Wenn zu viel Hilfe für andere einen selber krank macht
Im Sommer 2007 verstarb meine Oma. Seitdem fahren meine Mutter und mein Vater regelmäßig zu meinem Opa, also der Vater meiner Mutter. Sie helfen, wo sie können, putzen das ganze Haus, waschen seine Wäsche und bringen ihm immer für zwei Tage Mittagessen vorbei. Sogar den Garten hat meine Mutter ihm schon gemacht, obwohl sie selber unter Arthrose leidet und oft Rückenschmerzen hat, was durch ihre krumme Wirbelsäule bedingt ist.
Das Schlimme daran ist, dass mein Opa ein Choleriker ist, er ist heute gut drauf und morgen schon wieder schlecht. Manchmal ist er also total freundlich und dann mault er meine Mutter nur an. Das eine Mal waren sie zu 09:00 Uhr verabredet, was ich schon früh finde, denn meine Eltern sind Rentner und müssten eigentlich gar nicht so früh aufstehen! Mein Opa aber hat sie angemotzt, als sie gegen 08:30 Uhr bei ihm waren, wo sie denn solange bleiben und alles solche Sachen. Und als meine Mutter ihm dann erklärte, dass sie auch noch einen Haushalt hat, sagte er doch ganz frech zu ihr, dass sie das ja schließlich noch die ganze Woche machen könnte. Das hätte ich mir nicht bieten lassen, denn schließlich entscheide ich immer noch, wann ich was mache! Das hat sie ihm dann auch so gesagt.
Gestern, als wir bei meinen Eltern waren, erzählte meine Mutter mir, dass sie neulich beim Arzt war und ihre EKG-Werte so schlecht waren, dass der Arzt sie gar nicht nach Hause lassen wollte. Sie hat zwar demnächst einen Termin beim Spezialisten, aber wenn das so weitergeht, nimmt das kein gutes Ende mit ihr, ich mache mir richtig Sorgen. Ich habe ihr dann auch gesagt, dass sie unbedingt mal an sich denken und auch mal abschalten muss, sie ist ja nun auch 61 Jahre alt! Ich denke, der ganze Ärger mit ihrem Vater ist auch langsam zu viel für sie. Nun will sie sich mit ihrem Bruder zusammensetzen, um zu beratschlagen, was man anders machen könnte. Er soll auch einen Teil der Arbeiten übernehmen, die anfallen, denn wenn es ums Geld geht, sind die Leute ja auch immer gleich vor Ort.
Jedenfalls finde ich es schlimm und man hört es ja immer wieder, dass die Pflege oder auch Hilfe in Verwandtschaft oder Familie manche bis an ihre Grenzen bringt. Die Frage ist aber, was man tun kann? Denn einerseits möchte man den Menschen ja auch nicht im Stich lassen. Andererseits läuft man aber Gefahr, selber vor die Hunde zu gehen.
Ich kenne diese Problematik aus eigener Erfahrung ganz gut, weil ich dazu neige, mir die Probleme anderer zu meinen eigenen zu machen. Ich habe nämlich festgestellt, dass ich eine vernünftige Problemlösung nur dann gewährleisten kann, wenn ich sowohl eine subjektive als auch eine objektive Betrachtungsweise erlangen kann, und die objektive Sicht habe ich als nicht Betroffener ja ohnehin, ich benötige aber noch das entsprechende Gefühl des Betroffenen, um wirklich entsprechend handeln zu können, eben im Sinne anderer.
Dass Deine Mutter mit der Situation überfordert ist, kann ich mir insofern gut vorstellen, aber ich denke ehrlich gesagt, dass daran so ganz konkret wirklich niemand anders etwas ändern kann als die Betroffene: Deine Mutter selbst. Solange sie nicht auf die Idee kommt, dass ihre gesundheitlichen Beschwerden mit ihrer Belastung durch die Pflege des eigenen Vaters zusammenhängen, wird sie an ihrem Verhalten nichts ändern, und ich kann mir sogar vorstellen, dass sie nicht einmal dann etwas ändern würde, wenn sie da einen Zusammenhang erkennen könnte. Vermutlich ist ein solches Verhalten ganz ähnlich zu sehen wie das eines Süchtigen: befreien kann man sich nur selbst und aus eigener Kraft, von außen kann man da nicht sonderlich viel tun.
