Gefährliche Arbeitssucht und die Folgen

vom 26.10.2011, 20:52 Uhr

Man arbeitet, um leben zu können. Das Pendel schlägt bei Arbeitssüchtigen falsch aus Sie arbeiten nicht, weil sie leben wollen, sondern sie leben, weil sie mehr arbeiten wollen. Zeit ist für sie ein Fremdwort; ihr Leben wird bestimmt von Arbeit und ihre Partnerschaft ebenso. Die Menge der erbrachten Arbeit bestimmt ihr Selbstwertgefühl. Wenn sie nicht mehr in der Lage sind zu arbeiten, fühlen sie eine Leere und Nutzlosigkeit. Das Gefühl innerer Leere müssen sie überwinden, deshalb brauchen sie die Arbeit. Das Arbeitspensum müssen sie stets erhöhen. Es ist wie bei Drogensüchtigen, deren Dosis fortlaufend erhöht werden muss. Sie haben kaum noch Privatleben aus Zeitgründen. Sie reden nur noch über ihren Job. Kaum jemanden interessieren solche Gespräche außer vielleicht einigen Kollegen. 

Die Folgen sind schwerwiegend: Das Aus für Freundschaft und Liebe, Magengeschwüre, Verringerung sozialer Kontakte, Burn out, Blackouts und Depressionen. Die Arbeit wird zur Belastung. Folgen sind: Nachlassende Konzentration, innerer Widerstand, sich häufende Fehlentscheidungen. Unermüdlich versucht der Arbeitssüchtige sein Image aufrecht zu erhalten. Er gesteht sich seine Sucht nicht ein, das würde für ihn einen Selbstwertverlust bedeuten. Kennt ihr jemanden, der arbeitssüchtig ist? Habt ihr Freunde oder Bekannte, die kein Privatleben und keine Zeit mehr haben, weil sie nur noch arbeiten?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Die Arbeitssucht ist nun allerdings nicht so gefährlich wie beispielsweise die anderen bekannten Süchte, denn hier herrschen ganz andere Definitionsmerkmale. Diese Menschen oder einmal gesagt dieser Personenkreis hat schon viele Erfolge mit der Arbeit gehabt. Natürlich werden diese sogenannten Erfolge von anderen Menschen ganz unterschiedlich betrachtet und angesehen. Die Arbeit ist daher nur noch ein Hilfsmittel, denn der wunde Punkt ist der Erfolg.

Diese Leute kann man nämlich nur noch selten oder gar nicht mehr zufrieden stellen. Allerdings bekommt diesen Fakt kein anderer so schnell mit und so bleibt die Sucht zu 90 Prozent auch fast immer unerkannt. Diese Sucht ist allerdingsheilbar, weil man hier den Suchtfaktor gut bearbeiten kann. Nur die Betroffenen tun sich mit ihrer Situation etwas schwer und unter Umständen können auch Folgeerkrankungen dabei entstehen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


karlchen66 hat geschrieben:Die Arbeitssucht ist nun allerdings nicht so gefährlich wie beispielsweise die anderen bekannten Süchte, denn hier herrschen ganz andere Definitionsmerkmale. Diese Menschen oder einmal gesagt dieser Personenkreis hat schon viele Erfolge mit der Arbeit gehabt. Natürlich werden diese sogenannten Erfolge von anderen Menschen ganz unterschiedlich betrachtet und angesehen. Die Arbeit ist daher nur noch ein Hilfsmittel, denn der wunde Punkt ist der Erfolg.

Dem kann ich mich gar nicht anschließen, denn die Sucht nach Arbeit ist genauso eine Sucht wie die Sucht nach Alkohol, Drogen und anderen Dingen. Sie macht einen kaputt, physisch und psychisch. Deswegen halte ich diese Sucht auch nicht für harmloser als eine andere Sucht. Ebenfalls ist nicht gesagt, dass eine Arbeitssüchtige Person schon einmal Erfolg mit seiner Arbeit gehabt hat. Ganz im Gegenteil, vielleicht hatte diese Person noch nie Erfolg gehabt mit seiner Arbeit und steigert sich deswegen so rein um auch einmal ein Stück Anerkennung und Lob zu bekommen?

