Was wird sich an der Kultur zum Lebensende verändert haben?
Die Frage noch einmal ganz ausgeschrieben, weil die Zeichenzahl in der Überschrift begrenzt ist: Inwiefern wird sich unsere bzw. deine Kultur bis zu deinem Lebensende verändert habe? Dieses Thema hat mich einmal sehr beschäftigt. Die Frequenz gesellschaftlichen Veränderungen wird immer größer, Veränderungen also immer häufiger. Wird sich das weiterhin so entwickeln? Ein Beispiel ist die Emanzipation von Homosexualität. Ob die zurzeit fortschreitet ist fragwürdig. Meiner Meinung nach erleben wir dabei einen Rückschritt. Und wenn ich an die lähmenden Gesetze der Scharia in den islamischen Staaten denke, dann wird mir ganz schlecht. Deswegen kann ich mir auch nicht vorstellen, dass zu meinem Lebensende, also vermutlich um das Jahr 2100, die Emanzipation von Homosexualität schon stark fortgeschritten ist, so sehr ich mir das wünschen würde, weil ich denke, dass jeder Mensch auf seine Art und Weise leben dürfen sollte und seine Bedürfnisse auch ausleben sollte, da das Gegenteil nur zu Unglück und Depression führt.
Allgemein stellt sich mir die Frage, ob die Gesellschaft im Jahr 2100 liberaler sein wird. Es könnte ja genauso gut sein, dass die erste Welt wieder in die Diktatur zurückfällt. Eine Weltwirtschaftskrise könnte dafür doch der Auslöser sein. Trotzdem erhoffe ich mir von der Zukunft Positives und dass die Gesellschaft mehr Akzeptanz gegenüber allem aufweist und nicht so stur und engstirnig denkt wie heute. Veränderungen werden leider nicht so oft zugelassen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Migration. Viele denken, dass Migranten dem Staat schädigen und ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen. Daran, dass die Demographie ohne Zuwanderung einbrechen würde und damit die Wirtschaft zusammenbrechen würde, genauso wie das Pensionssystem, denken die nur selten. Ausländer werden grunsätzlich abgelehnt, was sich in einer beinahe 1/3-Zustimmung der (schon sehr radikalen) FPÖ in Österreich zeigt.
Ich bin mir sicher, dass Religion an Bedeutung verlieren wird, zumindest in der ersten Welt. Das geschieht ja schon heute. Mit jeder Generation sinkt der prozentuelle Anteil derer, die auf Religion und Gott wertlegen. Zwar feiern die meisten noch Weihnachten und Ostern, doch auf christlichen Hintergrund wird kein Wert gelegt. Ich glaube, dass in 3 Generationen der Anteil der Gläubigen Menschen auf unter 10% zurückgegangen sein wird, also hier im deutschsprachigem Raum. In den USA ist Religion (leider) etwas stärker verankert und wie es in den muslimischen Ländern aussieht weiß ich nicht. Allerdings sehe ich genau dort keine Anzeichen für eine Besserung der Situation (Ja ich stehe dem Islam und besonders der Scharia negativ gegenüber, meine Argumentation würde das Thema sprengen).
Was denkt ihr? Was wird sich verändert habe? Welche Veränderungen würdet ihr begrüßen, welche befürchtet ihr? Freut ihr euch auf diese Zukunft?
Erst einmal muss ich sagen, dass es für mich nur eine Welt gibt, gab und auch in Zukunft geben wird. Mit einer Unterteilung in erste, zweite und dritte Welt konnte ich noch nie viel anfangen. Schon in jungen Jahren habe ich durch Brieffreunde auf verschiedenen Kontinenten festgestellt, dass es durchaus gemeinsame Interessen und auch Sorgen gab, aber auch, dass sich manches stark unterscheidet. Das ist allerdings auch der Fall, wenn ich meine Interessen und Sorgen mit denen jener vergleiche, mit denen ich aufgewachsen bin und die bis heute in demselben Teil der Welt leben wie ich. Religion spielte dabei für mich nie eine Rolle, schon in meiner Kindheit sah ich sowohl bei Besuchen in einer Pastorenfamilien als auch bei einer muslimischen Freundin Vor- und Nachteile, die allerdings weniger damit zu tun hatten, an welchen Gott man nun glaubt oder nicht glaubt.
