Mit mittlererem Bildungsabschluß hinein in die Chefetagen?

Ich habe, wenn ich meine Schule fertig habe "nur" einen Realschulabschluss. Also nur den mittleren Bildungsabschluss. Eigentlich habe ich auch nicht vor weiter Schule zu machen, aber ich denke, dass mir wohl nichts anderes übrig bleibt, weil ich eben keine Ausbildungsstelle bisher gefunden habe. Meine Eltern und ich haben uns natürlich auch über meine Zukunft unterhalten und mein Vater meinte, dass ich mir nicht einbilden bräuchte, dass ich mit Realschulabschluss irgenwann in einer Chefetage sitze. Meine Mutter meinte darauf, dass sie sogar zwei Frauen kennt, die nur Hauptschulabschluss haben und nun jeder ein Unternehmen leiten.

Ist das heutzutage noch möglich, dass man mit dem mittleren Bildungsabschluss noch ein "hohes Tier" im Beruf werden kann? Wie stellt man das an? Habt ihr das geschafft oder kennt ihr Menschen, die das geschafft haben?

Ich denke, dass man regelrecht eine Marktlücke finden muss, heutzutage, um mit mittlerem Bildungsabschluss in der Chefetage zu landen. Wie du sagtest, leiten die zwei eigene Firmen, was für mich danach klingt, dass sie die Firma selbst gegründet haben. Stimmt das? In dem Fall hatten sie einfach die richtige Idee und haben die Marktlücke gefunden. Bei der ganzen Flut an Studenten und Abiturienten würde ich mich aber nicht darauf verlassen, dass das heute auch noch klappt.

Abgesehen davon: Wenn man mal die Zahlen vergleicht wie viele Menschen es mit mittlerem Bildungsabschluss und wie viele davon in Chefetagen sitzen - dann dürften das ziemlich wenige sein. Ich denke aber, dass man mit dem richtigen Potenzial durchaus den Weg schaffen kann, wenn man eben andere Qualitäten bietet als jemand mit höherem Abschluss bzw. außergewöhnlichere Qualitäten. Andernfalls wurde ich darauf tippen, dass ein Bewerber mit höherem Abschluss immer vorgezogen wird.

Ich frage mich gerade, wie du selbst ein hohes Tier und den Platz in der Chefetage für dich definierst; das wäre nämlich schon wichtig, um dir eine konkrete Antwort geben zu können. Geht es dir nur darum, dein eigener Chef zu sein, sehe ich auch mit einer mittleren Reife viele Chancen; und das auch völlig ohne eine innovative und noch nie da gewesene Idee, sondern nur mit einer soliden Ausbildung. Was spricht nach der qualifizierten Ausbildung gegen die Eröffnung eines Kosmetikstudios, eines Friseursalons oder eines Restaurants? Und was dagegen, sich hochzuarbeiten? Ich kenne einige Menschen mit einem Hauptschulabschluss, die sich in einem Discounter hoch gearbeitet haben und nun zumindest eine Filiale leiten und sicherlich Verantwortung dafür zu tragen haben.

Verstehst du darunter aber wirklich einen leitenden Posten in dem Sinne, dass du nur „Chef“ bist, hunderte Angestellte unter dir hast und deine einzige Aufgabe in der Leitung eines Unternehmens besteht, sehe ich da in der Tat ohne Abitur und zugehöriges Studium wenig Chancen, wobei das auch alles andere als ein Garant ist, wenn du dir mal überlegst, wie viele studierte Menschen das tatsächlich geschafft haben und wie viele - übrigens meist auch zufrieden - in der Angestelltenposition hängen geblieben sind oder lediglich mittelmäßigen Erfolg haben.

Allerdings würde ich mich an deiner Stelle mal eher mit der Frage beschäftigen, was du eigentlich möchtest, sowohl schulisch, als auch beruflich. Ich sehe relativ wenig Sinn darin, wenn jemand, der sich immer nur durch die Schule gequält hat, nun noch das Abitur nachschieben möchte, obwohl ein Studium gar nicht angestrebt wird, sondern nur eine normale Ausbildung gemacht werden soll, für die die mittlere Reife völlig genügt. Ist es denn eigentlich wirklich dein Ziel, ein großes Unternehmen zu leiten oder wäre das mehr der Wunsch deines Vaters? Und in welche Richtung möchtest du, unabhängig von der Führungsposition denn gehen? Was würde dir rein beruflich Spaß machen? Und kannst du dir eine selbstständige Tätigkeit überhaupt vorstellen? Das sollten viel entscheidendere Fragen sein, die du dir stellen solltest, anstatt wegen einer Führungsposition, die vielleicht einer von zehntausend Abiturienten besetzt, einen Weg einzuschlagen, der dir überhaupt nicht liegt.