Kommt das Wandern immer mehr aus der Mode?
Ich gebe ehrlich zu, dass ich noch in meinem Leben mit einem Rucksack unterwegs war und gewandert bin. Ja, ich habe schon Tageswanderungen zu bestimmten Zielen gemacht, aber sehr selten. Ich liebe zwar die Natur und gehe gerne durch Wiesen, Wälder und Felder, aber das muss ich nicht übertreiben. Ich kann mich dann auch mal hinsetzen und einfach die Natur genießen und den Tieren zuschauen oder beobachten, wie die Spinnen zwischen den Büschen in ihren Nestern auf Beute warten. Das gehört für mich zum Kurz-Wandern dazu.
Ich denke, dass viele Menschen kaum noch Lust zum Wandern haben, oder auch keine Zeit. Es ist alles so schnelllebig geworden, dass solche Aktivitäten unter den Tisch fallen. Oft ist man froh, wenn man es schafft, einen kurzen Spaziergang zu machen. Das kann dann auch mal vom Außenbezirk aus bis zur Stadt gehen. Das ist eben auch Bewegung und viel besser, als dauernd das Auto zu nehmen.
Meiner Ansicht nach, kommt Wandern nie aus der Mode! Es ist vielleicht Saison und Region bedingt, aber beliebt ist Wandern immer noch! Und das auch in jeder Altersstufe - auch wenn Teenager zwischen durch nörgeln, irgendwann entdecken auch die das Wandern wieder! Es mag sein, dass Outdoor-Geschäfte unzufrieden sind, aber da tragen wohl eher Aldi und Lidl ihren Part bei!
Ich habe mit dem Wandern in meiner frühesten Kindheit angefangen, weil ich sozusagen von meinen Eltern dazu genötigt wurde, auf Wanderausflüge mitzukommen. Meistens gingen die zwar nur einen Nachmittag - in ganz seltenen Fällen auch mal über ein Wochenende verbunden mit dem Übernachten in einer Berghütte, was dann schon wieder besser auszuhalten war - aber ich kam trotzdem nicht umhin, diese Ausflüge und vor allem das damit verbundene Wandern zu hassen zu lernen. Es dauerte dann auch einige Jahre, bis ich mich freiwillig mal wieder damit auseinandergesetzt habe, als ein damaliger Freund in unserem Freundeskreis vorschlug, dass wir zu einer Berghütte, die seiner Tante gehörte, wandern und dort das Wochenende verbringen könnten. Erst da - ich muss dann so zwischen sechszehn und siebzehn Jahre alt gewesen sein - habe ich entdeckt, dass das Wandern - sofern es keinen Zwängen unterliegt und man es aus freien Stücken macht - auch durchaus seine schönen und positiven Seiten haben kann.
Heute bin ich immer noch sehr dankbar, dass dieser Freund diese Wochenendplanung damals vorgeschlagen hat, denn das hat mich dem Wandern zum ersten Mal in meinem Leben so nahe gebracht, dass ich wirklich großen Gefallen daran finden konnte und diesen auch bis ins heutige Alter noch habe. Aus diesem Grund schnappe ich mir auch jedes Jahr ein Mal für eine Woche meine Wanderausrüstung - die über die Jahre ziemlich professionell geworden ist und sich damit meinen begangenen Routen angepasst hat - und fliege in den hohen schwedischen oder norwegischen Norden, um dort eine Woche wandernd in der Wildnis zu verbringen. Das Gefühl der vollkommenen Abgeschiedenheit - auch wenn ich für den Notfall natürlich immer ein Handy bei mir trage - ist etwas, auf das ich nicht mehr verzichten möchte. Und das Wandern hat dann während dieser Zeit etwas beinahe schon Meditatives und ist äußerst gut für die innere Ruhe und das innere Gleichgewicht.
Nichtsdestotrotz kann ich die Jugendlichen und Heranwachsenden voll und ganz verstehen, wenn sie keine Lust darauf haben, mit ihren Eltern wandern zu gehen. Bei mir war es damals nicht anders, weil es einfach der Zwang war, der mir den Spaß an der Sache vollkommen genommen hat - zumal es ja auch so ist, dass man sich in diesem Alter eindeutig spannendere oder lustigere Sachen vorstellen kann, als durch die Natur wandern zu gehen. Meist lernt man das Wandern erst im Alter zu schätzen - dann aber auch richtig. Ich bin der Meinung, dass das eine ganz normale Entwicklung und ein ganz normaler Umstand ist. Wenn ich mich in meinem Bekannten- oder Freundeskreis mal so umblicke, kann ich auch nicht behaupten, dass der Trend weg vom Wandern und hin zu anderen Freizeitbeschäftigungen geht.
Sofern ich das beurteilen und beobachten kann, hat sich dabei in den letzten Jahrzehnten kaum bis gar nichts daran geändert, dass man noch immer sehr viel wandert. Auch wenn ich mir die Freizeitangebote von irgendwelchen Einrichtungen jeglicher Art hier in der Gegend anschaue, bieten die eigentlich alle irgendwelche Formen von Tageswanderungen oder dergleichen an. Ich kann also wirklich nicht behaupten oder beobachten, dass das Wandern als Ganzes auf einem Rückmarsch ist. Natürlich gehen vermutlich weniger Familien mit ihren kleinen Kindern auf einen reinen Wanderurlaub, der sich vielleicht auch mal über ein oder zwei Wochen ziehen kann. Hier würde ich aber sagen, dass das damals, als es eben noch so war, hauptsächlich so der Fall war, weil sich die meisten Familien nichts anderes leisten konnten und ein Wanderurlaub in der eigenen Region dann doch eine relativ erschwingliche Sache war.
