Gewerkschaft: Seid in in einer? In welcher und warum?
Es gibt zahlreiche Gewerkschaften, die sich für die arbeitende Bevölkerung einsetzt. Viele Arbeitnehmer sind in einer Gewerkschaft, wissen aber gar nicht, warum sie in einer Gewerkschaft sind und lassen sich einfach überreden in eine Gewerkschaft zu gehen. Dabei ist ihnen absolut nicht klar, warum sie nun einen Mitgliedsbeitrag zahlen.
Dann gibt es Menschen, die stehen voll und ganz hinter ihrer Gewerkschaft und sind nicht nur zahlendes Mitglied oder sind Mitglieder, die die Gewerkschaft schon oft in Anspruch genommen haben. Andere Menschen lehnen eine Gewerkschaft einfach ab oder haben kein Interesse.
Zu welcher Kategorie Mensch gehört ihr? Seid ihr in einer Gewerkschaft? Warum seid ihr in gerade dieser Gewerkschaft? Was hat die Gewerkschaft schon für euch getan? Seid ihr in der Gewerkschaft, damit ihr abgesichert seid wenn beispielsweise wieder gestreikt wird o.ä.? Was hat euch bewogen in eine Gewerkschaft zu gehen?
Ich verabscheue Gewerkschaften von Grund auf. Die heutigen Gewerkschaften haben in meinen Augen zu viel Macht in der gesamten Wirtschaft. Wenn ich mir alleine anschaue, dass die GDL (Gewerkschaft der Lokführer) alle ein bis zwei Jahre zum Streik aufruft, weil sie der Meinung sind, dass die Lokführer zu wenig verdienen, dann könnte ich explodieren. Streik hat für mich immer etwas von Arbeitsverweigerung. Streik im Flugverkehr ist auch eine tolle Sache, vor allem für Urlauber, die nach Hause wollen um am nächsten Tag wieder zu arbeiten. Was können diese armen Menschen dafür, dass sich ein Fluglotse unterbezahlt fühlt?
Was haben denn die Gewerkschaften so tolles in den letzten Jahren erreicht? Eine Bruttolohnerhöhung um 1,7 Prozent. Das lohnt sich für jeden Arbeitnehmer richtig. Damit bleiben ihm, wenn er Glück hat 2 Euro pro Monat mehr übrig, da er darauf auch Sozialversicherung und unter Umständen Steuern bezahlen muss. Vor echten Zugeständnissen für Arbeitnehmer schreckt doch jede Gewerkschaft zurück. Arbeitszeitverkürzung oder einen Tag mehr Urlaub, da hätte jeder Arbeitnehmer wirklich mal was von. Das ist aber lange her, dass so etwas überhaupt mal zur Debatte stand.
Gewerkschaften sind in meinen Augen die schlimmsten Lobbyisten in Deutschland. Ich bin in der Lage mit meinen Mitarbeitern von Vornherein ordentliche Konditionen auszuhandeln. Damit sind sie zufrieden und ich auch, solange sie ihre Arbeit ordentlich machen. Dazu brauche ich keine Gewerkschaft. Während meiner Ausbildung hatte ich mal mit Verdi zu tun. Das schlimmste daran war, dass die damalige Vertretung von Verdi selber nicht wusste, was sie überhaupt von sich gegeben hat. Auf genauere Nachfragen konnte sie entweder keine Antworten geben oder hat irgendwelches Zeug erzählt, was mit dem Sachverhalt nichts zu tun hatte oder auch völlig falsch war. Zum Glück habe ich mich seinerzeit nicht einlullen lassen und hatte meine Ruhe vor diesen Spinnern.
Gewerkschaften beziehungsweise deren Funktionäre und Vertreter sind eigentlich wie Sekten, die den Mitgliedern vorgaukeln, dass sie nur ihr bestes wollen. Die wollen auch nur das Beste der Mitglieder, nämlich ihr Geld in Form von Mitgliedsbeiträgen.
Ich bin in einer Gewerkschaft, die aber nicht aufgeführt ist. Natürlich ist der monatliche Mitgliedsbeitrag nicht ganz billig, aber ich habe diese schon das ein oder andere mal benötigt. In der Gewerkschaft habe ich immer einen Ansprechpartner, an den ich mich wenden kann, wenn ich ein Problem habe. Zudem bin ich über die Gewerkschaft auch noch versichert, sodass ich diese bestimmten Versicherungen nicht privat abschließen muss. Da ich verbeamtet bin, darf ich sowieso nicht streiken. Somit habe ich allerdings auch nur begrenzte Möglichkeiten, für bestimmte Sachen einzutreten und eine davon ist über die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft. Es geht ja nicht immer nur um Lohnerhöhungen, sondern auch um bessere Arbeitsbedingungen, Arbeitsmittel und so weiter.