Dazu stellt sich auch immer die Frage wie es soweit kommen kann, dass jemand Süchtig nach der Arbeit wird. Denn bis es dazu kommt, muss es nicht einmal nur an der Person selbst liegen sondern auch an dem Umfeld. Denn bei Menschen bei denen es sowieso im Privatleben schon nicht so gut funktioniert zum Beispiel durch Spannungen innerhalb der Familie, der sucht einen Fluchtweg um nicht nach Hause zu müssen. Somit verbringt dieser Mensch vermutlich längere Zeit auf der Arbeit und steigert sich so immer weiter rein um den anderen Problemen aus dem Weg zu gehen. Genauso verhält es sich mit Personen die keinen großen Freundeskreis haben oder anderweitig ihre Bestätigung für ihre Leistungen bekommen, denn jeder Mensch braucht immer mal wieder ein Lob und die Anerkennung von anderen Menschen für seine Leistungen. Wenn im Privatleben niemand ist der das bieten kann, dann sucht man ihn sich im anderen Feld. Grob kann man einen Menschen nämlich nur in diese beiden Sektoren einteilen - das Private und das Berufliche. Das muss man einmal an sich selbst beobachten, denn wer kennt es nicht wenn es auf der Arbeit ärger gegeben hat will man schnell nach Hause, gibt es Zuhause Stress dann verbringt man lieber die Zeit auf der Arbeit.

Ob ich selbst solche Menschen kenne? Die Frage kann ich mit einem Ja beantworten. Mein Vater ist genauso ein Mensch, der sich um sein Privatleben einen feuchten Dreck gekümmert hat und für den seine Arbeit über allem steht. Der Grund wieso er so geworden ist liegt darin, dass es Zuhause immer wieder Streit gegeben hat zwischen meinen Eltern und als wir Kinder größer geworden sind und in der Pubertät waren wurde es für ihn auch nicht einfacher, dass er nun weder mit meiner Mutter noch mit seinen Kindern klar gekommen ist. Freunde hatte er zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr, da er wegen der Heirat und dem neuen Job aus seiner alten Heimat weggezogen ist und dann nie dazu gekommen ist neue Kontakte außerhalb der Familie und der Arbeit aufzubauen. Wenn man mit ihm heute ein Gespräch sucht, dann spricht er auch nur von sich und seiner Arbeit - alles andere Interessiert ihn nicht. Leider merkt er nicht einmal, dass er die anderen Menschen in seinem Umfeld mit diesen Themen schon längst langweilt unter anderem auch seine Kollegen und Mitarbeiter. Dazu erlebt man ihn eigentlich nie ohne einen Teil seiner Arbeit, sei es Zuhause am Rechner wo er von Zuhause aus noch etwas Arbeit erledigt oder auch wenn man ihn mobil Anruft dann sitzt er entweder im Büro, ist auf dem Weg zu einem Kunden oder ist im Ausland auf einer Baustelle bei seinen Kunden direkt vor Ort. Dort reicht es ihm schon lange nicht mehr nur seine Aufgaben wahrzunehmen, sondern er übernimmt auch die Aufgaben der anderen Mitarbeiter und so macht er nicht nur die theoretische Planung von Projekten und vergewissert sich vor Ort über das voranschreiten, nein nebenbei klettert er selbst noch auf den Baustellen herum und montiert die Geräte selbst. Denn auch ist er der Meinung, dass es niemand so gut kann wie er selbst und durch diese Meinung setzt er auch die anderen mit ihrer eigenen Leistung herab um sich selbst noch mehr zu würdigen.

Scheinbar scheint ein solches Verhalten auch "vererbbar" zu sein, denn ich kann diese Züge teilweise an mir selbst und auch an meinen Geschwistern erkennen. Auch diese Engagieren sich in ihren Jobs und Studiengängen weit aus mehr, als es nötig wäre. Das hat auch etwas damit zu tun, dass von Seiten meiner Eltern auch wenig Anerkennung für die eigene Leistung gekommen ist und man sich auf diese Weise die Bestätigung der anderen Kollegen und Kommilitonen auf der Arbeit oder in der Universität sucht. Deswegen denke ich, dass auch ein "Liebesentzug" durch die Eltern auf die Kinder auf eine solche Sucht auswirken kann und diese deswegen diese Sucht entwickeln.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Es gibt die sogenannten stoffgebundenen Süchte und die stoffungebundenen Süchte und die Arbeitssucht gehört zu der letzten Kategorie. Daher ist sie aus wissenschaftlicher Sicht ungefährlicher als beispielsweise die stoffgebundenen Süchte Alkohol oder eben Drogen. Auch ist das Umfeld an einer Sucht nicht schuld, denn der Entstehungsgrund einer Sucht egal welcher ist leider aus wissenschaftlicher sicht noch nicht geklärt. man hat ihr eben nur Vermutungen durch gewisse Studien oder ähnliche Dinge.

