Über den Kopf von anderen hinweg entscheiden
Es gibt durchaus Dinge, die lässt man gerne von anderen entscheiden. Manchmal ist es einem vielleicht einfach egal. Ich kenne es nämlich durchaus auch anders herum mit einem Partner, der nichts selbst entschieden hat. Egal ob Kinofilm, Abendessen, Kleidung oder Freizeitgestaltung war von ihm nichts zu erwarten. Von "ich möchte das was du möchtest" und "mir egal" einmal abgesehen. Manche finden das vielleicht sogar gut, zumal er sich auch niemals über Entscheidungen beschwerte. Mir ist jemand lieber, der weiß was er will und eher dazu neigt für andere mit zu entscheiden. Dafür muss man der Person natürlich sehr vertrauen können und es sollte auch einen Rahmen geben, der absteckt, was wann entschieden wird.
Wenn ich seit Jahren beim regelmäßigen Familienessen im Restaurant einen Weißwein bestelle, dann würde ich es niemanden übel nehmen, wenn er für mich einen Weißwein bestellt, während ich auf Toilette bin. Wenn mir hingegen jemand vorschreiben möchte, was ich essen oder trinken soll, dann kann ich auch mal unnett reagieren.
Entscheidungsfragen müssen in einer Beziehung ja unter Umständen auch gemeinsam getroffen werden. Es gibt gemeinsame Einladungen, man spricht seine Arbeitszeiten ab und entscheidet gemeinsam wohin man verreist. Dabei sind manchmal Kompromisse nötig. Wenn ich einen Afrika-Spezialisten kennenlerne, lasse ich mich jedoch gerne von diesem Kontinent überzeugen und wenn vertraue auf meinen Partner. Wobei man sich in einer Beziehung auch sagen können sollte, wenn man etwas nicht mag.
Und wer etwas für mich entscheidet, der muss dann unter Umständen auch damit rechnen, dass ich diese Entscheidung nicht mittrage. Oder er sollte sich seiner Sache sehr sicher sein und mich gut kennen. Wobei dann ja eine über meinen Kopf hinweg getroffene Entscheidung eher eine positive Überraschung wäre.
Ich kenne es eher weniger, da ich den Menschen es auch immer sofort sage, wenn sie wirklich mal etwas einfach entscheiden, ohne mich vorher zu fragen. Das passiert manchmal bei meinem Freund. Er hat erst letztens Karten für das Fußballstadion gekauft. Soweit ist das ja auch nicht schlimm, aber er hat mich eben vorher nicht gefragt. Nun erwartet er, dass ich mit ihm komme, da er ja schon die Tickets hat. Ich habe ihn darauf auch direkt gefragt, was das soll und wieso er mich nicht vorher fragt.
Wenn ich nun einen Termin an dem Tag hätte, wäre es nicht gegangen. Ich habe dann erst einmal gesagt, dass ich da nicht mit kommen werde, da ich schon was vor habe, um es ihm mal klar zu machen, dass er nicht so handeln kann. Darauf war er ziemlich verärgert, was ich aber nicht verstehen konnte. Ich werde nun natürlich mit ihm und ein paar Freunden zu dem Spiel fahren. Ich finde es aber nicht gut, dass er es einfach so entschieden hat.
Auch musste schon öfters die Erfahrung machen, wie das ist, dass jemand über meinen Kopf hinweg Entscheidungen trifft. Und ich würde sagen, dass es mir nur in den seltensten Fällen, wenn ich mal einen "kleinen Stupser" erhalten habe, um mich vielleicht zu irgendetwas aufzuraffen. Ich gebe zu, dass es eben auch zu solchen Situationen kam, dass die Freunde, während man noch am grübeln ist, einfach mal kurzehand etwas festsetzten, damit es schneller voran gehe oder eben etwas dingfest gemacht wurde. Über solche doch wohl Kleinigkeiten - denen ich zu 99 % ohnehin früher oder später zugestimmt hätte - muss ich mir keine größeren Gedanken machen oder mich gar ärgern - manchmal bin ich eben ein "Entscheidungsmuffel" und dann ist solch ein Stupser gerade willkommen.
Aber was ich mehr als anstrengend finde ist, wenn Leute - vor allem aus meinem näheren (familiären) Umfeld - immer wieder meinen wichtige Entscheidungen über meinen Kopf hinweg zu treffen. Es wird einfach vorausgesetzt, dass man meine Meinung kennt oder meint zu wissen was gut oder gar besser für mich wäre. In solchen Situationen kann ich nicht einmal mit einem "nein" oder gar einer triftigen Begründung nachhelfen, dass ich selbst Entscheidungen treffen will und trotz allem am besten wissen müsste, wonach mir ist und was ich keineswegs möchte.
