Notwasserung im Hudson

vom 17.08.2010, 13:04 Uhr

Ich möchte mit euch einmal über die Notwasserung von Flug 1549 im Hudson sprechen. Am 15.Januar.2009 notlandete, Kapitän Sullenberger seinen Airbus A320 mit zwei inoperativen CFM-Triebwerken auf dem Hudson, weil er keinen Flughafen mehr erreichte. Für alle die nicht wissen was ich meine, können sich dieses Video ansehen, das meiner Meinung nach sehr gut gemacht ist.

Ich habe mich ziemlich lang mit diesem Unglück und dem Piloten beschäftigt. Ich bin selbst als Mechaniker bei einer namhaften deutschen Airline angestellt und dort werden Piloten oft als kaffeeschlürfende, autopilotverwöhnte Leute gesehen, die sich mit ihrem Fluggerät eigentlich eher weniger auskennen. Umso mehr überrascht mit Sully (Spitzname des Captains), wie er seelenruhig seinen 320 im Hudson landet, eine Notwasserung durchführt, die mit so einem Fluggerät eigentlich nie gut geht.

Auch nach der Notlandung wird der gute Mann nicht überheblich, sondern erzählt sachlich und unerschrocken von seinem Beinaheabsturz. (Video) Dabei finde ich, dass das Ganze wirklich an ein Wunder grenzt. Verkehrspiloten üben solche Situationen nicht sehr oft, da man eine Landung auf dem Wasser schon fast mit Beton vergleichen kann und das Ganze somit beinahe ein Ding der Unmöglichkeit ist. Was meint ihr? Hat ihm seine Ausbildung als Navypilot weitergeholfen, da diese spezieller auf entsprechende Situationen vorbereitet werden? Soweit ich weiß war Sullenberger auch Segelpilot und war somit noch besser für diese Situation gerüstet.

Aber gehört für so eine Aktion nicht auch einiges an Entscheidungskraft und Glück dazu? Sich gegen eine Umkehr zum Flughafen La Guardia zu entscheiden und auch genau zu wissen, dass der Flughafen Teterboro unerreichbar ist. Schließlich hat man nur noch eine Landung in der Millionenstadt oder im Fluss. Da ist natürlich der Hudson naheliegend. Trotzdem ist es ziemlich mutig, zu sagen, dass man wusste, man würde es schaffen. Ein solches Flugzeug im Wasser zu landen, ohne ein Menschenleben zu opfern, ohne eine Brücke mitzunehmen, und ohne ein Boot zu versenken erscheint unglaublich.

Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass eine große Portion Mut dazugehört hat, sich per Funkspruch beim Lotsen mit den Worten "We gonna be in the Hudson" zu "verabschieden", im selben Tonfall, als würde ich meinem Freund am Telefon mitteilen: "Wir sehen uns in der Disco." Dabei konzentriert man sich dann nur noch auf die Landung, und denkt garnicht daran, dass man gleich einen "Paarmillionendollarflieger" versenken könnte. Ich finde diese Leistung gigantisch. Den Ditching-Schalter betätigten die beiden Piloten zwar nicht mehr, aber das war in einer reinen Flugzeit von 5 Minuten und 8 Sekunden auch garnicht möglich! (Eine Minute und 40 Sekunden verliefen ja völlig harmlos.) Es war einfach eine Menge Glück im Spiel, wenn man bedenkt, wie glimpflich dieses Unglück ausging.

Was haltet ihr davon. Bin schon auf eure Meinungen gespannt!

» spaxl » Beiträge: 1044 » Talkpoints: 10,25 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Darüber habe ich kürzlich im Fernsehen eine Dokumentation gesehen und fand es auch äußerst interessant. So wie es beschrieben wurde, fand ich es schon durchaus naheliegend den Hudson zu nehmen. Selbst wenn dort Boote oder Schiffe gewesen wäre oder er doch die Brücke gerammt hätte, wäre der Schaden vermutlich sehr viel geringer gewesen als eine Notlandung in ein Hochhaus hinein hinzulegen.

Ich gehe aber eigentlich schon davon aus, dass Piloten auch alternative Landungen üben und auch auf unvorhergesehene Situationen vorbereitet werden. Natürlich nicht täglich und ständig und logischerweise gehört eine Landung im Fluß vermutlich nicht zu den Szenarien, die man explizit übt. Ebenso wenig übt ein Autofahrer in der Fahrschule, wie man einem Geisterfahrer ausweicht oder einen Wagen mit geplatztem Reifen bei über 100km/h sicher zum Stillstand bringt.

In Notsituationen denkt man oft sehr klar und ist sehr konzentriert. Ich habe es selbst wenige Male im Auto und einmal auf der Skipiste erlebt. Dabei erkannt ich im Nachhinein ganz viele Risiken und mir war klar, dass das hätte schief gehen können. Auf der Skipiste hatte ich keine Ahnung von irgendwas und mir hat auch vorher niemand erzählt, wie man richtig reagiert, wenn man unkontrolliert auf einem Snowboard die Piste herunterrollt. Doch sowohl dort als auch im Auto war mir die Situation immer völlig klar in dem Moment und ich dachte auch nicht daran, dass ich gleich sterbe, sondern innerhalb von Sekundenbruchteile traf ich Entscheidungen und reagierte dementsprechend. Adrenalin, Dopamin und was bei solchen Situationen sonst noch im Körper wirkt, kann sehr viel im Körper bewirken.

Wer Verantwortung für andere Menschen übernimmt, muss in der Lage sein auch in Ausnahmesituationen ruhig zu bleiben! Wer schon in einfachen Situationen leicht in Panik gerät und mit Stress nicht richtig umgehen kann, ist dort fehl am Platz. Auch spielt dabei Selbstvertrauen eine große Rolle. Um Notsituationen meistern zu können, muss man sich seiner Sache sicher sein! Natürlich gehört auch Entscheidungskraft dazu. Wie richtig oder falsch die Entscheidungen sind, lässt sich in keinem Notfall sofort ermitteln. Im Nachhinein ist es oft leicht zu sagen, dass andere Möglichkeiten vielleicht besser gewesen wären. Dann kann man genau analysieren, auswerten, diskutieren und Modelle erstellen. Im Notfall muss schnell eine Entscheidung her und das weiß der Körper in dem Moment.

Vor der Notwasserung war ja durchaus auch Teterboro im "Gespräch" und natürlich blieb keine Zeit genau zu errechnen, wie weit man nun genau kommen würde. Ich denke die Gedanken sind im dem Moment doch eher einfach, wenn auch sehr klar. So erging es mir zumindest bisher in brenzligen Situationen. Und selbst, wenn man einfach nur hin fällt, handelt man doch recht automatisiert: Aufprall abbremsen, Gesicht schützen. Vermutlich war es bei dem Piloten sowas wie "Teterboro zu weit weg, Flugzeug sinkt zu schnell, der Hudson ist breit genug, also konzentrieren wir uns darauf". Wie man landen muss, wusste der Pilot ja durchaus und darauf konzentrierte er sich automatisch. Das ist letztendlich sein Job und so etwas sollte einen Piloten auszeichnen. Um kaffeetrinkend, per Autopilot Wolken von oben anzuschauen, bräuchte man keine speziellen Auswahlverfahren und lange, umfangreiche, teure Ausbildungen für Piloten. Das alles bedeutet natürlich nicht, dass jeder Pilot so reagiert hätte und es nicht eine besondere Leistung war.

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» Trisa » Beiträge: 3267 » Talkpoints: 19,72 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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