Wieso ekeln wir uns eigentlich vor unserem eigenen Körper?

vom 10.03.2012, 21:26 Uhr

Ich schaue gerade eine Sendung über die Arbeit von Chirurgen. Es wurden bisher auch mehrere OPs gezeigt, zum Beispiel wurde einem Patienten ein Tumor entfernt. Ich ertappte mich selbst dabei, wie ich an entscheidenden Stellen weg schaute und mir wird bei solchen Anblicken ehrlich gesagt auch schnell übel. Bei jedem noch so ekligen Horrorfilm ist es für mich kein Problem, Blut und Gedärme zu sehen, solange ich weiß, dass es sich nur um Kunstblut oder irgendwelche Nachbildungen handelt. Aber sobald es sich um eine Dokumentation handelt und mir klar ist, dass echte Menschen, echtes Blut und echte Organe gezeigt werden, läuft es mir eiskalt den Rücken runter und ich mag nicht mehr hinsehen.

So wie mir geht es wohl sehr vielen Menschen und es gibt mehr als genug Leute, die nicht einmal Blut sehen können. Nun frage ich mich, wieso das eigentlich so ist. Schließlich weiß der Mensch seit einer ganzen Weile, wie der menschliche Körper von innen aussieht. Da kann es doch eigentlich nicht sein, dass ich beispielsweise das menschliche Herz im Fernsehen sehe und mir schlecht dabei wird, obwohl ich mir im Klaren darüber bin, dass genau dasselbe auch in meiner Brust schlägt. Könnt ihr euch erklären, wieso der Mensch seine Innereien häufig als eklig empfindet?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 10.03.2012, 21:29, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich denke nicht, dass man sich in der Beziehung vor dem eigenen Körper ekelt, sondern dass es eher so ist, dass es ungewöhnlich ist, dass man Gedärme, Innereien und Blut in dem Ausmaße sieht, wie es in manchen Dokumentationen gezeigt wird. Ein Ekel vor dem eigenen Körper ist in meinen Augen etwas anderes, was eher psychische Ursache hat, wenn man dem Schönheitsideal nicht entspricht.

Derjenige, der kein Blut sehen kann oder Innereien von anderen Lebewesen nicht sehen kann, der kann auch nicht bei Tieroperationen zuschauen und es ist ja auch oft so, dass man Innereien, die in Alkohol eingelegt sind oder eben von toten Lebewesen sind auch sehen kann, nur eben, wenn Operationen gezeigt werden ist es komisch. Das kommt, denke ich eher daher, dass man weiß, dieser Mensch lebt und man "fummelt" an den Innereien rum und das Blut läuft aus einem lebenden Körper raus.

Ich persönlich kann sehr gut Blut sehen und mir macht es auch nichts aus diese Dokumentationen zu sehen. Oft sitzen wir bei solchen Dokumentationen oder Tieroperationen am Esstisch beim Abendessen und diskutieren darüber. Auch meinem Mann macht es nichts aus. Es ist etwas, was eben heutzutage dazu gehört, dass man operiert wird.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ekel vor dem eigenen Körper? Also wenn ich Blut sehen kann, dann mein eigenes Blut. Ich bin auch eher eine von den Sissys, die Gewalt und Blut in Filmen nicht mögen und dann die Decke über den Kopf ziehen. Gestern Abend wollte ich gerade einen Joghurt öffnen, als mir dann in aller Pracht für 10-20 Sekunden eine verbrannte Filmleiche präsentiert wurde. Ich weiß nicht, was das soll. Zudem zur Familiensendezeit.

@Diamante - Ich denke, man hat von Natur aus kein Problem damit oder man kann sich auch in gewissem Maß daran gewöhnen. Die Wirkung merke ich auch an mir. Durch die Medien ist Blut und Gewalt ja quasi alltäglich geworden. Aber es ist nochmal eine andere Sache, einer Operation zuzusehen oder zerfetzte, menschliche Körper zu sehen. Ich habe da schon Sachen im Netz gesehen, die waren nicht mehr feierlich. Heute landet so etwas ja schnell im Netz. Was man in den Nachrichten sieht, ist ja immer die entschärfte Version. Die richtigen Fotos - z. B. zu einem Sprengstoffattentat - findet man dann aber recht schnell auf entsprechenden Seiten im Netz und ich kann nur jedem abraten, da auch nur aus Neugier zu schauen. Es ist in der Tat schockierend und bleibt auch länger im Kopf hängen. Deswegen würde ich auch jedem raten, der selber mal in so eine Situation kommt - Unfälle, Brände o. ä. - wenn es sich vermeiden lässt, schaut zum eigenen Schutz weg, wenn ihr nicht müsst, weil ihr z. B. Retter seid.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich kann bei solchen Sendungen nie hinschauen und ekel mich immer davor. Ich persönlich gucke auch keine Horrorfilme und kann kein Blut sehen. Außerdem ist eine Gewöhnungssache. Der Chirurg hat mit solchen Patienten jeden Tag zu tun und wir sehen sowas nur im Fernsehen.

» Vanettadiekatz » Beiträge: 151 » Talkpoints: 45,03 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Mir macht es nichts aus, wenn ich mein eigenes Blut sehe. Wenn ich beispielsweise Nasenbluten habe, dann finde ich den Anblick dieses Blutes nicht ekelhaft. Zwar wandert beim Nasenbluten dauernd Blut durch den Rachen und schließlich zu den Geschmacksknospen, was nicht allzu gut schmeckt, allerdings entwickle ich keinen Ekel. Wenn ich meine eigenen Gedärme anfassen müsste, dann würde ich mich schon ekeln.

