private Universitäten - akzeptiert oder eher nicht?

vom 29.04.2012, 11:56 Uhr

Ich denke mal viele hier wussten nach ihrem Schulabschluss nicht genau, was sie machen sollten. Ich habe mich beispielsweise bei vielen Betrieben beworben und habe auch viele Absagen bekommen. Ebenfalls hatte ich mich bei einer privaten Universität über die dortigen Studiengänge informiert. Dort wurden für mich sehr interessante Studiengänge, wie Gamedesign oder Spieleprogrammierer, angeboten.

Leider waren die monatlichen Preise eines solchen Studiengangs noch teurer, als bei einer normalen und staatlichen Universität. Also habe ich dort nicht studiert. Dennoch hätte ich die Möglichkeit gehabt, da dort nicht sehr viel Wert auf Noten gelegt wird. Ich hätte dort studieren können, obwohl ich weder Abitur noch Fachabitur besitze.

Ich habe einige Bekannte, die an solchen Universitäten ein Studium beendet haben. Die meisten haben danach keinen Arbeitsplatz bekommen. Ich denke mal, dass es an dem Studium liegt. Denn ich würde auch nur ungern jemanden bei mir als Arbeitnehmer einstellen, der für seine Noten eigentlich bezahlt hat.

Wie steht ihr denn zu diesem Thema? Hat jemand von euch eventuell schon einmal ein Studium an einer solchen privaten Hochschule gemacht und wurde deshalb vielleicht sogar nicht genommen oder denkt ihr eher, dass diese Abschlüsse genau wie andere Abschlüsse akzeptiert werden?

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» hennessy221 » Beiträge: 5132 » Talkpoints: -1,94 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ich kann jetzt in erster Linie für meine Berufssparte sprechen, und zwar Design. Auch hier gibt es eine Menge privater Universitäten auf denen man sich "den Abschluss kaufen kann", wie gerne gesagt wird, und außerdem aber auch staatliche Universitäten die diese Fachrichtungen anbieten. Ich habe mich darüber auch schon oft mit Arbeitskollegen und auch unserer Personal-Abteilung unterhalten, weil mich das auch sehr interessiert. Ich selber habe gar nicht studiert, sondern eine Ausbildung in dem Bereich absolviert, daher kann ich weder zum einen noch zum anderen ganz Genaues sagen. Die Arbeitskollegen und auch die Personaler sagten zu mir aber schon oft, dass es sehr auf die Universität als ganze ankommt. Einige - auch private - haben einen sehr guten Ruf und deren Absolventen werden sogar mit Handkuss genommen. Andere wiederum gelten wirklich als "Zeugnis-Verkäufer" wo man einfach nur Zeit und Geld investiert und nachher ein tolles Papier hat, dass in den Betrieben dann aber keinen wirklich interessiert. Die staatlichen Bildungswege haben im Kommunikationsdesign übrigens auch keinen sonderlich guten Ruf - werden aber akzeptiert. Wenn man zu einem guten Zeugnis auch gute Arbeitsproben mitschickt (was in meiner Branche sowieso dazugehört), dann hat man auch gute Chancen.

Das Problem an den staatlichen Unis ist, dass die Professoren häufig sehr alt sind und sich an ihren Lehren statisch fest klammern, obwohl im Kommunikationsdesign einfach eine Menge passiert und ein Designer immer auch auf dem neusten Stand sein sollte. Die Studenten können da natürlich nichts für, aber auf den privaten Hochschulen wird auf sowas in diesem Bereich schon deutlich mehr geachtet und die Dozenten sind häufig selbst noch praktisch tätig und haben daher einen viel besseren Einblick in das, was gerade wirklich aktuell und wichtig ist. Auch sind viele der privaten Unis deutlich praxisorientierter als die staatlichen, was für Berufseinsteiger natürlich ein Pluspunkt ist. Wer immer nur Theorie gemacht hat oder fiktive Projekte erledigt bekommt einfach so schnell kein Gefühl dafür, wie der Arbeitsalltag nachher aussieht.