Aber gerade die Arbeitssucht ist von den stoffungebundenen Süchten wieder ein sogenannter Sonderfall, weil man bei dieser Sucht in körperlicher Hinsicht keinen Schaden nimmt, sondern eben nur in psychischer Hinsicht. Daher hat man bei einer solchen Sucht auch einen ganz anderen Behandlungsspielraum.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich kenne viele Menschen, die arbeitssüchtig sind. Wir werden ja geradezu dazu erzogen, wenn ich mir nur die Arbeitsbedingungen in manchen Kreisen anschaue. Zum Beispiel in der Werbung werden ausgebildete Menschen dazu gezwungen, unbezahlte Praktika zu absolvieren und das zu Arbeitszeiten, die für niemanden mehr gesund ist: Feierabend um Mitternacht und um sieben Uhr in der Früh wieder anfangen müssen, sind da durchaus die Regel.

In der Gesellschaftsform, in der wir momentan leben, hängt doch bei vielen Menschen das Selbstwertgefühl mit der Arbeit und dem Erfolg zusammen. Ich nehme mich da gar nicht raus: wäre ich arbeitslos und von Hartz IV abhängig, mir würde es in meinem Selbstwertgefühl hundeelend gehen. Ich würde mich schämen, selbst wenn mich keine Schuld daran träfe.

Burn-Out und Depressionen sind doch modische Volkskrankheiten, jeder zweite muss eine Therapie machen oder zumindest einmal zum Psychologen gehen. Von Herzinfarkten und Schlaganfällen mal ganz abgesehen.

Ich habe einige Freunde in den Mitzwanzigern, die damit Probleme haben, ungesund viel arbeiten und dadurch unglücklich werden, auch in sozialen Bereichen.

» Milchkaffee » Beiträge: 36 » Talkpoints: 0,19 »


@Sorae: So ein Verhalten kann vererbbar sein, denn mein Vater war auch so ein Mensch, der früher im Außendienst tätig war von morgens um 6 Uhr bis abends um 20 Uhr. Er war mehr unterwegs als zuhause und ein allseits beliebter Mann, der von allen geschätzt wurde auf der Arbeit und dies nutzte man dementsprechend auch aus. Er kann auch nicht nein sagen und arbeitet lieber mehr und länger als einmal nein gesagt zu haben und schon in einem falschen Licht zu stehen. Darunter mussten auch wir, seine Familie leiden.

Ich bemerke dieses Verhalten auch an mir. Als ich bis vor kurzem noch im Discounter gearbeitet habe, war ich leider auch so ein Mensch, dem die Arbeit über allem stand. Ich habe bei jedem Anruf, ob ich früher arbeiten könnte, ja gesagt und war am Ende fast nur noch auf der Arbeit (selbst am Wochenende). Ich habe täglich 2 Stunden umsonst gearbeitet, bis es gesundheitlich nicht mehr ging. Ich erbrachte meine Leistungen und habe das Arbeiten auch gebraucht, jedoch gab ich den kleinen Finger und man nahm gleich die ganze Hand. Am Ende war ich mehr krank als gesund, weil man wie gesagt auch zuhause viel vernachlässigt. Man merkt u.a. auch wie die Familie drunter leidet, das man zu allem Ja und Amen sagt und die Ansicht pflegt, das die Arbeit wichtiger ist als die Familie. Ich habe durch meine alte Arbeitsstelle gelernt, das die Familie über allem steht und dies handhabe ich auch nun so.

Auch ich kenne solche Menschen, die aber noch extremer sind und wenn man sie antrifft ist das erste Thema: Arbeit. Sie haben keine Hobbys, denn ihre Arbeit ist ihr Hobby. Sie arbeiten auch am Wochenende und haben nur wenige Tage frei im Jahr. Ein Bekannter von mir ist so einer, der von morgens um 7 Uhr bis abends um 23 Uhr arbeitet und sich nur zum Schlafen ins Bett legt. Er wohnt noch bei seinen Eltern und hat dort eine kleine Wohnung, die er jedoch eigentlich gar nicht benötigt, da er nur unterwegs bei Kunden ist. Selbst an Feiertagen arbeitet er von zuhause aus. Das Wochenende nutzt er dafür, um seine Freunde zu treffen, da unter der Woche dafür absolut keine Zeit ist. Er hat sich auch schon selbstständig gemacht und hat für eine Frau keine Zeit. Seine Beziehungen gingen bisher immer alle aus ein- und demselben Grund auseinander: Seine Arbeit. Das sagte er mir auch sofort, das für ihn eine Beziehung nicht in Frage käme, da man sich kaum bis gar nicht sehen würde, da das Wochenende für seine Freunde freigehalten wird.

