Wann darf der Kapitän das sinkende Schiff verlassen?

vom 18.01.2012, 08:02 Uhr

Zur Zeit ist es ja ständig in den Medien, weil die Costa Concordia Leck geschlagen ist und einige Tote und Verletzte die Folge waren. Der Kapitän hat zu früh das Schiff verlassen und die Mannschaft und auch die Gäste auf dem Schiff im Stich gelassen, so heißt es.

Ich habe mal gehört, dass der Kapitän als letztes das Schiff verlassen muss. Aber bei der Größe der Schiffe und den vielen Menschen auf dem Schiff ist das ja sein Todesurteil. Da ist es doch menschlich, wenn der Kapitän auch Panik bekommt und abhaut, oder? Da handelt man ja nicht mehr so, wie man es eigentlich sollte, weil das Gehirn und der Instinkt des Menschen einfach sich selbst retten will.

Aber wann muss eigentlich der Kapitän das Schiff verlassen oder besser gesagt, wann darf er es verlassen? Wenn alle gefunden wurden? Wenn die Suche nach Verletzen und Toten gestoppt wird? Wann kann er das Schiff verlassen ohne Konsequenzen spüren zu müssen?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Den Medien habe ich jetzt mehrfach entnommen, dass es kein Gesetz gibt, welches dem Kapitän vorschreibt, als Letztes das sinkende Schiff zu verlassen.

Es gebe wohl unter den Kapitänen einen Ehrenkodex, der dieses vorsieht, strafbar macht ein Kapitän, der sich nicht daran hält, aber wohl nicht. Dieser Kodex stammt aus früheren Zeiten, wo der Kapitän meistens Eigentümer oder zumindest Miteigentümer des Schiffes und der Fracht war und er somit ein eigenes Interesse daran hatte, zu retten, was vielleicht noch zu retten ist, während sich die Besatzung längst von Bord begeben hatte, da sie außer ihrem Leben nichts zu verlieren hatte.

Ein Kapitän hat aber schon die Verantwortung für die Fahrgäste an Bord seines Schiffes. Also müsste er die Evakuierung beim Sinken eines Schiffes koordinieren, er ist im Normalfall auch derjenige mit der meisten Erfahrung (zumindest aber hat einen gewissen Erfahrungsschatz) und bei ihm laufen auch alle Informationen rund um das Schiff zusammen. Optimal also, um eine Aktion wie die Evakuierung zu leiten. Dass man das aber eventuell auch von einem Ort außerhalb des Schiffes machen kann, lässt da einen kleinen Spielraum, was das Verlassen des Schiffes betrifft.

» Squeeky » Beiträge: 2792 » Talkpoints: 6,18 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Diesen Ehrenkodex gibt es wohl auch unter Zugführern und Piloten. Ich erinnere mich an einen Fall, der wohl schon einige Jahre her ist. Auf Grund von defekter Bremsen konnte ein Zug einem Unglück nicht mehr entgehen. Da der Defekt frühzeitig bemerkt wurde, konnte der Zugführer alle Passagiere in die hinteren Wagons evakuieren. Nur er selbst blieb bis zum Schluss im Führerhäuschen und starb als einziger.

Dem Kapitän der Costa Concordia wird aber auch nicht vorgeworfen, dass er das Schiff zu früh verlassen habe, sonderen einige andere schwerwiegende Taten. Er soll die Schiffsroute auf eigene Faust geändert haben, Gerüchten zu Folge, damit man näher an Ufer fahren könnte um Bekannte zu grüßen. . Den Felsen auf den er aufgefahren ist, ist sogar in den Karten eingetragen. Außerdem soll der Kapitän, nachdem das Schiff auf Grund gelaufen ist, erst sein Mahlzeit vom Koch angefordert haben.Die Passagier hat er nicht früh genug über das Unglück in Kenntnis gesetzt und ist mitten während der Evakuierung vom Schiff gestürzt.

