"Zu kollegial" als Kündigungsgrund?
Nehmen wir mal an, Person A hätte vor einiger Zeit ihren Posten bei einem Unternehmen gekündigt, weil sie von einem anderen, ebenfalls großen Unternehmen der gleichen Branche, ein besseres Angebot als Leiterin einer Filiale bekommen hätte. Person A wäre froh, diesen Job bekommen zu haben und hätte deshalb im alten Job alles stehen und liegen lassen, weil ihr das Betriebsklima dort möglicherweise schon lange nicht mehr gefallen haben könnte.
Nun würde Person A in ihrem neuen Job in der neuen Firma auch immer von ihrem Vorgesetzten gelobt und das nur in den höchsten Tönen. Person A hätte sich immer gut mit allen Kollegen verstanden und war als Filialleiterin so beliebt, wie noch keine vor ihr – jedenfalls nach dem zu urteilen, was die anderen Angestellten so über sie gesagt hätten. Nun nähme sie ihr Chef, Person B, bei einem Besuch der Filiale, mit nach draußen um in einer Kaffeepause ein paar Worte mit ihr zu reden. Zuerst hätte er sich auch nur vollen Lobes über sie geäußert und dann, wie aus heiterem Himmel praktisch, auf einmal gesagt haben, dass sie jetzt gefeiert sei. Die Begründung von Person B wäre gewesen, dass Person A einfach zu kollegial sei.
Angenommen, es wäre tatsächlich der Kündigungsgrund, dass sie zu kollegial sei. Mir ist das bisher in all meinen Jahren in einer wirklich großen Firma nie untergekommen und meiner Lebensgefährtin ebenfalls nicht. Eine weitere Begründung dazu würde es vom Chef nicht geben, er bliebe bei dieser einen Aussage. Die gute Frau wäre dann natürlich am Boden zerstört, weil sie für diesen Job ihren anderen an den Nagel gehängt haben könnte. Habt ihr schonmal von einem derartigen Fall gehört oder könnt ihr euch gar nicht vorstellen, dass so etwas passieren kann? Angenommen, Person A möchte etwas dagegen unternehmen – hätte sie Chancen, dass sich etwas ändert?
Der Kündigungsgrund, dass jemand zu kollegial sei, ist mir auch neu. Ich finde das als Grund schon wirklich komisch und es klingt für mich eher als vorgeschoben, weil man schließlich irgendeinen Grund angeben muss. An As Stelle, würde ich mich einfach mal bei einem Rechtsanwalt erkundigen, ob dieser Kündigungsgrund wirklich wirksam ist oder ob sie dagegen irgendwie vorgehen könnte.
Vielleicht würde es auch etwas bringen, wenn Person A nochmal das Gespräch mit dem Chef sucht und ihn bittet, seinen Kündigungsgrund doch etwas zu erörtern. Vielleicht erfährt sie dann doch etwas mehr darüber.
Ein Jobwechsel ist leider immer mit einem Restrisiko behaftet. So auch in dem Fall. Person A hat eine Stelle aufgegeben und einen neuen Job angenommen. Und hier besteht z.B. immer während der Probezeit die unschöne Möglichkeit, gänzlich ohne Angabe von Gründen gekündigt zu werden. Diese Möglichkeit hat der Arbeitnehmer aber eben auch der Arbeitgeber. Allein das ist der erste Punkt, an dem das Risiko eben entsprechend hoch ist. Ob es nun hilfreich ist, dass Person B einen Grund genannt hat oder ob es in einer Anfechtung hilft, weiß ich nicht. Aber sollte die Sache während der Probezeit passiert sein, kann der Arbeitgeber Person B die erste Kündigung zurück nehmen (die war ja sowieso nicht rechtens, weil eine Kündigung einer Schriftform bedarf!) und eine neue Kündigung ausstellen.