Meiner Meinung nach spielt die Kirche gerade in Deutschland eine sehr große Rolle! Krankenhäuser, Schuldenberatungen, Suchtberatung, Unterbringungen für Kinder/Jugendliche, Behinderte, alte oder kranke Menschen, sowie Kindergärten haben oft einen christlichen Hintergrund. Soweit ich weiß, hängen Staat und Kirche auch in vielen dieser Bereiche stark zusammen. Auch was Taufen, Konfirmation/Firmung, Hochzeiten und Beerdigungen betrifft, legen meiner Meinung nach viele Menschen darauf noch wert. Am Rande habe ich kürzlich Proteste gegen Kirchenschließungen in einem Nachbarort mitbekommen. Dabei setzten sich sowohl Christen, als auch die vielfältig vertretenen Muslime gegen die Schließungen ein!
Auch gab es immer schon Menschen, die sich nicht damit abfinden wollten, dort wo sie zufällig geboren wurden, auf die Art und Weise zu leben, wie es die "Allgemeinheit" (wer auch immer das im Einzelnen sein mag) verlangte. Kämpfer für ihre eigene Freizeit, die sich nicht mit irgendwelchen Regeln zu ihrem Nachteil abfinden wollten. Menschen, die bewiesen haben, dass ein anderes Leben sehr wohl möglich und durchsetzbar ist. Das wird es meiner Meinung nach auch weiterhin geben und so mancher Kampf hat weitreichende Folgen. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass es schon heute wesentlich einfacher ist, sein eigentlich vorherbestimmtes Leben komplett anders zu gestalten. Und durch die zunehmende weltweite Vernetzung, immer günstig werdende Reisemöglichkeiten und gelockerte Gesetze, wird das meiner Meinung nach eher zu- als abnehmen. Doch Veränderungen brauchen natürlich auch immer Zeit, sie werden nirgendwo von jedem sofort akzeptiert. Selbst wenn eine Webseite nur geringfügig ihr Design ändert, gibt es teilweise eine regelrechte Protestwelle.
Was Homosexualität betrifft, so frage ich mich, ob sich Sexualität immer öffentlich emanzipieren muss? Gerade in Deutschland hat jeder das Recht und die Möglichkeit sexuell mit werden, mit wem er möchte. Doch egal welche Sexualität man für sich selbst wählt, so gibt es immer andere, die damit wenig anfangen können. Ich erwarte weder heute noch 2100 von jedem, dass er meine Art der Sexualität gut findet und teilt. Doch gerade in Deutschland hat jeder doch eigentlich alle Möglichkeiten. Unabhängig davon, ob man mit Senioren , Kakteen, gleichgeschlechtlichen Partnern oder mit allem auf einmal sexuell aktiv werden möchte, so findet man spätestens über das Internet Möglichkeiten dazu. Die Frage ist, ob man darüber jeden informieren muss? Gewisse Dinge betreffen dabei natürlich die Öffentlichkeit und das Gesetz, doch auch diesbezüglich zeigen sich immer mehr Staaten sehr tolerant. Geschlechtsumwandlungen werden in manchen Ländern meines Wissens nach sogar heute finanziert.
Meiner Meinung nach sind die Möglichkeit des Einzelnen schon heute beinahe unbegrenzt. Und durch den Wunsch nach Freiheit des Einzelnen, sowie durch Fortschritt der Technik, Medizin, usw. werden diese Möglichkeiten eher zu- als abnehmen. Auch wird sich der Lebensstandard weiterhin verbessern- was allerdings auch immer wieder neue Problematiken mit sich bringt.
2100 ist natürlich ein verdammt ferner Blick. Denke da nur mal daran, was sich allein von 1700 auf 1800 auf 1900 verändert hat. Und wenn ich an meine Großmutter denke, die 1910 geboren wurde, 2 Weltkriege und eine völlige Veränderung der Welt erlebt hat, dann ist so ein Blick fast 100 Jahre in die Zukunft eher Kaffeesatzlesen.
Ich bin da etwas pessimistischer. Als wir in den 70er Jahren in die Schule gingen, war George Orwells "1984" ein utopischer und beängstigender Blick in eine grausige Zukunft. Insofern war es wohl eher richtiger eine Dystopie. Damals konnte sich keiner von uns Schülern vorstellen, dass es auch nur ansatzweise so kommen würde. Keiner konnte sich vorstellen, dass eine Gesellschaft den Weg dahin schweigend hinnehmen würde. Heute muss ich feststellen, dass wir in vielerlei Hinsicht genau den Weg gehen und schon gegangen sind, den Orwell als Dystopie entworfen hat.
Wovon handelt "1984"? Es geht um eine diktatorische Regierung, um eine Gesellschaft, die von vorne bis hinten kontrolliert wird, wo es Repression von Seiten der Staatsmacht gibt. Freiheit für das Individuum gibt es im Grunde nicht mehr. Ein Zugriff auf den Staat auch nicht, denn der ist so anonym (Superstaat) und die ablaufenden Prozesse sind so mechanisiert, dass ein Individuum hier keinerlei Zugriff mehr hat. Die Kommunikation der Menschen untereinander wird eingeschränkt und reguliert, es findet eine Art Entpersonalisierung statt.