Ich denke, dass Du als einzige Möglichkeit – und wahrscheinlich wieder im Unterschied zu einem Problem eines Süchtigen – die hast, mit Deiner Mutter zu sprechen und zu versuchen, ihr klar zu machen, dass sie sich selbst gefährdet, wenn sie sich dermaßen übernimmt. Je nachdem, wie offen Du und Deine Mutter miteinander umgeht, wird sie Dir vielleicht auch erklären, warum sie das alles tut und weshalb sie diese Arbeiten nicht abgeben kann und vor allem will.
Ich würde mir aber vermutlich von Gesprächen dieser Art keine allzu großen Folgen und ein Ändern der Sichtweise Deiner Mutter erhoffen, weil ich denke, dass sich das, was sie für ihren Vater tut, als ihre unbedingte Tochterpflicht ansieht. Ein solches Pflichtgefühl wirst Du ihr nicht ausreden können, denke ich. Aber vielleicht kannst Du sie für ihre eigenen Probleme etwas sensibilisieren und ihr auch deutlich machen, dass Du Dir als ihre Tochter Sorgen um sie machst und nicht möchtest, dass sie wirklich ihr Leben dafür opfert, ihrem Vater gerecht zu werden.
Ich kenne solche Situationen nur zu gut und finde, dass es eigentlich gar nicht zu sowas kommen kann, wenn alle sich beteiligen und helfen, aber das ist eben so gut wie nie der Fall. Es gibt immer Familienmitglieder, die in solchen Fällen dann in den Vordergrund treten und helfen und welche, die sich zurückhalten und nicht da sind, wenn man sie braucht. Ich habe das schon jetzt zum dritten Mal erlebt, einmal als es meinem Stiefopa schlecht ging und er schließlich verstarb, das nächste Mal bei meinem anderen Opa und letztens nun, als meine Mutter ins Krankenhaus kam. Immer war es so, dass bestimmte Familienmitglieder so gut wie die ganze Last auf sich genommen haben, die Besorgungen machen musste und alles erledigt haben. Es waren natürlich die Personen, die zuvor dann auch bei den Sterbenden gewesen sind und dort die Zeit verbracht haben, ihnen beigestanden haben.
Im letzten Falle, als meine Mutter im Krankenhaus gewesen ist, war es einfach so, dass ich jeden Tag hin gefahren bin und den Tag dort verbracht habe, ich habe Essen gekocht oder gekauft, für frische Wäsche und alles andere gesorgt, Anrufe erledigt was die Arbeit und andere Termine anging. Zu Hause musste ich dann noch den Haushalt machen, alles was die Putzfrau nicht erledigte, wie Wäsche und Abwasch. Mein Vater hat selten angepackt, er meinte wohl es sei wohl schon genug, wenn er arbeiten war. Mein Bruder beteiligte sich kaum, er kam weder besonders häufig ins Krankenhaus, noch half er irgendwie zu Hause. Es blieb alles an mir hängen und auch hier waren es wieder die selben Verwandten wie immer, die sich meldeten und helfen wollten.
Ich neige in solchen Situationen immer gerne dazu, anderen Vorwürfe zu machen und sie zu Handlungen zu verpflichten. Das geschieht oft so, dass ich einfach die Aufgaben aufteile und es vor allen mache, so dass alle es mitbekommen, sich keiner drücken kann und jeder etwas hat. Leute die sich bewusst in solchen Fällen zurückhalten, fordere ich gerne mal direkt dazu auf, sich auch zu beteiligen, aber oftmals kommt hier keine Reaktion, sei es aus Faulheit oder weil die Person überfordert ist. Dann sind es wieder andere Familienmitglieder, die versuchen mich etwas zu beruhigen, damit kein Streit in der Familie aufkommt, was in solchen Situationen auch nicht gerade von Vorteil ist.
Ich würde mich an deiner Stelle selbst engagieren und deiner Mutter helfen. Dazu gehört, dass du eben auch Tanten und Onkel animierst, denn sie sind schließlich auch Kinder deines Opas, aber auch ältere Enkelkinder, die meiner Ansicht nach in solchen Situationen ebenso helfen sollten! Wenn alle sich die Arbeit bei deinem Opa teilen, dann wird das deutlich weniger stressig und deine Mutter kann sich auch etwas erholen. Ich kann mir außerdem auch gut vorstellen, dass dein Opa sich darüber freut, wenn seine Kinder mal wieder ins Haus kommen und in regelmäßig besuchen.
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