Wieso gibt es immernoch "Anti-ACTA"-Demos

Es wurde bereits vor einigen Wochen entschieden, dass ACTA in Europa nicht in Kraft gesetzt wird. Nun sehe ich jeden Tag auf Facebook irgendwelche Menschen, die irgendwelche "Anti-ACTA"-Bilder teilen oder auf irgendwelchen Demonstrationen gegen diesen Gesetzesentwurf sind. Wieso ist das denn so? Demonstrieren die Menschen weiterhin dagegen, weil es alle machen? Ich bin ebenfalls gegen diesen Entwurf gewesen. Wieso hört das denn nicht auf?

Das stimmt so aber auch wieder nicht. Obwohl einige europäische Staaten die ACTA-Ratifizierung ausgesetzt haben, ändert das nichts daran, dass es eigentlich Anfang Juni dieses Jahres zu einer Abstimmung im Europäischen Parlament kommen hätte sollen.

Was mittlerweile passiert ist bedeutet in der Praxis nur, dass die Umsetzung dieses Handelsabkommen auf Eis liegt, während es vom Europäischen Gerichtshof geprüft wird. Sollte dieser entscheiden, dass das Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen nicht gegen die europäischen Bürgerrechte verstößt, dann wird die Unterbrechung bestimmt vorbei sein und der Terminplan mit der anstehenden Abstimmung im EU-Parlament fortgesetzt.

Ich kann nur aus Österreich berichten, aber hier ist zumindest ein Koalitionspartner der aktuellen Regierung der Meinung, man sollte abwarten was der Europäische Gerichtshof dazu sagt. Wenn dieser zu Gunsten der Wirtschaft abstimmt, was man wegen seiner generellen Neigung durchaus erwarten kann, dann würde sich zumindest eine Partei dieser Meinung anschließen und ACTA wieder vorantreiben.

Wenn ich mir die aktuelle politische Lage ansehe, dann finde ich die anhaltenden ACTA-Demonstrationen durchaus in Ordnung. Schließlich dienen sie auch dazu, um das Thema am Leben zu erhalten und es einer möglichst breiten Öffentlichkeit vorzutragen. Vielleicht wird die Meinung des Volkes dann auch mal in das Langzeitgedächtnis der Politiker vordringen und nicht in einer Woche wieder vergessen sein ... man darf hoffen

Es ist ja leider nun einmal so, dass das Thema ACTA noch lange nicht vollkommen vom Tisch ist. In der Form, in der derzeit mit diesem Thema in Deutschland umgegangen wird, kann man eher davon sprechen, dass die Entscheidung darüber aufgeschoben worden ist und in dieser Sache im Grunde noch gar nichts entschieden wurde. Natürlich hat die Presse jetzt in den letzten Wochen und nach den ersten großen und flächendeckenden Demonstrationen und Aufbegehren dagegen erst einmal eine Art Entwarnung ausgesprochen – das gibt das Bild des derzeitigen Status der ACTA-Verhandlungen und dergleichen aber nur zu einem höchst unzureichenden und nicht immer ganz korrekten informellen Teil wieder.

Tatsächlich ist es so, dass hinter den Kulissen weiterhin Verhandlungen über die Einführung und die Art der Einführung dieses – meiner Meinung nach zensurähnlichen – Gesetzes laufen. Es ist nun nicht der richtige Ort hier, um das Gesetz nochmal in all seinen Facetten zu behandeln, aber es muss auch gesagt sein, dass die derzeitige Verfassung und Form dieses Gesetzes die Rechte der Internetnutzer auf ein Minimum herunterfahren würde und man sich danach kaum mehr frei bewegen, geschweige denn ein ausreichendes Recht auf die Geheimhaltung seiner Nutzerdaten und persönlichen Daten haben würde.

Dass jetzt also noch weiterhin dagegen demonstriert wird, kann nur in höchstem Maße gutgeheißen werden. Das Thema ist, wie gesagt, noch lange nicht vom Tisch und es darf in der breiten Öffentlichkeit auch nicht aus dem Fokus geraten, weil es letztendlich jeden etwas angeht, der in den heimischen vier Wänden einen Computer mit Internetanschluss stehen hat und auch hin und wieder im Internet unterwegs ist. Ich bin deshalb froh darüber, dass es immer noch genügend Protestgruppierungen gibt, die sich dieses Themas annehmen und dafür Sorge tragen wollen, dass es eben nicht in Vergessenheit gerät, sondern gezeigt wird, dass es immer noch von einer in höchstem Maße brisanten Natur ist.

Weitere Demonstrationen sind auf jeden Fall richtig und notwendig, da das Thema Acta längst nicht geklärt ist. Es fielen damals die Worte "vorerst abgelehnt", was in meinem Auge aber nur eine Hinhalterei ist. Es kann von heute auf morgen immer noch zu einer Unterzeichnung kommen. Daher ist es nur richtig, weiteren Widerstand zu leisten und bloß nicht nachzugeben. Die Gefahr ist einfach noch zu groß, dass es doch noch zu einer Unterzeichnung kommt.

Es läuft zur Zeit auch noch eine ePetition beim deutschen Bundestag gegen ACTA. Der Text besagt grob, dass der Bundestag ablehnen sollte. Es scheint also noch nicht wirklich vorbei zu sein. Außerdem scheint es ja schon andere Gesetze wie IPRED, die Erweiterung von ACTA.

Nur weil etwas gerade auf Eis liegt, ist es ja nicht für alle Zeiten erledigt. Ich finde es auch wichtig, dass gerade wenn es eben momentan nicht akut ist, dieses Thema noch in der Diskussion hoch gehalten wird. Denn sonst kann es sein, dass sich plötzlich niemand mehr dafür interessiert - und damit auch nicht mehr aktiv gegen ACTA stellt - wenn die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gefällt ist und eventuell wieder Abstimmungen pro oder contra ACTA stattfinden.

Es passiert doch viel zu häufig, dass Themen komplett untergehen, weil eine Zeit lang nicht mehr groß darüber diskutiert worden ist.