So viel zum Bereich in dem ich mich etwas auskenne. In anderen Sparten, wie zum Beispiel dem Jura-Studium, höre ich von vielen Bekannten die in diese Richtung studieren, wie arrogant und schlecht doch die privaten Hochschulen (im speziellen hier in Hamburg die Brucerius-Law-School) wären. Ich kenne allerdings auch einen Studenten, der selbst Jura an der Uni Hamburg studiert und dessen WG-Mitbewohner an besagter Privat-Uni ist, und dort kriegt man ziemlich gut mit, was für ein Stress dieser "gekaufte Abschluss" für ihn ist. Ich kann natürlich wenig dazu sagen ob er ein Einzelfall ist oder nicht, aber was der alles leistet und was seine Eltern dafür auch noch bezahlen müssen ist ein ganz schöner Hammer, finde ich. Mein Kumpel, dessen Vater auch Anwalt mit eigener Kanzlei ist, meint aber, dass die Inhalte eigentlich gleich wären und wie gut gelehrt wird kommt natürlich sowieso auf die Dozenten an, da kann man an jeder Uni Pech und Glück haben, und das Staatsexamen ist für Juristen in Deutschland ja immer gleich, egal von welcher Uni sie kommen. Trotzdem wäre er selbst gern auf die Brucerius-Law-School gegangen (sie haben ihn allerdings nicht angenommen), denn dort knüpft man vor allem viele Kontakte, die für das Berufsleben nachher sehr entscheidend sein können.

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» Taline » Beiträge: 3594 » Talkpoints: 0,75 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Vielleicht sollte hier noch mal unterschieden werden, ob du "studieren" meinst, oder aber hier eine "Berufsausbildung" bzw. eine "Berufsschulung" meinst. Wenn eine private "Universität" Studienplätze anbietet, zu denen keine klassischen Studienvoraussetzungen braucht, dann denke ich, bekommt man am Ende dieses "Studiums" auch "nur" ein Zertifikat - aber kein staatlich anerkanntes Diplom oder einen Bachelor- bzw. Masterabschluss.

Geht es tatsächlich bei diesen privaten Lehranstalten ausschließlich um den Erwerb von Zertifikaten, dann muss man wirklich ein wenig rumhören, wie sehr diese Abschlüsse anerkannt und wie sehr gefragt diese sind. Das geht dann nur über Mundpropaganda bzw. über Erfahrungsberichte ehemaliger Absolventen. Denn hier bezahlt man unter Umständen sehr viel Geld und hat praktisch später keine Gewähr, dass das gelernte in der Wirtschaft anwendbar ist oder auch wenigstens gefragt ist.

Wenn hingegen an den privaten Universitäten oder Fachhochschulen staatlich anerkannte Studienabschlüsse vergeben werden (Diplom, Bachelor, Master), dann sind die Anschlüsse schlicht anerkannt und brauchen sich nicht hinter den Abschlüssen an staatlichen Universitäten oder Fachhochschulen zu verstecken. Wobei natürlich auch Unterschiede zwischen den einzelnen staatlichen Universitäten (oder Fachhochschulen) existieren und bestimmte Fachrichtungen eben an einzelnen Standorten einen besseren Ruf haben, als anderswo. Doch das ist sicher eine Geschichte, die sich immer entwickelt und nichts mit privat oder staatlich zu tun hätte.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Man muss auf jeden Fall ganz stark differenzieren, denn die Qualitätsunterschiede der privaten Hochschulen sind enorm, in Deutschland gibt es meines Erachtens nur sehr wenige herausragende private Hochschulen, auf internationaler Ebene sieht das anders aus, in den Staaten gibt es bspw. deutlich mehr mit exzellentem Ruf. Man muss auf jedenfall darauf achten, das der entsprechende Studiengang akkreditiert ist. Trotzdem kann es dir passieren das du mit einem solchen Abschluss oft belächelt wirst, das ist aber auch wieder sehr Fachspezifisch.

» SamWo » Beiträge: 11 » Talkpoints: 0,00 »



Eine Freundin hat ihr Studium an einer privaten Uni bekommen und ist gleich nach dem ersten Semester auf eine staatliche Universität gewechselt. Sie meinte, das Niveau sei ein Witz, die Studenten dumm und konsumgeil und die Dozenten zum Teil nicht besonders kompetent. Diese Freundin hatte zwei Jahre im Ausland verbracht und ihr Abitur dort auf englisch abgelegt. Daher ist ihr Englisch wirklich sehr gut und sie hat aus diesem Grund eine Bescheinigung bekommen, nicht am Englischunterricht in der Uni teilnehmen zu müssen, weil sie besser Englisch sprach als der Dozent. Das sagt ja eigentlich schon alles. An dieser Uni wurden auch viele junge Leute mit sehr schlechten Noten im Abi bzw. Fachabi angenommen, obwohl der Studiengang an staatlichen Unis einen sehr hohen NC hat.

Alles in allem würde ich also auf keinen Fall eine private Uni besuchen. Hinzu kommt, dass man sich, wenn man nicht gerade reiche Eltern hat, sehr hoch verschuldet. 30.000 Euro alleine für den Bachelor sind Durchschnitt, zusätzliche Kosten für das Auslandspraktikum oder -semester nicht mit einbezogen. Wenn man am Ende zwar mit einem Abschluss dasteht, aber keinen Job bekommt, hat man bei so vielen Schulden ein dickes Problem.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 07.05.2012, 10:49, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

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