Sind Fanfiction-schreiber nicht kreativ genug für Eigenes?
Als Fanfictions werden Geschichten bezeichnet, die über ein bereits bestehendes Buch, eine Serie oder einen Film spielen, geschrieben werden. Es ist natürlich um einiges einfacher, über etwas zu schreiben, wozu es bereits ein Konzept und Charaktere gibt. Man hat einen kompletten Plan, wie sich die jeweiligen Menschen, Tiere oder sonstiges in bestimmten Situationen verhalten.
Dadurch muss man selbst weniger erfinden, braucht nicht zu lange und besonders Fans des Buches/der Serie/etc werden schon rein aus dem Grund, dass sie mit allem vertraut sind, die Geschichte lesen. Leider kommt die Kreativität in den meisten Fällen ein wenig zu kurz, obwohl auch gesagt wird, dass es einen auf späteres Schreiben vorbereitet. Was findet ihr? Ist es eher eine Kreativitätsbremse, oder wird die Kreativität erst dadurch angeregt?
Ich selbst bin da eigentlich ganz anderer Meinung als du und muss ehrlich sagen, dass dein Threadtitel schon eine kleine Provokation für mich ist - Nicht, dass ich selbst Fanfiction-Autor oder ähnliches wäre, aber ich bin großer Fan von verschiedenen Fanfiction-Autoren, besonders diese, welche sich im Star-Wars-Universum bewegen, wer mal in diese Ecke geschaut hat, der wird wissen, was es dort für Unmengen an Material und Romane gibt, die von vielen verschiedenen Fans ins Universum geschrieben wurden.
Ich selbst habe hier bei mir im Schrank bestimmt zehn Bücher von vier verschiedenen Fanfiction-Autoren stehen und kann ehrlich gesagt nicht behaupten, dass diese unkreativ oder schlecht oder gar ohne Konzept geschrieben hätten. Im Gegenteil, ich würde sogar sagen, dass diese sich sehr intensiv mit der Materie auseinandergesetzt haben und wirklich wussten, auf was sie sich dort einlassen. Das man bereits existierende Figuren und Charaktere mit in die eigenen Bücher aufnimmt ist ja so weit nichts schlimmes, finde ich - Zumindest dann nicht, wenn man den Charakter auch gut wiedergeben kann und man nichts dazudichtet, was der ursprüngliche Autos so nicht geplant hatte.
Ich selbst stelle es mir persönlich auch sehr, sehr schwer vor, eine Geschichte mit Figuren zu schreiben, die bereits existieren und dem Leser bekannt sind - Vor allem, wenn die eigentliche Story mit diesen Figuren schon abgeschlossen ist. Wenn man also quasi eine Fortsetzung oder ähnliches schreiben möchte, sei es nur aus Spaß, so stelle ich mir das echt schwer vor. Ich glaube das man sich hier wirklich sehr auf die Figuren einlassen muss und vielleicht auch eine noch größere Menge an Fantasie und Ehrgeiz braucht, zumal ja auch andere Fans Erwartungen haben.
Ich betrachte Fanfiction als eine Art Schule, durch die auch ich schon gegangen bin. Wie du schon sagst, es ist einfacher, erstmal in einem Setting anzufangen, in dem man nicht so viel selbst aufbauen muss. Es geht erst einmal darum, das eigene Schreiben zu schulen. Kaum jemand setzt sich hin und schreibt gleich von Anfang an gut. Ich schätze mal, jeder hier, der mehr oder weniger hobbymäßig schreibt, wird jetzt an seine Anfänge zurückdenken und nicken.
Ein bestehendes Fandom ist da eine grosse Hilfe, weil man sich keine Gedanken um das Drumherum machen muss und weil man auch lernt - zugegeben nicht immer, aber viele tun es - einen Charakter "in character" zu halten. Das geht ebenfalls leichter, wenn es eine genaue Vorgabe gibt, wie der Charakter denn zu sein hat. Wenn man das später mit eigenen Charakteren macht, fällt es leichter, die Linie einzuhalten, die man sich für den Charakter erdacht hat und weniger unglaubwürdige Sprünge zu machen.
Viele Fanfiction Autoren gehen früher oder später dann den nächsten Schritt und beginnen, eigene Geschichte zu schreiben, eigene Figuren zu erfinden und eigene Welten zu erschaffen, wenn sie nicht in der Realität schreiben und wie mein Vorredner schon schrieb, einige schaffen es sogar, von einem Verlag unter Vertrag genommen zu werden und der eine oder andere auf die Bestseller Listen dieser Welt. Ein Beispiel dafür ist unter anderem die Autorin der "Mortal Instruments" Reihe (City of Bones und folgende), sie war Harry Potter Fanfiction Autorin, heute schreibt sie Bestseller, die mit der Harry Potter Welt wenig Ähnlichkeit haben.
