Fremdbetreuung ohne emotionale Bindung, geht das überhaupt?
Im Rahmen meiner recht aktiven Suche nach einer neuen Stelle im Betreuungsbereich habe ich viele verschiedene Anzeigen, Stellenangebote und Stellenbeschreibungen gelesen. Eine Stellenanzeige, auf die ich mich jedoch nicht gemeldet habe, ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. So wurde von dem Bewerber verlangt, keine emotionale Bindung mit dem Klientel einzugehen. Aber ich denke, dass auch eine Fremdbetreuung nicht ganz gefühllos ablaufen kann. Man arbeitet doch mit anderen Menschen zusammen und ihnen gegenüber entwickelt man auch Gefühle und auch eine bestimmte Nähe, wobei man natürlich beachten sollte, dass diese Nähe eben nur so viel wie nötig aufgebaut wird. Irgendwann einmal endet ja auch die Zusammenarbeit, aus welchen Gründen auch immer und da wäre eine zu große Nähe fehl am Platz.
Was meint Ihr, kann eine Fremdbetreuung wirklich gefühllos und nur sachlich-nüchtern stattfinden? Wie sieht dies in der Praxis aus? Ist so etwas überhaupt möglich? Kennt Ihr vielleicht Pädagogen, die absolut keine Gefühle zeigen? Wie gehen Kinder mit solchen Menschen um?
Diese Forderung ist unmöglich zu erfüllen. Man geht ja nicht bewusst eine emotionale Beziehung ein, das passiert automatisch und unbewusst. Eine Betreuung ohne emotionale Bindung ist unmöglich, bei Kindern auch unmenschlich. Gerade Kinder brauchen auch bei Fremdbetreuung eine emotionale Bindung, sonst verkümmern sie. Es gab im 19. Jahrhundert ein Experiment, bei dem Säuglinge nur nahrungsmäßig und hygienisch versorgt wurden und keine emotionale Zuwendung bekamen. Diese Kinder sind gestorben. Gerade bei Kindern ist emotionale Bindung ein Grundbedürfnis wie essen und trinken.
Nun ja, an diese Studie kann ich mich ebenfalls erinnern, wir hatten sie ja ebenfalls als Unterrichtsthema gehabt und was daraus resultierte. Aber daran habe ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht, als ich die besagte Stellenanzeige gelesen habe. Ich muss aber noch dazu schreiben, dass es sich wohl um ein Wohnheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche handelte, die im Grunde schon woanders gescheitert sind. Scheinbar muss man dafür eher hart sein und eben keine Gefühlsregung zeigen, da dies sonst wohl ausgenutzt wird. Aber da ich im Bereich der Heimerziehung absolut keine Erfahrung habe, kann ich auch nicht mit eigenen Erfahrungen aufwarten.
Ich finde es ja erstmal gut, dass du dich da nicht beworben hast oder das erwogen hast und ich finde diese Anzeige ehrlich gesagt unprofessionell. In deinem Beruf muss man zwingen - meiner Meinung nach - gut mit Menschen umgehen können und da muss man sich auch in solche hineinversetzen. Und es bleibt nun einmal nicht aus, dass man eine emotionale Bindung eingeht. Man sollte den zu betreuenden Menschen ja auch mögen. Zumindest wäre das ideal.
Dabei spielt es in meinen Augen auch keine Rolle, ob es sich dabei um ein Kind handelt oder einen Menschen anderer Altersklassen. Man geht immer irgendwo eine emotionale Bindung ein. Was ich nachvollziehen kann ist, dass man sich nicht in persönliche Dinge einmischt oder zum Beispiel in den Erziehungsstil der Eltern. Das steht einem nicht zu. Man kann sich da seinen Teil denken, aber Eltern zurechtweisen geht meiner Meinung nach zum Beispiel nicht,
Natürlich gibt es Menschen, die im Stande sind, gefühllos an die Betreuung anderer Menschen zu gehen. Die gibt es sogar reichlich, aber das ist nicht gut. Aus der eigenen Schulzeit heraus und auch jetzt aus meiner Zeit als Krankenschwester, muss ich reinen Gewissens sagen, dass diese Leute keine besonders guten Betreuer, Schwestern, Pfleger oder Lehrer sind.
