Gibt es mehrere Pubertäten im Leben?

Das Verhalten meines Vaters geht zurzeit überhaupt nicht. Er macht, was er will. Er lebt in den Tag hinein und weigert sich normale Aufgaben im Haushalt zu erledigen. Baut eigentlich nur Bock Mist, lässt sich dabei aber überhaupt nicht reinreden. Reagiert auf gut gemeinte Vorschläge bockig und verprasst das Geld für Sinnlosigkeiten und der Rest, ist derzeit egal. Ich glaube langsam er ist wieder in der Pubertät. Gibt es so was überhaupt, das man im höheren Alter noch mal so was wie eine Pubertät erlebt?

Ich denke nicht, dass man solche Phasen nun als Pubertät bezeichnen kann, aber es gibt sicherlich Phasen, wo ein Mensch verändert reagiert und auch mal trotzig ist. Ich selbst mache ab und zu eine solche Phase durch und nach einiger Zeit krieg ich mich wieder ein. Ich frage mich eher warum du dich darüber beschwerst, dass dein Vater ein wenig am Rad dreht. Es ist doch absolut okay, dass er mal die Dinge tut, welche er tun möchte und ich würde es an deiner Stelle gelassen sehen. Das geht bestimmt wieder vorbei.

Pubertät hat ja etwas mit Hormonumstellung zu tun. In dem hohen Alter passiert nichts mehr. Bei den Frauen kommt es monatlich sowieso zu menstrualen Hormonschwankungen und bei ca. 50 Jahren stellt sich bei ihnen die Östrogenbildung sowieso allmählich ein, was wiederum zu vorübergehenden Verhaltensauffälligkeiten führen kann. Die Männer haben da Glück, je nachdem wie man es sieht. Wahrscheinlich hat es mit deinem Vater etwas anders auf sich. Vielleicht Probleme in der Liebe oder in der Arbeit? Ein Gespräch hilft da meistens.

Es gibt definitiv nur eine Pubertät und das ist auch gut so. Die Zeit der Pubertät ist klar definiert und dein Vater fällt da nicht drunter. Vielmehr vermute ich die Midlife Crisis, also die Mittellebenskrise, die vor allem Männer betrifft, die zwischen 30 und 50 Jahren sind. Es handelt sich hierbei nicht um eine Krankheit, aber man konnte eben beobachten, dass es immer wieder auftritt und man eben wissen sollte, dass es das gibt, damit man auch entsprechend damit umgehen kann.

Gekennzeichnet ist die Midlife Crisis zum Beispiel durch Unzufriedenheit. Das kann sich auf sämtliche Bereiche beziehen: Familie, Beruf, das bisherig Erreichte usw. Möglicherweise ist dein Vater so dermaßen unzufrieden mit sich selbst, dass er resigniert und eben gar nichts mehr macht und das äußert sich unter anderem auch darin, dass er eben den ganzen Tag auf der Couch sitzt. Man kann da unterschiedliche Sachen dagegen machen. In erster Linie muss man eben das Problem suchen und ihm klar machen, dass er doch etwas erreicht hat (dich hat er ja zum Beispiel).

Zum anderen sollte er sich vielleicht wieder ein Ziel setzen. Entweder ein neues Hobby, was er regelmäßig machen kann oder vielleicht auch einen Arbeitswechsel. Halt von der Familie kann auch sehr helfen.

In einem anderen, aber etwas älterem Thread hast Du meines Wissens nach darüber geschrieben, dass Dein Vater Depressionen hat. Jedenfalls ging es ihm da schon nicht gut und ich denke, dass er sich nun so verhält, liegt vielleicht auch an seinen Depressionen. An eine "Pubertät" denke ich nicht, es wird eher eine Lebenskrise sein, die er durchmacht und da reicht es auch nicht, mit Argumenten, Vorwürfen und Sachlichkeit zu kommen, sondern ihn dazu zu bringen, über seine Probleme zu reden.

Es könnte allerdings auch sein, dass Dein Vater langsam abbaut, je nachdem, wie alt er ist und was er bereits für Vorerkrankungen hat. Ich gehe aber auch davon aus, dass er zum Beispiel schon einiges, auch Unschönes, in seinem Leben durchgemacht hat und dass ihm das Leben daher derzeit etwas schwerfällt. Auch weiß ich nicht, ob Euer eventueller Umzug etwas damit zu tun hat, da ich nicht weiß, ob der Vater mitkommen soll oder nicht.

Die Gründe können, müssen aber nicht vielseitig sind, und da lohnt sich eben auch mal ein genauerer Blick hinter die Fassade. Als Tochter ist es immer eine Sache, die recht schwierig anzusprechen ist, allerdings kommt es ja da auch auf das Verhältnis an. Selbst, wenn Dein Vater derzeit Dich nicht an sich heran lässt, so solltest Du da auch dran bleiben und nicht locker lassen.

Unter den Frauen in der Generation meiner Mutter, die alle ihre Männer schon in den Jahren um die vierzig bis fünfzig Jahren erlebt haben, ist es ein geflügelter Spruch, dass Männer in der Altersklasse häufig total neben der Spur fahren. In dem Alter fühlen sich viele plötzlich traurig, wenn sie auf den Rest ihres Lebens zurück blicken und Bilanz ziehen. Warum das so ist, konnte mir auch keine sagen, aber so unter Frauen wird da viel geklagt.

Außerdem passiert es in dem Alter immer wieder, dass sich Männer plötzlich jugendliche Geliebte suchen. Vermutlich ist das irgend so eine Möglichkeit das eigene Alter zu verdrängen, denn man ist ja noch in einer anderen Altersklasse attraktiv. Wenn die eigene Frau dann noch ein Baby oder mehrere Babys bekommen hat, dann ist ihr Körper eben nicht mehr so jugendlich, wie der der Geliebten. Komisch finde ich nur, dass einige Männer in dem Altern teilweise so kurzsichtig sind, dass sie nicht vorher bedenken, was sie damit alles zerstören und wie viel sie verlieren.

Ob das bei deinem Vater auch so ist, kann man von der Ferne schwer sagen. Ob dein Vater dich einweiht, warum er derzeit sich so verhält, wie er sich verhält, weiß ich nicht. Ich würde mich, jetzt wo ich Mutter bin auch lieber einer guten Freundin oder einem anderen Erwachsenen meines Vertrauens anvertrauen. Vielleicht ist das ja auch bei euch eine Idee, dass ihr mal einen guten Freund eures Vaters darum bittet, mit eurem Vater zu reden.