Kontakt zu Nachbarn

Ich habe mich so etwas auch schon gefragt, da wir hier ebenfalls auf dem Dorf leben, aber einen richtigen Kontakt, außer, dass man sich eben grüßt und wenige Worte wechselt, haben wir nicht. Zudem wohnen wir auch nur als Mieter hier und nicht als Eigentümer, was dann noch einmal eine ganz andere Situation hier ist. Lediglich mit der unter uns lebenden Partei unterhalten wir uns hin und wieder, wobei es da auch eine gewisse Abgrenzung gibt, da es sich auch um eine geschäftliche Beziehung handelt. Sich da nun zu sehr auf sie einzulassen, würde bei uns nicht so viel bringen, zumal wir auch nicht hier auf ewig wohnen bleiben werden.

Auch in der vorherigen Wohnung gab es zu den Nachbarn kaum Kontakt, und auch, wenn man unserem direkten Nachbarn freundlich gegenüber getreten ist, so hat er sich als ein unangenehmer Zeitgenosse entpuppt. Wobei ich persönlich auch sagen muss, dass es da einige Missverständnisse gegeben hatte und man nicht richtig kommuniziert hat, weshalb es dann zu einem gespannten Verhältnis gekommen ist. Ich habe es zwar versucht, wieder besser zu machen, aber da wir sowieso recht schnell danach ausgezogen sind, gab es da keinen Handlungsbedarf.

Ich finde es ebenfalls grundsätzlich schwer, überhaupt Kontakt zu Nachbarn aufzubauen, wenn man zugezogen ist. Mir persönlich, das muss ich dazu sagen, fällt es mir auch recht schwer, auf andere Menschen zuzugehen und Smalltalk zu halten. Als offener Mensch hat man es sicher einfacher, wobei ich nun nicht sagen will, dass ich verschlossen bin, aber ich brauche halt immer etwas Zeit, bis ich dann lockerer bin. Diese Zeit wird nicht oft gegeben und ich denke, dass es dann auch manchmal zu spät ist, wenn man eben nicht zu Beginn offen ist.

Inzwischen müsstet Ihr ja auch schon woanders wohnen, Nelchen. Wie ist die dortige Situation? Hast Du durch den Hauskauf schon anknüpfen können? Wenn nicht, was spricht denn gegen eine Kaffeerunde oder bei wärmeren Temperaturen gegen einen Grillabend?

Ich grüße meine Nachbarn und ich wechsle auch mal ein paar Worte aus Höflichkeit, mehr nicht. Zu enger Kontakt entwickelt schnell eine Eigendynamik die man nicht mehr stoppen kann und ehe man es sich versieht hat man eine Tür im Zaun und der Nachbar steht ständig auf dem Hof. Auch haben manche Leute sehr viel Zeit und eh man sich versieht wird man in stundenlange Gespräche verwickelt. Ich selber finde auch nichts dabei wenn man außer einer Grußformel überhaupt keine Worte wechselt. Ich denke man merkt ganz schnell wie ein Nachbar gestrickt ist und wie er auf die Annäherungsversuche eingeht, danach sollte man dann auch das eigene Verhalten ausrichten.

Ich wohne auch in einem Dorf – und das seit mittlerweile zehn Jahren. Innerhalb dieser Zeit bin ich zwar einmal umgezogen, das fand allerdings in derselben Straße ab und ich habe sowohl in der alten Wohnung fünf Jahre gewohnt als auch in der jetzigen. In dieser Zeit habe ich allerdings niemanden meiner Nachbarn kennengelernt, wobei ich natürlich diejenigen, die im selben Wohnhaus wohnten, vom Sehen kannte und vielleicht auch ein paar Worte mit ihnen gewechselt habe. Mehr fand aber nicht statt und ich habe meine Nachbarn auch noch nie zu Kaffee und Kuchen eingeladen oder wurde zu diesem oder irgendeinem sonstigen Zweck zu ihnen gebeten. Nun könnte ich mich sicherlich auch fragen, ob ich etwas falsch mache, aber ehrlich gesagt lege ich keinen gesteigerten Wert darauf, mit meinen Nachbarn irgendeinen Umgang zu haben, weil die, die direkt unter mir wohnen, mir nicht sympathisch sind und ich finde, dass allein die Tatsache, dass es sich bei ihnen um meine Nachbarn handelt, noch rein gar nichts darüber aussagt oder im Hinblick darauf bewirkt, dass ich mit ihnen irgendetwas zu tun haben will.

Man kann also wirklich sagen, dass ich meine Nachbarn so gut wie gar nicht kenne, wobei sich diese Aussage wiederum nur auf die Nachbarn treffen lässt, die im selben Haus wohnen wie ich. Alle anderen Nachbarn kenne ich überhaupt nicht und manche auch nicht einmal vom Sehen. Mir ist das aber, wie oben schon kurz angedeutet, auch ganz recht so, weil mir kein Grund einfiele, hier nun große Freundschaften schließen zu wollen und dahingehend irgendwelche Anstrengungen zu unternehmen. Diese Menschen sind wohl eher zufällig meine Nachbarn, weil wir eben durch einen mehr oder weniger dummen Zufall in unmittelbarer Nähe voneinander wohnen. Das bedeutet aber wiederum nicht, dass wir das alle gerne tun und uns daher auch einen näheren und häufigeren Kontakt wünschen würden. Nun kann ich außerdem nicht feststellen, dass meine Nachbarn an mir irgendein Interesse haben, und es scheint also durchaus so, als wäre dieses Distanzierte hier Gang und Gäbe.

Mittlerweile habe ich sogar die Vermutung, dass Grund dafür gerade die Tatsache ist, dass ich hier in einem Dorf lebe, wo sich viele Menschen von klein auf kennen und jeder Fremde, der in ihr Dorf und somit ihr Terrain eindringt, irgendwie kritisch und mit reichlich Skepsis beäugt wird. Dass es hier Geschichten gibt, die über mich erzählt werden, ist mir irgendwann über einige Umwege auch einmal zu Ohren gekommen und ich fand das wirklich lustig, denn mich kennt ja hier tatsächlich niemand und insofern ist auch keinem mein Name bekannt. Aber was ich so tue und was mir gefällt, das wissen einige trotzdem. Vermutlich ist das eben doch ein Klischee, das von einigen Dörfern erfüllt wird: viele haben hier ihre vorgefertigten Meinungen und beziehen diese insbesondere auf Fremde. Der Spruch: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“ kommt hier tatsächlich bestens zur Anwendung. Dennoch fühle ich mich nicht wirklich angefeindet, sondern ich weiß wohl in erster Linie, dass mich hier niemand kennt und auch niemand irgendeinen Schritt auf mich zugehen wird, sofern ich nicht diejenige bin, die den ersten Schritt unternimmt. Und daran ist mir nicht wirklich gelegen.