Auch ich bin in einer Gewerkschaft, in der IG Metall. Als ich meine Ausbildung begonnen habe, kam auch direkt der Betriebsratsvorsitzende zu mir, um mich für die Gewerkschaft zu werben. Mir war schon klar, dass er dadurch auch profitieren würde, wenn er mich als Mitglied wirbt. Aber ich kenne es von meinen Eltern, die immer gesagt haben, dass es nie verkehrt sein kann, wenn man einer Gewerkschaft beitritt.
Also habe ich mich dort angemeldet. Der Mitgliedsbeitrag war auch sehr gering, da er ja nur 1% vom Bruttolohn beträgt. Und schon kurz nachdem ich meine Ausbildung begonnen habe, gab es auch eine kleine Lohnerhöhung, aber auch nur für die Mitarbeiter, die in der IG Metall waren. Auch während meiner Ausbildung, gab es manchmal ein paar Unklarheiten, die man mit der IG Metall klären konnte. Da ich leider nicht nach meiner Ausbildung übernommen wurde, gab es auch danach noch ein paar Streitigkeiten. Ich hatte beispielsweise immer noch Überstunden, die man mir nicht auszahlen wollte. Auch ein Arbeitszeugnis der Firma, habe ich nicht erhalten. Also bin ich auch mit diesen Problemen zur IG Metall gegangen, die sich um das Problem gekümmert haben. Die Sache ist so weit gegangen, dass die IG Metall einen Anwalt eingeschaltet hat, der die Angelegenheit mit meinem ehemaligen Arbeitgeber klären musste. Nur dadurch bekam ich meine restlichen Überstunden ausbezahlt, was ohne die Gewerkschaft eher schwierig geworden wäre. Außerdem habe ich auch noch eine Erholungsbeihilfe bekommen. Ich wusste zuerst gar nicht, was das sein sollte. Aber es bekommen wohl manche Mitglieder, die das Geld nutzen sollen, um sich zu erholen. Und das war immerhin eine Summe von etwa 150 €.
Wenn man also bedenkt, was ich alles schon durch die IG Metall bekommen habe, war es eine gute Entscheidung, dass ich Mitglied geworden bin. Die Beitrage, die ich gezahlt habe, habe ich durch die Erholungsbeihilfe fast wieder raus. Ganz geschweige von den Anwaltskosten. In einer Gewerkschaft zu sein, ist immer gut. Auf jeden Fall, kann man da nichts falsch machen, wenn man ein Mitglied wird. Lieber gibt man ein paar Euros dafür aus, als wenn man am Ende alleine da steht.
martin22 hat geschrieben:Ich verabscheue Gewerkschaften von Grund auf.
Das ist selbstverständlich dein gutes Recht und ich verstehe sogar bei bestimmten Menschen diese Einstellung. Allerdings sollten dann die Gründe stimmig sein und die "Abscheu" sollte sich nicht aus Unwissenheit, Ignoranz und Überheblichkeit ableiten lassen.
martin22 hat geschrieben:Die heutigen Gewerkschaften haben in meinen Augen zu viel Macht in der gesamten Wirtschaft.
Hier fällt ja z.B. auf, dass du von "die Gewerkschaften" sprichst, die "zu viel Macht" hätten. Das ist so schon komisch zu lesen, wenn man sich überlegt, das "die Gewerkschaft" lediglich der Zusammenschluss der abhängig Beschäftigten ist. Und der Zusammenschluss hat ja einzig das Ziel, gemeinsam "Machht" bzw. Stärke zu haben, um seine Interessen durchsetzen zu können. Eine Beschwerde darüber, kommt der Beschwerde gleich, dass Wasser nass sei. Aber ein "zu viel" Macht kann bei dem Organisierungsgrad, gerade in der Bundesrepublik, definitiv nicht festgestellt werden.
martin22 hat geschrieben:Wenn ich mir alleine anschaue, dass die GDL (Gewerkschaft der Lokführer) alle ein bis zwei Jahre zum Streik aufruft, weil sie der Meinung sind, dass die Lokführer zu wenig verdienen, dann könnte ich explodieren.
