Schmerz fühlen, wenn jmd. von seiner Verletzung erzählt
Mein Banknachbar hat sich am Wochenende an den Finger verletzt. Er sei hinter seiner Mutter gelaufen, die hätte ihn nicht gesehen und hätte die Tür hinter sich zugeschoben. Mein Banknachbar hätte dann zwei seiner Finger in die Tür gezwickt, weil er diese noch aufhalten wollte, soweit ich weiß. Weil die Tür aber anscheinend ziemlich schwungvoll zurückschnellte, mussten dann die Finger dran glauben. Nun hat er einen Verband um seinen Ring- und kleinen Finger, denn seine Finger hätten danach so unglaublich weh getan, wären richtig blau gewesen, der eine Fingernagel hätte sich bereits nachts und der andere am nächsten Tag abgelöst. Natürlich sind sie dann sofort zum Arzt gefahren und dort wurde er behandelt.
Als er mir dann heute die Geschichte erzählte, konnte ich richtig mitfühlen, da ich mir auch schon mal einen Finger oder einen Zeh eingeklemmt habe, was richtig weh getan hat. Als er dann erzählte, dass seine Fingernägel komplett abgefallen wären, dann spürte komischerweise auch ich einen kleinen Schmerz in meinen Fingern alleine durch die Vorstellung, wie es sich wohl angefühlt hat.
Mir passiert das oft, wenn jemand von seiner Verletzung erzählt, wie es passiert ist und wie arg es doch weh getan hat, dass das Körperteil dann komischerweise auch wie zu schmerzen anfängt. Hatte das jemand von euch auch schon mal? Ist so was normal? Woran liegt das eigentlich, dass man vom bloßen Vorstellen auch solche minimalen Schmerzen empfindet?
Ich denke, dass man so sehr mitfühlt, weil man selbst schon mal so einen Schmerz empfunden hat. Die Meisten haben sich schon mal den Zeh an etwas gestoßen oder eben die Finger eingeklemmt. Vielleicht nicht in dem Ausmaß wie bei deinem Klassenkameraden, aber man weiß eben, wie es sich anfühlt und leidet dann mit. Ich denke, dass so gut wie jeder auch schon mal mit einem Zeh vors Sofa gerannt ist oder daran hängen blieb. Man kann eben gut nachfühlen, was der Verletzte dann in der Situation an Schmerzen gehabt haben muss. Mir ist mal als Kind eine schwere Schublade auf den Fuß gefallen und mein großer Zeh war blau und der Nagel verfärbte sich schnell. Der Fuß tat mir Tage lang weh, so etwas vergisst man dann nicht. Gerade, wenn man sich die Finger klemmt, die ja doch recht empfindlich sind, vergisst man die Schmerzen eben nicht.
Da viele Menschen eben sehr mitfühlend sind, hat man fast den Eindruck, als würde man ähnliche Schmerzen empfinden, wenn man so etwas erzählt bekommt. Ich empfinde auch immer Mitleid, wenn jemand über starke Zahnschmerzen klagt. Ich weiß leider selbst auch nur zu gut, wie heftig diese sein können.
Ich bin auch so ein Mensch, der mit anderen mitfühlt. Bei mir ist es dann so, wenn ich die Erzählung höre, dass es dann anfängt an der Stelle zu kribbeln, wenn sich jemand weh getan hat oder er dort operiert wurden ist. Das ist ein ganz komisches Gefühl, was stärker ist, wenn ich mich davor ein wenig ekel oder es mir bildlich vorstelle. Schon komisch, dass man dann so derart mitfühlt. Bei anderen, denen ich vielleicht meine Schmerzen erzähle, oder auch als ich operiert worden bin, bemerke ich es dann auch. Sie sagen dann auch, dass ich dich aufhören soll zu erzählen, da es ihnen schon kribbelt oder schmerzt.
Bei mir kommt es drauf an, was derjenige hat. Wenn es z.B. ein gebrochener Arm oder Fuß ist, dann ist es mir relativ egal, denn ich habe mir noch nie was gebrochen. Sind es aber Sachen wie ein abgerissener Fingernagel, eingeklemmter Finger, eine tiefere Wunde, dann bekomme ich schon Gänsehaut. Denn solche Sachen hatte ich auch schon mal und ich weiß, wie schlimm das ist und was es teilweise für Schmerzen sein können. Es kommt halt immer drauf an, ob ich schon selber diese Verletzung hatte oder noch nicht.
Ich kann den Schmerz auch fühlen, wenn ich ihn an der Stelle oder in der Form so noch nicht erlebt habe. Erwachsene Menschen haben nun mal ein reichhaltiges Schmerzgedächtnis, wenn sie schon einiges an Schmerzen jedweder Art erlebt haben und weil man sich so gut daran erinnern kann, kann man das dann auch gut nachfühlen. Wie sagt man so schön: Allein der Gedanke verursacht dann eben schon das Gefühl, als hätte man selber Schmerzen. Wobei ich behaupten möchte, dass die nicht annähernd so doll sind, wie die Schmerzen die derjenige hatte oder noch hat.
Und im Prinzip sind es eben wirklich keine Schmerzen im eigentlichen Sinne, sondern eben nur die Erinnerung daran und vielleicht auch die Furcht, das einem ähnliches passieren könnte. Und wem tut es gedanklich schon nicht weh, wenn man sich vorstellt, dass die Finger da so in der Türritze eingeklemmt sind. Wobei ich genau das auch schon erlebt habe und das waren wirklich gut Schmerzen. Aber ich gehe stark davon aus, dass man selbst die noch toppen kann und es wesentlich schlimmere Schmerzen gibt, die man weniger aushalten kann.
