an dich weiter gegeben werden, aber bei solchem doch eher fahrlässigen Handeln wie bei diesem Beispiel wäre eine finanzielle Mithaftung eher unwahrscheinlich.
Übrigens sollte man die lasche Haltung mit der Warnkleidung und den Sicherheitsschuhen wirklich nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich habe auf Grund meiner beruflichen Tätigkeit immer mal mit Unfalluntersuchungen zu tun und dort ereigneten sich in meinem doch relativ kleinen Zuständigkeitsbereich innerhalb der letzten 18 Monate drei tödliche Unfälle beim Staplerverkehr und mehrere leichtere Unfälle. Ein Großteil dieser Unfälle wäre wirklich vermieden worden wenn die Fußgänger besser erkennbar gewesen wären und die Verletzungen wären zum Teil auch leichter gewesen wenn sie wie vorgeschrieben ihre Sicherheitsschuhe getragen hätten.
Ich weiß ja nicht, wie es bei euch so zugeht, denn ich habe auch schon Sicherheitsregelungen vorgeschrieben bekommen, bei denen ich nur lachen konnte und welche, bei denen ich mich nicht getraut hätte, sie zu missachten. Bei einem Ferienjob in einer Firma habe ich mir etwa immer ein Bändchen zum Ableiten an den Arm binden müssen, damit ich geeredet bin. Die meisten Mitarbeiter haben das nicht gemacht, aber irgendwann gab es dann Ärger von der Qualitätskontrolle weil die über einen hohen Satz an kaputten Teilen geklagt haben und dann mussten wieder alle diese Bändchen haben. So aufwendig ist das an sich jetzt auch wieder nicht und wenn ich durch das nicht anlegen dieses Bänchens riskiere irgendwie Ärger zu bekommen, ist es mir das wirklich nicht wert und ich befolge die Regelungen einfach.
Dann aber gibt es manchmal auch wirklich alberne Sicherheitsregelungen, etwa meinte meine Chefin bei uns an der Tankstelle immer, wir sollten hinten die Tür abschließen. Es handelte sich dabei allerdings um eine dieser Türen, die keine Türklinge haben, also so wie Haustüren, man kommt dort nur mit einem Schlüssel rein, auch wenn nicht abgeschlossen wurde. Da die Tür dann aber auch wirklich nur in den Umkleideraum führte und nirgendwo sonst hin, fand ich diese Regelung absolut albern. Würde jemand einbrechen wollen, müsste er eh das passende Werkzeug haben und da wäre es auch egal ob nun abgeschlossen ist oder eben nicht.
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