Wieso sind keine Negativurteile in einem Zeugnis erlaubt?

vom 03.02.2012, 15:03 Uhr

Ich habe letztens mein Abschlusszeugnis kopiert und beim Durchlesen des Urteils ist mir wieder eingefallen, was uns unsere Lehrer gesagt hatten. In den letzten Jahrgängen der Realschule, sprich 9. und 10. Klasse, also dann, wenn man sich um eine Ausbildungsstelle bewerben muss, dürfen die Zeugnisse keine Negativurteile mehr beinhalten. Ich kann mich noch an einen Klassenkameraden erinnern, der so gut wie jeden Tag seine Hausaufgaben "vergessen" hatte. Im Jahreszeugnis kam dann die Bemerkung, dass er seine Hausarbeiten meist zuverlässig erledigt hätte. Meist heißt ja für mich, dass er eigentlich kaum vergessen hatte sie zu machen, aber bei ihm kam es eben vor, dass er seine Hausaufgabe so gut wie nie gemacht hatte, und das in jedem Fach.

Wieso sind also keine Negativurteile im Zeugnis erlaubt? Ein Arbeitgeber kann sich doch sicher vorstellen, dass ein Schüler ein ganz schöner Störenfried gewesen sein musste, wenn im Zeugnis die Bemerkung steht, dass er dem Unterrichtsgeschehen meist oder stets gut folgte. Selbst wenn das ganze in einer etwas milderen Form umformuliert wurde, so finde ich, kann man immer noch klar unterscheiden von wirklichem Lob und geschmeichelter Kritik. Und wieso sollte man nicht ehrlich sein? Wenn der Schüler dann später im Berufsleben keine Chance hat, weil er nicht zuverlässig seine Hausaufgaben macht oder nie aufgepasst hat, vielleicht sogar unfreundlich gegenüber den Lehrern war, so sollte man das doch im Zeugnis vermerken. Immerhin wird der Schüler doch sonst später im Berufsleben auch nicht weiterkommen und gleich wieder raus geschmissen, wenn er sich dort genauso benimmt.

Was haltet ihr von der Regelung, dass es im Zeugnis keine Negativurteile geben darf? Meint ihr, dass es einem Schüler deswegen wirklich leichter fällt eine Ausbildungsstelle nach der Schule zu finden, nur weil man seine Schwächen in positivere Worte fasst? Wieso wurde es gesetzlich so bestimmt, dass es keine Negativurteile im Zeugnis geben darf? Und wäre es nicht fair, wenn man es dann bei allen Klassen so handhaben würde und nicht nur bei den Abschlussklassen und Bewerbungsklassen?

» iCandy » Beiträge: 1584 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wenn der Schüler dann später im Berufsleben keine Chance hat, weil er nicht zuverlässig seine Hausaufgaben macht oder nie aufgepasst hat, vielleicht sogar unfreundlich gegenüber den Lehrern war, so sollte man das doch im Zeugnis vermerken. Immerhin wird der Schüler doch sonst später im Berufsleben auch nicht weiterkommen und gleich wieder raus geschmissen, wenn er sich dort genauso benimmt.


Es gibt aber einen deutlichen Unterschied zwischen dem Nicht-Erledigen von Hausaufgaben und einer mangelnden Sorgfalt bei der Arbeit. Schließlich kann es ja auch sein, dass der Schüler auch ohne Hausaufgaben den Unterrichtsstoff schon prima beherrschte und daher eben nicht einsah, noch zusätzlich in Form von Hausaufgaben zu üben.

Und selbst wenn er die Hausaufgaben aus Nachlässigkeit nicht erledigt hat, so heißt die Nachlässigkeit in einem Lebensbereich doch nicht, dass er sich in anderen Bereichen (wie eben dem Beruf) genauso verhält.

So kann man sich auch etwa einem Lehrer gegenüber unfreundlich verhalten haben, weil es da vielleicht wirklich auch ein etwas angespanntes Verhältnis gab und trotzdem anderen gegenüber freundlich sein.

Daher finde ich es schon richtig, in ein Zeugnis keine wirklich negativen Urteile hineinzuschreiben, denn so ist auch dem vorgebeugt, dass ein Lehrer aus seiner sehr subjektiven Perspektive dem Schüler ein schlechtes Verhalten attestiert, was er anderen gegenüber gar nicht an den Tag legte.

Ansonsten muss ich aber sagen, dass ich solche Urteile in Zeugnissen gar nicht kenne, schon gar nicht als ausformulierte Sätze. Das einzige, was ich erlebt hatte, waren Betragensnoten, die bis zur neunten Klasse vergeben wurden, aber eine richtige schriftliche Beurteilung vom Lehrer gab es da nicht. Ist das denn inzwischen anders geworden? Meine Schulzeit ist doch auch noch nicht so lange her.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Was ist das für ein fatales Falschwissen? Das ist doch so gar nicht real und vor allem nicht nachvollziehbar. Ein Schüler muss objektiv beurteilt werden und natürlich muss man als Pädagoge auch die Schwachpunkte des Schülers definieren. Dies wird nur eben in einen positiven Klang dargestellt. Wenn man nämlich den genauen Sinn der entsprechenden Beurteilung versteht, merkt man das es beispielsweise dann keine reine positive Darstellung ist. Deshalb kann auch nicht jede Person eine Schülerbeurteilung richtig verstehen. Leute die dies können, können mit den entsprechenden Formulierungen schon sehr viel anfangen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Soweit mir bekannt gibt es das nicht. Die Leistungen des schülers sollten da schon so stehen, wie es tatsächlich der Fall war. Fakt ist nur, dass man da bestimmte Floskeln verwenden muss, die netter klingen, als sie unter Umständen sind. Und wenn jemand seine Hausaufgaben nie erledigt, dann schreibt man das ja ohnehin nicht so, sondern redet eher von nicht zuverlässig sein oder so etwas in er Richtung. Was aber der Fall ist: Man darf Berufsbeurteilungen nur mit bestimmter Formulierung machen. So ist eine Formulierung wie: "kann seine Leistungen noch steigern" immer negativ anzusehen, auch wenn es erst einmal motivierend klingt.

Zukünftige (potentielle) Arbeitgeber lesen dann aber zwischen den Zeilen und sehen, dass derjenige eben nicht unbedingt die erste Wahl sein sollte. Man darf den Arbeitnehmer eben nicht demotivieren und vor allem darf man ihm nicht, durch eine entsprechend harte Formulierung, die Chancen auf eine Anstellung verbauen. Denn das könnte man ja leicht, wenn man hart: "Kam immer zu spät, ist frech und faul", schreiben würde. Wer würde denjenigen denn bitte anstellen? Und da es üblich ist, die Bewertung vom letzten Arbeitgeber als potentieller Arbeitgeber einzusehen, kann man die ja auch nicht einfach nicht zeigen.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



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