Hier spielt wohl massives Unwissen hinein, wie denn die "Meinung" gebildet wird, dass zu wenig verdient werden würde. Hier setzt sich nicht ein böser Funktionär hin und beschließt einfach die Forderung. Ebenso beschließt nicht die Gewerkschaftsleitung, dass einfach mal so gestreikt wird. Das alles ist ein Prozess der Mitglieder! Also derjenigen Leute, die dann letztlich streiken. Von den Betrieben (nicht nur bei der GDL) werden die Forderungen eingesammelt und dann auf einen gemeinsamen Nenner gebracht. Anschließend entscheiden die Mitglieder der Gewerkschaft, ob sie für die Forderungen auch in den Streik treten wollen. Das ist ein ganz normaler Prozess in unserer Wirtschaftsordnung. Wie bitte sollte sonst der Lohn ermittelt werden? Wer sollte denn hier bestimmend sein, wenn nicht die Tarifparteine? Jeder für sich? Damit macht man sich lächerlich und da erinnere ich mal an die Zeiten der "New Economy", in der auch jeder "per Du" mit dem Chef war und in guten Zeiten kein Problem beim Gehalt gesehen hat.
Bevor du also wirklich mal "explodierst", solltest du dir Gedanken über Ursache und Wirkung hinsichtlich des Streiks machen. Und auch darüber, wie dieser jeweils im konkreten zustande kommen musste.
martin22 hat geschrieben:Streik hat für mich immer etwas von Arbeitsverweigerung.
Dazu kann man vielleicht anmerken, dass die Streikenden keinen Lohn erhalten und den Arbeitskampf auf ihre eigenen Kosten hin bestreiten. Dafür, dass andere dann von den Ergebnissen mit profitieren. Das ist dann nicht einfach "zusätzlicher Urlaub". Hier von "Arbeitsverweigerung" zu sprechen, zeugt wirklich auch von Unkenntnis. Zumal es noch nicht einmal immer um Geldforderungen geht!
martin22 hat geschrieben:Streik im Flugverkehr ist auch eine tolle Sache, vor allem für Urlauber, die nach Hause wollen um am nächsten Tag wieder zu arbeiten. Was können diese armen Menschen dafür, dass sich ein Fluglotse unterbezahlt fühlt?
Zunächst "fühlt" sich ein Fluglotse nicht unterbezahlt. Den Forderungen werden Zahlen mitgegeben, welche aufzeigen, dass diese eben zu rechtfertigen wären. Das hier Passagiere (übrigens auch im öffentlichen Nahverkehr) darunter "leiden", ist ein Nebeneffekt - aber wer nur seine Arbeitskraft zu verkaufen hat, kann wohl kaum nur in seiner Freizeit vor der Geschäftszentrale um bessere Bezahlung oder Arbeitsbedingungen "bitten".
martin22 hat geschrieben:Was haben denn die Gewerkschaften so tolles in den letzten Jahren erreicht? Eine Bruttolohnerhöhung um 1,7 Prozent. Das lohnt sich für jeden Arbeitnehmer richtig. Damit bleiben ihm, wenn er Glück hat 2 Euro pro Monat mehr übrig, da er darauf auch Sozialversicherung und unter Umständen Steuern bezahlen muss.
Ich nehme mal an, wenn die Gewerkschaften nicht gewesen wären, hätten die Arbeitgeber freiwillig Lohnzuwächse im zweistelligen Bereich realisiert. So haben sie nur zum Trotz die Löhne nur um 1,7% erhöht. Nebenbei: dir ist schon klar, was alles sonst auf der Kippe gestanden ist, um was hier gekämpft werden musste? Da ist das Gehalt nur der geringste Teil. Natürlich ist das nicht berauschend. Aber auf der anderen Seite wird es manchen Arbeitnehmer freuen, statt der "Freistellung" eben nur 1,7% mehr zu erhalten.
martin22 hat geschrieben:Vor echten Zugeständnissen für Arbeitnehmer schreckt doch jede Gewerkschaft zurück.
Spätestens jetzt solltest du wirklich mal die Zeit nehmen, darüber nachzudenken, was dich dazu bringt, Gewerkschaften "zu verabscheuen". Dir ist klar, dass der Arbeitgeber gefordert hatte, eben länger zu Arbeiten und eben auf Urlaubstage zu verzichten? Und das bei gleichbleibendem Gehalt? Genau diese Punkte sind ja abgewendet worden. Die unterstellte "Macht" der Gewerkschaften (wahrscheinlich weil viele in etwa deinen Wissensstand bzgl. Gewerkschaften haben) beschränkt sich mittlerweile auf Abwehrkämpfe und das erhalten von Bestehendem. So ist mir nicht klar, warum man als abhängig Beschäftigter NICHT in seine (!) Gewerkschaft eintritt.
martin22 hat geschrieben:Arbeitszeitverkürzung oder einen Tag mehr Urlaub, da hätte jeder Arbeitnehmer wirklich mal was von. Das ist aber lange her, dass so etwas überhaupt mal zur Debatte stand.