Ich finde man kann es auch übertreiben und Arbeit kann demnach auch zur Sucht werden. Ich bin nun seit meiner Teilzeitstelle mehr zuhause und mir geht es besser denn je. Gerade im gesundheitlichen Bereich hat sich einiges bei mir zum positiven verändert und das ohne etwas getan zu haben außer die Arbeitsstelle zu wechseln und nicht mehr soviel zu arbeiten. Dies tut auch meinem Sohn und meinem Partner gut, die mich jetzt mehr als vorher sehen :)

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» SybeX » Beiträge: 3896 » Talkpoints: 11,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ja ich kenne so jemanden, der wohl sehr arbeitssüchtig ist bzw. sogar 2 Menschen in meinem Arbeitsumfeld. Einer ist gerade mal 22 Jahre alt und wird von jedem schon auf 30-35 geschätzt, weil er auch so herum läuft, was ja nicht das eigentliche Problem ist, das kann ja jeder handhaben wie er will, aber er gibt sich auch so und will auch sehr viel leisten, am Liebsten würde er sowieso gerne jedes Problem alleine beheben, auch wenn er die Mittel dazu gar nicht immer hat. Und die andere Person ist zwar schon etwas älter, sollte sie allerdings im Urlaub sein, will sie immer alles über die Arbeit wissen, statt einmal abzuschalten, nur ganz so extrem wie bei unserem 22-jährigen Kollegen ist es dann doch nicht.

Sogar wenn er Urlaub hat und nicht mal im Land ist, ist er immer mit einem unserer Kollegen, während dieser auf der Arbeit ist, in Kontakt und will wissen was auf der Arbeit so vor sich geht, ob auch alles in Ordnung ist, ob es irgendwelche schwerwiegenden Probleme gibt und ob er, sollte es nicht anders gehen, vorbeikommen und helfen kann.

Vor 4 Wochen hatten wir z.B. so ein schwerwiegendes Problem und er hatte natürlich frei. Wir hätten das problemlos ohne seine Hilfe hin bekommen und er hätte sich Zuhause ausruhen können, aber das wollte er nicht. Er wollte lieber noch für ein paar Stunden vorbei kommen, wollte uns dann eine Ausrede auftischen, weswegen er gerade hier in die Stadt müsse,normalerweise wohnt er nämlich 30km entfernt. Und war dann innerhalb der nächsten 45 Minuten hier und fing an zu arbeiten. Im späteren Verlauf habe ich dann auch noch erfahren, dass er sich die Stunden gar nicht hat aufschreiben lassen, sondern nur freiwillig hier war, weil er ja eh hier in der Nähe war, rein zufällig natürlich. Noch dazu kommt, dass er schon 2 Mal, bedingt durch Stress, einen Hörsturz hatte, mit 22! Langsamer machen, will er dennoch nicht.

Ich denke, dass hat auch sehr viel damit zu tun, dass er nie abschaltet, wenn er endlich mal Zuhause ist, setzt er sich trotzdem vor die Arbeit. Er hat mir selbst einmal freudestrahlend erzählt, dass er letztes Wochenende dies und das herausgefunden und getestet hat, obwohl er das auch hätte während der Arbeit tun können, dafür ist sie ja da.

Ich, für meinen Teil, finde so etwas wirklich schlimm. In manchen Momenten, würde ich zwar auch gerne so viel Wissen, in den verschiedenen Themen, besitzen wie er, aber ich denke für mich einfach, das kommt mit der Zeit, wenn man länger im Beruf arbeitet bzw. explizit mit dem Thema zu tun hat. Dafür setze ich nicht meine ganze Freizeit aufs Spiel, gerade weil mir Familie und Freunde heilig sind und ich lieber einen schönen Abend mit meiner Familie oder meinen Freunden verbringe, als den ganzen Tag von morgens bis abends auf der Arbeit zu hocken, so sehr ich meine Arbeit auch mag.

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» Shani » Beiträge: 66 » Talkpoints: 51,46 »



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