Prinz Friso: Die Niederlande diskutiert Sterbehilfe neu

vom 29.02.2012, 09:48 Uhr

Durch den Skiunfall bei Prinz Friso wird in den Niederlanden die Sterbehilfe, die dort zwar schon erlaubt ist, neu diskutiert. Denn so einen "berühmten Fall" haben die Niederländer noch nicht gehabt und das Königshaus würde auf jeden Fall in Kritik stehen, wenn sie die Sterbehilfe bei Prinz Friso anwenden.

Prinz Friso war 20 Minuten von einer Lawine verschüttet. Erst sah es nicht mal schlecht aus. Aber dann stand sein Herz still und die Ärzte haben 50 Minuten den Prinzen versucht wieder zu beleben. Laut einigen Ärzten war diese Wiederbelebung zu lange. Denn das Gehirn war die Zeit nicht durchblutet und so hat Prinz Friso auf jeden Fall bleibende Schäden, auch wenn er aus dem Koma erwacht. Ein Arzt sprach im Fernsehen und meinte, dass man ihn hätte sterben lassen sollen. Wenn man nur die üblichen Minuten wiederbelebt hätte, wäre er zwar heute tot, aber er würde nicht mit bleibenden Schäden im Koma liegen.

Prinz Friso ist nicht Hirntod. Dann wäre die Entscheidung wohl nicht ganz so schwer und vor allem würde dann das Königshaus nicht so unter Kritik stehen. Er ist, wie die Ärzte sagen "vegetativ". Das heißt, er atmet selber und auch das Herz schlägt von selber. Quelle . Es würde also nicht reichen irgendwelche Maschinen abzustellen, weil er im Prinzip keine braucht, außer die Überwachungsmaschinen. Es müsste also Sterbehilfe angewandt werden. Fest steht, dass der Prinz nie wieder der Alte sein wird. Das Gehirn hat kaum noch Tätigkeit, wie sie heute morgen in den Nachrichten sagten. Er wird also ein Leben lang ein Pflegefall sein und die Frage ist, ob der Prinz das jemals so gewollt hat. Er war immer sehr lebenslustig.

Was haltet ihr von der Diskussion um die Sterbehilfe in Bezug auf Prinz Friso? Denkt ihr, dass das Königshaus sich für die Sterbehilfe entscheiden sollte? Oder denkt ihr, dass es dann mit dem Volk Ärger geben könnte. Denn Gegner der Sterbehilfe sind auch in einem Land, wo es erlaubt ist zu gegen. Wie würdet ihr im Fall Prinz Friso entscheiden, wenn man weiß, dass er nie wieder der Mensch sein wird, der er war? Würdet ihr ihn im Koma liegen lassen und sollte er aufwachen pflegen lassen? Ist sowas menschenwürdig?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Die Frage der "(Menschen)Würde" ist in solchen Fällen niemals von Bedeutung, da es - unabhängig ob man ein Leben als Pflegefall Würdevoll oder Nicht-würdevoll sehen mag - in jedem Fall der Menschenwürde widerspricht, dass Dritte über Leben und Tod entscheiden! Offenkundig hat die betreffende Person für genau diesen Fall keine Vorkehrungen getroffen und keine sog. Verfügung hinterlassen. Das mag ein Versäumnis sein und es kann spekuliert werden, wie er eine entsprechende Verfügung ausgerichtet hätte. Fakt ist aber jetzt, dass er nicht gestorben ist und eine reale Hoffnung besteht, dass er wieder aus dem Koma erwacht. Jetzt daran zu denken, die Diskussion neu zu entfachen oder gar hineinzuinterpretieren, was der Wunsch gewesen wäre, gehört auf den Boulevard. Kann und darf aber niemals zur "Entscheidungsfindung" herangezogen werden.

Es ist übrigens auch egal, wie man selbst zu "Königshäusern" oder dem (europäischen) Adel stehen mag. Hier reduziert sich das Geschehen schlicht auf ein Menschenleben (wenn auch unter idealen Voraussetzungen was die medizinische Versorgung jetzt und auch später betrifft). Und da widerholde ich gerne: dieser Mensch hat nicht darüber entschieden, was in dem Fall passieren soll. Es ist die Pflicht der sozialen Gesellschaft, dieses Leben zu erhalten und alles zu tun, um es zu retten. Darüber zu spekulieren, wie dann das Leben später für ihn aussehen könnte und gar vorwegzunehmen, dass der das bestimmt nicht gewollt hätte, ist ein Schlag ins Gesicht aller, die z.B. geistig behinderte Menschen pflegen. Will man sagen, dass (auch "extreme") Pflegefälle keine Lebensfreude entwickeln können? Wie viel des Menschseins würde man diesen Menschen nehmen, wenn man für diese entscheidet, dass es besser wäre, wenn sie tot wären? Und wenn man jetzt noch das Argument der Aufwände ins Feld führt, kann die Diskussion zu der Frage werden, auf die sie sich zuspitzt: sind wir für Euthanasie oder dagegen? Wollen wir wirklich ein Gremium, welches darüber entscheidet, was Lebenswert ist?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


In dem Fall von Prinz Frisco, ist es für uns Außenstehende ziemlich schwer zu beurteilen. Wir kennen den Menschen nicht persönlich, und wissen daher nicht, wie er gelebt hat, oder welche Ansichten er vielleicht vom Leben und Tod hatte. Das kann einfach nur seine Familie entscheiden, was für ihn das Beste sein wird, und womit er auch einverstanden wäre.