Das was du heute hast, ist ja eben von Gewerkschaften (übrigens auch über Streiks) erkämpft worden, als sie noch "stark" waren. Seitdem die Sytsemfrage "geklärt" wurde, nimmt aber diese Stärke ab. Du scheinst es nicht mehr wirklich zu schätzen, dass es eigentlich eine 35-Stunden-Woche gibt, oder das "Vati Samstags den Kindern gehört". Um nur ein zwei Dinge zu nennen, die es so ohne Zutun der Gewerkschaften nicht gäbe. Zur Debatte steht jetzt also, diese Vorzüge zu erhalten. Denn der Arbeitgeber arbeitet daran, dass zu seinen Gunsten zu ändern. Noch mal: weißt du das überhaupt?
martin22 hat geschrieben:Gewerkschaften sind in meinen Augen die schlimmsten Lobbyisten in Deutschland.
Lobbyisten? Dir ist klar, was Lobbyisten betreiben und wie? Und auf der anderen Seite ist dir auch klar, wofür Gewerkschaften unumwunden stehen?
martin22 hat geschrieben:Ich bin in der Lage mit meinen Mitarbeitern von Vornherein ordentliche Konditionen auszuhandeln.
Diese Märchen glaubten viele, bis es zu Problemen kommt. Dann beginnt schon die erste "schmerzhafte" Auseinandersetzung, bei der ganz schnell klar wird, wie die Kräfteverhältnisse sind.
martin22 hat geschrieben:Damit sind sie zufrieden und ich auch, solange sie ihre Arbeit ordentlich machen.
Und schon kommt die gewöhnliche Portion Drohung mit. Solange sie ihre Arbeit "ordentlich" machen, wobei hier keine unabhängig Instanz definiert, was "ordentlich" bedeutet. Der Bruch der Argumentation ist dir vermutlich noch nicht einmal bewusst.
martin22 hat geschrieben:Dazu brauche ich keine Gewerkschaft.
Die brauchen auch die Arbeitnehmer.
martin22 hat geschrieben:Die wollen auch nur das Beste der Mitglieder, nämlich ihr Geld in Form von Mitgliedsbeiträgen.
Und diese Beiträge verwenden sie wofür?
Meiner Ansicht nach sind Gewerkschaften ein Relikt. Sie versuchen mit alten Mitteln gegen die Risiken und Ungerechtigkeiten des neuen, modernen, globalisierten Arbeitsmarktes anzugehen. Habe des Gefühl, das die Mittel die den Gewerkschaften zur Verfügung stehen heute nicht mehr viel ausrichten können. Es gibt sogar Branchen, in denen kleine, relativ unbedeutende Gewerkschaften einseitig mit den Arbeitgeberverbänden Tarifverträge abschließen, die sich dann nachteilig auf nicht organisierte Arbeitnehmer oder z.B. Mitglieder anderer Gewerkschaften auswirken. Aus diesen Gründen bin ich nicht in einer Gewerkschaft. Früher hatte ich mal sehr mit der Idee sympathisiert.
@Rob37
Nur weil man die "Argumente" sog. neoliberaler Kreise oder aber von Arbeitgebern wiederkäut, wird die Sache nicht wahr. Hier wird immer von "Relikt" oder "alten Mitteln" gesprochen. Das der Angestellte aber wie schon zu Zeiten des Manchester-Kapitalismus seine Arbeitskraft zu Markte trägt, wird aber gerne hingenommen (nicht veraltet). Aber wenn sich hier nichts geändert hat, stelle ich mir die Frage, wieso sich bei der Interessensvertretung was tun soll. Und was wäre denn die richtige Vorgehensweise? Auflösen der Gewerkschaften, weil - so zeigt es sich überall da, wo es keine Gewerkschaften gibt - die Arbeitgeber "faire" Löhne und Arbeitsbedingungen garantieren?
Wieso dann dein Gefühl sich zu dem Trugschluss hinreisen lassen kann, dass Gewerkschaften in der "globalisierten" Welt nichts ausrichten können, ist mir ein Rätsel. Rätst du dann zu "Aufgabe" der Interessensvertretungen? Was ist deine Alternative? Und wenn die Unternehmen mit "Abwanderung" drohen, wieso machen sie das denn letztlich nicht? Wegen ihrer sozialen Verantwortung?
Nebenbei: es ist nicht möglich (oder wird vor Gericht auch gerne gekippt), dass "kleine Gewerkschaften" (in der Regel sog. christliche Gewerkschaften die arbeitgebernahe Positionen vertreten) Tarife bestimmen, sofern ihr Organisationsgrad nicht hoch ist. Da gibt es immer wieder unverschämte Vorstöße, aber mir wäre kein Fall bekannt, in dem so was Bestand gehabt hätte. Übrigens immer deshalb, weil die "machtlosen" Gewerkschaften rechtlich dagegen vorgegangen sind.
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