Das ist natürlich keineswegs ungewöhnlich. Ich persönlich gehöre eigentlich weniger zu den Menschen, die sich sofort vorstellen, wie dieser Schmerz sich wohl angefühlt haben muss. Meistens beschränke ich mich wirklich darauf einfach nur zuzuhören und bin nicht besonders zerknirscht. Es kommt stark auf die Person an, aber auch nicht zuletzt auf mein eigenes Empfindungsvermögen.
Hat jemand beispielsweise einen Bruch, kann ich mich da absolut nicht reinfühlen, weil ich keine Ahnung habe, wie sich das wohl anfühlen mag. Ich sehe es und kann entfernt nachvollziehen, dass dies sehr schmerzhaft sein muss, aber es trifft mich nicht besonders. Ganz anders ist das bei Kopfverletzungen. Als Kind hatte ich einen Schädelbruch, sowas vergisst man nicht. Hat jemand einen blauen Fleck oder sonstwas auf dem Schädel, dann kann ich das sehr gut nachvollziehen. Trotzdem fühle ich deswegen aber keinen Schmerz in diesem Bereich, ich spüre höchstens mal ein Kribbeln, aber das war es auch schon.
Ich habe es schon des öfteren gehabt, wenn man mir von Verletzungen erzählt hatte und ich dann mitgefühlt habe. Im Grunde habe ich nur die Luft eingezogen, weil ich mir es auch immer direkt vorstelle, wie sich jemand eine Verletzung zugezogen hat. Aber auch bei mir ist es nur der Fall, wenn ich diese Art der Verletzung bereits kannte und sie selbst oder eine ähnliche Verletzung bereits hinter mir hatte. Etwas, was mir relativ unbekannt ist oder auch, was jetzt nicht so toll gewesen ist, vergesse ich nach einer Weile der Heilung wieder. Aber bei Erzählungen kommen mir diese Erinnerungen dann immer wieder hoch.
Auch in anderer Konstellation erlebe ich so etwas auch immer wieder. Das fängt schon damit an, wenn ich mir im Beisein anderer meinen Blutzuckerwert messen muss und mich dafür in einen Finger pieksen muss. Da höre ich es auch immer wieder, obwohl ich an sich recht diskret vorgehe, wie die Luft angehalten wird und gleich darauf kommt der Spruch, dass man es selbst ja nicht könne, immerhin füge man sich damit ja auch Schmerzen zu. Und es ist nun mal nicht schmerzfrei, aber andere Alternativen habe ich nun mal nicht.
Jemand, der besonders mitfühlend ist und gleichzeitig auch diese Art der Verletzung kennt, wird damit auch anders umgehen. Ich denke, stellt man es sich nicht so vor, was der Gegenüber erzählt, ist es schon so, dass man nicht unbedingt diesen Schmerz miterlebt oder auch mitfühlt. Was ich aber festgestellt habe, ist es nicht gerade selten so, dass je dramatischer von einer Verletzung berichtet wird, desto mehr man diesen Schmerz nachfühlen kann. Auch spielt die Fantasie, die bildliche Vorstellung und vermutlich die eigene Erfahrung darin eine große Rolle.
Wenn mir jemand von seinen Schmerzen erzählt, empfinde ich in der Regel zunächst nichts weiter als Mitleid im rein emotionalen Sinn für denjenigen, der unter diesen Schmerzen zu leiden hat. Schildert mir derjenige dann auch noch, wie es zu diesen Schmerzen kam, dann merke ich allerdings dass noch etwas Weiteres hinzukommt, das dieses Mitgefühl zunächst erfolgreich verdrängt. Ich bin dann meistens so abgestoßen von der Erzählung, vor allem, wenn sie detailliert ist, dass mir ich grundsätzlich weiche Knie bekomme und mir manchmal auch richtiggehend übel wird.
Ich erlebe denselben Effekt der weichen Knie, der sich ein bisschen wie Benommenheit anfühlt, übrigens grundsätzlich auch immer dann, wenn ich von Schmerzen erzählt bekomme, die irgendwelchen Operationen folgen und wenn mir genauer erklärt wird, was beim betreffenden Eingriff alles gemacht worden ist. Wenn ich diese Eingriffe allerdings jeweils kenne und weiß, wie sie ablaufen, wenn ich also eine konkrete Vorstellung davon habe und auch weiß, wie sich der Schmerz, der daraus nun resultiert, genau anfühlt, dann habe ich dieses Gefühl von Benommenheit wiederum nicht und empfinde nur Mitgefühl mit demjenigen, der mir von seinen Schmerzen berichtet.
Wenn ich also, wie momentan gegeben, erfahre, dass jemand, der mir sehr nahe steht, an Migräne leidet und er mir immer wieder erzählt, was für enorme Kopfschmerzen er hat, die er mir übrigens auch noch in deutlichen Farben zu beschreiben weiß, dann tut er mir furchtbar leid und ich fühle mich total machtlos, weil ich ihm so unglaublich gerne helfen würde. Aber ich bekomme nicht selbst Kopfschmerzen, weder ähnlich noch vollkommen anders gelagerte.
Bisher konnte ich allerdings aber noch nicht erleben, dass ich die Schmerzen genau nachempfunden habe und das jeweils auch dann nicht, wenn ich dieses jeweilige Schmerzgefühl bereits aus eigener Erfahrung kannte. Ob das nun normal oder unnormal, also wohl eher üblich oder unüblich ist, dass man ein solches Nachempfinden hat, wenn einem von Schmerzen oder schmerzverursachenden Vorgängen erzählt, weiß ich allerdings nicht. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass es dieses Phänomen, das es für mich zu sein scheint, weil ich das so eben nicht kenne, tatsächlich gibt und ich würde mich auch nicht wundern, wenn es mehrere Menschen gäbe, denen es so geht wie Dir.
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