Heute fliegt man ja bald in jedes Eck Europas günstiger, als man mit dem Zug in der nächsten Stadt ist und entsprechend werden sich auch die Urlaubsgewohnheiten der deutschen Familien geändert haben. Und wenn man den Kindern dann einen Urlaub in einem fremden Land bieten kann, mag das auch für viele Eltern attraktiver erscheinen, als mit ihnen um die Ecke zu wandern.
Wir haben das Wandern vor 2 Jahren für uns entdeckt. Nachdem wir uns die komplette Ausrüstung zugelegt haben, ging es letztes Jahr dann das erste Mal etwas länger los. Wir waren auf Rügen und sind die gesamte Ostküste abgewandert. Wir hatten alles dabei, was man zum Wandern benötigt. Ein leichtes Zelt für zwei Personen, zwei leichte Schlafsäcke, einen entsprechenden kleinen Gaskocher, entsprechendes Geschirr und natürlich Essen. Die passenden Rucksäcke eigneten sich sehr gut, um alles zu verstauen. Alles in allem hatte mein Freund dann etwa 14 kg auf dem Rücken und ich etwa 10 kg.
Dieses Jahr planen wir eine Hüttentour durch die Alpen. Wir wollen durch den Naturpark Fanes-Sennes-Prags wandern. Dabei geht es von Hütte zu Hütte. Wir schlafen dann in Sälen mit etwa 5-10 Wanderern zusammen. Ich muss aber zugeben, dass dieser Urlaub nicht besonderes günstig wird. Eine Übernachtung in einer Hütte kostet mit Frühstück im Schnitt um die 40 €, sodass jeder von uns bei 7 Tagen etwa 280 € zahlen muss. Vorher mussten wir aber auch noch aus MV nach Italien fahren, wo auf uns eine gehörige Tankrechnung zukommt.
Die Ausrüstung ist auch sehr teuer. Und wahrscheinlich gibt es für ähnliches Geld auch Aufenthalte in wunderschönen Hotels.
Aber hat man erstmal alles zusammen, denke ich, kann ein Urlaub kaum schöner werden. Für mich gibt es nichts aufregenderes als alles mit eigenen Füßen zu entdecken. Man läuft alles ab, quält sich KM über KM, um dann am Kap Arkona, auf dem Brocken oder auf dem Heiligkreuzkofel zu stehen. Man hat es sich selbst erarbeitet, streift durch die Natur und fühlt sich einfach nur wunderbar.
Mir ist aber klar, dass solch ein Urlaub nicht für jedermann etwas ist. Es ist doch sehr anstrengend und man hat auch nicht jederzeit eine Toilette oder Dusche parat. Ich war aber erstaunt, wie schnell man sich doch anpassen kann. Und ich habe diese Unannehmlichkeiten schnell vergessen.
Mein Fazit: Ich kann Wandern dementsprechend nur empfehlen und hoffe nicht, dass es immer unbeliebter wird. (Doch spüre ich das auch, ich kenne eigentlich nur noch meine Schwiegereltern, die auch gern wandern gehen. Sonst fällt mir niemand ein.)
Ich würde es nun nicht ausschließen, dass bestimmte Regionen nicht mehr so angesagt sind wie früher und ich würde es auch nicht ausschließen, dass bestimmte Einzelhändler nicht mehr so viel verkaufen wie früher, aber daraus eine allgemeingültige Aussage abzuleiten, wie du das mal wieder tust, halte ich für unzulässig.
Meine Beobachtungen deuten jedenfalls eher auf das Gegenteil hin. Viele Leute geben sich nicht mehr damit zufrieden im Urlaub zwei Wochen lang am Hotelpool zu braten und sich in regelmäßigen Abständen zum all inclusive Buffet zu schleppen. Aktiver Urlaub scheint doch ziemlich angesagt zu sein und es gibt im In,- und Ausland inzwischen doch sehr viele Angebote für Wanderurlaube, bei denen man teilweise das Gepäck auch gar nicht selber mitschleppen muss. Bei schönem Wetter ist es bei mir in der Region auch so, dass die beliebten Wanderwege ziemlich bevölkert sind. Teilweise könnte man schon fast von überlaufen sprechen.
Als ich übrigens das letzte Mal bei Jack Wolfskin vorbei geschaut habe war der Laden wieder mal sehr gut besucht. Sicher werden sich viele Leute die Sachen eher aus modischen Gründen und wegen der guten Qualität kaufen und nicht, weil sie ins Gebirge wollen, aber dem Umsatz ist das ja reichlich egal. Die Geschäfte mit "Wandermode", die sich in deinem Artikel beschweren, haben vielleicht einfach die Trends verpasst und den Anschluss verloren.
Ich selber habe schon einige Wanderurlaube gemacht, aber hauptsächlich bin ich auch eine von denen, die gerne Tagestouren machen oder übers Wochenende Wandern gehen und dann höchsten zwei Übernachtungen buchen. Für die Tourismusbetriebe ist der Gewinn dabei natürlich wirklich nicht hoch, da man ja zumindest Getränke und Snacks auch selber mitbringt und nicht vor Ort kauft.
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