Generell bin ich eigentlich gegen Sterbehilfe. Einem Menschen einfach so das Leben zu nehmen, wobei er nicht selber mitreden kann, finde ich einfach nur schrecklich. Ich weiß auch nicht genau, wieso so kurz nach dem Unfall vom Prinzen, direkt von Sterbehilfe gesprochen wird. Ich finde, wenn der Mann aufwachen sollte, er dann doch lebt. Das Leben wird dann sicherlich nicht mehr das gleiche sein, wie vorher. Aber er lebt.

Auch wenn er mit Einschränkungen leben muss, ist doch dieses Leben auch irgendwo wert, was man nicht vorher einfach so beenden kann. Ich würde mit der Sterbehilfe erst einmal abwarten. Die Familie kann ihn derzeit immer noch besuchen, und sich mit der derzeitigen Situation, versuchen abzufinden. Ich finde es nicht gut, dass man nun schon davon redet, als wäre der Prinz schon fast tot. So sieht es aber wahrscheinlich schon seine Familie, die ja schon direkt zum Anfang schwarz gekleidet im Fernsehen zu sehen war.

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» senny » Beiträge: 2589 » Talkpoints: 9,37 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Es geht um einen Menschen, der lebt und - so wie ich es verstanden habe - auch ohne Maschinen überleben würde. Die Chance besteht, dass er wieder aufwacht, zwar nicht als Mensch, der er vorher war (niemand ist der Mensch, der er einen Tag vorher war), aber als Mensch. Er wird behindert sein, aber auch ein schwer behinderter Mensch ist ein Mensch. Ob ein Mensch glücklich ist, hängt nicht unbedingt von seiner Behinderung ab. Es gibt einige schwer behinderte Menschen, die glücklicher sind als viele sogenannte normale Menschen.

Niemand hätte ein Recht darauf, ihn zu töten. Das hat ja auch gar nichts mit aktiver Sterbehilfe zu tun. In einem solchen Fall wollen die Betroffenenen sterben, weil sie das Leben wegen unerträglicher Qualen nicht mehr ertragen und diese Menschen müssen bei klarem Bewusssein sein.

Passive Sterbehilfe kommt hier auch nicht in Frage, weil er ja auch ohne Maschinen lebt und ein Tod nicht in Aussicht steht. Also gibt dieser Fall überhaupt keinen Anlass für eine Diskussion über aktive oder passive Sterbehilfe. Ihn zu töten, wäre nichts anderes als Mord.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Auch nach dieser langen Zeit hat sich an dem Zustand des niederländischen Prinzen Friso noch nichts geändert. Er liegt immer noch in der „Wellington Klinik“ in London im Wachkoma. Das Leben in der niederländischen Königsfamilie hat sich normalisiert. Das heißt aber nicht, dass die Familie den vor über zwei Monaten verunglückten Prinzen vergessen hat. Nur die Verpflichtungen müssen weiter wahr genommen werden. Mabel, die Ehefrau von Friso, arbeitet auch wieder als Direktorin in einer Hilfsorganisation.

Ob es menschenwürdig ist, jemanden, dessen Herz schon 70 Minuten ausgesetzt hat, wieder zu beleben, möchte ich bezweifeln. Ich bin kein Arzt, aber denke, dass ein Hirnschaden vorprogrammiert ist, wenn es so lange ohne Sauerstoff war. Hätte irgendein Arzt bei einem normalen Bürger 50 Minuten Wiederbelebungsversuche gemacht? Ich denke, nein Und warum muss nun Friso – falls er aufwacht – so weiter vegetieren? Warum sollte das Königshaus mit dem Volk Ärger bekommen, Diamante, wenn es einem Menschen wie Friso, der nicht leben und nicht sterben kann, ermöglicht, Frieden zu finden? Und auch der Familie würde man helfen wieder Ruhe und Zufriedenheit zu finden.

All' das sind aber Entscheidungen, die die Königsfamilie selbst treffen muss. Dazu kann man als Außenstehender nur Gedanken äußern. Die Entscheidung ist sehr schwer und ich bin froh, dass ich sie nicht treffen muss.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Zu dem Thema habe ich allein durch die zwei Todesfälle in meiner Familie eine klare Position, wenn die Person bei vollem Bewusstsein ist und für sich entscheidet, dass sie sterben möchte. Im Bekanntenkreis habe ich mal davon gehört, dass jemand Krebskrank war und sich nichts sehnlicher gewünscht hat, erlöst zu werden. Die Person hatte nur noch wenige Wochen zu leben, sie hatte die letzten Tage, in denen es ihr gut ging, richtig genossen und alles noch erlebt, was sie noch erleben wollte. Nur einen schrecklichen, qualvollen Tod wollte sie nicht sterben müssen. Selbstmord kam wohl nicht in Frage und so starb sie eben doch qualvoll. So etwas finde ich wirklich schrecklich.

Bei Prinz Friso ist es für mich eine ganz andere Frage. Er kann sich dazu nicht äußern. Auch wenn unklar ist, ob er überhaupt wieder aufwachen wird und ob er dann annähernd der Mensch ist, der er vorher war, weiß ich nicht, ob ich persönlich damit leben könnte, ihn regelrecht umgebracht zu haben.

Nun ist es zwar so gekommen, wie es gekommen ist, und dafür gibt es auch irgendeinen Grund, aber ich sehe den Fehler im Detail stecken und frage mich warum er so lange reganimiert wurde. Ein Prinz ist letzten Endes auch nur ein Mensch und wenn man jeden Menschen nach einer gewissen Anzahl an Minuten für tot erklärt, wieso nicht ihn auch? Dann gäb es diese Überlegungen jetzt gar nicht. Für mich ist es halt fraglich, mit welcher Berechtigung er so lange reganimiert wurde.

» musicality » Beiträge: 809 » Talkpoints: 1,77 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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