Warum klingt Volksmusik meist gleich?

vom 15.11.2011, 16:36 Uhr

Am Wochenende war ich bei meinen Großeltern zum Mittagessen eingeladen, da meine Eltern über das Wochenende weg waren. Kaum betrat ich die Wohnung, hörte ich schon die Volksmusik. Meine Oma hatte wieder einmal ihre Musikantenstadl-CD eingelegt und ziemlich laut aufgedreht (für eine ältere Dame ist die Lautstärke echt übertrieben). Ich hasse eigentlich Volksmusik, ich habe nichts gegen Leute, die sie hören, denn es ist ja jedem selbst überlassen, aber selbst kann ich sie nicht hören!

Ich finde immer Volksmusik klingt so gleich. Egal welche Band oder welches Lied, das Prinzip ist das gleiche: meistens geht es um Liebe oder Herzschmerz, es gibt natürlich auch andere Themen, aber ist euch schon aufgefallen, dass die Melodie im Hintergrund eigentlich immer gleich ist? Meistens sind das irgendwelche Blasinstrumente, die sich bei jedem Lied wiederholen. Ich kenne zwar nicht viele Volksmusiklieder, aber die paar Lieder, die ich in der Essenszeit gehört habe, klangen für mein Ohr absolut ähnlich.

Ich kann schon verstehen, dass man bei Volksmusik nicht großartig herum experimentieren kann mit verschiedenen Beats, aber könnte man die Musikrichtung nicht etwas individueller gestalten, sodass sich nicht jedes Lied ähnlich anhört? Wem von euch ist das Phänomen auch schon aufgefallen? Wie steht ihr allgemein zu Volksmusik, Schlager an dieser Stelle ausgenommen.

» iCandy » Beiträge: 1584 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Eines vorweg - ich bin absolut kein Volksmusik-Fan. Ich ertrage die Musik auch nicht freiwillig und falls die Möglichkeit besteht, dann verdrücke ich mich irgendwie. Allerdings halte ich die Aussage "alle Volksmusik ist gleich" für genauso unstimmig und pauschalisierend wie die Aussage "alle Schlager sind gleich" oder das "eure Musik klingt doch eh alles gleich" der älteren Generation den Enkeln gegenüber. Es klingt einem alles gleich, weil man sich nicht näher damit beschäftigt, weil man sich nicht einfühlt und bewusst hört.

Daß die Themen der Lieder sich oft wiederholen, ist nicht nur bei der Volksmusik so. Die gleichen Themen findest du auch beim Schlager, der Pop- oder Rockmusik. Worüber sollen die Menschen denn auch singen? Meist geht es doch um Liebe, Freundschaft, Verlassenwerden und unsere Umwelt. Da gibt es zwischen den Musikrichtungen nicht wirklich große Unterschiede - lediglich die musikalische Umsetzung ist dann verschieden.

» claupau » Beiträge: 208 » Talkpoints: 5,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich würde ja vorschlagen, dass Du einfach mal objektiver wirst. Warum sollte eine Lautstärke für ältere Damen nicht angemessen sein; warum ist sie für jüngere Menschen angemessen? Diese Gegenfragen sollten Dir schon einmal zu denken geben.

Aber vielleicht fragst Du auch noch mal Deine Oma, wie sich die von Dir bevorzugte Musik für sie anhört. Es würde mich gar nicht weiter verwundern, wenn sie der Meinung ist, dass sich Deine Musik auch immer gleich anhört, die gleichen Effekte und Instrumente genutzt werden, was Du sicher vehement bestreiten wirst. Auch wenn ich Volksmusik nun auch nicht bevorzugt höre, so wage ich doch zu bezweifeln, dass diese sich immer gleich anhört.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich bin auch kein Fan von Volksmusik, aber ich muss auch sagen, dass es doch in jeder Musikrichtung so ist, dass sie sich ähnlich sind. Zumindest würde ich es bei der Volksmusik nicht einfallsloser sehen als in anderen Musikrichtungen. Du selber empfindest es wohl einfach so, weil es eben nicht deinen Geschmack trifft.