Ich für meine Begriffe habe immer bei den Lehrern am meisten gelernt, die menschlich waren und nicht kalt. Emotionslos an eine Betreuung herangehen bedeutete für mich schon als Kind kalt und unantastbar. Da haben Wärme und Mitgefühl, ja die Empathie, gefehlt und irgendwie hat mir der Unterricht dann weder Spaß gemacht noch habe ich mir viel daraus nehmen können.
Ich baue auch zu den meisten Patienten eine Bindung auf. Ich habe davor auch im Pflegeheim Bindungen aufgebaut, das hat mir gut getan und ich bilde mir ein, dass es auch den Patienten gut tut. Natürlich gibt es auch Patienten, die gerne ihre Ruhe haben wollen und mit denen ich nicht viel zu tun habe. Überwiegend unterhalten sich meine Patienten aber sehr gerne und suchen auch mal Rat und Mitgefühl. Und wenn ich keine Bindung aufbaue, dann habe ich keine Spaß am Arbeiten und meine Patienten merken das auch, weil ich ihnen dann nicht so auf gleicher Höhe begegnen kann.
Ich baue übrigens auch mit Patienten Bindungen auf, die ich nur einen Tag lang bei mir auf Station habe. Das geht schnell und eigentlich ist es auch mein Ziel, so etwas so schnell wie möglich zu schaffen. Ich mag das nicht, wenn mir Patienten sozusagen durch die Lappen gehen, weil sie nur Stunden da sind und dann wieder verlegt werden. Ich hasse es, einfach hintereinanderweg meine gewöhnliche Arbeit zu tun, ich genieße es, wenn ich darüber hinaus eben solche Bindungen aufbauen kann, denn nur dann nehme ich etwas von Arbeit mit um in meinem Leben zu wachsen.
Wichtig ist nur, dass man trotz entstandener Bindung nicht durchdreht. Wenn man merkt, dass einem das alles zu nahe geht und dass das Privatleben darunter leidet, dann kommt über kurz oder lang ein Burnout raus. Ich weiß nicht, aber wenn einen das zu sehr belastet, dann ist man vielleicht nicht ganz richtig im Beruf, denn einfach den Hahn auf kalt stellen wird nix, dann kann man auch an der Maschine arbeiten.
Ich weiß nicht, es geht um Kinderbetreuung oder? Vielleicht steht das in der Anzeige, weil es um besonders schwere Fälle geht und man nicht will, dass derjenige durch die Bindung beizeiten wieder aus dem Beruf aussteigt? Nein, ich finde nicht, dass man emotionslos an so eine Arbeit gehen soll. Du kannst das ja im Prinzip kaum beeinflussen, ein Bindungstyp ist man oder nicht, aber die Kinder hätten dann nicht so viel davon, wenn du keiner wärst. Selbst Kinder, die mehr Disziplin brauchen, brauchen Wärme, nur eben an den richtigen Stellen eingesetzt. Vielleicht geht es auch darum.
Ich habe mich aus mehreren Gründen dort nicht beworben, unter anderem. weil die Stelle auch zu weit weg wäre und ich auch in dem Bereich keine Erfahrung habe. Natürlich könnte man die dann sammeln, aber gerade im Bereich der Heimerziehung werden doch eher irgendwelche erfahrenen Fachkräfte bevorzugt. Dennoch hätte ich mich dort auch nicht beworben, wenn die Stelle in der Nähe gewesen wäre und wenn die Stelle nun wirklich damit zu tun hatte, dass man eben möglichst ohne Emotionen an die Aufgabe herangeht. Ich für meinen Teil könnte das als Erzieherin auch nicht wirklich außen vor lassen, da bin ich ehrlich. Ein wenig und manchmal auch ein wenig mehr Herzblut steckt da immer mit drin.
Lehrkräfte sollen nun mal in erster Linie Wissen vermitteln, Pädagogik gehört sicherlich auch dazu, aber das Hauptaugenmerkmal liegt meiner Meinung nach eben auf die Wissensvermittlung und nicht auf die Betreuung. Daher würde ich es bei Lehrkräften nicht ganz so "streng" sehen, wenn ich ehrlich bin. Aber es gibt auch Lehrkräfte, die sehr engagiert sind und eben nicht nur Dienst nach Vorschrift machen. Aber ich denke, das würde nun zu weit gehen.
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