Man verfällt in Diskussionen, versucht die gegenseitigen Standpunkte klar zu machen, aber im Endeffekt nützt das alles nichts. Oft denke ich, dass ich bereits mit meinen überzeugenden Argumenten gesiegt habe, weil das Gegenüber sich zurück zieht und mir nicht mehr widerspricht. Doch der Schein trügt, weil ich nach kürzester Zeit erneut mit "meiner Meinung" oder angeblichen Entscheidung konfrontiert werde, da die Gerüchte bereits hinter meinem Rücken verbreitet werden, dass ich Einsicht gezeigt hätte und meine Meinung geändert.
Das passiert mir sowohl bei belangloseren Dingen, wie eine Teilnahme an einem Ausflug, aber manchmal auch bei sehr privaten Dingen, wie z.B. der Liebe. Wenn jemand aus meinem Umfeld meint, dass eine Person für die ich mich nicht interessiere, dann wird sehr schnell deren Standpunkt als der meinige übermittelt und verbreitet.
Freiwillig würde ich mich nie dazu bringen lassen, mich von solchen Leuten um meine Einstellung bringen zu lassen und einfach nur zu gehorchen. Das grenzt schon an Wahnsinn zu glauben, dass man immer genauestens darüber informiert ist, was einem anderen gut tut und wovon er die Finger lassen sollte. Und ich will mit dem nicht unterordnen müssen - immerhin brauche ich keinen Vormund.
Solch ein Mensch, der über die Köpfe anderer hinwegentscheiden zu dürfen glaubt, oder besser glaubte, ist wohl mein Vater und mir fällt auch auf Anhieb sonst kein anderer Mensch ein, der in diesem Punkt so machthaberisch ist wie er. Klar kenne ich auch Situationen, in denen irgendjemand schnell reagieren muss, weil sonst eine Chance vertan wurde, und nicht selten wirkt sich das dann eben auch auf mich aus. Aber solche Momente kann man wohl als derjenige, über dessen Kopf hinweg entschieden wurde, ganz gut nachvollziehen und ich denke, dass es hier auch nicht um solche Fälle geht. Aber mit Menschen, die ständig für mich mitentscheiden, habe ich glücklicherweise sonst auch nicht zu tun, das würde mich auch unglaublich nerven.
Nicht schön ist übrigens auch die umgekehrte Variante. Mein Ex-Partner ist nämlich jemand, der sich mit Entscheidungen, egal, von welcher Tragweite, mehr als nur schwertut. Er hat seit Beginn unserer Beziehung damals wirklich jede noch so kleine oder große Entscheidung mir überlassen, und das fing bei der Einrichtung unserer Wohnung an und hörte mehr oder weniger bei unserer Eheschließung auf. Ich habe alles mögliche versucht, um ihn in dieser Hinsicht wenigstens insofern anzuleiten, als ich ihm begreiflich machen wollte, dass es wohl wichtig für ihn und möglicherweise sogar für den weiteren Verlauf seines Lebens ist, dass er auch mal eine Entscheidung selbst trifft.
Aber geschafft habe ich es nicht sonderlich gut, ihm das begreiflich zu machen und irgendwann habe ich festgestellt, dass er zwar hin und wieder, wenn ich entsprechend nachgedrückt habe, eine Entscheidung geäußert hat, aber es handelte sich dabei jeweils um eine solche, von der er wohl glaubte, dass ich sie getroffen hätte, wenn ich denn die Entscheidung auf meine Kappe genommen hätte. Das ist tatsächlich auch nicht leicht und ich hasse es regelrecht, wenn insbesondere in einer Beziehung einer von beiden derjenige ist, der alles oder wenigstens die meisten Dinge entscheiden soll oder will.
Machen nicht Eltern für ihre Kinder Termine aus und entscheiden somit auch über deren Kopf hinweg? Das ist ja letztendlich auch völlig normal, aber auch unter Erwachsenen kann es durchaus Entscheidungen geben, die den Eindruck erwecken lassen, dass man über deren Kopf hinweg entschieden hat. Das können aber doch schon kleine Dinge im Alltag sein, wenn ich eben am Vormittag entscheide, was ich kochen möchte, frage ich nicht erst noch meinen Partner, der sich womöglich auf Arbeit befindet oder so. Ist so etwas denn auch gemeint? Es gibt einfach gewisse Dinge im Leben, die man auch durchaus, selbst, wenn man in einer Partnerschaft lebt, entscheiden kann, ohne da groß und breit zu diskutieren.