Und dann gibt es noch eine ganze Reihe Leute, die das einfach aus Spass machen, weil sie eigene Ideen zu einer bestehenden Geschichte haben. Manche sind absurd, manche sind einfach nur weiterführend, viele finde ich ganz oft einfach nur interessant.
Ich selbst schreibe heute noch gerne zwischendurch immer mal wieder Fanfiction. Es ist irgendwie sehr entspannend und manchmal kommen einem beim Schreiben einer Fanfiction auch tatsächlich ganz konkrete Ideen, wie man aus dieser Storyline auch ganz leicht etwas Eigenes machen könnte, was nicht wie eine Kopie eines anderen Buches klingt.
Fanfiction hat wohl einen Knacks bekommen, was den Ruf angeht, als es langsam aber sicher in einigen Fandoms überhand nahm und teilweise doch seeeehr fragwürdige Fanfictions den "Markt" überschwemmten , aber sie sind nicht generell schlecht.
Ich spreche hier als Leser und nicht als Autor und von meiner Perspektive aus ist Fanfiction überhaupt nicht einfacher, es ist eher das Gegenteil der Fall. Ich habe gerade einen vor kurzem erschienenen Sherlock Holmes Roman (The House of Silk von Anthony Horowitz) gelesen und ich muss sagen, dass ich nicht immer überzeugt war von der Charakterisierung der Hauptfiguren. Und es handelt sich hier wie gesagt um einen Roman von einem professionellen Schriftsteller und nicht um etwas, das irgendein Teenager im Internet veröffentlicht hat.
Ich denke, dass es eher einfacher ist, wenn man sich nicht an schon vorhandene Charaktere halten muss. Denn wenn man eine Figur selber erfindet hat man ja ein unbeschriebenes Blatt vor sich und kann die Figur so schreiben, wie es die Geschichte verlangt. Bei Fanfiction muss man die Geschichte aber den Figuren anpassen und damit funktioniert manch gute Idee dann vielleicht nicht mehr.
Fanfiction Autoren mangelt es sicher nicht an Kreativität - wobei ich hier natürlich nur von den Leuten spreche, die gute Fanfiction schreiben - sondern eher am Publikum. Wenn ich jetzt zum Beispiel eine Geschichte schreiben würde, die irgendwo im Harry Potter Universum angesiedelt ist, wüsste ich, wo ich sie veröffentlichen könnte und sicher werden sich dann auch ein paar Leser dafür finden. Wenn ich die gleiche Geschichte mit meinen eigenen Figuren schreiben würde, würde sie wahrscheinlich längst nicht so viel Interesse hervorrufen und ich könnte höchstens darauf hoffen, dass sich der ein oder andere im Freundeskreis als Leser findet.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Autoren, die zum ersten Mal schreiben, sich ohnehin meist für ein Fandom entscheiden, das sie in irgendeiner Art und Weise kennen; alle jungen Autoren, die versucht haben, sich gleich bei der ersten Geschichte an ihrer komplett eigenen Welt auszutoben, sind eher kläglich gescheitert, zumindest kenne ich kein Gegenbeispiel. Die gut gelungenen Werke von Anfängern, die ich kenne, spielen wie gesagt alle in einer Welt, die die Autoren selbst nachvollziehen können. Viele dieser Autoren schreiben über Jugendliche oder junge Erwachsene, die Fuß im Leben fassen, oder sich mit ihrer eigenen Sexualität und ihren ersten Beziehungen auseinandersetzen, das ist sehr nahe am eigentlichen Leben der Schriftsteller, weswegen sie sich hier gut einfühlen können. Die andere Möglichkeit ist eben, über ein liebgewonnenes Buch oder einen guten Film zu schreiben, über den man bestens informiert ist, denn auch hier ist man in der Regel sicherer, als in einer völlig fremden Welt.