Sofern die Geschichte jedoch nach der Probezeit passiert ist, kann sich Person A natürlich wehren und die Kündigung nicht akzeptieren. Schließlich ist ein Wort von Person B nicht wirklich bindend und Person A darf darauf bestehen, dass Person B schriftlich und mit einer Angabe von Gründen unter Einhaltung der vereinbarten Fristen kündigt. Und gegen diese Kündigung kann dann Person A vorgehen. Insbesondere bei so einer Begründung dürfte es Person B schwer fallen, vor Gericht nicht lächerlich zu wirken. In so einem Fall würde ich tatsächlich dazu raten, in den sauren Apfel zu beißen, und sich in die Stelle zurück zu klagen. Wichtig für Person A wäre aber, keine schriftlichen Zugeständnisse zu machen und natürlich nichts zu unterschreiben. Denn dann wäre es für Person A doch wieder schwierig.
Ich selbst kenne dieses überschwängliche Loben schon und weiß, dass das gesprochene Wort kaum die heiße Luft wert ist, die beim Sprechen erzeugt wird. Besser wäre es, diese Lobesworte auf Papier zu bringen, so dass diese auch für Dritte nachvollziehbar sind. Insbesondere wenn sie vom disziplinarischen Vorgesetzten stammen. Ansonsten mag dies einem schmeicheln, bewahrt aber nicht davon, dann doch wegen schlechter/mangelnder Leistungen entlassen bzw. freigestellt zu werden.
Mit „zu kollegial“ kann auch gemeint sein „Kann sich gegenüber den Mitarbeitern nicht durchsetzen“; „Kann nicht Nein sagen“. Sie ist also „zu lieb“. Eine Führungskraft muss akzeptiert und respektiert werden. Je „kollegialer“ bzw. großzügiger die Führungskraft ist, umso weniger wird sie ernst genommen. Sie muss also Strenge walten lassen.
Ich lese im Eingangsthread auch nicht heraus, ob sie schon gekündigt wurde oder ob ihr nur damit „gedroht“ wurde. Ich glaube auch nicht, dass als Grund „zu kollegial“ in der Kündigung stehen wird, sondern, dass diesbezüglich die Eignung aberkannt wird. Denn Kollegialität ist tatsächlich kein Kündigungsgrund, aber die fehlende Eignung schon.
Wurde Person A innerhalb der Probezeit gekündigt? Während dieser Zeit müsste der Chef nicht einmal einen Grund nennen, sondern kann einen neuen Mitarbeiter auch ohne Angabe von Gründen vor die Tür setzen. Ich persönlich kenne eigentlich niemanden, der die Probezeit in einer neuen Firma nicht überstanden hat, aber es kommt eben in Einzelfällen vor. Wenn sich herausstellt, dass der neue Mitarbeiter doch nicht so gut ins Unternehmen passt, wird der Chef sich dann unter Umständen auch wieder schnell von demjenigen trennen und die Kündigung aussprechen.
Dass jemand sich scheinbar zu kollegial verhält, ist meiner Meinung nach nicht so ein ungewöhnlicher Kündigungsgrund. Zumindest gibt es doch auch solche Klassiker unter den Ausdrücken, die man in Arbeitszeugnissen vielleicht nicht so gerne haben will. Da ist es zum Beispiel auch kein gutes Zeichen, wenn der Arbeitnehmer sehr gesellig ist oder bei den Kollegen sehr beliebt ist. Damit sagt der Chef auf charmante Weise einfach aus, dass der Mitarbeiter vielleicht gerne mal was trinkt, zur Tratscherei neigt und dabei gerne die Arbeit schleifen lässt. Wenn also jemand als zu kollegial bezeichnet wird, würde ich daraus einfach schließen, dass er sich wirklich nicht gegen Untergebene durchsetzen kann und darüber hinaus gerne die Arbeitszeit mit Tratscherei verbringt.
Bevor man sich über einen bestimmten Ausdruck aufregt, sollte man schauen, was mit dem speziellen Ausdruck überhaupt ausgesagt wird. Und das, was hinter diesem scheinbar zu kollegialen Verhalten stecken kann, ist auf Dauer auch nicht gut für das Unternehmen. Daher verstehe ich es schon, wenn ein Chef den neuen Mitarbeiter eben wegen eines solchen Verhaltens und vielleicht auch wegen mangelnder Durchsetzungsfähigkeit entlässt. Der Chef hat die Kündigung also einfach nett verpackt und diese versteckte Botschaft ist beim Mitarbeiter offensichtlich nicht richtig angekommen.
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