Vergleicht man das mit dem, was heute passiert, stellt man erschreckende Parallelen fest. Wir stecken längst in einem Prozess der Entdemokratisierung. Wen das interessiert, der bestelle sich "Postdemokratie" von Colin Crouch (gab es mal kostenlos bei der Bundeszentrale für politische Bildung - sucht mal in der Zeitschrift: Das Parlament). Zwar dürfen wir noch alle paar Jahre unser Kreuzchen bei Wahlen machen, aber das sind nur Formalien. Beherrscht werden wir von einer finanzstarken und privilegierten Elite, die am Ende die Interessen von Unternehmen und Verbänden durchsetzen. Politische Entscheidungen laufen längst ungestört außerhalb demokratischer Prozesse.
Nehmt das, was derzeit mit Griechenland passiert. Da kommt eine deutsche Kanzlerin und will in einem anderen Land die Haushaltshoheit übernehmen ("Sparkommissar"). Eines der höchsten Güter, die eine Nation für sich überhaupt hat. Was darf das griechische Volk dazu sagen? Was darf das gewählte griechische Parlament dazu sagen? Nichts. Früher nannte man das "Protektorat" - "Deutsch Südost". Gott, was schäme ich mich dafür, Deutscher zu sein.
Das Thema "Überwachung" sollte jedem mit einer gewissen Internetaffinität halbwegs geläufig sein. Seitdem ein paar durchgeknallte Islamisten die Welt mit Teppichmessern in ihren Griff gebracht haben, sind alle Dämme gebrochen. Die feuchten Träume der Überwachungsfetischisten werden Realität. Dass ich heute ruckzuck Probleme bekomme, wenn ich mich in London mit einem Stativ und einer Kamera auf einem öffentlichen Platz aufbaue und fotografiere ist da noch harmlos. Aber ich empfehle dringend z. B. mal die Beschäftigung mit dem Thema INDECT. Wir werden uns in Zukunft daran gewöhnen müssen, relativ lückenlos überwacht zu werden. Die Drohnen am Himmel sind da noch harmlos, wenn man in die Experimentierküchen dieser Industrie schaut.
Auch Kriege werden in Zukunft vollkommen anders geführt werden. Womöglich wird man in vielen Fällen gar keine Besatzungsmacht, gar keinen Soldaten, keine Flugzeuge mehr zu sehen bekommen. Die Amerikaner haben ihre Air Force Programme inzwischen komplett umgestellt. Piloten sind out, Krieg wird in Zukunft vor allem von Drohnen aus geführt werden und das auch noch zu weiten Teilen automatisiert. Die Dinger wird es in groß und klein geben und zwar so klein, dass man sie nicht mehr bemerken wird. Trotzdem werden sie tödlich sein. Was bis heute an Drohnenangriffen schon bekannt ist, findet man hier. Oder hier die Angriffe in Pakistan mit interaktiver Karte.
Eine große Gefahr für die Mächtigen dieser Welt stellt zur Zeit noch das Internet dar. Es ist in der Lage - wie wir in England ansatzweise erlebt haben - ganze Nationen in kürzester Zeit zu erschrecken. England und die Ereignisse in Nordafrika dürften Warnung genug sein und man wird alles daran setzen, hier die vollkommene Kontrolle zu erlangen.
Was den sog. Superstaat angeht und die Entmachtung des Individuums, erleben wir das gerade mit der EU. Längst treffen da für uns völlig unbekannte Ministerialbeamte Entscheidungen, an denen wir nichts mehr ändern können. Und vor allem läuft davon eine Unmenge an parlamentarischen Prozessen völlig vorbei. Ein deutlicher Hinweis, wie wenig man sich noch für die Meinung des Volkes interessiert, waren doch die ganzen fehlenden Referenden zu den EU-Verträgen, die de facto Verfassungsrang für uns alle haben.
Mit anderen Worten: Ich sehe viele Tendenzen, die uns in Richtung "1984" treiben. Wir stecken längst drin im Sumpf und schauen weitestgehend tatenlos zu. Und das wird auch so weitergehen, so lange es genug Ablenkung für die Massen gibt. Man muss aber auch sagen, 100 Jahre sind eine lange Zeit und wenn man 100 Jahre zurückblickt, kann man sagen, die Welt wurde mindestens einmal umgekrempelt. Also besteht auch Hoffnung, dass wir einen völlig anderen Weg gehen werden. Ich hoffe nur, dass uns persönlich Krieg, Hunger und Gewalt erspart bleiben. Aber das haben auch meine Großeltern gedacht und es kam ganz anders.
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