Ich bin zum Beispiel auch überhaupt kein Fan von Techno. Für mich ist Techno ein einheitlicher lärmender und lästiger Brei und für mich klingt da jedes "Lied" gleich. Technofans sehen das aber sicher auch nicht so. Ich denke, dass es eben auch stark auf den eigenen Geschmack ankommt.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Das ist eigentlich eine der Eigenschaften, die Trivialmusik charakterisiert: mangelnde Materialechtheit. Zum einen sind Schlager ja einfach etwas sehr primitives, es ist Musik für das Volk, Hausmusik. Und wie alle Gebrauchsmusiken, ist auch hier die eigentliche Funktion die angenehme Unterhaltung und Zerstreuung. Dies setzt jedoch zugleich voraus, dass in der Musik keine störenden Elemente vorhanden sein dürfen, es gibt somit keine Dissonanzen und Kontraste, diese wären prägend für die Kunstmusik. Im übrigen trifft das auch nicht nur auf die Schlager zu, sondern auch auf die Popmusik, die heute so im Radio gespielt wird. Dadurch das eigentlich das ''Gewohnte'' hervorgehoben wird, wird aus dem ganzen ein Einheitsbrei, denn Volksmusik ist kompositorisch und künstlerisch absolut anspruchslos!

Letztendlich dominiert also eine Aufdringlichkeit des Selbstverständlichen, es gibt keine Nuancen oder Agogik, ein begrenzter Ambitus, einfachste melodische Fortschreitungen dominieren. Dies führt nun dazu, dass die Volksmusik, wie auch die Popmusik etwas ist, womit sich Nichtmusiker identifizieren können, weil man für deren Ausführung (sei es Gesang oder instrumentell) keinerlei musikalische Ausbildung benötigt. Die Musik wird für Laien zugänglich. Dies wäre nicht der Fall, wenn es viel Abwechslung, kontrapunktische Gänge und Auflösungen, Dissonanzen und so weiter gäbe, denn dies setzt ein gewisses Maß an Konzentration voraus, die der Hörer von Trivialmusik nicht bereit ist aufzubringen, der hört die Musik lediglich zur Unterhaltung und Entspannung. Der Einheitsbrei kommt ihm daher entgegen,

tournesol hat geschrieben:Ich bin auch kein Fan von Volksmusik, aber ich muss auch sagen, dass es doch in jeder Musikrichtung so ist, dass sie sich ähnlich sind. Zumindest würde ich es bei der Volksmusik nicht einfallsloser sehen als in anderen Musikrichtungen.


Da kann ich nur zustimmen. Die Musik die du hörst, ist letztendlich derselbe Einheitsbrei wie die Musik deiner Oma, allerdings ist dir das nicht direkt bewusst, weil es einfach die Musik ist, die du gerne hörst. Das Musik wirklich abwechslungs- und konrastreich ist, kann man eigentlich nur von Kunstmusik behaupten, alles was unter die Kategorie Trivial- Gebrauchs- und Hausmusik fällt, nähert sich dem Einheitsbrei an, was keineswegs beleidigend verstanden werden sollte, es dient der Entspannung und Zerstreuung, sei es im Auto beim Radiohören oder in der Disco und hier sind keine störenden Elemente gewünschte.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


So pauschal, nach dem Motto "jede Musikrichtung klingt doch irgendwie gleich", sehe ich das nicht. Der Grund ist ganz einfach der, dass verschiedene Musikrichtungen verschiedene Zielgruppen ansprechen und, dass diese Zielgruppen unterschiedlich auf eine Abweichung vom Gewohnten reagieren.

Im Bereich Metall hat man zum Beispiel Bands, die mit einem klassischen Orchester auf die Bühne gehen, die ein Set komplett auf klassischen Instrumenten spielen, ohne Gitarre oder Schlagzeug oder die mit klassischen Sängern arbeiten. Klassik und Metall hat erst mal nichts miteinander zu tun und die Anhänger der beiden Musikrichtungen sind oft auch sehr unterschiedlich. Aber diese Mischung wurde von den Fans angenommen und sie hat sich inzwischen bewährt.

In der Volksmusik hätte man mit solchen Experimenten aber sicher wesentlich weniger Erfolg, weil das Publikum konservativer und durchschnittlich um einiges älter ist und sich nicht unbedingt auf etwas völlig neues einlassen will, wenn es um Musik geht. Dieses Publikum will keine Experimente sondern das, was sich bewährt hat.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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