Klar würde es mich ansäuern, wenn mein Partner mir meine Arzttermine machen würde oder irgendwelche Leute einladen würde, ohne sich mit mir vorher abgesprochen zu haben. Den Arzttermin würde ich aber nicht gleich wieder absagen, wenn der Termin zu mir passt und ich entsprechend die Zeit habe, die Einladung hingegen - ich würde schon schauen, dass ich mich damit arrangieren kann. Ist das nicht der Fall, muss mein Partner eben die Suppe wieder auslöffeln und sie rückgängig machen oder sich allein darum kümmern. Aber ich muss sagen, dass mir so etwas noch nicht untergekommen ist und ich entsprechend keine Ahnung habe, wie ich damit wirklich umgehen sollte, wenn es mal so weit kommen sollte.
Wie Vampirin schon geschrieben hat, gibt es manche Partner, die ein solches Verhalten schon ganz gut finden, vielleicht, weil sie sich um nichts anderes kümmern müssen oder weil ihnen eine Entscheidungsfindung immer sehr schwerfällt oder weil sie es einfach nicht anders kennen. Ich kann mich auch nicht davon freisprechen, dass ich mal eine Entscheidung über den Kopf meines Partners getroffen habe, aber dann geht dieser auch so um, wie ich oben bereits geschrieben habe und damit hat sich die Sache. Beim nächsten Mal wird sich eben besser abgesprochen.
Es gibt immer wieder Menschen die so ticken und immer meinen, dass es besser wäre, wenn sie für den anderen auch sofort mitentscheiden würden. Dann hat man teilweise das Gefühl, dass man selbst überflüssig ist und nur dazu gebraucht wird, wenn für einen mal wieder was entschieden werden muss. Es ist wie ein Hobby für sie.
Das schlimmste ist aber, wenn man dieses Thema mal aufgreift oder mal nein sagt. Dann fühlen sich solche Personen sofort angegriffen und werden sauer und drehen den Spieß so um, dass man selbst schuld daran ist, dass man nicht nein sagt und werfen einem Dinge an den Kopf von denen gar nicht die Rede ist.
Dadurch wird wieder das Thema gedreht so, dass diese Personen dann wieder einen Vorschlag machen und somit wieder für einen mitentscheiden und einem keine Wahl und keinen anderen Ausweg lassen.
Man selbst steckt dann in der Zwickmühle. Da man keine Lust auf Streit hat, wird die nächste Entscheidung wieder widerstandslos angenommen. Ab und zu ist es ja okay, wenn von einem eine schnelle Entscheidung erwartet wird und man für den anderen auch mitentscheidet, weil man ihn gerade nicht erreichen kann aber es soll und darf nicht immer so weiter gehen.
Das finde ich ja richtig furchtbar, wenn man mit mir so etwas machen würde. Ich habe einen eigenen Kopf und kann schon ganz gut für mich selber entscheiden, ob ich mich irgendwo anmelden möchte, einen Termin wahrnehmen möchte oder zum Arzt gehen muss, auch im Restaurant weiß ich selber was ich essen und trinken möchte.
Ich kenne zum Glück niemanden, der mit mir so umgeht, und das finde ich sehr gut, denn ich entscheide doch schon sehr gerne für mich selbst, auch wenn es vielleicht einfach nur gut gemeint war.
Meine Mutter hat das mal für mich gemacht und da bin ich fast durchgedreht, weil mich das echt aufgeregt hat. Ich musste dann morgen extra früh aufstehen, obwohl ich eigentlich ausschlafen konnte, nur damit ich bei der Bank einen Zettel unterschreibe, den sie mir auch hätten zuschicken können. Ich wusste aber im voraus nicht, dass das nicht wirklich nötig war und dachte, dass ich früher oder später eh hin muss und bin dann dementsprechend im Nachhinein auch ziemlich unerfreut gewesen.
Seitdem ist mir das immer ziemlich egal, wenn sie irgendwelche Termine für mich macht. Ich sag dann, dass ich da nicht hingehe und sie den Termin absagen soll und wenn sie das nicht macht, hat sie Pech gehabt, weil ich trotzdem nicht hingehe und wenn ich dann darauf angesprochen werde, sage ich das auch so und dann hat sie das Problem.
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