Ich denke allerdings schon, dass die Fähigkeiten, die notwendig sind, um eine gute Fanfiction zu schreiben, sehr unterschätzt werden. Vor allem muss man sein Fandom wirklich genau kennen; gerade Leute, die beispielsweise über Harry Potter schreiben, müssen sieben Bücher und deren kompletten Inhalt im Kopf haben, um keine inhaltlichen oder logischen Fehler einzubauen. Die Charaktertreue ist eine andere Sache, die sich zwar einfach anhört, es aber faktisch keinesfalls ist. Schließlich muss man sich so sehr mit Personen eines fremden Schriftstellers identifizieren können, dass man in jedem Moment weiß, wie diese Personen reagieren würden. Man kann nicht einfach eigene Persönlichkeiten aus den bekannten Namen kreieren und wenn nur eine Kleinigkeit am Charakter einer Person verändert werden soll, muss diese Veränderung logisch ins Bild passen und nachvollziehbar sein. Letztlich muss sich die Fanfiction auch wirklich ins Original einpassen, damit sie gerne gelesen wird, und das ist nicht so einfach, wie es sich anhört.
Ich denke zudem, dass es bei jungen Autoren eigentlich egal ist, mit welchem Hintergrund sie schreiben. Es geht vorrangig darum, dass sie das Schreiben an sich üben, dazu gehört für mich eine sichere Beherrschung von Rechtschreibung und Grammatik, eine gute Ausdrucksfähigkeit und eine gewisse Treue zum eigenen Stil. Es muss gelernt werden, einen Handlungsstrang beizubehalten, sich in Personen hineinzuversetzen und ihnen einen konstanten Charakter einzuhauchen, ein Spannungsbogen muss aufgebaut werden und allgemein muss ein schlüssiges Gesamtwerk entstehen. Ich glaube, das schafft so gut wie niemand beim ersten Mal. Und wenn eine Fanfiction für die ersten Versuche genutzt wird, sehe ich das keinesfalls als Hemmung der Kreativität, sondern eher als eine sinnvolle und hilfreiche Stütze.
Also ich schreibe selbst schon seit ca. zwei Jahren immer mal wieder Fanfictions zu den Harry-Potter-Romanen und habe daran auch viel Spaß. Man muss die richtige Story schon wirklich detailliert kennen, um richtig mit den Figuren spielen zu können. Der Vorteil an Fanfictions ist, dass dem Leser die Charaktere schon bekannt sind, d.h. ellenlange Einführungen bleiben einem erspart. Außerdem gibt es viele Fanseiten im Internet, bei denen man seine Fanfictions veröffentlichen kann, mehr als Seiten, wo man generell jedes Geschreibsel hochladen kann. Und die Kritik anderer Leute ist meiner Meinung nach sehr bedeutsam, weil sie einen auf der einen Seite sehr bestärkt, einem auf der anderen Seite aber auch aufzeigt, wo man sich verbessern kann.
Außerdem ist es interessant, wie manche Figuren in den Fanfictions plötzlich völlig neue Charakterzüge haben, die von allen Lesern akzeptiert werden, d.h. wie sich die Personen in den Köpfen der Leser verändern. Fanfictions sind außerdem eine gute Möglichkeit, die Story weiterleben zu lassen, auch wenn die eigentliche Haupthandlung längst beendet ist.
Ich bin durchaus der Meinung, dass das Schreiben solcher Fanfictions für die eigene Kreativität eher förderlich als abträglich ist. Zudem zeigt das, dass man sich ja auch ganz genau mit einer bestimmten Materie auseinanderzusetzen im Stande ist. Genau diese Fähigkeit ist später für das eventuelle Verfassen eigener Werke extrem wichtig. Wer einmal ein Buch schreiben möchte, wird schnell feststellen, dass man mit Kreativität allein nicht weit kommt. Man braucht vor allem auch Selbstdisziplin und Recherchekenntnisse, um seinem Werk den nötigen Hauch von Leben einzuverleiben.
Bei vielen Autoren kann man beobachten, dass beispielsweise die Entwicklung ihrer Charaktere und die Tiefe eben jener mit jedem Buch besser wird. Wer sich schon einmal im Bereich der Fanfiction ausprobiert hat, hat definitiv schon Vorkenntnisse in der Charaktergestaltung, da darauf großer Werk in diesem Bereich des kreativen Schreibens gelegt wird. Von Nachteil kann das als eine Art Vorbildung also gar nicht sein.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt mag sich die eigene Kreativität durch Fanfictions nicht mehr steigern lassen - bis dorthin ist es aber für viele schon mal ein weiter Weg, der - so mein abschließendes Fazit - auch definitiv auf die ersten eigenen Stücke vorbereiten kann. So habe ich selbst immer gerne Fanfictions zu Krimiserien wie NCIS oder dergleichen geschrieben und bin darüber auch zum Verfassen eigener kurzer Kriminalstücke gelangt.
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