Für das Beispiel, welches du gebracht hast, sind vermutlich keine Ekelgefühle verantwortlich. Man kann kaum hinsehen, wenn man sieht, wie jemandem der Bauch bei einer Operation aufgeschnitten wird, oder bei einer Augenoperation die Hornhaut durchgeschnitten wird. Das liegt meiner Meinung nach eher an den sogenannten "Spiegelneuronen". In Psychologie haben wir erst kürzlich gelernt, dass wir Handlungen auf uns selbst übertragen können und dann die entsprechenden Emotionen wahrnehmen. So stellen wir uns den Schmerz vor, den man erleidet, wenn einem die Haut aufgeschnitten. Wenn du siehst, wie jemandem ein starker Tritt in die Magengrube versetzt wird, dann krümmst du dich automatisch und fasst dir mit der Hand schützend auf deinen Bauch, weil du die Handlung und somit den Schmerz nachvollziehen kannst.

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» mendacium. » Beiträge: 750 » Talkpoints: 17,61 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Es ist verständlich, dass man sich vor solchen Szenen ein wenig ekelt, da es ja nicht die gewöhnte Präsentation des Körpers ist, sondern eine, die man eigentlich nicht sehen will. Vielleicht hat das sogar einen biologischen/psychologischen Hintergrund, der einen vor irgendwas schützen will ich weiß auch nicht.

Chirurgen haben schon einen harten Job, denn ich möchte nicht jeden Tag mit solchen Bildern konfrontiert sein müssen. Ekelgefühle vor dem eigenen Körper im Allgemeinen kann ich allerdings nicht bestätigen, wenn man mal von Fäkalien absieht. Das Problem ist hier wahrscheinlich auch nicht mal der Körper oder so selber, sondern die Tatsache, dass man mit diesem Milieu überhaupt nicht vertraut ist.

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» cryspy » Beiträge: 29 » Talkpoints: 15,65 »


Wir sehen es nun mal nicht täglich und ekeln uns eben davor. Aber eigentlich ist der Ekel ja nur anerzogen. Ich z.B. interessiere mich für solche Dinge. Anfangs ging es mir da genauso und man ekelt sich. Heute finde ich es nur noch interessant. Ich denke das hängt auch damit zusammen, dass man einfach abstumpft und es nur noch als biologisches "Teil" ansieht. Das ist wie beim Schlachter. Als Bauernhofkind kannte ich das und es war normal. Andere Menschen würden nicht zusehen können.

» Naffi » Beiträge: 948 » Talkpoints: -1,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ein Chirurg muss schon ziemlich abgebrüht sein, wenn er täglich mehrere Operationen macht. Nur zu Anfang seines Berufes wird wohl auch er sich erst einmal überwinden müssen. Aber nachher ist alles Routine. Meine eigenen Innereien kenne ich nicht, aber bei anderen Menschen im Fernsehen kann ich das ganz gut sehen. Auch Blut macht mir nichts aus, mein eigenes sowieso nicht. Ich bin da ziemlich unempfindlich. Wie man seinen eigenen Körper als ekelig empfinden kann, verstehe ich nicht. Operationen gab es immer schon. Aber damals gab es keine Dokumentationen im Fernsehen. Durch das wiederholte Sehen solcher Sendungen stumpft man ab.

Filme, in denen brutale Gewalt gezeigt wird und viel Blut fließt, mag ich auch nicht, aber nicht aus dem Grund des Ekels vor dem Körper, sondern dem der Brutalität. Wenn Menschen zusammengeschlagen werden, getreten und mit Gegenständen traktiert, bin ich so entsetzt, dass ich nicht hinsehen kann.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ich denke, es ist ein Unterschied zwischen dem, ob man den Körper an sich eklig findet oder eben das Innere. Würde man tagtäglich mit dem Inneren eines Körpers konfrontiert werden, ist es bestimmt nicht der Fall, dass man so etwas als eklig bezeichnen würde. Und so wird es auch bei Ärzten und Chirurgen der Fall sein, sie werden mit der Zeit einfach sich daran gewöhnen oder haben keine persönliche Hemmschwelle. Es gibt ja auch Menschen, die da auch gar nicht drüber nachdenken und daher auch relativ unbeschwert mit so etwas umgehen. Ich denke nämlich, je mehr Gedanken man sich darum macht und je mehr man sich damit auseinandersetzt und dafür kein Verständnis aufzeigen kann, umso unangenehmer wird es für einen werden.

Nun brauche ich selbst auch nicht gewisse Serien oder Dokumentationen im Fernsehen anzusehen, weil ich mich damit nicht auseinandersetzen will und vor allem eben diese Bilder nicht sehen möchte. Aber grob betrachtet gehört es eben zum Körper dazu und auch, wenn ich nun meine Eingeweide nicht sehen muss, ekle ich mich nicht vor dem Körper. Ich würde mich eher vor dem Zustand ekeln, aber mehr dann auch nicht mehr, nehme ich mal jetzt einfach vor mir an.

Dass man als Arzt mit der Zeit abstumpft, ist ja wohl logisch. Ich finde aber, so etwas gehört einfach zu einem professionellem Verhalten von medizinischem oder pflegerischem Personal dazu. Was nützt ein Arzt, der sich selbst vor so etwas ekelt und vielleicht kein Blut sehen kann? Wobei ich das jetzt auch für ziemlich abwegig halte. Mit Blut habe ich an sich kein Problem und ich bin auch in einigen Dingen ziemlich hart im Nehmen, mir wird es nicht gleich übel, wenn ich gewisse Dinge sehe, die anderen unangenehm erscheinen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


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