Haben wir es mit einem modernen Nomadentum zu tun?

vom 14.01.2012, 20:41 Uhr

In früheren Zeiten waren die Deutschen bodenständiger als heute. Im Vergleich zu anderen Europäern suchen sich die Deutschen öfter einen neuen Standort, an dem sie teilweise auch nicht lange verweilen. Bei vielen spielt hier ein Arbeitgeberwechsel eine Rolle. Heutzutage muss jeder beruflich flexibel sein. Daneben gibt es auch die sogenannten Job-Nomaden, die gezwungen sind, aus beruflichen Gründen umherzureisen und in Hotels zu wohnen.

Hauptsächlich die jüngeren Menschen sind es, die sehr oft ihren Wohnort wechseln. Das kann mit dem Studium zusammenhängen. Aber in den meisten Fällen tun sie es zuliebe des Partner. Durch moderne Kommunikationsmittel ist man schnell erreichbar, da spielen kurze Entfernungen keine Rolle mehr. Man ist schnell von A nach B und zurück, alles kein Problem. Die Jugend wächst so auf und für sie ist es kein Problem, in eine andere Stadt oder einen anderen Ort zu ziehen. Ein paar Kartons für ihre Habseligkeiten genügen und schon sind sie weg, ohne sich groß Gedanken zu machen. Diese Menschen kann man zwar nicht mit richtigen Nomaden – zum Beispiel den braungebrannten Tuaregs mit ihren blauen Gewändern, die immer noch nicht sesshaft geworden sind – vergleichen, aber in gewissem Sinne könnte man sie auch als moderne Nomaden bezeichnen. Aber nicht nur aus beruflichen Gründen und wegen der Liebe ziehen viele Menschen um , sondern auch wegen des nicht passenden sozialen Umfeldes – laute, nervende Nachbarn, fehlende Grünanlagen und zu dichte Bebauung – und das mehrmals oft innerhalb ihres Heimatortes. Manchmal ist es aber auch nur deshalb, weil das Gefühl – nicht angekommen zu sein – vorherrscht. Wie findet ihr das, wenn jemand dauernd umzieht? Ich kenne jemanden, der öfter mal umzieht wegen der Liebe, könnt ihr das nachvollziehen? Die Arbeit verlangt heute ja eine gewisse Flexibilität. Würdet ihr wegen der Arbeit mehrmals umziehen oder wäre euch das zu beschwerlich?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich denke, das ist teilweise ein Zeichen der Zeit. Und nicht jeder muss umziehen, denn niemand wird gezwungen einen bestimmten Job auszuüben. Wenn ich also versetzt werden soll, wo ein Umzug nötig ist und das nicht will, dann muss ich mir halt einen anderen Job suchen. Wobei ich selbst die Erfahrung gemacht habe, das es für die eigene Entwicklung eher förderlich ist, wenn man für die Ausbildung umziehen muss.

Ich selbst war drei Jahre durch meine Ausbildung in einem Internat. Gut, die Kosten waren dadurch geringer, als wenn ich hätte eine Wohnung mieten müssen. Aber ich kam halt nur an den Wochenenden zu Hause und da habe ich mehr gejobt und quasi nur zum Schlafen und Wäsche wechseln im Elternhaus anzutreffen.

Geschadet hat es mir nicht. Im Gegenteil, Schulkameraden, welche eine Ausbildung vor Ort machten und täglich von Mama umsorgt wurden, sind heute mit knapp 40 Jahren oftmals noch unselbständiger als ich es mit 20 Jahren war. Daher sind diverse Umzüge in jungen Jahren eher vorteilhafter aus meiner Sicht.

Ansonsten zieht man selbst am Wohnort aus verschiedenen Gründen mehrmals um. Klar, stimmt dann meist etwas nicht. Wie bei einer Nachbarin, welche es sich scheinbar nach und nach immer mit allen Nachbarn verdirbt und dann eben wieder umzieht. Oder die Mieten steigen, eine schönere Wohnung wird gefunden. Die Gründe sind halt vielfältig und manchmal einfach nur der kürzere Weg zur Arbeit, welcher einen zum Umzug bewegt.

Das man nun das ganze schon halbwegs als Nomadentum bezeichnet, finde ich wiederum übertrieben. Denn auch vor Jahrhunderten gab es schon Menschen, welche immer wieder einen neuen Ort aufsuchten. Auch das aus unterschiedlichen Gründen, aber es ist nun nicht unbedingt alles auf die Entwicklung der Menschheit zurück zu führen, da auch schon die Wanderungen unserer Vorfahren bekannt sind, welche noch nicht als Neuzeitmenschen einzuordnen sind.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich sehe es ehr so, dass sich da zwei Gruppen gegenüberstehen. Es gibt viele Menschen, die gar nicht umziehen, oder so wenig wie möglich, und dann die Menschen die sehr oft umziehen, wobei ich denke dass die 1. Gruppe in der Mehrheit ist. Normal zieht man doch nur 1- 3 Mal um, wegen Ausbildung, Job oder Liebe. Dann wird man meist sesshaft. Ich kenne auch sehr viele Menschen, die noch gar nicht umgezogen sind. Menschen die sehr oft umziehen, sind in der Minderheit. Ich kenne kaum welche, außer mich selbst.

Ich gehöre wohl zu den Viel-Umziehern. Ich wechsle dann auch am liebsten gleich das Land. Auf meiner Liste stehen noch mindestens drei Länder, in denen ich gerne für längere Zeit leben möchte. In meinen Plänen für die Zukunft, werde ich also noch viel herum kommen. Ich schätze dabei vor allem die Freiheit als junge Erwachsene, die Chance viele neue Erfahrungen zu machen und neue Länder, Berufe, Situationen und Menschen kennenzulernen.

Wenn man nur im Urlaub ein Land besucht, ist die Zeit immer viel zu kurz, wirklich einen Eindruck zu bekommen. Darum ist für mich die perfekte Zeitspanne um ein Land kennenzulernen zwischen 1 und 4 Jahren. Danach kommt dann das Nächste. Da mein Partner genauso freiheitsliebend ist, habe ich auch keine Probleme, dass mich jemand an einen Wohnsitz bindet. Natürlich muss man beruflich Abstriche machen. Wenn man dauernd den Wohnsitz wechselt, hat man natürlich nicht so viele Aufstiegschancen, da man nie lange genug an einem Ort ist. Mir persönlich ist jedoch die Freiheit wichtiger als der Job oder das Geld.

Ob man das als Nomadentum bezeichnen kann, bezweifele ich. Da ich denke, dass ich zumindest, wenn ich einmal Kinder habe, diesen Lebensstil aufgeben werde. Es handelt sich so nur um eine temporäre Phase, die wohl vor allem junge Menschen betrifft, die ihre Freiheit ausleben wollen. Als Nomadentum verstehe ich das Leben ohne Sesshaftigkeit, welches das ganze Leben lang besteht.

» Calantha » Beiträge: 50 » Talkpoints: 35,28 »



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