Ich halte nicht viel vom Ehrenkodex der Kapitän, wenn man durch die Einhaltung dieses sein eigenes Todesurteil unterschreibt, aber man sollte als Kapitän die Nerven und die Erfahrung haben in solch ein Situation nicht so fahrlässig zu handeln wie es Francesco Schettino, der Kapitän der Costa Concordia, getan hat. Ich finde er wurde auch zu Recht unter "Hausarrest" gestellt. Es drohen im bis zu 15 Jahre Haft wegen immer schwerwiegendere Vorwürfe: mehrfacherfahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen des Schiffes mitten in der Evakuierung. Meiner Meinung nach gerechtfertig da man als Kapitän die Verantwortung über alle Passagiere hat und so nicht handel darf.

» MangoFighter » Beiträge: 118 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 100 Beiträge



„Frauen und Kinder zuerst“ heißt es ja immer. Nach meinem Wissen gibt es kein Gesetz, dass den Kapitän in die Pflicht nimmt an Bord zu bleiben. Aber ein Kapitän arbeitet meistens für eine Reederei und die schreibt diesen „Ehrenkodex“ vor. Ich könnte mir vorstellen, dass das Verhalten des Kapitäns im Straßenverkehr eine Fahrerflucht darstellen würde. Immerhin hat er sich vom Unfallort entfernt.

Ich selbst bin seit wenigen Tagen von einer Kreuzfahrt zurück. Man hat als Passagier ja immer ein sicheres Gefühl. Die Seenotrettungsübung wird von vielen Reisenden als „Füllprogramm“ empfunden. Hier wird, trotz Teilnahmepflicht, auch oft die Übung ins Scherzhafte gebracht, so das natürlich die Passagiere nicht aufmerksam genug sind. Man verdrängt auf diesen schönen und großen Schiffen einfach, dass wirklich etwas passieren kann.

Passiert dann doch etwas, kann man die Notsituation unsinnig oft geübt haben, es wird immer Panik ausbrechen. Niemand wird sich ruhigen Schrittes an „Sammelstelle X“ begeben und auf die Anweisungen der Besatzung warten. In wirklichen Notsituationen wird jener Einzelne (und ich nehme mich da nicht raus) in Panik geraten und darum kämpfen lebend von Bord zu kommen. Bei so vielen Menschen ist es schier unmöglich eine Seenotrettung diszipliniert und vorschriftsmäßig durchzuführen, dass kann man auch niemanden vorwerfen.

Dem Kapitän wirft man nun nicht nur vor, er wäre zu früh von Bord gegangen, denn das ist nur ein Synonym für seine Feigheit. Man wirft ihm vor, einen Unfall verursacht zu haben und dann den Opfern die Hilfe verweigert zu haben. Er hat erst nach 90 Minuten „SOS“ gesendet. Der erste Hilferuf an die Polizei ging vom Handy eines Passagiers aus. Dann soll er sich angeblich versperrt haben, die Rettungsboote freizugeben und hat den Befehl der Hafenaufsicht verweigert.

» Friedmann » Beiträge: 561 » Talkpoints: -1,05 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Wenn einem als Kapitän ein so großes Passagierschiff anvertraut wird, dann heißt das, dass der Kapitän für das Wohl und die Gesundheit der gesamten Gäste und ebenso der Mannschaft verantwortlich ist. Wenn etwas passiert, muss er die Rettungsarbeiten koordinieren und überwachen. Das hat er nicht bis zum Schluss getan, weil er selbst ins Rettungsboot gestiegen oder angeblich gefallen ist. Er hat also die restlichen Menschen sich selbst überlassen. Angeblich waren ja auch nicht genügend Rettungsboote da, wie es im Anfang hieß. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Nicht nur, dass er durch seinen Leichtsinn den Unfall verursacht hat, musste er auch noch die Menschen im Stich lassen. Das ist nicht zu verstehen, wenn man solch einen Posten übernimmt.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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